The Project Gutenberg EBook of Romeo und Juliette, by William Shakespeare #16 in our series by William Shakespeare Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the copyright laws for your country before downloading or redistributing this or any other Project Gutenberg eBook. This header should be the first thing seen when viewing this Project Gutenberg file. Please do not remove it. Do not change or edit the header without written permission. Please read the "legal small print," and other information about the eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file. Included is important information about your specific rights and restrictions in how the file may be used. You can also find out about how to make a donation to Project Gutenberg, and how to get involved. **Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts** **eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971** *****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!***** Title: Romeo und Juliette Author: William Shakespeare Release Date: January, 2005 [EBook #7232] [Yes, we are more than one year ahead of schedule] [This file was first posted on March 29, 2003] Edition: 10a Language: German Character set encoding: ASCII *** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK ROMEO UND JULIETTE *** This Etext is in German. We are releasing two versions of this Etext, one in 7-bit format, known as Plain Vanilla ASCII, which can be sent via plain email-- and one in 8-bit format, which includes higher order characters-- which requires a binary transfer, or sent as email attachment and may require more specialized programs to display the accents. This is the 8-bit version. This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE. That project is reachable at the web site http://gutenberg2000.de. Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE" zur Verfuegung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse http://gutenberg2000.de erreichbar. Romeo und Juliette. William Shakespeare Ein Trauerspiel. Uebersetzt von Christoph Martin Wieland Personen. Escalus, Fuerst von Verona. Paris, ein junger Cavalier, dem Fuersten verwandt, und Juliettens Liebhaber. Montague und Capulet, die Haeupter von zween edlen Geschlechtern, die in Feindschaft mit einander stehen. Romeo, Montaguens Sohn. Mercutio, ein Verwandter des Fuersten, und Romeos Freund. Benvolio, Vetter und Freund des Romeo. Tybalt, Neffe des Capulet. Bruder Lorenz und Bruder Johann, Moenche. Balthasar, Bedienter von Romeo. Ein Edelknabe des Paris. Sampson und) Gregorio(, Capulets Bediente. Abraham, ein Bedienter von Montague. Ein Apotheker. Simon Kazen-Darm, Hug Leyermann und Samuel Windlade, Musicanten. Peter, der Amme Diener. Lady Montague. Lady Capulet. Julietta, Capulets Tochter. Die Amme derselben. Buerger von Verona, Masken, Trabanten, Wache, und andre stumme Personen. Die Scene ist im Anfang des fuenften Aufzugs in Mantua, und sonst immer in Verona. Erster Aufzug. Erste Scene. (Eine Strasse in Verona.) (Sampson und Gregorio, zween Bediente der Capulets, treten mit Schwerdtern und Schilden bewaffnet auf, und ermuntern einander sich tapfer gegen die Montaegues zu halten; ihre ganze Unterredung ist ein Gewebe von Wortspielen, Doppelsinn und Zoten.) (Abraham und Balthasar zu den Vorigen.) Gregorio (zu Sampson.) Zieh vom Leder, hier kommen ein Paar von den Montaegischen-- Sampson. Meine Fuchtel ist heraus; fang nur Haendel an, ich will dir den Weg weisen-- Gregorio. So? Willt du davon lauffen? Sampson. Sey ohne Sorge, ich will stehen wie eine Mauer; aber es ist doch das Sicherste, wenn wir das Gesez auf unsrer Seite haben; wir wollen sie anfangen lassen. Gregorio. Ich will die Nase ruempfen, indem ich bey ihnen vorbeygehe; sie moegen's dann aufnehmen, wie sie es verstehen. Sampson. Oder wie sie das Herz dazu haben. Ich will meinen Daumen gegen sie beissen, welches eine Beschimpfung fuer sie ist, wenn sie's leiden. Abraham. Beisst ihr euern Daumen gegen uns, Herr? Sampson. Ich beisse meinen Daumen, Herr. Abraham. Beisst ihr euern Daumen gegen uns, Herr? Sampson (zu Gregorio leise.) Ist das Gesez auf unsrer Seite, wenn ich sage, ja? Gregorio. Nein. Sampson (laut.) Nein, Herr, ich beisse meinen Daumen nicht gegen euch, Herr: Aber ich beisse doch meinen Daumen, Herr. Gregorio. Sucht ihr Haendel, Herr? Abraham. Haendel, Herr? Nein, Herr. Sampson. Wenn ihr's thut, Herr, so bin ich auch da, ich diene einem so brafen Mann als ihr. Abraham. Keinem bessern. Sampson. Gut, Herr. (Benvolio zu den Vorigen.) Gregorio (zu Sampson leise.) Sag, einem bessern: Hier kommt einer von unsers Herrn Neffen. Sampson (laut.) Ja, einem bessern, Herr. Abraham. Ihr luegt. Sampson. Zieht, wenn ihr Maenner seyd--Gregorio, das war eine Ohrfeige, die du nicht einsteken must-- Benvolio. Aus einander, ihr Narren, stekt eure Degen ein, ihr wisst nicht was ihr thut. (Tybalt zu den Vorigen.) Tybalt. Wie, du ziehst deinen Degen gegen diese verzagten Hasen? Kehre dich um, Benvolio, und sieh deinen Tod an. Benvolio. Ich mache nur Frieden; stek deinen Degen ein, oder brauch' ihn, mir Friede unter diesen Leuten machen zu helfen. Tybalt. Wie, mit gezogenem Degen von Frieden schwazen? Ich hasse diess Wort wie die Hoelle, wie alle Montaegues und dich--wehr dich, H** (Sie fechten.) (Drey oder vier Buerger mit Knitteln treten auf.) Ein Buerger. Knittel, Spiesse, Hellebarden her! Schlagt zu! Schlagt sie nieder! Zu Boden mit den Capulets! Zu Boden mit den Montaegues! (Der alte Capulet in einem Schlafrok, und Lady Capulet.) Capulet. Was fuer ein Lerm ist das? Gebt mir meinen langen Degen, he! Lady Capulet. Eine Krueke, eine Krueke--was wollt ihr mit einem Degen machen? Capulet. Meinen Degen, sag ich; da kommt der alte Montague, und fuchtelt mir mit seiner Klinge unter die Nase-- (Der alte Montague, und Lady Montague.) Montague. Du nichtswuerdiger Capulet--Halt mich nicht, lass mich gehn! Lady Montague. Du sollt mir keinen Fuss ruehren, um einen Feind zu suchen. (Der Fuerst von Verona mit seinem Gefolge tritt auf, erzuernt sich gewaltig ueber diesen Unfug, wirft den beyden Alten vor, dass sie ihrer Familien-Feindschaft wegen Verona schon dreymal in Aufruhr gesezt, verbietet ihnen bey Todes-Straffe die Strassen nicht mehr zu beunruhigen, und tritt, nachdem er sie geschieden, wieder ab.) Zweyte Scene. (Der alte Montague, Lady Montague, und Benvolio bleiben zuruek.) Lady. Wer brachte diesen alten Handel wieder in Bewegung? Redet, Neffe, war't ihr dabey, wie er angieng? Benvolio. Hier fand ich die Bedienten euers Gegentheils, und die eurigen, die sich mit einander herumschlugen, wie ich kam; ich brachte sie aus einander: In dem nemlichen Augenblik kam der feurige Tybalt mit gezognem Degen, den er unter drohenden Herausforderungen ueber meinem Kopf schwang, und damit auf die Winde zuhieb, die so wenig nach seinen Streichen fragten, dass sie ihn noch dazu auszischten. Wie wir nun an einander waren, so kamen immer mehr Leute, und fochten zu beyden Seiten, bis der Fuerst kam, und uns aus einander sezte. Lady. O wo ist Romeo? Habt ihr ihn heute nie gesehen? Ich bin recht froh, dass er nicht bey dieser Schlaegerey war. Benvolio. Madam, eine Stunde eh die* Sonne aufgieng, trieb mich ein beunruhigtes Gemueth aufzustehen, und vor die Stadt hinaus zu gehen; und da traf ich auf der West-Seite der Stadt euern Sohn einsam unter einem Gang von Egyptischen Feigen-Baeumen an. Ich gieng auf ihn zu; aber kaum ward er mich gewahr, so schlich er sich in das dichteste Gehoelze. Ich urtheilte von seiner Gemueths-Beschaffenheit nach der meinigen, (denn wir sind innerlich nie mehr beschaeftigst, als wenn wir die Einsamkeit suchen,) und anstatt ihm nachzugehen, gieng ich meinen Gedanken nach, und war so vergnuegt, dass er mich ausgewichen hatte, als er selbst. {ed.-* Im Original: "Eh die angebetete Sonne sich durch das goldne Fenster des Osten sehen liess." Es ist nichts leichters, als durch eine allzuwoertliche Uebersezung den Shakespear laecherlich zu machen, wie der Herr von Voltaire neulich mit einer Scene aus dem Hamlet eine Probe gemacht, die wir an gehoerigem Ort ein wenig naeher untersuchen wollen. Indess erzuernt sich doch Herr Freron zu sehr ueber diese und andre Alters-Schwachheiten des Autors der Zayre. Er mag seine Ursachen dazu haben; aber die Welt urtheilt mit kaelterm Blute; wenigstens werden die Briten, welche sehr wol wissen warum sie auf ihren Shakespear stolz sind, es dem franzoesischen Poeten sehr leicht zu gut halten koennen, dass er (in einem Alter, wo er sich nicht mehr stark genug fuehlt, sich mit der Beute die er ihrem Shakespear abgenommen zu bruesten) seine Freude daran hatte, durch eine Schulknaben-maessige Nachaeffung den Narren mit ihm zu spielen, und dadurch dem Publico wenigstens eben so viel Spass zu machen, als er selbst von einer so kindischen Kurzweil nur immer haben kann.} Montague. Schon manchen Morgen ist er dort gesehen worden, wie er den frischen Morgenthau mit seinen Thraenen, und die Morgen-Wolken mit tieffen Seufzern vermehrte; aber kaum faengt die alles erfreuende Sonne an, im fernsten Osten die Vorhaenge von Aurorens Bette wegzuziehen, so schleicht sich der schwermuethige Juengling vom Licht nach Hause und kerkert sich in sein Zimmer ein, versperrt seine Fenster, schliesst das schoene Tageslicht hinaus, und macht sich selbst eine erkuenstelte Nacht. Er muss nothwendig in einen schwarzen und Ungluek-bruetenden Humor verfallen wenn nicht bey Zeiten darauf gedacht wird, die Ursache des Uebels wegzuraeumen. Benvolio. Mein edler Oheim, kennt ihr die Ursache? Montague. Ich kenne sie nicht, und kan sie auch nicht aus ihm herausbringen. Benvolio. Habt ihr schon in ihn gedrungen? Montague. Durch euch selbst und durch viele andre Freunde, aber vergebens; seines eignen Herzens geheimer Rathgeber, ist er gegen sich selbst, ich will nicht sagen so getreu, aber doch so geheim und verschwiegen, so entfernt sich selbst zu verrathen, oder nur einer Muthmassung Grund zu geben, als eine Blumen-Knospe, die von einem inwendig verborgnen Wurm gebissen worden, eh sie ihre zarten Schwingen an der Luft ausspreiten, und ihre Schoenheit der Sonne wiedmen konnte. Koennt' ich nur erfahren, woher sein Kummer entspringt, es sollte ihm augenbliklich abgeholfen werden. (Romeo tritt auf.) Benvolio. Hier kommt er selbst; wenn's euch beliebt, so gehet bey Seite; ich will sein Geheimniss ausfuendig machen, oder ich muesste mich sehr betruegen. Montague. Ich wuensche, dass du so glueklich seyn moegest--Kommt Madam, wir wollen gehen. (Sie gehen ab.) Benvolio. Guten Morgen, Vetter. Romeo. Ist der Tag noch so jung? Benvolio. Es hat eben neune geschlagen. Romeo. Weh mir! Wie lang scheinen uns Kummer-volle Stunden! War das mein Vater, der so eilfertig sich entfernte? Benvolio. Er war's; aber was fuer ein Kummer verlaengert Romeo's Stunden? Romeo. Der Kummer, das nicht zu haben, was sie verkuerzen wuerde. Benvolio. Seyd ihr verliebt? Romeo. Ohne Hoffnung wieder geliebt zu werden. Benvolio. Wie Schade, dass die Liebe, die von Ferne so reizend anzusehen ist, so grausam und tyrannisch seyn soll, so bald sie uns erreicht! Romeo. Wie Schade, dass die Liebe, mit verbundnen Augen, Pfade zu ihrem Ungluek sehen soll!--Wo werden wir zu Mittag essen?--Weh mir!--Was fuer ein Tumult war vorhin?--Doch sagt mir nichts davon, ich hab alles schon gehoert. Der Hass macht hier viel zu thun, aber die Liebe noch mehr: Wie dann, o misshellige Liebe! o liebender Hass! O unwesentliches Etwas, und wuerkliches Nichts! So leicht und doch zu Boden druekend! So ernsthaft und doch Tand! Du ungestaltes Chaos von reizenden Phantomen! Bleyerne Feder, glaenzender Rauch, kaltes Feuer, kranke Gesundheit, immer-wachender Schlaf--o! du wunderbares Gemisch von Seyn und Nichtseyn!--Das ist die Liebe die ich fuehle, ohne in dem was ich fuehle die Liebe zu erkennen--Lachst du nicht? Benvolio. Nein, Vetter, ich moechte lieber weinen. Romeo. Du gutes Herz! Worueber? Benvolio. Dein gutes Herz so beklemmt zu sehen. Romeo. Du vermehrest meinen Kummer durch den deinigen, anstatt ihn zu erleichtern.**--Liebe ist ein Rauch, der vom Hauch der Seufzer erregt wird, aber gereinigt ein Feuer das in der Liebenden Augen schimmert--Ungluekliche Liebe ist eine See, die mit den Thraenen der Liebenden genaehrt wird; was ist sie noch mehr? Eine vernuenftige Tollheit, eine erstikende Galle, eine erquikende Herzstaerkung--Lebt wohl, Vetter. {ed.-** Es ist ein Ungluek fuer dieses Stuek, welches sonst so viele Schoenheiten hat, dass ein grosser Theil davon in Reimen geschrieben ist. Niemals hat sich ein poetischer Genie in diesen Fesseln weniger zu helfen gewusst als Shakespear; seine gereimten Verse sind meistens hart, gezwungen und dunkel; der Reim macht ihn immer etwas anders sagen als er will, oder noethigt ihn doch, seine Ideen uebel auszudrueken. Die Feinde des Reims werden dieses vielleicht als eine neue Instanz anziehen, um diese vergebliche Fesseln des Genie den Liebhabern und Lesern so verhasst zu machen, als sie ihnen sind. Aber warum hat z. Ex. Pope die schoensten Gedanken, die schimmerndste Einbildungskraft, den feinsten Wiz, den freyesten Schwung, den lebhaftesten Ausdruk, die groeste Anmuth, Zierlichkeit, Correction, und ueber alles dieses, den hoechsten Grad der musicalischen Harmonie, deren die Poesie in seiner Sprache faehig ist, in seinen Gedichten mit dem Reim durchaus zu verbinden gewusst? Die Reime koennen vermuthlich nichts dazu, wenn sie fuer einige Dichter schwere Ketten mit Fuss-Eisen sind; fuer einen Prior oder Chaulieu sind sie Blumen-Ketten, womit die Grazien selbst sie umwunden zu haben scheinen, und in denen sie so leicht und frey herumflattern als die Scherze und Liebes-Goetter, ihre bestaendigen Gefehrten. Shakespears Genie war zu feurig und ungestuem, und er nahm sich zu wenig Zeit und Muehe seine Verse auszuarbeiten; das ist die wahre Ursache, warum ihn der Reim so sehr verstellt, und seinen Uebersezer so oft zur Verzweiflung bringt.} (Er will gehen.) Benvolio. Sachte, ich will mitgehen. Ihr beleidigt meine Freundschaft, wenn ihr mich auf eine solche Art verlasst. Romeo. Still! Ich habe mich selbst verlohren, ich bin nicht hier; das ist nicht Romeo, er ist sonst irgendwo. Benvolio. --*** Aber wer ist dann die Person, die du liebst? {ed.-*** Hier haben etliche (Non-Sensicalische) Zeilen ausgelassen werden muessen.} Romeo. Ich will dir's sagen, Vetter; ich liebe--ein Weibsbild. Benvolio. Das errieth ich, sobald ich merkte, dass ihr verliebt waeret. Romeo. Du hast eine vortreffliche Gabe zum Errathen--und sie ist schoen, die ich liebe. Benvolio. Ein schoenes Ziel ist desto leichter zu treffen. Romeo. Aber sie wird von Cupido's Pfeile nicht getroffen werden; sie hat Dianens Sproedigkeit, und lebt in der wolgestaehlten Ruestung ihrer Keuschheit sicher vor Amors kindischem Bogen. Sie sezt sich keinen nachstellenden Bliken aus, sie oeffnet ihr Ohr keinen Liebes- Erklaerungen, noch ihren Schooss dem Golde, das sonst oft die Heiligen selbst verfuehrt. O! Sie ist reich an Schoenheit, und allein darinn arm, dass der ganze Schaz der Schoenheit, in ihr versammelt, sterblich ist. Benvolio. Hat sie denn geschworen, dass sie in ewiger Jungfrauschaft leben will? Romeo. Sie hat, und macht sich durch diese Sparsamkeit einer ungeheuren Verschwendung schuldig. Denn Schoenheit, die durch ihre eigne Strenge umkommt, vernichtet auf einmal die Schoenheit einer ganzen Nachkommenschaft. Sie ist zu weise um so schoen, oder zu schoen um so weise zu seyn; und es ist grausam an ihr, den Himmel damit verdienen zu wollen, dass sie mich zur Verzweiflung treibt-- Benvolio. Lasst euch einen guten Rath geben, und vergesst, an sie zu denken. Romeo. O lehre mich erst, wie ich vergessen kan, mich meiner selbst zu erinnern. Benvolio. Gieb deinen Augen ihre Freyheit wieder; lenke deine Aufmerksamkeit auf andre Schoenheiten. Romeo. Das waere das Mittel, alle Augenblike an den Vorzug der ihrigen erinnert zu werden. Diese glueklichen Schleyer, die die Stirne schoener Damen kuessen, erheben durch ihre Schwaerze, die Schoenheit, so sie verbergen. Wer durch einen Unfall blind worden ist, kan nicht vergessen, was fuer einen kostbaren Schaz er mit seinem Gesicht verlohren hat. Zeigt mir ein Frauenzimmer, das unter tausenden die schoenste ist; wozu kan mir ihre Schoenheit dienen, als zu einem Spiegel, worinn ich diejenige erblike, die noch schoener als die schoenste ist? Lebe wohl, und gieb' es auf, mich sie vergessen zu lehren. Benvolio. Ich will diesen Unterricht bezahlen, oder als Schuldner sterben. (Sie gehen ab.) Dritte Scene. (Capulet, Paris, und ein Bedienter treten auf.) Capulet. Montague ist so gut gebunden als ich; er hat die nemliche Straffe zu befuerchten; und fuer alte Leute wie wir sind, sollt' es nicht schwer seyn, Frieden zu halten. Paris. Ihr seyd beyde rechtschaffne Maenner, und es ist recht zu bedauren, dass ihr so lang in Misshelligkeit gelebt habt--Aber nun, gnaediger Herr, was sagt ihr zu meiner Anwerbung? Capulet. Ich kann euch nichts anders sagen, als was ich schon gesagt habe: Mein Kind ist noch ein neu angekommener Fremdling in der Welt, sie hat noch nicht vierzehn Jahre gesehen; lasst wenigstens noch zween Sommer verbluehen, eh wir denken koennen, dass sie zum Braut-Stande reif sey. Paris. Juengere als sie, sind schon gluekliche Muetter geworden. Capulet. Und verderben auch desto frueher, je fruehzeitigere Fruechte von ihnen erzwungen werden. Die Erde hat alle meine andern Hoffnungen verschlungen; ich habe kein Kind als sie; sie ist das einzige Vergnuegen meines Alters, indess bewirb dich bey ihr selbst um sie, mein lieber Paris, such ihr Herz zu gewinnen; wenn du ihren Beyfall hast, so hast du meine Einwilligung. Diese Nacht geb' ich, einer alten Gewohnheit nach, ein Gastmahl, wozu ich viele werthe Freunde eingeladen habe: Vermehret ihre Anzahl, unter allen soll mir keiner willkommner seyn. Ihr werdet diese Nacht in meinem armen Haus irdische Sterne sehen, welche die himmlischen selbst verdunkeln koennen.* Ihr werdet mit dem Vergnuegen, das muntre junge Leute fuehlen wenn der schmuke April den hinkenden Winter vor sich hertreibt, unter einem Fruehling voll neu entfalteter Maedchen- Knospen wandeln; betrachtet sie alle, hoeret alle, und lasst euch diejenige am besten gefallen, die es am meisten verdient; ihr werdet so viele liebenswuerdigere finden, dass die meinige sich unbemerkt in der Menge verliehren wird. Kommt, geht mit mir--Du, Bursche, geh, trotte ganz Verona durch, und lade die Personen zu mir ein, deren Namen auf diesem Zettel stehen-- {ed.-* Hr. Warbuerton ist der Welt als ein grosser Criticus bekannt, und es ist gewiss, dass wir seiner Scharfsinnigkeit viele Verbesserungen unsers durch die Schauspieler so uebel zugerichteten Autors zu danken haben. Dem ungeachtet, scheint er zuweilen in den fast allgemeinen Fehler der Verbal-Critiker zu fallen, und mit dem Shakespear nicht viel besser zu verfahren, als der gelehrte Bentley mit dem Horaz. Hier ist ein Beyspiel davon, das wir zur Probe anfuehren wollen, ob es gleich sonst desto unnoethiger ist, die Leser mit critischen Noten zu behelligen, da selbige die Kenntniss der Englischen Sprache voraussezen, und diese Uebersezung nur fuer diejenige gemacht ist, die das Original nicht lesen koennen. Warbuerton nennt den Vers: (Earthtreading stars that make dark heaven's Light), Unsinn, und will dass man lesen soll: (That make dark Even light)--Eine Verbesserung im echten Bentleyischen Geschmak! Die Verbesserung ist wahrer Unsinn, der Text aufs hoechste eine weder ungewoehnliche noch unschikliche Hyperbole. Es ist etwas sehr moegliches, dass die irdischen Sterne, welche Shakespear meynt, bey einem Bal den Glanz der himmlischen in den Augen eines jungen Liebhabers verdunkeln; und das ist der natuerlichste Sinn des Texts: Aber dass eine ganze Schaar der schimmerndsten Schoenen durch den blossen Glanz ihrer Augen, einen Tanzsaal so wol erleuchten sollte, dass man die Lichter dabey ersparen koennte, ist mehr als man auch der feurigsten Orientalischen Einbildungskraft zumuthen duerfte. Wenn wir, wie schon oefters geschehen ist, die Lesart des Texts der vermeynten Verbesserung des Hrn. Warbuertons vorziehen, so geschieht es allemal mit so gutem Grund als dieses mal, obgleich manche von denenjenigen, die wir verwerfen, seinem Wiz mehr Ehre machen, als die gegenwaertige.} (Capulet und Paris gehen ab.) Bedienter. Lade mir die Personen ein, die auf diesem Zettel stehen--Es steht geschrieben, der Schuster soll sich mit seinem Ellen-Stab abgeben, der Schneider mit seinem Leist, der Fischer mit seinem Pinsel, und der Mahler mit seinem Nez. Aber ich soll die Personen finden, deren Namen hier geschrieben sind, und kan doch nicht finden, was fuer Namen die schreibende Person hieher geschrieben hat. Ich muss mich bey den Gelehrten Raths erholen--Da lauffen mir gerad ihrer ein Paar in die Haende-- (Benvolio und Romeo treten auf.) Benvolio. Still, Mann! Eine Hize treibt die andre aus, und die Pein eines Schmerzens wird durch einen andern Schmerz vermindert; wenn dir taumlicht ist, so hilfst du dir damit, dass du dich wieder zuruek drehest, und deiner Hoffnungslosen Liebe kan nicht besser als durch eine neue geholfen werden. Romeo. Wegbreit-Blaetter sind unvergleichlich fuer das. Benvolio. Fuer was, wenn man bitten darf? Romeo. Fuer euern Beinbruch. Benvolio. Wie, Romeo, bist du toll? Romeo. Nicht toll, aber fester angebunden als irgend einer im Tollhause; in ein Gefaengniss eingesperrt, zur Hunger-Cur verurtheilt, gepeitscht und gepeinigt: Und--guten Abend, Camerad-- (Zum Bedienten.) Bedienter. Einen guten Abend geb' euch Gott: Ich bitte euch, Herr, koennt ihr lesen? Romeo. Ja, mein Schiksal in meinem Ungluek. Bedienter. Vielleicht habt ihr ohne Buch lesen gelernt; aber ich bitte euch, koennt ihr alles lesen was ihr seht? Romeo. Ja, wenn ich die Buchstaben und die Sprache weiss. Bedienter. Das ist gesprochen wie ein Bidermann--Gott behuet' euern guten Humor! (Er will gehen.) Romeo. Bleib, Bursche, ich kan lesen--(Er liesst das Papier.) Signor Martino und seine Frau und Toechter: Graf Anselmo und seine schoenen Schwestern; die verwittibte Donna Vitruvia; Signor Placentio und seine liebenswuerdige Nichten; Mercutio und sein Bruder Valentin; mein Oheim Capulet mit Frau und Toechtern; meine schoene Nichte Rosalinde; Livia, Signor Valentio und sein Vetter Tybalt; Lucio, und die lebhafte Signora Helena-- Eine huebsche Assamblee, und wohin sollen sie kommen? Bedienter. Herauf-- Romeo. Wohin? Bedienter. Zum Nacht-Essen in unser Haus. Romeo. In wessen Haus? Bedienter. In meines Herren seines. Romeo. In der That, das haette ich dich vorher fragen sollen. Bedienter. Nein, ich will euch eine Mueh ersparen. Mein Herr ist der grosse reiche Capulet, und wenn ihr keiner vom Haus der Montaegues seyd, so bitt' ich euch, kommt, und helft uns die Glaeser ausleeren. Eine gute Zeit. (Geht ab.) Benvolio. Wie wohl sich das fuegt! die schoene Rosalinde, in die du so verliebt bist, wird mit allem was das Schoenste in Verona ist, diesem Familien-Gastmal der Capulets beywohnen. Geh du auch hin, vergleich mit unpartheyischen Augen ihr Gesicht mit einigen, die ich dir zeigen will, und du sollst finden, dass dein Schwan eine Kraehe ist. Romeo. **--Eine schoenere als meine Liebe! die allsehende Sonne sah niemals ihres gleichen, seit die Welt begann. {ed.-** Eine Lueke von vier abgeschmakten Reimen.} Benvolio. Gut, gut! Ihr habt sie nur gesehen, wenn keine andre dabey war, und ihr sie, in beyden Augen, nur mit sich selbst abwoget; aber lasst ihre Reizungen in diesen crystallnen Waagschaalen gegen ein gewisses andres Maedchen, das ich euch bey diesem Gastmahl in seinem vollen Glanze zeigen will, abgewogen werden; so wird euch diejenige kaum noch ertraeglich vorkommen, die izt die beste scheint. Romeo. Ich will mit dir gehen, nicht weil ich dir glaube, sondern um das Vergnuegen zu haben, dich von dem Triumph meiner Geliebten zum Zeugen zu machen. (Sie gehen ab.) Vierte Scene. (Verwandelt sich in Capulets Haus.) (Lady Capulet und die Amme treten auf.) Lady. Amme, wo ist meine Tochter? Ruffe sie zu mir heraus. Amme. Nun, bey meiner Jungferschaft, (wie ich zwoelf Jahre alt war, meyn' ich;) ich sagte ihr, sie moechte kommen; wie, Schaefchen--he! Mein Daeubchen--dass uns Gott behuete! Wo ist das Maedchen? he! Juliette! (Juliette zu den Vorigen.) Juliette. Was ists? Wer ruft? Amme. Eure Frau Mutter. Juliette. Madam, hier bin ich, was ist euer Wille? Lady. Das ist eben die Sache--Amme, verlass uns eine Weile, wir muessen allein mit einander reden; Amme, komm wieder zuruek, ich habe mich anders besonnen, du darfst wohl bey unsrer Unterredung zugegen seyn: du weist, meine Tochter hat ein artiges Alter. Amme. Mein Treu, ich kan ihr Alter bey einer Stunde sagen. Lady. Sie ist noch nicht vierzehn. Amme. Ich will gleich vierzehn Zaehne daran sezen, (und doch muss ich's zu meiner Schande sagen, ich habe nur noch vier,) sie ist nicht vierzehn; wie lang ist es noch von izt bis an St. Peters-Tag? Lady. Vierzehn Tage, oder noch ein paar drueber. Amme. Sey es vierzehn Tage oder fuenfzehn, das thut nichts, kommt St. Peters-Abend, so wird sie vierzehn seyn. Suesschen und sie (Gott troest ihre Seele!) waren von gleichem Alter. Wohl, Suesschen ist im Himmel, sie war zu gut fuer mich. Aber, wie ich sagte, an St. Peters- Abend des Nachts wird sie vierzehn seyn, das wird sie, meiner Six, ich erinnre mich's als ob's seit gestern waere. Es ist seit dem Erdbeben nun eilf Jahre dass sie entwoehnt wurde; unter allen Tagen im Jahr will ich den Tag nicht vergessen; ich hatte denselben Tag Wermuth an meine Brust gestrichen, und sass in der Sonne an der Mauer unter dem Dauben-Schlag; der Gnaedige Herr und Eu. Gnaden waren damals zu Mantua--gelt, ich kan etwas im Kopf behalten?--Aber, wie ich sagte, wie das Kind den Wermuth an meiner Brustwarze kostete, und schmekte dass es bitter war, das artige Naerrchen, da haettet ihr sehen sollen, wie es so gescheid war und augenbliklich die Brust fahren liess. Schuettle dich, sagte der Dauben-Schlag--mein Treu! es musste mir niemand sagen, dass ich hurtig lauffen sollte; und seitdem ist es nun eilf Jahre, denn sie konnte damals schon allein stehen; ja, bey meiner Treu, sie, konnte schon lauffen, und watschelte schon allenthalben herum; dann just den Tag vorher, da sie das Loch in ihre Stirne fiel, und da hub mein Mann (Gott troest ihn, er war ein muntrer Mann) da hub er das Kind auf; so, sagt' er, faellst du auf die Nase? Du wirst auf den Rueken fallen, wenn du mehr Verstand haben wirst; wirst du nicht Julchen? Und, bey unsrer lieben Frauen! Das artige Troepfchen hoerte auf schreyen, und sagte, Ay--so dass man sehen kan, wie endlich aus Spass Ernst wird--Da steh ich dafuer, und wenn ich tausend Jahre leben sollte, so vergess ichs nicht: Wirst du nicht, Julchen, sagt' er? Und das artige Naerrchen, es hoerte auf schreyen, und sagte, Ay! Lady Capulet. Genug hievon, ich bitte dich, stille! Amme. Ja, Gnaedige Frau; und doch kan ich mir nicht helfen, ich muss lachen, wenn ich dran denke dass es aufhoerte zu schreyen, und Ay sagte; und doch bin ich gut dafuer, dass es eine Beule an der Stirne hatte, so dik wie ein junger Hahnen-Stein, eine recht gefaehrliche Beule, und es weinte bitterlich. So, sagte mein Mann, faellst du auf die Nase? Du wirst ruekwaerts fallen, wenn du aelter wirst, wirst du nicht, Julchen? Und da schwieg es, und sagte, Ay. Juliette. Und schweig du auch, ich bitte dich, Amme, sag ich. Amme. Still, ich bin fertig: Gott zeichne dich zu seinem Segen aus! Du warst das holdseligste Kind, das ich gesaeugt habe; und wenn ich nur so lange lebe, dass ich dich verheurathet sehe, so wuensch' ich mir nichts mehr. Lady Capulet. Diese Heurath ist eben die Sache, wovon ich reden wollte. Sagt mir, Tochter Juliette, habt ihr Lust zum Heurathen? Juliette. Es ist eine Ehre, von der ich mir nicht traeumen lasse. Amme. Eine Ehre? Wenn ich nicht deine leibliche Amme waere, so wuerd' ich sagen, du habst die Weisheit mit der Milch eingezogen. Lady Capulet. Gut, es ist nun Zeit daran zu denken; es giebt hier in Verona juengere als ihr, und Frauenzimmer von Stand und Ansehen, die schon Muetter sind. Bey meiner Ehre, in dem Alter worinn ihr noch ein Maedchen seyd, war ich schon eure Mutter. Ich will's also kurz machen, und euch sagen, dass sich der junge Paris um euch bewirbt. Amme. Ein Mann, junges Fraeulein, ein Mann, dessen gleichen in der ganzen Welt--Sapperment! es ist ein Mann wie in Wachs bossiert. Lady Capulet. Verona's Sommer hat keine schoenere Blume. Amme. Das ist wahr, er ist eine Blume; mein Treu, eine wahre Blume. Lady Capulet. Was sagt ihr dazu? Gefaellt euch der Cavalier? Ihr werdet ihn diese Nacht bey unserm Gastmahl sehen; beobachtet ihn recht, ihr werdet gestehen muessen, dass nichts liebenswuerdigers seyn kan. Er ist eurer wuerdig, und wird euch glueklich machen*--Doch, ihr habt ihn ja sonst schon gesehen; sagt, mit einem Wort, koennt ihr euch seine Liebe gefallen lassen? {ed.-* Man hat gut gefunden diese Rede zu veraendern und abzukuerzen. Sie ist im Original die Grundsuppe der abgeschmaktesten Art von Wiz, und des Characters einer Mutter aeusserst unwuerdig. Pope scheint zu vermuthen, dass sie von Schauspielern eingeflikt worden sey.} Juliette. Ich will ihn erst genauer betrachten; alles was ich izt sagen kan, ist, dass meine Augen allezeit durch euern Willen geleitet werden sollen. (Ein Bedienter zu den Vorigen.) Bedienter. Gnaedige Frau, die Gaeste sind angekommen, das Essen ist aufgetragen, man wartet auf Euer Gnaden und mein junges Fraeulein, man flucht auf die Amme im Speissgewoelbe, und alles ist in der Extremitaet. Ich muss wieder zur Aufwartung; ich bitte euch, kommet augenbliklich. Lady Capulet. Wir kommen--Juliette, es wird den Grafen nach dir verlangen. Amme. Geh, Maedchen, und suche zu deinen guten Tagen auch gluekliche Naechte. (Sie gehen ab.) Fuenfte Scene. (Eine Strasse vor Capulets Haus.) (Romeo, Mercutio, Benvolio mit fuenf oder sechs andern Masken, Fakel-Traegern und Trummeln.) Romeo. Wie, soll diese Rede unsre Entschuldigung machen, oder wollen wir ohne Apologie auftreten? Benvolio. Diese Weitlaeufigkeiten sind nicht mehr Mode. Wir brauchen keinen Cupido, mit einer Schaerpe von Flittergold und einem gemahlten Tartar-Bogen von Schindeln, der die armen Maedchen, wie ein Voegel- Schrek die Kraehen, zu fuerchten macht. Sie moegen von uns halten was sie wollen, wenn wir ihnen nicht gefallen, oder sie uns nicht, so gehen wir wieder. Romeo. Gebt mir eine Fakel; ich bin nicht im Humor, Spruenge zu machen. Mercutio. Nicht doch, mein lieber Romeo, ihr muesst eins tanzen. Romeo. Ich gewiss nicht, das glaubt mir; ihr habt Tanzschuhe mit duennen Solen, ich habe eine Seele von Bley,* die mich so zu Boden zieht, dass ich nicht von der Stelle kommen kan. {ed.-* Wortspiel mit Sole, und Soul, welche fast gleich ausgesprochen werden. } Mercutio. Ihr seyd ein Liebhaber; borgt dem Cupido seine Fluegel ab, und schwingt euch damit empor.** {ed.-** In dieser Rede, der Antwort des Romeo, und etlichen folgenden Zeilen, die man gaenzlich weglassen musste, dreht sich alles um Wortspiele mit (Bound) und (bound, soar) und(sore), und ein paar eben so frostige Antithesen herum. Alles dieses armselige Zeug findet sich, wie Pope bemerkt, nicht in der ersten Ausgabe dieses Stueks von 1597.} Romeo. Ich bin zu hart von seinem Pfeil verwundet, als dass ich mich auf seinen Fluegeln erheben koennte-- Mercutio. Gebt mir ein Futteral, worein ich mein Gesicht steken kan-- (Er nimmt seine Maske ab.) --Eine Maske fuer ein Frazen-Gesicht!--wozu brauch ich eine Maske? Es wird niemand so vorwizig seyn, ein Gesicht wie das meinige genau anzusehen. Benvolio. Kommt, wir wollen anklopfen und hineingehn; und wenn wir einmal drinn sind, dann mag ein jeder seinen Fuessen zusprechen. (Hier fallen noch etliche sinnreiche Wizspiele von der grammaticalischen Art, zwischen Mercutio und Romeo weg.) Romeo. Wir gedenken uns bey diesem Ball eine Kurzweil zu machen, und doch sind wir nicht klug, dass wir gehen. Mercutio. Warum, wenn man fragen darf? Romeo. Mir traeumte vergangne Nacht-- Mercutio. Mir auch. Romeo. Gut, was traeumte euch? Mercutio. Dass Traeumer manchmal luegen. Romeo. Ja, in ihrem Bette,*** wo sie oft wahre Dinge traeumen. {ed.-*** Wortspiel mit lie und lye, liegen, und luegen, welches sich zu gutem Gluek uebersezen laesst.} Mercutio. O, dann seh ich, dass ihr einen Besuch von der Koenigin Mab gehabt habt. Sie ist die Heb-Amme der Phantasie, kommt bey Nacht, nicht groesser als ein Agtstein am Zeigfinger eines Aldermanns, und faehrt euch mit einem Gespan von kleinen Atomen ueber die Nasen der Schlafenden hin. Ihre Rad-Speichen sind von langen Spinnen-Beinen, die Deken von Grashuepfers-Fluegeln, das Geschirr vom feinsten Spinnen-Web, die Kummet von Mondscheins-Stralen; ihre Peitsche von einem Grillen-Bein, und der Riemen von der feinsten Membrane; ihr Kutscher eine duenne grau-rokichte Schnake, nicht halb so dik als ein kleiner runder Wurm, den der schleichende Finger eines kleinen Maedchens aufgestochert hat. Ihr Wagen ist eine leere Hasel-Nuss, von Schreiner Eichhorn, oder Meister Wurm gemacht, die seit unfuerdenklicher Zeit die Wagner der Feen sind: und in diesem Staat galloppiert sie, Nacht fuer Nacht, durch das Gehirn der Verliebten, und dann traeumen sie von Liebe; ueber die Kniee der Hofleute, welche dann straks von Aufwartungen; ueber die Finger der Advocaten, die straks von Sporteln; ueber die Lippen der Damen, die straks von Kuessen traeumen, aber oft von der erzuernten Mab mit Hiz-Blattern gestraft werden, wenn ihr Athem nach parfuemiertem Zuker-Werk riecht. Zuweilen galloppiert sie ueber eines Hofschranzen Nase, und da traeumt er, er hab' eine Pension ausgespuert: ein andermal kommt sie mit dem Wedel eines Zehend-Schweins in der Hand, und kuezelt den schnarchenden Pfarrer; straks traeumt er, dass er eine bessere Pfruende bekommen habe. Zuweilen faehrt sie ueber eines Soldaten Hals, und da traeumt er von auslaendischen Haelsen die er abgeschnitten, von Friedens-Bruechen, Scharmuezeln, Spanischen Klingen, und fuenf-Faden- tieffen Gesundheiten; dann trummelt sie wieder in seinen Ohren und er faehrt erschroken auf, und erwacht, schwoert ein paar Stoss-Gebette, und schlaeft wieder ein. Das ist die nemliche Mab, die den Kuehen die Milch aussaugt, und den Pferden im Schlaf die Maehne verstrikt; das ist die Drutte, (der Alp,) welche die Maedchens druekt, wenn sie Nachts auf dem Rueken ligen-- das ist-- Romeo. Stille, Stille, Mercutio, wie lange kanst du von nichts reden? Mercutio. In der That, ich rede von Traeumen, diesen Kindern die ein muessiges Hirn mit der eiteln Phantasie erzeugt, welche so wenig Leib hat als die Luft, und unbestaendiger ist als der Wind, der nur eben um den kalten Busen des Nords buhlte, und den Augenblik drauf, in einem Anstoss von Laune, hinwegstuermt, und sein Gesicht dem thauichten Sud zudreht. Benvolio. Dieser Wind von dem ihr euch so gelassen besprecht, blaesst uns von uns selbst weg; das Gastmal ist indess vorbey, und wir werden zu spaet kommen. Romeo. Ich fuerchte, nur zu frueh--Denn mein Gemueth weissagt mir irgend eine schwarze noch in den Sternen hangende Begebenheit, die von den Spielen dieser Nacht ihren furchtbaren Anfang nehmen, und vielleicht das Ziel meines verhassten Lebens durch die gewaltsame Hand eines fruehzeitigen Todes beschleunigen wird. Doch Er, der das Steuer-Ruder meines Lauffes fuehrt, lenk' ihn nach seinem Gefallen!-- Wohlan, meine muntern Freunde! Benvolio. Ruehrt die Trummel!-- (Sie ziehen ueber den Schauplatz, und treten ab.) Sechste Scene. (Verwandelt sich in eine Halle in Capulets Hause.) (Etliche Bediente, mit Handtuechern.) 1. Bedienter. Wo ist Potpan, dass er uns nicht aufraeumen hilft--er hat einen Teller weggeschnappt! Er hat einen Teller mit sich gehen heissen! 2. Bedienter. Wenn gute Manieren alle in eines oder zweener Haenden liegen, und die noch dazu ungewaschen sind, das ist eine garstige Sache. 1. Bedienter. Fort mit den Lehnstuehlen, das kleine Schenk-Tisch'gen aus dem Wege, seht zu dem Silber-Geschirr; du, guter Freund, mache dass du mir ein Stuek Marzipan auf die Seite kriegst; und wenn du mich lieb hast, so sorge, dass der Thorhueter Susanna Muehlstein und Nell, Antoni und den Potpan hereinlaesst-- 2. Bedienter. Gut, Junge, das will ich. 3. Bedienter. Man sieht sich nach euch um, man ruft euch, man fragt nach euch, man sucht euch, im grossen Saal. 2. Bedienter. Wir koennen nicht an zween Orten zugleich seyn; hurtig, ihr Jungens; seyd eine Weile munter, und wer alle andre ueberlebt, kriegt alles!-- (Sie gehen ab.) (Die Gaeste und Damen, nebst den Masken treten saemtlich auf.) 1. Capulet. Willkommen, meine Herren--Und ihr, meine Damen, ihr habt noch keine Huener-Augen an den Zehen, wir wollen eins lustig mit einander machen. Ich will doch nicht hoffen, meine Koeniginnen, dass mir eine unter euch ein Taenzchen abschlagen wird--eine jede, die sich lange bitten laesst, hat Huener-Augen, das schwoer' ich;--He? bin ich euch zu nah gekommen?--Willkommen allerseits, ihr Herren; ich weiss die Zeit auch noch, da ich eine Maske trug, und einem jungen Fraeulein huebsche Sachen ins Ohr fluestern konnte; aber es ist vorbey, vorbey, vorbey! (Die Musik fangt an; man tanzt.) Mehr Lichter her, ihr Schurken, und die Tische aus dem Weg; und lasst das Feuer abgehen, es ist zu warm im Zimmer--Gelt, junger Herr, ein unvermutheter Spass ist der angenehmste--Nun sezt euch, sezt euch, mein guter Vetter Capulet, denn die Tanz-Zeit ist doch bey euch und mir vorbey: Wie lang ist es wohl, seit ihr und ich das leztemal auf einem Masken-Bal tanzten? 2. Capulet. Bey unsrer Frauen! dreissig Jahre. 1. Capulet. Wie, Mann? Es ist noch nicht so lang, es ist noch nicht so lang; es war an Lucentio's Hochzeit; es wird auf kommende Pfingsten fuenf und zwanzig Jahre, dass wir in Masken tanzten. 2. Capulet. Es ist mehr, es ist mehr; sein Sohn ist aelter, Herr; sein Sohn hat schon dreissig. 1. Capulet. Das werdet ihr mir nicht weiss machen; sein Sohn war vor zwey Jahren noch nicht muendig. Romeo (in einem andern Theil des Saals.) Wer ist die junge Dame, die dort jenem Ritter die Hand giebt? Bedienter. Ich weiss es nicht. Romeo. O, sie glaenzt mehr als alle diese Fakeln zusammen genommen; ihre Schoenheit haengt an der Stirne der Nacht, wie ein reiches Kleinod an eines Mohren Ohr: Und welch eine Schoenheit! Sie ist zu reich zum Gebrauch, und zu kostbar fuer diese Erde. So glaenzt die schneeweisse Daube aus einem Schwarm von Kraehen, wie dieses Fraeulein unter ihren Gespielen glaenzt. Wenn der Tanz vorbey ist, will ich mir den Plaz merken, wo sie steht, und ihr meine Hand geben. Welch eine Gluekseligkeit ihre Hand zu beruehren!--Nein, ich habe noch nie geliebt--Schwoer es, mein Auge; vor dieser glueklichen Nacht wusstest du nicht, was Schoenheit ist. Tybalt (der dem Romeo bey den lezten Worten sich naehert.) Der Stimme nach sollte diess ein Montague seyn--hol mir einen Degen, Junge--wie? der Sclave darf sich erfrechen in einer Maske hieher zu kommen, und unsrer feyerlichen Lust zu spotten? Nein, bey der bejahrten Ehre meines Geschlechts, es ist keine Suende, den Nichtswuerdigen zu todt zu schlagen. Capulet. Wie, wie, Vetter? Warum so stuermisch? Tybalt. Oheim, hier ist einer unsrer Feinde, ein Montague; ein Bube der gekommen ist, uns unter die Nase zu lachen, und unsre Familien- Freude zu stoeren-- Capulet. Ist es vielleicht der junge Romeo? Tybalt. Er selbst, der Schurke Romeo! Capulet. Gieb dich zu frieden, lieber Vetter, lass ihn gehen; er sieht einem jungen wakern Edelmann gleich; und, wenn ich die Wahrheit sagen soll, er hat den Ruf eines tugendhaften wohlgesitteten Juenglings, der Verona Ehre macht. Ich wollte nicht um unsre ganze Stadt, dass ihm in meinem Hause was zu Leide gethan wuerde. Seyd also ruhig, thut als ob ihr ihn nicht kennet; ich will es so haben, und wenn ihr einige Achtung fuer mich habt, so heitert eure Stirne auf, und macht keine Gesichter, die sich so uebel zu einer Lustbarkeit schiken. Tybalt. Sie schiken sich, wenn ein solcher Bube sich zum Gast aufdringt: ich will ihn nicht dulden! Capulet. Das sollt ihr aber! Wie, Herr Junge?--Ihr sollt, sag ich--Geht, geht, bin ich hier Meister oder ihr? Geht, geht--Ihr wollt ihn nicht dulden? Hol mich Gott, ihr wuerdet mir einen feinen Lermen unter meinen Gaesten anrichten! Ihr wollt mir hier den Eisenfresser machen? Gelt, das wollt ihr? Tybalt. Wie, Oehm, es ist eine Schande-- Capulet. Geht, geht, ihr seyd ein abgeschmakter Knabe-- (auf die Seite zu einem von der Gesellschaft.) Ist es so, in der That?-- (zu Tybalt) ihr koennt was anfangen, das euch gereuen wird, ich weiss was ich sage-- (Seitwaerts;) wohl gesprochen, meine Kinder-- (zu Tybalt,) Ihr seyd ein Hasenfuss, geht--seyd ruhig, oder-- (seitwaerts.) Mehr Lichter, mehr Lichter, es ist eine Schande, so dunkel ist's-- (zu Tybalt) ich will euch ruhig machen-- (Seitwaerts:) Wie, munter, meine Herzen! Tybalt. Geduld und Zorn vertragen sich nicht wohl bey mir zusammen; sie stossen, indem sie sich begegnen, die Koepfe so hart an einander an, dass mir alle Glieder davon wakeln. Ich will mich entfernen, aber er soll mir diese Zudringlichkeit bezahlen! (Tybalt geht ab.) Romeo (zu Juliette.) * [Wenn meine unwuerdige Hand diesen heiligen Leib entweiht hat, so lass dir diese Busse gefallen: Meine Lippen, zween erroethende Pilgrimme, stehen bereit den Frefel, mit einem zaertlichen Kuss abzubuessen. {ed.-* Dieser Dialogus ist im Original eine Elegie mit verschraenkten Reimen.} Juliette. Ihr thut eurer Hand unrecht, mein lieber Pilgrim; sie hat nichts gethan, als was die bescheidenste Andacht zu thun pflegt; Heilige haben Haende, die von den Haenden der Wallfahrenden beruehrt werden, und Hand auf Hand ist eines Pilgrims Kuss. Romeo. Haben Heilige nicht Lippen, und andaechtige Pilgrimme auch? Juliette. Ja, Pilgrim, sie haben Lippen, aber zum Beten. Romeo. O so erlaube, theure Heilige, erlaube den Lippen nur, was du den Haenden gestattest; sie bitten, (und du, erhoere sie,) dass du den Glauben nicht in Verzweiflung fallen lassest. Juliette. Heilige ruehren sich nicht, wenn sie gleich unser Gebet erhoeren. Romeo. O so ruehre du dich auch nicht, indem ich mich der Wuerkung meines Gebets versichre-- (Er kuesst sie.) Die Suende meiner Lippen ist durch die deinige getilgt.] Juliette. Also tragen nun meine Lippen die Suende, die sie von den deinigen weggenommen haben. Romeo. Suende von meinen Lippen? O! angenehme Strenge! Gebt mir meine Suende nur wieder zuruek. Juliette. Ihr habt kuessen gelernt; ich verstehe mich nicht darauf. Amme. Gnaediges Fraeulein, eure Frau Mutter moechte gern ein Wort mit euch sprechen-- (Juliette entfernt sich.) Romeo. Wer ist ihre Mutter? Amme. Sapperment, junger Herr, ihre Mutter ist hier die Frau vom Hause, und eine brave, gescheidte, tugendsame Frau. Ich saeugte ihre Tochter, mit der ihr geredet habt; und ich sag euch, wer sie kriegt, bekommt so gewiss eine Jungfer-- Romeo (indem er sich entfernt, vor sich.) Eine Capulet? O Himmel! Mein Herz und mein Leben sind unwiderbringlich in der Gewalt meiner Feindin. Benvolio. Weg, wir wollen gehen, der groeste Spass ist vorbey. Romeo. Das fuercht' ich selbst, das uebrige wird mich mehr als meinen Schlaf kosten. Capulet. Nein, ihr Herren, geht noch nicht weg, wir haben noch ein kleines schlechtes Nachtessen vor uns--Wie, muss es denn seyn? Nun dann, so dank ich euch allen--Ich dank euch, meine liebe Herren, gute Nacht-- Mehr Fakeln her-- (Zu den uebrigen:) Kommt hinein, und dann zu Bette.--Ah, guter Freund, bey meiner Treu, es ist schon spaete. Ich will in mein Bette. (Sie gehen nach einander ab.) Juliette. Ein wenig hieher, Amme--Wer ist der junge Herr dort? Amme. Der einzige Sohn des alten Tiberio. Juliette. Wer ist der, der eben izt zur Thuere hinausgeht? Amme. Das ist der junge Petrucchio, bild' ich mir ein. Juliette. Wer ist der, der ihm folgt, der nicht tanzen wollte? Amme. Ich kenn' ihn nicht. Juliette. Geh, frage nach seinem Namen (leise.) Wenn er schon vermaehlt ist, so ist sehr wahrscheinlich, dass mein Grab mein Braut-Bette seyn wird. Amme. Er heisst Romeo, er ist ein Montague, der einzige Sohn von unserm grossen Feind. Juliette (vor sich.) O Himmel! der, den ich einzig lieben kan, ist der, den ich einzig hassen sollte--Zu frueh gesehn, eh ich ihn kannte; und zu spaet erkannt; was fuer eine seltsame Missgeburt ist meine Liebe--ich liebe-- meinen verhasstesten Feind. Amme. Was sagtet ihr da? Was habt ihr? Juliette. Ein paar Reime, die ich eben von einem gelernt, mit dem ich tanzte. (Man ruft hinter der Scene Juliette.) Amme. Gleich, gleich; Kommt, wir wollen gehen, die Fremden sind schon alle fort. (Sie gehen ab.) ([Zum Beschluss dieses Aufzugs tritt ein Chor auf, und sagt den Zuschauern in vierzehn Reimen, was sie vermuthlich von selbst errathen haetten--dass Romeo, seit der Nacht, da er die schoene Juliette gesehen, seine erste Liebste nicht mehr schoen befunden-- dass er nun Julietten liebe, und von ihr wieder geliebt werde)--(dass die toedtliche Feindschaft ihrer Haeuser zwar die Sympathie ihrer Herzen nicht habe verhindern koennen, aber ihnen hingegen alle Gelegenheit abschneide, sich zu sehen und zu sprechen, ohne dass jedoch dieser harte Zwang eine andre Wuerkung gethan habe, als die Heftigkeit ihrer Liebe und Sehnsucht zu verdoppeln.]) Zweyter Aufzug. Erste Scene. (Die Strasse.) (Romeo tritt allein auf.) Romeo. Kan ich weggehen, wenn mein Herz hier ist? Dreh dich zuruek, plumpe Erde, und suche deinen Mittelpunct. (Er geht ab.) (Indem er sich entfernt, treten Benvolio und Mercutio von der andern Seite auf und werden ihn gewahr.) Benvolio. Romeo, Vetter Romeo! Mercutio. Er ist klug, und schleicht sich, auf mein Leben, heim zu Bette. Benvolio. Nein er lief diesen Weg, und sprang dort ueber die Garten-Mauer. Ruf ihm, Mercutio! Mercutio. Nicht nur das, ich will ihn gar beschwoeren. He! Romeo! Grillenfaenger! Wetterhahn! Tollhaeusler! Liebhaber! Erscheine du, erschein in der Gestalt eines Seufzer, rede, aber in lauter Reimen, und ich bin vergnuegt. Aechze nur, Ach und O! reime nur Liebe und Triebe, sag meiner Gevatterin Venus nur ein einziges huebsches Woertchen, haeng' ihrem stokblinden Sohn und Erben nur einen einzigen Ueber-Namen an, (dem jungen Abraham Cupido, ihm der so gut schoss, als Koenig Cophetua um ein Bettel-Maedchen seufzte*--doch er hoert nicht, er ruehrt sich nicht, er giebt kein Zeichen von sich; der Affe ist todt, ich muss ihn schon beschwoeren--So beschwoer' ich dich dann bey Rosalinens schoenen Augen, bey ihrer hohen Stirne, und bey ihren Purpur-Lippen, bey ihrem niedlichen Fuss, schlanken Bein, runden Knie, und bey den angrenzenden schoenen Gegenden, beschwoer' ich dich, dass du uns in deiner eignen Gestalt erscheinest! {ed.-* Eine doppelte Anspielung, auf eine alte Ballade, oder Romanze, und einen damals bekannten Schuezen, der Abraham hiess.} Benvolio. Wenn er dich hoerte, wuerdest du ihn boese machen. Mercutio. Das kan ihn nicht boese machen: Das wuerd' ihn boese machen, wenn ich einen Geist von irgend einer seltsamen Gestalt in seines Maedchens Circel citierte, und ihn so lange dort stehen liesse, bis sie ihn gelegt und zu Boden beschworen haette; das waere was, das er vielleicht uebel nehmen koennte--Aber meine Citation ist ehrlich und redlich, und ich beschwoer' ihn, in seiner Liebsten Namen, einzig und allein zu seinem eignen Besten. Benvolio. Kommt, er hat sich vermuthlich hinter diese Baeume verstekt, um keine andre Gesellschaft zu haben, als die schwermuethige Nacht; die Liebe ist blind, und schikt sich am besten in die Dunkelheit. Mercutio. Izt wird er dir unter einem Mispeln-Baum sizen, und wuenschen, dass seine Liebste von der Art von Fruechten seyn moechte, welche die Maedchens Mispeln nennen, wenn sie allein zusammen schwazen--Gute Nacht, Romeo, ich will in mein Roll-Bette, ich; dieses Feld-Bette ist mir zu kalt; kommt, wollen wir gehen? Benvolio. Es wird klueger seyn, als hier jemand zu suchen, der sich nicht finden lassen will. Zweyte Scene. (Verwandelt sich in Capulets Garten.) (Romeo tritt auf.) Romeo. Der lacht ueber Narben, die nie keine Wunde fuehlte--Aber stille! was fuer ein Licht bricht aus jenem Fenster hervor? Es ist der Osten, und Juliet ist die Sonne-- (Juliette erscheint oben am Fenster.) Geh auf, schoene Sonne, und loesche diese neidische Luna aus, die schon ganz bleich und krank vor Verdruss ist, dass du, ihr Maedchen, schoener bist als sie. Sey nicht laenger ihre Aufwaerterin, da sie so neidisch ist; ihre Vestalen-Livree ist nur blass und gruen, und wird nur von Thoerinnen getragen; wirf sie ab--Sie spricht, und sagt doch nichts; was ist das?--Ihr Auge redt, ich will ihm antworten--Wie voreilig ich bin! Sie redt nicht mit mir: Zween von den schoensten Sternen des ganzen Himmels, die anderswo Geschaefte haben, bitten ihre Augen, dass sie, indessen bis sie wiederkommen, in ihren Sphaeren schimmern moechten--Wie wenn ihre Augen dort waeren, und jene in ihrem Kopfe? Der Glanz ihrer Wangen wuerde diese Sterne beschaemen, wie Tag-Licht eine Lampe; ihre Augen, wenn sie am Himmel stuehnden, wuerden einen solchen Strom von Glanz durch die Luft herabschuetten, dass die Voegel zu singen anfiengen, und daechten, es sey nicht Nacht: Sieh! sie lehnt ihre Wange an ihre Hand! O dass ich ein Handschuh an dieser Hand waere, damit ich diese Wange beruehren moechte! Juliette. Ach! ich Ungluekliche!-- Romeo. Sie redt. O, rede noch einmal, glaenzender Engel! Denn so ueber meinem Haupt schwebend scheinst du diesen Augen so glorreich als ein gefluegelter Bote des Himmels den weitofnen emporstarrenden Augen der Sterblichen, die, vor Begierde ihn anzugaffen, auf den Rueken fallen--wenn er die traegschleichenden Wolken theilend auf dem Busen der Luft in majestaetischem Flug dahersegelt. Juliette. O Romeo, Romeo--Warum bist du Romeo?--Verlaeugne deinen Vater und entsage deinem Namen--oder wenn du das nicht willt, so schwoere mir nur ewige Liebe und ich will keine Capulet mehr seyn. Romeo (leise.) Soll ich laenger zuhoeren, oder auf dieses antworten? Juliette. Nicht du, bloss dein Nahme ist mein Feind; du wuerdest du selbst seyn, wenn du gleich kein Montague waerest--Was ist Montague?--Es ist weder Hand noch Fuss, weder Arm noch Gesicht, noch irgend ein andrer Theil. Was ist ein Name; Das Ding das wir eine Rose nennen, wuerde unter jedem andern Namen eben so lieblich riechen. Eben so wuerde Romeo, wenn er schon nicht Romeo genannt wuerde, diese ganze reizende Vollkommenheit behalten, die ihm, unabhaengig von diesem Namen, eigen ist--Romeo, gieb deinen Namen weg, und fuer diesen Namen, der kein Theil von dir ist, nimm mein ganzes Ich. Romeo. Ich nehme dich beym Wort; nenne mich nur deinen Freund, und ich will meinem Taufnamen entsagen, ich will von nun an nicht mehr Romeo seyn. Juliette. Wer bist du, der hier, in Nacht gehuellt, mein einsames Selbstgespraeche belauscht? Romeo. Durch einen Namen weiss ich dir nicht zu sagen, wer ich bin; mein Name, theure Heilige, ist mir selbst verhasst, weil er ein Feind von dir ist. Ich wollt' ihn zerreissen, wenn ich ihn geschrieben haette. Juliette. So neu sie mir ist, so kenn' ich doch diese Stimme--Bist du nicht Romeo, und ein Montague? Romeo. Keines von beyden, schoene Heilige, wenn dir eines davon missfaellt. Juliette. Wie kamst du hieher, sage mir das, und warum? Die Garten-Mauer ist hoch und schwer zu ersteigen, und der Ort Tod, wenn dich einer von meinen Verwandten gewahr wuerde. Romeo. Mit der Liebe leichten Fluegeln ueberflog ich diese Mauern, einen zu schwachen Wall gegen den maechtigsten Gott; was die Liebe thun kan, dazu hat sie auch den Muth; und desswegen koennen deine Verwandten mich nicht abschreken. Juliette. Wenn sie dich sehen, so ermorden sie dich. Romeo. O Goetter! Es ist mehr Gefahr in deinem Aug als in zwanzig ihrer Schwerdter; sieh nur du mich huldreich an, so verlache ich alles was ihr Groll gegen mich unternehmen kan. Juliette. Ich wollte nicht um die ganze Welt, dass sie dich hier saehen. Romeo. Der Mantel der Nacht wird mich vor ihren Augen verbergen, und wenn nur du mich liebst, so moegen sie mich immer finden; besser dass ihr Hass mein Leben ende, als dass der Mangel deiner Liebe meinen Tod verlaengre. Juliette. Wer gab dir Anweisung diesen Plaz zu finden? Romeo. Die Liebe, die mich antrieb ihn zu suchen; sie lehnte mir Wiz, und ich lehnte ihr Augen--Ich bin kein Steuermann, aber waerst du so fern als jenes vom entferntesten Ocean bespuelte Ufer, ich wuerd' um ein solches Kleinod mein Leben wagen. Juliette. Die Maske der Nacht liegt auf meinem Gesicht, sonst wuerde meine gluehende Wange dir zeigen, wie beschaemt ich bin, dass du mich reden hoertest da ich allein zu seyn glaubte. Vergeblich wuerd' ich izt mich befremdet stellen wollen, vergeblich, vergeblich laeugnen wollen was ich gesprochen habe--So fahre dann wohl, Verstellung! Liebst du mich? Ich weiss, du wirst sagen, ja; und ich will mit deinem Wort zufrieden seyn--wenn du schwoerst, so koenntest du meineydig werden; Jupiter lacht nur, sagen sie, zu den falschen Schwueren der Verliebten. O werther Romeo, sey redlich, wenn du mir sagst, du liebest mich: Oder wenn du denkst, ich lasse mich zu leicht gewinnen, so will ich sauer sehen, und verkehrt seyn, und dir nein sagen--aber anders nicht um die ganze Welt--In der That liebenswuerdiger Montague, ich bin zu zaertlich; du koenntest deswegen nachtheilig von meiner Auffuehrung denken; Aber glaube mir, edler Juengling, du wirst mich in der Probe zuverlaessiger finden, als diejenigen welche List genug haben sich zuverstellen und Umstaende zu machen. Ich wuerde selbst mehr gemacht haben, ich muss es bekennen, wenn der Zufall dich nicht, mir unwissend, zum Zeugen meiner zaertlichen Gesinnungen gemacht haette. Vergieb mir also, und denke, um dieser schleunigen Ergebung willen, nicht schlimmer von einer Liebe, die dir die dunkle Nacht so unverhoft entdekt hat. Romeo. Fraeulein, bey jenem himmlischen Mond schwoer' ich, der alle diese frucht-vollen Wipfel mit Silber mahlt-- Juliette. O schwoere nicht bey dem Mond, dem unbestaendigen Mond, der alle Wochen in seinem cirkelnden Kreise sich aendert--oder deine Liebe koennte eben so veraenderlich werden. Romeo. Wobey soll ich denn schwoeren? Juliette. Schwoere gar nicht, oder wenn du ja willst, so schwoere bey deinem anmuthsvollen Selbst, bey dem theuren Gegenstand meiner Anbetung, und ich will dir glauben. Romeo. Wenn jemals meine redliche Liebe-- Juliette. Gut, schwoere nicht--So angenehm du selbst mir bist, so ist mir doch diese naechtliche Verbindung nicht angenehm; sie ist zu rasch, zu unbesonnen, zu ploezlich zu aehnlich dem Bliz, der schon aufgehoert hat zu seyn, eh man sagen kan, es blizt--Gute Nacht, mein Liebster. Diese Knospe von Liebe kan durch des Sommers reiffenden Athem sich zu einer schoenen Blume entfalten, bis wir wieder zusammen kommen. Gute Nacht, gute Nacht--Eine so suesse Ruhe komme ueber dein Herz, als die, so ich in meiner Brust empfinde! Romeo. O, willt du mich so unbefriediget verlassen? Juliette. Und was fuer eine Befriedigung kanst du noch verlangen? Romeo. Die Auswechslung des Geluebds deiner treuen Liebe gegen das Meinige. Juliette. Das that ich schon, eh du mich darum batest, und ich wollte lieber ich haett' es nicht gethan. Romeo. Moechtest du dein Herz wieder zurueknehmen? Warum das, meine Liebe? Juliette. Nur damit ich dir's noch einmal geben koennte--und doch, was wuensch' ich mir damit, als was ich schon habe? Meine Zaertlichkeit ist so grenzenlos als die See, meine Liebe so tief; je mehr ich dir gebe, je mehr ich habe, denn beyde sind unerschoepflich--Ich hoere ein Getoese--Lebe wohl, mein Geliebter-- (Man ruft Julietten hinter der Scene.) Gleich, gute Amme; lieber Romeo, sey getreu warte nur ein wenig, ich komme gleich wieder. (Sie geht weg.) Romeo. O, gluekliche, gluekliche Nacht! Ich besorge nur, weil es Nacht ist, dass alles das nur ein Traum sey; es ist zu schmeichelnd-suess um wuerklich zu seyn. (Juliette kommt wieder.) Juliette. Drey Worte, liebster Romeo, und dann gute Nacht, im Ernst--Wenn die Absicht deiner Liebe rechtschaffen ist, und auf eine geheiligte Verbindung abzielet, so lass mich durch jemand, den ich morgen an dich schiken will, wissen, wann und wo du die Ceremonien verrichten lassen willst, und ich bin bereit, mein ganzes Gluek zu deinen Fuessen zu legen, und dir, mein Liebster, durch die ganze Welt zu folgen. (Man ruft Julietten hinter der Scene.) Ich komme gleich--wenn du es aber nicht wohl meynst, so bitt' ich dich-- (Man ruft wieder) Den Augenblik--ich komme--gieb deine Bewerbung auf und ueberlass mich meinem Gram--Morgen will ich schiken-- Romeo. So moege meine Seele leben-- Juliette. Tausendmal gute Nacht-- (Sie geht weg.) Romeo. Wie kann dein Wunsch erfuellt werden, da du mich verlaessest?-- Schmerzen-volles Scheiden!--Liebe zu Liebe eilt so freudig wie Schulknaben von ihren Buechern--aber wenn Liebe sich von Liebe scheiden soll, da geht's der Schule zu, mit schwermuethigen Bliken-- (Er entfernt sich.) (Juliette kommt noch einmal zuruek.) Juliette. St! Romeo! St!--Wo nemm' ich eines Falkeniers Stimme her, um diesen Terzelot sachte wieder zuruek zuloken--Ich darf nicht laut ruffen, sonst wollt ich die Hoele wo Echo ligt zersprengen, und ihre helle Zunge von Wiederholung meines Romeo heiser machen. Romeo. Ist es meine Liebe die mir bey meinem Namen ruft? welche Musik toent so suess als die Stimme der Geliebten durch die Nacht hin dem Liebenden toent! Juliette. Romeo! Romeo. Meine Liebe! Juliette. In welcher Stunde soll ich morgen zu dir schiken? Romeo. Um neun Uhr. Juliette. Ich will es nicht vergessen, es ist zwanzig Jahre bis dahin--Ich habe vergessen, warum ich dich zuruekrief. Romeo. Lass mich hier stehen, biss es dir wieder einfaellt. Juliette. Deine Gegenwart ist mir so angenehm, dass ich vergessen werde, dass ich dich zu lange hier stehen lasse. Romeo. Und ich stehe so gerne hier, dass ich mich nicht erinnre eine andre Heimat zu haben als diese. Juliette. Es ist bald Morgen--Ich wollte du waerest weg, und doch nicht weiter als der Vogel eines spielenden Maedchens, den sie ein wenig von ihrer Hand weghuepfen laesst, aber aus zaertlicher Eifersucht ueber seine Freyheit, wenn er sich zu weit entfernen will, den armen kleinen Gefangnen gleich wieder an einem seidnen Faden zuruekzieht. Romeo. Ich wollt' ich waere dein Vogel. Juliette. Das wollt' ich auch, mein Herz, wenn ich nicht fuerchtete dass ich dich gar zu tode liebkosen moechte. Gute Nacht, gute Nacht. Das Scheiden kommt mich so sauer an, dass ich so lange gute Nacht sagen werde, biss es Morgen ist. (Sie geht weg.) Romeo. Schlummer ruhe auf deinen Augen, und suesser Friede in deiner Brust! Moecht' ich der Schlaf und der Friede seyn, um so lieblich zu ruhen!-- Ich gehe nun in die Celle meines Geistlichen Vaters, ihm mein Gluek zu entdeken und ihn um seinen Beystand zu bitten. (ab.) Dritte Scene. (Verwandelt sich in ein Kloster.) (Pater Lorenz tritt mit einem Korb auf.) Lorenz. Der grau-augichte Morgen laechelt die runzelnde Nacht weg, und zeichnet die oestlichen Wolken mit Streiffen von Licht; indem die geflekte Finsterniss gleich einem Betrunknen, den brennenden Raedern des Titan aus dem Wege taumelt. Nun ist es Zeit, dass ich, eh das flammende Auge der Sonne naeher koemmt, dem Tag zu liebkosen, und den naechtlichen Thau aufzutroknen, diesen Korb mit balsamischen Kraeutern und Blumen von heilsamer Kraft anfuelle. Die Erde, die Mutter der Natur, ist auch ihr Grab, und dieses fruchtbare Grab ists, aus dessen Schoos alle diese verschiednen Kinder entspringen, die wir saugend an ihrem muetterlichen Busen hangen sehen; jede Art mit besondern Kraeften begabt, jede mit einer eignen Tugend geschmuekt, und keine der andern gleich. Wie gross ist nicht die manchfaltige Kraft die in Pflanzen, Kraeutern und Steinen ligt! Nichts was auf der Erde sich findet, ist so schlecht, dass die Erde nicht irgend einen besondern Nuzen davon ziehe; nichts so gut, dessen Missbrauch nicht schaedlich sey. Die Tugend selbst, wird durch Ueberspannung oder irrige Anwendung zum Laster, und das Laster hingegen zuweilen durch die Art wie es ausgeuebt wird, geadelt--In dieser kleinen Blume hier liegt Gift und Heil-Kraft beysammen; ihr Geruch staerkt und ermuntert alle Lebens-Kraefte; gekostet hingegen, raubt sie den Sinnen alle Empfindung, und das Leben selbst. Zween eben so feindselige Gegner ligen allezeit in jedes Menschen Brust, die Gnade, und der verdorbne Wille, und wo dieser die Oberhand gewinnt, da hat der krebsartige Tod nur gar zu bald die ganze Pflanze aufgefressen. (Romeo zu dem Vorigen.) Romeo. Guten Morgen, Vater. Bruder Lorenz. Benedicite! Was fuer eine fruehe Zunge gruesst mich so freundlich?-- Junger Sohn, es zeigt einen verstoerten Kopf an, dass du dein Bette so frueh schon verlaessest. Sorgen wachen wohl in alter Leute Augen, und wo Sorge wohnt, wird der Schlaf nie sein Nachtlager nehmen: Aber wo kummerfreye Jugend mit unbeladnem Hirn ihre Glieder ruhen laesst, da herrschst der goldne Schlaf. Dein fruehes Aufseyn ist mir also ein Zeichen dass irgend eine aufruehrische Leidenschaft deine innerliche Ruhe stoert--oder wenn dieses nicht ist, nun, so ist's bald errathen, dass unser Romeo diese Nacht gar nicht zu Bette gegangen ist. Romeo. Das leztere ist wahr, weil mir eine suessere Ruhe zu theil ward. Bruder Lorenz. Gott verzeihe dir deine Suende! warst du bey Rosalinen? Romeo. Bey Rosalinen, mein geistlicher Vater? Nein. Ich habe sie bis auf ihren Namen vergessen. Bruder Lorenz. Das ist mein guter Sohn! Aber wo bist du denn gewesen? Romeo. Ich will es aufrichtig gestehen; ich befand mich vor einiger Zeit, unerkannt, bey einem Gastmal meines Feindes; dort wurd' ich unversehens, von einer Person verwundet, die ich zu gleicher Zeit verwundet habe; du besizest die geheiligte Arzney, die uns allein helfen kan; du siehest, heiliger Mann, dass ich keinen Hass in meinem Herzen hege, da meine Bitte sich auf meinen Feind erstrekt. Bruder Lorenz. Rede gerad und ohne Umschweiffe mit mir, mein Sohn; eine raethselhafte Beicht' erhaelt auch nur einen raethselhaften Ablass. Romeo. So wisse dann, dass ich des reichen Capulets schoene Tochter liebe; ihr Herz haengt an meinem, wie das meinige an dem ihrigen: Alles ist schon unter uns verglichen, und um gaenzlich vereinigt zu seyn, fehlt uns nichts, als der Knoten, den du machen kanst. Wenn, wo, und wie, wir einander zuerst gesehen, geliebt, und unsre Herzen ausgetauscht haben, will ich dir hernach erzaehlen; alles warum ich izt bitte, ist, dass du einwilligest uns heute noch zu vermaehlen. Bruder Lorenz. Heiliger Franciscus! Was fuer eine Veraenderung ist das! Ist Rosaline, die du so zaertlich liebtest, so schnell vergessen? So sizt wohl die Liebe junger Leute bloss in ihren Augen und nicht im Herzen! Jesu, Maria! Was fuer Fluthen von Thraenen haben deine Wangen um Rosalinen willen ueberschwemmt! Die Sonne hat deine Seufzer noch nicht vom Himmel weggewischt, dein Gewinsel hallt noch in meinen alten Ohren; sieh, hier sizt auf deiner Wange noch der Flek von einer alten Thraene, die noch nicht weggewaschen ist. Wenn du damals du selbst warst, so gehoerst du Rosalinen--und du bist ihr untreu worden? So gestehe dann, dass es unbillig ist, auf den Leichtsinn der Weiber zu schmaehlen, da in Maennern selbst keine Standhaftigkeit ist. Romeo. Und doch beschaltest du mich so oft, dass ich Rosalinen liebe? Bruder Lorenz. Dass du in sie vernarrt warst, nicht dass du sie liebtest, mein Kind-- Romeo. Und befahlst mir, meine Liebe zu begraben? Bruder Lorenz. Aber nicht eine neue aus ihrem Grab heraus zu holen. Romeo. Ich bitte dich, schohne meiner; Sie die ich liebe, erwiedert meine Zuneigung durch die ihrige; das that die andre nicht. Bruder Lorenz. Ohne Zweifel sagte ihr Herz ihr vorher, wie unzuverlaessig das deinige sey! Doch komm nur, junger Flattergeist, folge mir; dein Wankelmuth kan vielleicht gute Folgen nach sich ziehen. Diese Verbindung kan das gesegnete Mittel werden, den alten Hass eurer Familien auszuloeschen--und in dieser einzigen Betrachtung will ich dir behuelflich seyn. Romeo. O lass uns gehen, ich habe keine Zeit zu versaeumen-- Bruder Lorenz. Bedaechtlich und langsam! Wer zu schnell lauft, stolpert leicht. (Sie gehen ab.) Vierte Scene. (Verwandelt sich in die Strasse.) (Benvolio und Mercutio treten auf.) Mercutio. Wo, zum T**, mag denn dieser Romeo seyn? Kam er verwichene Nacht nicht nach Hause? Benvolio. Sein Bedienter sagt, nein. Mercutio. Wie, zum Henker, dieses bleichsuechtige, hartherzige Mensch, diese Rosaline quaelt ihn, dass er endlich zum Narren d'rueber werden wird. Benvolio. Tybalt, des alten Capulets Neffe, hat einen Brief in seines Vaters Haus geschikt. Mercutio. Eine Ausforderung, auf mein Leben! Benvolio. Romeo wird ihm antworten, wie sich's gebuehrt. Mercutio. Auf einen Brief kan endlich ein jeder antworten, der Schreiben gelernt hat. Benvolio. Nein, ich meyne, Tybalt wird seinen Mann in Romeo finden. Mercutio. Wollte Gott! Aber ach, der arme Romeo! er ist schon tod; von einer weissen Dirne schwarzem Aug zu tod gestochen! mit einem Liebes- Liedchen durch und durch--die Ohren gestossen! Der kleine blinde Bogenschueze hat ihm den Herz-Bendel abgeschossen; und er soll der Mann seyn, sich mit einem Tybalt zu messen? Benvolio. Wie, was ist denn Tybalt-- Mercutio. Mehr als der Fuerst der Kazen; das glaube mir--O, das ist der herzhafte Obrist-Leutenant aller Complimente; er ficht dir so leicht als du einen Gassen-Hauer singst, und bohrt dir nach der Cadenz, troz dem besten Tanzmeister--mit eins, zwey, drey, sein Federmesser in den Busen, dass es eine Lust zu sehen ist--ein wahrer Moerder eines seidnen Knopfs, ein Duellist, ein Duellist! Ein Mann, der immer zu foerderst an der Spize seines hohen Hauses steht, ein Mann der sich nach den Noten schlaegt--ah, der unsterbliche (Passado), der (Punto reverso), der--Hey! -- Benvolio. Der--was? Mercutio. Der Henker hohle diese frazigten, lispelnden, affectierten Narren! Diese suessen Buerschchen, die mit einem halbauslaendischen Accent ausruffen: Jesu! die allerliebste Klinge!--Der allerliebste Grenadier!--die allerliebste H**!--Wie, ist es nicht erbaermlich, Grossvater, dass wir mit diesen Schmetterlingen, mit diesen Mode- Frazen, diesen (pardonnes-moi's) heimgesucht seyn sollen, die so steiff auf der neuen Mode halten, dass sie unmoeglich auf dem alten Bank ruhig sizen koennen?--O! ihre (bons), ihre (bons!) (Romeo zu den Vorigen.) Benvolio. Hier kommt Romeo, hier kommt er-- Mercutio. Ohne seinen Rogen, wie ein gedoerrter Haering--O Fleisch, Fleisch, wie bist du fischificiert!--Izt ist er in den Harmonien vertieft, worinn Petrarch daherfliesst: Laura war gegen sein Fraeulein nur ein Kuechen-Mensch--Zum Henker, sie hatte einen Liebhaber der sie besser bereimen konnte--Dido war gegen sein Maedchen nur eine dike Saeug- Amme, Helena und Hero Mezen und Landstreichers-Waare, Thisbe ein kazen-augichtes Ding, oder so was--Aber nun zur Sache! Signor Romeo, (bon jour); das ist ein franzoesischer guter Morgen fuer eure franzoesischen Hosen--Ihr spieltet uns einen artigen Streich lezte Nacht-- Romeo. Guten Morgen--meine Freunde: Was fuer einen Streich spielt' ich euch dann? Mercutio. Dass ihr so davon schluepftet, wie wir euch ruften. Romeo. Um Vergebung, mein lieber Mercutio, mein Geschaefte war wichtig, und in einem solchen Fall wie der meinige, ist es einem ehrlichen Mann erlaubt, eine kleine Ausnahme von den Regeln der Hoeflichkeit zu machen--* (Die Amme, mit Peter, ihrem Diener, zu den Vorigen.) {ed.-* Hier faengt sich bis zum Auftritt der Amme eine Art von wizigem Duell mit Wortspielen, und abgeschmakt-sinnreichen Einfaellen zwischen Romeo und Mercutio an, welcher leztere zuweilen auch noch mit schmuzigen Scherzen um sich wirft, wenn er sich nicht anders mehr zu helfen weiss--Man kennt schon diese Mode-Seuche von unsers Autors Zeit, und erlaubt uns, eine Lueke zu machen, wo es in unsrer Sprache unmoeglich ist so wizig zu seyn wie seine Spass-Macher.} Amme. Peter-- Peter. He? Amme. Meinen Faecher, Peter-- Mercutio. Thu es, guter Peter, damit sie ihr Gesicht verbergen kan; ihr Faecher ist doch das schoenste von beyden. Amme. Guten Tag geb euch Gott, ihr Herren. Mercutio. Ein gutes Mittag-Essen geb euch Gott, schoenes Frauenzimmer. Amme. Ist es schon Mittag-Essens-Zeit? Mercutio. Es ist nicht weniger, sag ich euch; denn die--** ([Nachdem diese drey jungen Herren eine Zeitlang ihren geistreichen Spass mit der Amme gehabt haben, welche dem Romeo sagt, dass sie einen Auftrag an ihn habe, so fuehren sich endlich die beyden andern ab, und Romeo bleibt bey der Amme zuruek.]) {ed.-** Eine abermalige Lueke, die sich von einer Zote des sinnreichen Mercutio anhebt, und im Original mit dem albersten Zeug von der Welt ausgefuellt ist.} Amme. Ich bitte euch, Gnaediger Herr, wer war der grobe Geselle da, der so voller Raupereyen stekte? Romeo. Ein junger Edelmann, Amme, der sich selber gerne reden hoert, und in einer Minute mehr sagt, als er in einem Monat zu verantworten im Sinn hat. Amme. Wenn er etwas wider mich sagte, so wollt' ich ihn auf den Boden kriegen, und wenn er noch einmal so muthig waer' als er ist, und zwanzig solche Hansen; und wenn ich nicht kan, so will ich die wol finden, die es koennen--der Schurke, der! Ich bin keine von seinen Fleder-Wischen; ich bin keine von seinen Unter-Pfuelben! Und du must so da stehn, und zusehen, wie ein jeder Flegel seine Lust an mir buesst? Peter. Ich sah niemand seine Lust an euch buessen; wenn ich so was gesehen haette, ich wollte bald mit der Fuchtel heraus gewesen seyn, das versichr' ich euch. Ich habe so viel Herz als ein andrer, wenn ich Sicherheit in einem Handel sehe, und das Gesez auf meiner Seite ist. Amme. Nun, bey Gott, ich bin so uebel, dass alles an mir zittert--der garstige Mensch! Ich bitte euch, Gnaediger Herr, ein einziges Wort; und wie ich euch sagte, mein junges Fraeulein befahl mir euch aufzusuchen; was sie mir sagte, dass ich sagen sollte, will ich bey mir behalten; aber ich will nur so viel sagen, wenn ihr sie ins Narren-Paradies fuehren wuerdet, wie man zu sagen pflegt, so waer' es gewisslich eine grosse Suende, denn das Fraeulein ist jung, und wenn ihr sie also nur betruegen wolltet, so waer' es in der That nicht huebsch mit einem jungen Fraeulein umgegangen-- Romeo. Empfiehl mich deiner Fraeulein; ich protestiere dir-- Amme. Das gute Herz! Wohl, meiner Treue, das will ich ihr sagen: Herr, Gott, sie wird sich vor Freude kaum zu lassen wissen-- Romeo. Was willt du ihr denn sagen, Amme? Du hoerst mich ja nicht an. Amme. Ich will ihr sagen, Gnaediger Herr, dass ihr protestiert, welches, wie ich's verstehe, ein recht honnettes Anerbieten von einem jungen Cavalier ist-- Romeo. Sag ihr, sie moechte ein Mittel ausfindig machen, diesen Nachmittag zur Beichte zu gehen; so solle sie in Bruder Lorenzens Celle zu gleicher Zeit absolviert und copuliert werden--Hier ist was fuer deine Muehe. Amme. Nein, wahrhaftig, Gnaediger Herr, nicht einen Pfenning. Romeo. Geh, geh, mach keine Umstaende, du must-- Amme. Diesen Nachmittag, Gnaediger Herr? Gut, wir wollen uns einfinden. Romeo. Noch eins, gute Amme; warte hinter der Kloster-Mauer, mein Diener soll binnen dieser Stunde bey dir seyn, und dir eine Strik-Leiter bringen, die mich diese Nacht auf den Gipfel meiner Gluekseligkeit fuehren soll. Lebe wohl, sey getreu, und ich will deine Muehe reichlich belohnen. Amme. Nun, Gott im Himmel segne dich! Hoert einmal, Gnaediger Herr-- Romeo. Was willt du mir sagen, meine liebe Amme? Amme. Ist euer Bedienter auch verschwiegen? Hoertet ihr niemal sagen, zween koennen ein Geheimniss am besten bey sich behalten, wenn man einen davon thut? Romeo. Ich stehe dir davor, mein Kerl ist so zuverlaessig als Stahl und Eisen. Amme. Gut, Gnaediger Herr, mein Fraeulein ist das holdseligste Fraeulein von der Welt--Herr Gott! wie sie noch ein kleines plapperndes Ding war-- O,--es ist ein Edelmann in der Stadt, ein gewisser Paris, der seinen Mann gar zu gern bey ihr anbringen moechte; aber sie, die gute Seele, sie saeh eben so gern eine Kroete als sie ihn sieht: Ich erzuerne sie manchmal und sag ihr, Paris sey der schoenere von beyden-- aber das versichr' ich euch, wenn ich so rede, so wird sie so bleich wie ein weisses Tuch--Fangen nicht Rosmarin und Romeo beyde mit einem Buchstaben an? Romeo. Ja, Amme, warum fragst du das? Beyde mit einem R. Amme. Ah, Spottvogel! Das ist ja ein Hunds-Name--Nein, nein, ich weiss, es fangt mit einem andern Buchstaben an, und sie sagt die artigsten Sentenzien darueber, ueber euch und den Rosmarin, dass es euch im Herzen wohlthaete, wenn ihr's hoertet. Romeo. Meine Empfehlung an dein Fraeulein-- (Romeo geht ab.) Amme. O, tausendmal, Peter-- Peter. He? Amme. Nimm meinen Faecher, und geh voran. (Sie gehen ab.) Fuenfte Scene. (Verwandelt sich in Capulets Haus.) (Juliette tritt auf.) Juliette. Die Gloke schlug neun, wie ich die Amme ausschikte: und sie versprach in einer halben Stunde wieder zu kommen. Vielleicht kan sie ihn nicht finden--Das kan es nicht seyn--Oh, sie ist lahm. Die Boten der Liebe sollten Gedanken seyn, die zehnmal schneller fortschluepfen als Sonnenstralen, wenn sie von daemmernden Huegeln die Schatten der Nacht vertreiben. Desswegen ziehen leicht-gefluegelte Dauben die Liebes-Goettin, und desswegen hat der Wind-schnelle Cupido Schwingen. Die Sonne hat bereits den hoechsten Gipfel ihrer taeglichen Reise erstiegen; von neun bis zwoelf sind drey lange Stunden--und doch ist sie noch nicht da--O, haette sie warmes jugendliches Blut und ein geruehrtes Herz, sie wuerde so schnell seyn als ein Ball; meine Worte wuerden sie zu meinem Geliebten stossen, und die seinigen zu mir-- (Die Amme und Peter treten auf.) O Gott, sie kommt--O Zuker-Amme, was bringst du mir fuer eine Zeitung? Hast du ihn angetroffen?-- Schik deinen Diener weg. Amme. Peter warte vor der Tuer auf mich. (Peter geht ab.) Juliette. Nun, gute liebe Amme--O Himmel, warum siehst du so finster? Wenn deine Zeitung boese ist, so solltest du doch freundlich dazu aussehen; und ist sie gut, so verderbst du ihre Musik, wenn du sie mir mit einem sauern Gesicht vorspielst. Amme. Ich bin muede, lasst mich ein wenig ausruhen--Fy, meine Beine schmerzen mich, was das fuer ein Gang war! Juliette. Ich wollte du haettest meine Beine, und ich deine Zeitung. Nein, komm, ich bitte dich, rede--Gute, liebe Amme rede. Amme. Jesu! was fuer eine Ungeduld! Koennt ihr denn nicht ein wenig warten? Seht ihr nicht, dass ich ganz ausser Athem bin. Juliette. Wie bist du ausser Athem, da du Athem genug hast mir zu sagen, dass du ausser Athem bist? Die Entschuldigung die du fuer dein Zaudern machst ist laenger als die Erzaehlung, auf die du mich warten laessst. Ist deine Zeitung gut oder boese? Antworte mir nur das; Sag eines von beyden, und ich will auf die Umstaende warten; lass mich nicht in der Unruh, ist sie gut oder boese? Amme. Wohl, wohl, ihr habt eine feine Wahl getroffen; ihr wisst nicht wie man sich einen Mann auslesen muss: Romeo nein, er nicht; und doch, wenn sein Gesicht gleich nicht besser ist als andrer Leute ihres, so hat er doch die schoensten Waden, die man sehen kan; und was eine Hand, einen Fuss, und einen Leib anbetrift, wenn man schon nicht davon redt, so sind sie doch unvergleichlich. Er ist kein Complimenten-Narr nicht, aber ich bin gut davor, dass er so sanft ist wie ein Lamm--Geh deines Wegs, Maedchen, und danke Gott--Wie, habt ihr schon zu Mittag gegessen? Juliette. Nein, nein aber das alles wusst' ich schon vorher; was sagt er von unsrer Verheurathung? was sagt er davon? Amme. Herr, wie mir der Kopf weh thut! was ich fuer einen Kopf habe! Es schlaegt nicht anders drinn, als ob er in zwanzig Stueke fallen sollte--Und mein Rueken--O mein Rueken, mein Rueken! Gott verzeih' es euch, dass ihr mich ausgeschikt, mit auf- und ablauffen mein Leben einzubuessen. Juliette. Bey meiner Treue, es ist mir leid, dass du so uebel bist. Liebe, liebe, liebe Amme, ich bitte dich, was sagt mein Romeo? Amme. Euer Romeo redt wie ein rechtschaffner Edelmann, und ein artiger, und ein freundlicher, und ein huebscher, und, ich bin gut dafuer, auch ein tugendhafter--Wo ist eure Mutter? Juliette. Wo meine Mutter ist? Wie, sie ist in ihrem Zimmer; wo soll sie sonst seyn? Wie wunderlich du fragst? Euer Liebhaber redt wie ein rechtschaffner Edelmann--wo ist eure Mutter! -- Amme. O heilige Mutter Gottes, wie hizig ihr seyd! Wahrhaftig, ihr macht mir's, dass es nicht recht ist. Ist das der Lohn fuer meine Schmerzen in den Beinen? Ein andermal ruestet eure Gesandschaften selbst aus-- Juliette. Was du fuer einen Lerm machst? Komm, was sagt Romeo? Amme. Habt ihr Erlaubniss gekriegt, heut zur Beichte zu gehen? Juliette. Ja. Amme. So macht euch, sobald ihr koennt, nach Bruder Lorenzens Celle; dort wartet ein Mann auf euch, der euch zu einem Weibe machen will--Nun rennt das muthwillige Blut wieder in eure Wangen--Man kan euch kaum was neues sagen, so sind sie lauter Scharlach. Geht ihr zur Kirche; ich muss einen andern Weg, eine Leiter zu holen, auf der euer Liebhaber zu einem Vogel-Nest hinaufklettern soll, so bald es dunkel seyn wird. Ich bin den ganzen Tag mit euerm Vergnuegen geplagt, aber heute Nacht werdet ihr die Last selber tragen. Geht, ich will zum Mittag-Essen, macht ihr dass ihr in die Celle kommt. Juliette. Wie glueklich bin ich! Leb wohl indessen, gute Amme! (Sie gehen ab.) Sechste Scene. (Verwandelt sich in das Kloster.) (Bruder Lorenz und Romeo treten auf.) Bruder Lorenz. So laechle der Himmel auf diese heilige Handlung, dass keine nachfolgende Unglueks-Stunden uns zur Reue zwingen moegen! Romeo. Amen, Amen! Doch komme was fuer ein Ungluek auch will, es kan die Wonne nicht ueberwiegen, die mir eine einzige kurze Minute in ihrem Anblik giebt: Vereinige du nur mit heiligen Worten unsre Haende, und dann mag der Tod selbst sein aergstes thun; es ist genug, wenn ich sie nur mein nennen kann. Bruder Lorenz. Diese heftigen Entzuekungen nehmen gemeiniglich ein ploezliches Ende, und sterben in ihrem Triumph; wie Feuer und Pulver, die sich, indem sie sich begegnen, verzehren. Des suessesten Honigs wird man um seiner Suessigkeit willen zulezt ueberdruessig. Liebe also maessig, damit du lange lieben koennest; zu schnell kommt eben so spaet an, als zu langsam. (Juliette zu den Vorigen.) Hier kommt das Fraeulein. Wie munter, wie leicht auf den Fuessen sie ist! Ein Verliebter koennte das leichte Pflaum-Federchen besteigen, das in der ueppigen Sommer-Luft herumflattert, und wuerde doch nicht fallen, so leicht ist Eitelkeit. Juliette. Guten Abend, mein geistlicher Vater. Bruder Lorenz. Romeo, meine Tochter, soll dir fuer uns beyde danken. Juliette. Ich wuensche ihm eben so viel, sonst waere sein Dank zu viel. Romeo. Ah! Juliette, wenn das Maass deiner Freude so aufgehaeuft ist als das meinige, und du faehiger bist als ich, sie auszudrueken, o so versuesse durch deinen Athem diese umgebende Luft, und lass die zauberische Musik deiner Zunge die Gluekseligkeit entfalten, die wir beyde von dieser frohen Zusammenkunft erhalten. Juliette. Mein Herz ist zu voll von seinem Gluek, als dass es sich in Worte ergiessen koennte--Die sind nur arm, welche sagen koennen, wie reich sie sind--Meine Zaertlichkeit ist zu einem solchen Uebermaass gestiegen, dass ich nicht die Haelfte meines Reichthums anzugeben vermag. Bruder Lorenz. Kommt, kommt mit mir, und wir wollen kurze Arbeit machen; denn, mit eurer Erlaubniss, sollt ihr nicht allein beysammen bleiben, bis die heilige Kirch aus beyden (Einen) Leib gemacht hat. (Sie gehen ab.) Dritter Aufzug. Erste Scene. (Die Strasse.) (Mercutio und Benvolio mit ihren Bedienten treten auf.) Benvolio. Ich bitte dich, lieber Mercutio, lass uns gehen, der Tag ist heiss, und die Capulets schwaermen in den Strassen herum; wenn wir ihnen begegnen, so wird es unfehlbar Haendel absezen; denn in diesen heissen Tagen ist das tolle Blut aufruehrisch. Mercutio. Du kommst mir gerade so vor, wie einer von den tapfern Maennern, die, wenn sie in ein Weinhaus kommen, gleich ihren Degen auf den Tisch schmeissen und sagen: Gott gebe dass ich dich nicht noethig habe! aber sobald ihnen die zweyte Flasche in den Kopf gestiegen ist, ihn gegen den Keller-Jungen ziehen, welches sie in der That nicht noethig hatten. Benvolio. Und einem solchen Burschen bin ich gleich? Mercutio. Komm, komm, wenn du aufgebracht bist, bist du ein so hiziger Klingen-Fresser als irgend einer in Italien--und das schlimmste dabey ist, dass du eben so schnell aufzubringen bist, als du hizig bist, wenn man dich aufgebracht hat. Benvolio. Wie koemmt das? Mercutio. Wahrhaftig, wenn zween solche waeren wie du, wir wuerden gar bald gar keinen haben, denn einer wuerde den andern in der ersten Stunde aufreiben. Du? du faengst ja Haendel mit einem an, weil er ein Haar mehr oder weniger in seinem Bart hat, als du; du wuerdest mit einem anbinden, der Nuesse aufknakte, ohne eine andre Ursache angeben zu koennen, als weil du nussbraune Augen hast. Dein Kopf ist so voller Haendel, als ein Ey voll von Dotter und Eyer-Klar--und doch ist dir dieser nemliche Kopf, um deiner Schlaegereyen willen, schon so weich geschlagen worden, als ein gesottnes Ey. Du hast dich mit einem geschlagen, der auf der Strasse hustete, weil er deinen Hund damit aufgewekt habe, der in der Sonne schlafend lag. Fiengst du nicht mit einem Schneider Haendel an, weil er sein neues Wams vor Ostern trug? und mit einem andern, weil er seine neue Schuhe mit einem alten Nestel zugeknoepft hatte? Und du willt hier den Hofmeister mit mir machen, und mich vor Haendeln warnen! Benvolio. Wenn ich so haendelsuechtig waere wie du, es wuerde mir niemand zwo Stunden um mein Leben geben-- (Tybalt, Petrucchio und andre von den Capulets treten auf.) Bey meinem Kopf, hier kommen die Capulets-- Mercutio. Bey meiner Ferse, ich frage nichts darnach. Tybalt. Haltet euch dicht an mir, ich will mit ihnen reden--Guten Tag, meine Herren, ein Wort mit einem von euch. Mercutio. Warum nur Ein Wort? Kuppelt es mit einem leibhaftern Ding zusammen, macht dass ein Wort und eine Ohrfeige draus wird. Tybalt. Ihr sollt mich willig genug dazu finden, Herr, wenn ihr mir Gelegenheit dazu geben wollt. Mercutio. Koennt ihr denn keine Gelegenheit nehmen, ohne dass man sie euch geben muss? Tybalt. Mercutio, du ziehst immer mit Romeo herum-- Mercutio. Herumziehen! wie, machst du Bier-Fidler aus uns? Wenn du Bier- Fidler aus uns machst, so erwarte nichts bessers als Misstoene zu hoeren--Hier ist mein Fiddel-Bogen--Hier ist was, das euch tanzen machen soll!--Hoell-Teufel! Herumziehen! (Er legt die Hand an seinen Degen.) Benvolio. Wir sind hier mitten unter den Leuten. Entweder zieht euch an einen abgelegnen Ort zuruek, oder macht euren Zwist mit kaltem Blut aus; hier gaffen uns alle Augen an. Mercutio. Die Leute haben ihre Augen drum, damit sie sehen sollen; lass sie gaffen; ich will niemand zum Gefallen von der Stelle gehen, ich. (Romeo zu den Vorigen.) Tybalt. Gut! Ihr koennt Friede haben, Herr! Hier kommt mein Mann. Mercutio. Aber ich will gehangen seyn, Herr, wenn er euere Liverey traegt; geht nur zuerst zu Felde, er wird euch auf dem Fusse folgen; in diesem Sinn kan Eu. Gnaden ihn wol einen Mann heissen. Tybalt. Romeo, die Liebe die ich zu dir trage, giebt mit keinen bessern Gruss fuer dich als diesen, du bist ein nichtswuerdiger Kerl-- Romeo. Tybalt, die Ursache die ich habe dein Freund zu seyn, ist gross genug, mich gegen die beleidigende Wuth eines solchen Grusses unempfindlich zu machen--Ich bin nicht was du sagst--Also, lebe wohl; ich sehe, du kennst mich nicht. Tybalt. Junge, damit sollst du nicht fuer die Beleidigungen davon kommen, die ich von dir empfangen habe; kehr um, und zieh. Romeo. Ich schwoere dir, dass ich dich nie beleidigt habe; ich liebe dich mehr als du dir einbilden kanst; und bis du die Ursach erfahren wirst, warum ich dich liebe, guter Capulet, (leiser) --dessen Name mir so theuer ist als mein eigner--gieb dich zufrieden. Mercutio. Wie? So gelassen? O schimpfliche, niedertraechtige Gelassenheit!-- Tybalt, du Razenfaenger, willt du mit mir kommen? Tybalt. Was willst du von mir? Mercutio. Guter Kazen-Koenig, nichts als eines von deinen neun Leben, um ein bisschen lustig damit zu machen, und je nach dem ihr euch kuenftig auffuehren werdet, euch auch die uebrigen auszuklopfen. Wollt ihr euern Degen ziehen? Macht hurtig-- Tybalt. Ich bin zu euern Diensten. (Er zieht.) Romeo. Liebster Mercutio, stek dein Rapier ein. Mercutio. Wolan, Herr, einen kleinen Gang. (Mercutio und Tybalt fechten.) Romeo. Zieh, Benvolio--hilf mir ihnen die Degen aus den Haenden schlagen-- Meine Herren--Um's Himmels willen, haltet ein--Tybalt--Mercutio-- Ihr wisst das ausdruekliche Verbot des Fuersten--Halt, Tybalt--armer Mercutio-- (Tybalt geht ab.) Mercutio. Ich bin verwundet--Verderben ueber eure beyde Haeuser! Ich habe meinen Theil. Ist er weg, und hat nichts? Benvolio. Wie, bist du verwundet? Mercutio. Ja, ja, eine Rize, eine Nadelrize--Zum Henker, es ist genug, wo ist mein Diener? Geh, Schurke, hol einen Wund-Arzt. Romeo. Gutes Muths, Mann, die Wunde wird nicht viel zu bedeuten haben. Mercutio. Nein, sie ist nicht so tief als ein Zieh-Brunnen, noch so weit als eine Kirchen-Thuer, aber sie ist eben recht, so viel ich brauche; fragt morgen wieder nach mir. Ich bin gepfeffert fuer diese Welt, das glaubt mir; der Henker hole eure beyden Haeuser! Wie? ein Hund, eine Raze, eine Maus, eine Kaze soll einen Mann zu tod krazen? Eine feige Hure, ein Schurke, ein Lumpen-Kerl, der nach dem Rechenbuch ficht? Warum zum Teufel kam't ihr zwischen uns? Ich wurde unter euerm Arm gestossen-- Romeo. Ich that es aus der besten Absicht. Mercutio. Hilf mir in irgend ein Haus, Benvolio, oder ich werde umsinken--Die Pest ueber eure Haeuser! Sie haben eine Wurms-Mahlzeit aus mir gemacht; ich hab' es, und bald genug--Den Teufel ueber eure Haeuser!-- (Mercutio und Benvolio gehen ab.) Zweyte Scene. Romeo. Dieser Edelmann, ein naher Verwandter des Prinzen, mein bester Freund, muss um meinetwillen sein Leben lassen--meine Ehre ist durch Tybalts Laesterungen beflekt, Tybalts, der kaum seit einer Stunde mein Vetter ist: O suesse Juliette, deine Schoenheit hat mich weibisch gemacht--Wuerd' ein Mann soviel leiden und gelassen bleiben? (Benvolio tritt auf.) Benvolio. O Romeo, Romeo, der brave Mercutio ist todt-- Romeo. Dieser ungluekselige Tag, es ahnet mir, wird mehr andre nach sich ziehen-- (Tybalt zu den Vorigen.) Benvolio. Hier kommt der rasende Tybalt wieder zuruek. Romeo. Lebend, im Triumph? und Mercutio ist erschlagen? Hinweg gen Himmel, zuruekhaltende Sanftmuth, und du, feuer-augichte Wuth, sey nun meine Fuehrerin! Nun, Tybalt nimm den nichtswuerdigen Kerl zuruek, den du vorhin mir gabst--Mercutio's Seele schwebt nicht weit ueber unsern Haeuptern und wartet auf die deinige--Du oder ich, einer von uns muss ihm Gesellschaft leisten. Tybalt. Du, armseliger Junge, der hier mit ihm zu lauffen gewohnt war, du sollst mit ihm. (Sie fechten; Tybalt faellt.) Benvolio. Romeo, hinweg, fliehe--die Buerger lauffen zusammen, und Tybalt ist erschlagen--Steh nicht so sinnlos da--der Prinz wird dein Todes- Urtheil sprechen, wenn du ergriffen wirst--Hinweg, fliehe, fort! Romeo. O! Ich ungluekseliger Ball des Glueks-- Benvolio. Wie, du zoegerst noch? (Romeo entweicht.) Dritte Scene. (Einige Buerger treten auf.) Buerger. Welchen Weg floh Tybalt, der den Mercutio ermordet hat? Wo floh er hin? Benvolio. Hier ligt Tybalt. Buerger. Auf, Herr, geht mit mir--ich befehle dir's in des Fuersten Namen, gehorche. (Der Prinz, Montague, Capulet, ihre Weiber, u. s. w. treten auf.) Prinz. Wo sind die schaendlichen Urheber dieser Unruh? Benvolio. Gnaedigster Herr, ich kan den ganzen unglueklichen Hergang dieses fatalen Zwists erzaehlen; hier ligt, vom jungen Romeo erschlagen, der Mann der den tapfern Mercutio, euern Vetter erschlug. Lady Capulet. Tybalt, mein Neffe! O meines Bruders Kind! Ungluekseliger Anblik! O weh mir, das Blut meines liebsten Neffen ist vergossen--Prinz, so wahr du diesen Namen verdienst, so lass unser Blut durch das Blut des moerdrischen Montague gerochen werden. Prinz. Benvolio, wer war der Anfaenger des Handels? Benvolio. Tybalt, der hier von Romeo's Hand erschlagen ligt, von Romeo, der ihm freundlich zuredete, ihn bat die Gefaehrlichkeit der Haendel, die er anfieng, zu bedenken, und dass er sich die schaerfste Ahndung von Eurer Durchlaucht zuziehen werde; aber alles was er mit sanfter Stimme, ruhigen Bliken, und demuethig gebognen Knien sagte, war nicht vermoegend die wuethende Galle des tauben Tybalts zu besaenftigen--noch ihn abzuhalten, den scharfen Stahl nach des kuehnen Mercutio Brust zu zueken, der gleich hizig ihm Stoss um Stoss wiedergab, und mit furchtlosem Kaltsinn, mit der einen Hand den kalten Tod auf die Seite schlug, mit der andern ihn zu Tybalt zuruek sandte, von dessen geschikter Faust er gleich wieder auf seinen Gegner zuruekprallte.--Romeo ruft was er kan: haltet ein! Freunde! Freunde, haltet ein! und schneller als seine Zunge schlaegt sein behender Arm beyder toedtliche Klingen nieder, und stuerzt sich zwischen sie: Aber in eben diesem Augenblik durchbort, unter seinem Arm, ein unglueklicher Stoss von Tybalt des unbaendigen Mercutio's Herz; Tybalt entflieht, aber bald kommt er wieder zu Romeo zuruek, den eines Freundes Tod zur Rache anspornt, und wie der Bliz sind sie an einander: Denn eh ich sie von einander reissen konnte, war Tybalt erschlagen, und so wie er fiel, begab sich Romeo auf die Flucht. Diss ist die Wahrheit, oder lasst Benvolio sterben. Lady Capulet. Er ist ein Verwandter von den Montaguen, die Freundschaft macht ihn verdaechtig, er sagt nicht die Wahrheit. Es waren ihrer wenigstens zwanzig gegen den einzigen Tybalt, weniger als diese zwanzig haetten nichts ueber ihn vermocht. Ich verlange Justiz, Prinz, und es ist nicht in deiner Gewalt sie abzuschlagen. Romeo toedtete Tybalt, Romeo soll nicht leben! Prinz. Romeo erschlug ihn, und er erschlug den Mercutio--von wem soll dann ich das werthe Blut meines Anverwandten fordern? Lady Montague. Nicht von Romeo, Prinz, er war Mercutio's Freund: Sein ganzer Fehler war, dass er dem Moerder Tybalt das Leben nahm, welches ihm das Gesez ohnehin genommen haette. Prinz. Und dieses Verbrechens wegen verbannen wir ihn von Stund an aus Verona--Euere Feindschaft, euer ungezaehmter Groll kostet mich mein eignes Blut, es ist hohe Zeit um meiner eignen Sicherheit willen ihm Einhalt zu thun. Ich will es, ich will durch den Zwang der Straffen erhalten, was Drohung nicht vermocht hat. Keine Entschuldigungen! Keine Vorbitten! weder Thraenen noch Fussfaelle sollen die ermuedete Gerechtigkeit versoehnen--Lasst Romeo unverzueglich fliehen, oder die Stunde, worinn er ergriffen wird, ist seine lezte--Traget diesen Leichnam von hinnen, und erwartet meinen fernern Willen--Gnade wird selbst zur Moerderin, wenn sie Moerdern vergiebt. (Sie gehen ab.) Vierte Scene. (Verwandelt sich in ein Zimmer in Capulets Haus.) (Juliette tritt allein auf.) Juliette. Eilet, eilet davon, ihr feurigen Rosse der Sonne, euerm Nachtlager zu--ein solcher Fuehrer, wie Phaeton war, wuerde euch bald nach Westen gepeitscht, und in einem Augenblik den Tag in duestre Nacht verwandelt haben--Spreite deinen dichten Vorhang aus, Liebebefoerdernde Nacht! dass die Augen des mueden Phoebus niken, und unbesprochen und ungesehn Romeo in diese Arme fliege. Liebende sehen genug zu ihren zaertlichen Geheimnissen beym Glanz ihrer eignen Schoenheiten: Oder wenn die Liebe blind ist, so taugt sie am besten zur Nacht. Komm, stille Nacht, gleich einer sittsamen Matrone ganz in Schwarz gekleidet; komm und lehre mich ein gewinnreiches Spiel verliehren, das um ein paar unbeflekte Jungferschaften gespielt wird--Verhuelle das unbemannte Blut, das meine Wangen erhizt, in deinen schwarzen Schleyer, bis die ungewohnte Liebe kuehner wird, und in ihren bruenstigsten Ausbruechen nichts als Unschuld findt. Komm, Nacht, komm, Romeo, komm du Tag in der Nacht, denn du wirst auf den Fluegeln der Nacht weisser als Schnee auf eines Raben Rueken ligen; komm, holde Nacht, komm, liebende, schwarz-augichte Nacht! Gieb mir meinen Romeo, und wenn er einst sterben muss, so nimm ihn und schneid ihn in kleine Sterne aus, und er wird dem Antliz des Himmels eine so reizende Anmuth geben, dass die ganze Welt in die Nacht verliebt werden, und den Flitter-Glanz der Sonne nichts mehr achten wird--O wie lang, wie verdriesslich lang ist dieser Tag, so lang, wie die Nacht vor einem Festtag einem ungeduldigen Kinde, das neue Kleider bekommen hat, und sie noch nicht tragen darf. O, hier kommt meine Amme-- (Die Amme mit einer Strik-Leiter.) und bringt mir Nachrichten-- jede Zunge, die meines Romeo Namen ausspricht, ist die Zunge eines Engels fuer mich--Nun Amme, was giebt's neues? Was hast du hier? Die Strik-Leiter die Romeo dich holen hiess? Amme. Ja, ja, die Strik-Leiter-- Juliette. Weh mir! was ist begegnet? warum ringst du die Haende? Amme. Ach! dass's Gott erbarm'! er ist todt, er ist todt, er ist todt! wir sind verlohren, Fraeulein, wir sind verlohren!--Ach, dass's Gott erbarm! er ist hin, er ist umgebracht, er ist todt! Juliette. Kan der Himmel so missguenstig seyn? Amme. Was der Himmel nicht kan, kan Romeo--O Romeo! Romeo! Wer haette sich das einbilden koennen, Romeo? Juliette. Was fuer ein Teufel bist du, der mich so martert? Diese Folter sollte im Abgrund der Hoelle geheult werden! Hat Romeo sich selbst ermordet? Sag nur ja, und diese einzige Sylbe wird mich schneller vergiften als das todtschiessende Auge des Basilisken. Amme. Ich sah die Wunde, ich sah sie mit meinen Augen, Gott behuete mich! Hier--auf seiner maennlichen Brust. Eine erbaermliche Leiche, eine blutige erbaermliche Leiche, bleich, bleich wie Asche, ganz mit Blut beschmiert, lauter geronnen Blut--es wurde mir ohnmaechtig wie ich es sah. Juliette. O brich mein Herz--schliesst euch zu, meine Augen; oeffnet euch nicht mehr--stirb, arme Ungluekliche, dass dich und Romeo Eine Baare drueke! Amme. O Tybalt, Tybalt, der beste Freund den ich hatte: O freundlicher, wakrer, edler Tybalt, dass ich leben musste, dich todt zu sehen! Juliette. Was fuer ein Sturm ist das, der von so entgegenstehenden Seiten blaest. Ist Romeo erschlagen, und ist Tybalt todt? Mein vielgeliebter Vetter, und mein geliebterer Gemahl? Wenn das ist, so mag die Posaune zum allgemeinen Gerichts-Tag blasen--Denn wer lebt noch, wenn diese zween nicht mehr sind? Amme. Tybalt ist todt, und Romeo verbannt; Romeo, der ihn erschlug, ist verbannt. Juliette. O Gott! Romeo's Hand vergoss Tybalts Blut? Amme. Das that sie, das that sie, leider Gott erbarm's, das that sie. Juliette. O Schlangen-Herz, unter einem bluehenden Gesicht verborgen! wohnte jemals ein Drache in einer so schoenen Hoehle? Liebreizender Unmensch, Englischer Teufel!--O Natur, was hast du in der Hoelle zu thun, wenn du den Geist eines solchen Teufels in ein irdisches Paradies herbergest? War jemals ein Buch von so schaendlichem Inhalt so schoen eingebunden? O, dass in einem so praechtigen Palast gleissnerisches Laster wohnen soll! Amme. Es ist weder Treu, noch Glauben, noch Ehrlichkeit in diesen Mannsleuten; sie sind alle meineydig, alle Verraether, lauter Nichts, alle Heuchler--Ah! wo ist mein Diener? Gieb mir ein wenig Aquavit-- Dieser Jammer, diese Noth, diese Sorgen machen eins vor der Zeit grau--Schaam ueber diesen Romeo! Juliette. Verflucht sey deine Zunge durch einen solchen Wunsch! Er ward nicht zur Schaam gebohren, sie untersteht sich nicht auf seine Stirne zu sizen: Sie ist ein Thron, wo die Ehre zum allgemeinen Monarchen der ganzen Welt gekroent werden sollte! O was fuer eine Ungluekliche war ich, so wider ihn auszubrechen! Amme. Wolltet ihr gut von dem Moerder euers Verwandten reden? Juliette. Soll ich uebel von meinem Ehemann reden? Ach, armer Gemahl, was fuer eine Zunge soll deinem Namen liebkosen, da ich, dein dreystuendiges Weib, ihn misshandelt habe?--Aber warum, Unglueklicher, toedtetest du meinen Vetter? Dieser Vetter, der Ungluekselige! wuerde sonst meinen Gemahl getoedtet haben. Zuruek, thoerichte Thraenen, zuruek in eure Quelle; ihr seyd ein Zoll der dem Kummer gebuehrt, und ihr bietet ihn aus Irrthum der Freude dar? Mein Gemahl lebt, den Tybalt ermorden wollte, und Tybalt ist todt, der meinen Gemahl gern getoedtet haette; alles dieses ist Trost; warum wein' ich dann? Ach! es war noch ein Wort, schlimmer als Tybalts Tod, das mich ermordet hat; ich streb' umsonst es zu vergessen, ach! es dringt sich meinem Gedaechtniss auf, wie das Bewusstseyn boeser Thaten dem Gemuethe des Suenders; Tybalt ist todt und Romeo verbannt; dieses (verbannt), dieses einzige Wort verbannt, hat zehntausend Tybalts ermordet; Tybalts Tod war fuer sich allein Unglueks genug--Oder wenn das Ungluek ja Gesellschaft haben will, warum folgte, wie sie sagte--Tybalt ist todt--warum folgte nicht, dein Vater, oder deine Mutter, oder gar beyde? Aber mit diesem graesslichen Nachklang: auf, Tybalt ist todt-- Romeo ist verbannt--Durch dieses einzige Wort ist Vater, Mutter, Tybalt, Romeo, Juliet, alles erschlagen, alles todt!--Romeo verbannt! Es ist weder Ziel, noch Maass, noch Ende in dem Tod dieses Worts--es sind keine Worte die den Jammer ausdrueken, den es in sich haelt. Wo ist mein Vater und meine Mutter, Amme? Amme. Weinend und jammernd ueber Tybalts Leiche. Wollt ihr zu ihnen? Ich will euch hinfuehren. Juliette. Waschen sie seine Wunden mit Thraenen? Meine sollen, wenn die ihrigen vertroknet sind, ueber Romeo's Verbannung fliessen. Nimm diese Strike zu dir--arme Strike, ihr seyd verrathen, ihr und ich; Romeo ist verbannt! Er wollte sich auf euch einen Weg zu meinem Bette machen; aber nun werd' ich als eine verwittwete Jungfrau sterben. Komm, Strik-Leiter; komm, Amme; ich will in mein Braut- Bette, um dem Tod, nicht meinem Romeo in die Arme zu sinken.* {ed.-* Im Original sagt Juliette: (And Death, not Romeo, take my Maidenhead!)--Shakespear musste einen Reim auf den vorhergehenden Vers haben, und es ist kein Unsinn, keine Unanstaendigkeit, die er sich nicht erlauben sollte, um sich nicht lang auf einen Reim besinnen zu duerfen.} Amme. Geht in euer Zimmer; ich will den Romeo aufsuchen, der euch troesten soll. Ich weiss wol wo er ist; ich will zu ihm, er ist in Bruder Lorenzens Celle. Juliette. O such ihn, find ihn, gieb ihm diesen Ring, und bitt' ihn dass er komme, sein leztes Lebewohl zu nehmen. (Sie gehen ab.) Fuenfte Scene. (Verwandelt sich in das Kloster.) (Bruder Lorenz und Romeo treten auf.) Bruder Lorenz. Romeo, komm hervor, hervor du furchtsamer Mann; der Kummer ist in deine Schoenheit verliebt, und du bist mit der Wiederwaertigkeit verheurathet. Romeo. Was bringt ihr mir neues, mein Vater? Was ist des Prinzen Urtheil? Was fuer ein noch unbekanntes Elend will Bekanntschaft mit mir machen? Lorenz. Nur allzuvertraut ist mein theurer Sohn mit so beschwerlicher Gesellschaft. Ich bringe dir Nachricht von des Prinzen Urtheil. Romeo. Was weniger kan mein Urtheil seyn als der Tod? Lorenz. Ein milderer Spruch ergieng von seinen Lippen--Nicht dein Tod, nur deine Verbannung. Romeo. Ha! Verbannung! Sey mitleidiger, sage, Tod; denn Verbannung hat weit mehr schrekliches in ihren Bliken als der Tod selbst. Sage nicht, Verbannung. Lorenz. Hier aus Verona bist du verbannt; sey geduldig, die Welt ist weit und breit. Romeo. Ausser Verona's Mauern ist keine Welt, sondern nichts als Fegfeuer, Abgrund und Hoelle. Von hier verbannt ist aus der ganzen Welt verbannt, und aus der Welt verbannt seyn, ist Tod. Dieses (verbannt) ist nur ein unrecht benannter Tod; wenn du den Tod Verbannung nennst, so ist das nichts bessers als ob du mir den Kopf mit einem goldnen Beil abhautest und zu dem Streich laecheltest, womit du mir das Leben nimmst. Lorenz. O Todsuende! O rohe Undankbarkeit! Auf dein Vergehen sezt unser Gesez den Tod; der guetige Fuerst tritt dazwischen, stoesst das Gesez auf die Seite, und verwandelt das schwarze Wort Tod in Verbannung; welch eine Gnade, und du siehst sie nicht? Romeo. Marter ist's, nicht Gnade! Der Himmel ist da, wo Juliette lebt; jede Kaze, jeder Hund, jede kleine Maus, jedes unwuerdige Ding lebt hier im Himmel, und kan sie ansehen, nur Romeo nicht. Armselige Schmeis-Fliegen haben mehr Recht, sind achtbarer, edler, glueklicher als Romeo; sie koennen sich auf die weisse Hand meiner theuren Juliette sezen, und unsterbliche Wonne von ihren Lippen stehlen-- Fliegen koennen das thun, indess dass ich von ihr fliehen muss; und sagst du noch, dass Verbannung nicht Tod ist?--Sie koennen's, nur Romeo kan nicht, denn er ist verbannt--Hast du keinen Gift-Trank, keinen Dolch, kein ploezliches Todes-Werkzeug, (so elend es seyn mag, kan es doch nicht so elend seyn als verbannt) mir das Leben zu nemmen? Ha! Verbannt! O Vater, die Verdammten in der Hoelle brauchen dieses Wort, und Heulen folgt darauf--Wie kanst du so unbarmherzig seyn, du ein Mann Gottes, ein geistlicher Vater, ein Beichtiger, und mein erklaerter Freund, mich mit diesem verfluchten Wort, zu zerschmettern? Lorenz. Wahnwiziger, liebeskranker Thor, hoere mich reden-- Romeo. O du willst wieder von Verbannung anfangen-- Lorenz. Ich will dir Waffen geben, wodurch du dieses Wort von dir abhalten kanst; die suesse Milch der Wiederwaertigkeit--Philosophie, die dich beruhigen wird, ob du gleich verbannt bist. Romeo. Immer noch verbannt? An den Galgen mit Philosophie; wenn Philosophie nicht eine Juliette machen, eine Stadt versezen, die Urthel eines Prinzen aufheben kan, so hilft sie nicht, so nuezt sie nichts, sagt mir nichts mehr davon-- Lorenz. Nun dann, tolle Leute haben keine Ohren, wie ich sehe. Romeo. Wie sollten sie, wenn kluge Leute keine Augen haben? Lorenz. Komm, lass uns vernuenftig von deinen Umstaenden reden-- Romeo. Du kanst von dem nicht reden was du nicht fuehlst; waerest du so jung wie ich, und waere Juliette deine Liebste, waerst du vor einer Stunde mit ihr verheurathet, und haettest in dieser Stunde Tybalten umgebracht, und liebtest bis zum Wahnwiz wie ich, und waerest wie ich verbannt--dann moechtest du reden, dann moechtest du dir die Haare ausrauffen, und dich auf den Boden werfen, wie ich izt thue, und das Maas zu deinem Grabe nemmen. (Er wirft sich auf den Boden.) Lorenz. Steh auf--es klopft jemand: (Man hoert klopfen.) Guter Romeo, verbirg dich. Romeo. Nein wahrhaftig, wenn nicht der Dampf Herzzersprengender Seufzer, mich wie ein Nebel vor den Augen der Leute verbirgt. Lorenz. Horche! was das fuer ein Klopfen ist! wer ist da?-- (leise.) Romeo steh auf, du wirst ergriffen werden-- (laut.) --Nur einen Augenblik Geduld!-- (leise.) Steh auf, (Man klopft immer lauter.) lauf in meine Celle-- (laut.) Gleich, gleich--Um Gottes willen, was fuer eine Halsstarrigkeit ist das!-- (Man klopft.) Ich komme, ich komme. Wer klopft so stark? Wer seyd ihr? Was wollt ihr? Amme (hinter der Scene.) Lasst mich nur ein, so sollt ihr gleich erfahren, worinn mein Auftrag besteht--Ich komme von Fraeulein Juliette-- Lorenz. So seyd willkommen-- (Er macht auf.) (Die Amme tritt auf.) Amme. O ehrwuerdiger Herr, o sagt mir, ehrwuerdiger Herr, wo ist meiner Fraeulein ihr Herr? Wo ist Romeo? Bruder Lorenz. Hier, auf dem Boden, den seine Thraenen ueberschwemmen. Amme. O, so macht er's gerade wie mein Gnaediges Fraeulein, sie macht's gerade auch so; o trauervolle Sympathie! Gerade so ligt sie, schluchzend und weinend, und weinend und schluchzend--Die Baken sind ihr ganz davon aufgeschwollen--Steht auf, steht auf--Steht, wenn ihr ein Mann seyd--Um Juliettens willen, um ihrentwillen, auf vom Boden und steht! warum sollt ihr in ein so tiefes O!--fallen? -- Romeo. Amme!-- Amme. Ach, Gnaediger Herr, Gnaediger Herr!--Mit dem Tod hoert alles auf. Romeo. Redst du von Julietten? Wie steht es um sie? Glaubt sie nicht, ich sey ein verhaertetet Ruchloser, ein Moerder vom Handwerk, da ich die Kindheit unsrer Freude mit ihr so nahverwandtem Blut beflekt habe? Wo ist sie? Was macht sie? Was sagt meine neuangetraute Gemahlin zu den unverhoften Hinternissen unsrer Liebe? Amme. O, sie sagt nichts, Gnaediger Herr; sie thut nichts als weinen und weinen, und sinkt dann auf ihr Bett hin, und faehrt dann wieder auf, ruft Tybalt, und dann Romeo,--und sinkt dann wieder von neuem hin-- Romeo. --Als ob dieser Name wie aus dem toedtlichen Canal einer Flinte geschossen, sie ermorde, wie dieses Namens verfluchte Hand ihren Verwandten ermordet hat--Sag mir, Vater, sag mir, in was fuer einem verworfnen Theil dieses Koerpers mein Name wohnt? Sag mir's, damit ich die verhasste Wohnung zerstoeren kan. (Er zuekt seinen Degen.) Bruder Lorenz. Halt deine verzweifelnde Hand. Deine Thraenen sind unmaennlich und deine wilden Bewegungen die Ausbrueche der vernunftlosen Wuth eines wilden Thiers--Unweibliches Weibsbild in Gestalt eines Manns, wildes Thier in der schoenen Gestalt eines vernuenftigen Geschoepfs-- Du sezst mich in Erstaunen. Bey meinem heiligen Orden! Ich traute dir mehr Muth, mehr geseztes Wesen zu. Du hast Tybalten erschlagen-- Willt du nun auch dich, auch deine Geliebte, die in dir lebt, ermorden? Verachtest du so, was deine Geburt, was Himmel und Erde fuer dich gethan haben; alle drey vereinigten sich, dich gross und glueklich zu machen, und du willt alles durch einen Streich verliehren? Fy, fy, du entehrst deine Gestalt, deine Liebe, deine Vernunft, da du, wie ein Wucherer, an allen dreyen so reich bist, und keines zu dem edeln Gebrauch anwendest wozu du es empfiengest. Deine schoene Gestalt ist ohne den tapfern Muth eines Mannes, nur ein waechsernes Bild--Deine heilig beschwohrne Liebe nur treuloser Meineyd, da du eben diese Liebe toedten willst, die du zu ernaehren angelobet hast. Deine Vernunft, welche beyde regieren und verschoenern sollte, wird wie Pulver in eines unachtsamen Soldaten Beutel, durch deine eigne Unbesonnenheit in Feuer gesezt, und du durch dasjenige aufgerieben, was dich beschuezen sollte. Wie, stehe auf, Mann, deine Julia lebt noch, um derentwillen du todt warest: Hierinn bist du glueklich. Tybalt wollte dir das Leben nehmen, aber du nahmst es ihm; hierinn bist du auch glueklich. Das Gesez, das dir den Tod draeute, wurde dein Freund, und verwandelte ihn in Verweisung; auch darinn bist du glueklich. Wie viel Gluekseligkeiten-- und du erkennst sie nicht? Die Gluekseligkeit kleidet dich in ihren schoensten Puz, und wie ein unartiges verdriessliches Maedchen, schielst du dein Gluek und deine Liebe mit unzufriednen Bliken an. Nimm dich in acht, nimm dich in acht, solche Leute nehmen meistens ein elendes Ende. Geh, geh zu deiner Geliebten wie es abgeredet war, steig in ihr Zimmer, weg, und troeste sie; aber siehe zu, dass du dich nicht so lange verweilest, bis die Wache aufzieht; sonst koenntest du nicht nach Mantua entrinnen, wo du dich so lange aufhalten sollst, bis wir die gelegne Zeit ersehen, eure Heyrath bekannt zu machen, euch mit euern Freunden auszusoehnen, des Prinzen Verzeihung zu erlangen, und dich mit zwanzigtausendmal mehr Freude zuruek zu beruffen, als izt der Schmerz ist mit dem du fortgehst. Geh voran, Amme; gruesse mir dein Fraeulein, und bitte sie, sie soll machen, dass das ganze Haus fein bald zu Bette komme, wozu die allgemeine Betruebniss sie ohnehin geneigt machen wird. Romeo wird bald nachfolgen. Amme. O Herre, ich haette die ganze Nacht hier stehen moegen, um so gescheidte Sachen reden zu hoeren: O was das ist, wenn man gestudiert ist! Gnaediger Herr, ich will meiner Fraeulein sagen, dass ihr kommen werdet. Romeo. Thu das, und bitte sie, sie soll sich gefasst machen, mich auszuschelten. Amme. Hier ist ein Ring, Gnaediger Herr, den sie mir fuer euch mitgab-- Eilet doch, macht hurtig, es ist schon sehr spaet-- Romeo. Wie schnell diese Erwartung meinen Muth wiederaufleben macht! Bruder Lorenz. Halte dich in Mantua auf; ich will einen zuverlaessigen Mann fuer euch ausfuendig machen, der euch von Zeit zu Zeit berichten soll, was fuer guenstige Umstaende sich hier fuer euch ereignen. Gieb mir deine Hand, es ist spaete, lebe wohl! Gute Nacht! Romeo. Rieffe mich nicht Freude ueber alle Freuden hinweg, wie schmerzlich wuerde mir dieser schnelle Abschied seyn! (Sie gehen ab.) Sechste Scene. (Verwandelt sich in Capulets Haus.) (Capulet, Lady Capulet und Paris treten auf.) Capulet. Es sind so ungluekliche Umstaende eingefallen, mein Herr, dass wir keine Zeit gehabt haben, unsrer Tochter zuzureden. Seht ihr, sie liebte ihren Vetter Tybalt gar herzlich, und das that ich auch-- Wohl, wir werden gebohren, um wieder zu sterben--Es ist sehr spaet, sie wird diese Nacht nicht herunter kommen; ich versichre euch, wenn mir eure Gesellschaft nicht so lieb waere, ich wuerde schon eine Stunde im Bette seyn. Paris. Ich bescheide mich gerne, dass diese Trauer-Tage keine Zeit zu Liebes-Bewerbungen sind. Gute Nacht, Gnaedige Frau--Empfehlt mich eurer Tochter-- Lady Capulet. Ich will, und morgen frueh nachforschen, wie sie gesinnt ist--Fuer diese Nacht ist sie zu ihrer Traurigkeit eingeschlossen. Capulet. Signor Paris, ich getrau es auf mich zu nehmen, euch meines Kindes Liebe zu versprechen: Ich denke, sie wird sich in allen Stueken von mir regieren lassen--nichts weiter, ich zweifle gar nicht, Frau, geh du noch zu ihr, eh du zu Bette gehst, gieb ihr Nachricht von Signor Paris Liebe, und sag ihr, hoerst du, bis naechsten Mittwoch-- aber sachte--was ist heut fuer ein Tag? -- Paris. Montag, Gnaediger Herr. Capulet. Montag? Ha, ha, gut, Mittwoch ist zu bald, lasst es den Donnerstag seyn; naechsten Donnerstag, sag ihr, soll sie mit diesem edeln Grafen vermaehlt werden--Wollt ihr bisdahin fertig seyn? Seyd ihr mit dieser Eilfertigkeit zufrieden?--wir wollen kein grosses Wesen nicht machen--Einen oder zween Freunde--Denn, seht ihr, da Tybalt so kuerzlich erst ermordet worden, so wuerde es so herauskommen, als ob wir wenig Antheil an seinem Unfall naehmen, wenn wir grosse Freuden-Bezeugungen anstellen wollten--Desswegen wollen wir etwann ein halb Duzend Freunde haben, und damit ist's aus. Aber was sagt ihr zum Donnerstag? Paris. Gnaediger Herr, ich wollte der Donnerstag waere Morgen. Capulet. Gut, gut, geht izt zu Bette--auf Donnerstag sey es also-- (Zu Lady Capulet.) Du, geh zu Julietten eh du zu Bette gehst, Weib--Bereite sie auf ihren Hochzeit-Tag vor. Lebt wohl, Graf--Licht in mein Zimmer, he!-- Geht zu, geht zu, es ist schon so spaet, dass wir's bald frueh heissen duerften. Gute Nacht-- (Sie gehen ab.) Siebende Scene. (Juliettens Zimmer, von der Garten-Seite.) (Romeo und Juliette, oben an einem Fenster; woran eine Strik- Leiter befestigt ist.) Juliette. Willt du schon gehen? Es ist noch lange bis zum Tag: Es war die Nachtigall und nicht die Lerche, die dich vorhin erschrekte--sie pflegt alle Nacht auf jenem Granatbaum zu singen; glaube mir, mein Herz, es war die Nachtigall. Romeo. Es war die Lerche, die Heroldin des Morgens, nicht die Nachtigall. Siehst du, meine Liebe, die neidischen Streiffen, die dort im Osten die sich scheidenden Wolken umwinden: Die Kerzen der Nacht sind abgebrannt, und der froeliche Tag gukt auf den Zehen stehend ueber die Spizen der neblichten Berge. Ich muss gehen und leben, oder bleiben und sterben. Juliette. Jenes Licht ist nicht Tag-Licht, glaube mir's, es ist irgend ein Meteor, das die Sonne ausduenstet, um in dieser Nacht deine Reise nach Mantua zu beleuchten; bleibe noch ein wenig, du sollst nicht so frueh gehen. Romeo. Lass mich ergriffen, lass mich zum Tod verurtheilt werden; ich bin zufrieden, wenn du es haben willst. Ich will sagen, jenes Grau sey nicht des Morgens Auge, sondern nur der blasse Gegenschein von Cynthia's Stirne; und es sey nicht die Lerche, deren Noten so hoch ueber unserm Haupte zu den himmlischen Gewoelben hinauftoenen. Nichts als die Sorge um unsre Sicherheit kan mich aus deinen Armen reissen; aber Juliette will's, und der Tod soll mir willkommen seyn. Wie ists, meine Seele? Lass uns schwazen, es ist noch nicht Tag. Juliette. Es ist, es ist; verlass mich, fliehe, mein Geliebter; es ist die Lerche, die so tonloss singt, ihr misslautendes, unangenehm-scharfes Gurgeln ruft dich weg--O gehe, gehe, es wird immer heller und heller. Romeo. Sage, immer finstrer und finstrer, da ich in wenigen Augenbliken dich nicht mehr sehen werde. (Die Amme kommt herein.) Amme. Gnaedige Frau-- Juliette. Amme? Amme. Euer Gnaden Frau Mutter ist im Begriff heraufzukommen: Der Tag bricht an, nehmt euch in Acht, seht euch vor-- (ab.) Juliette. So muss ich dann von meinem Leben scheiden? -- Romeo. Lebe wohl, lebe wohl; noch einen Kuss, und ich will gehen. (Romeo steigt aus dem Fenster herab.) Juliette. Und gehst du dann so? O mein Liebster, mein Herr, mein Gemahl, mein Freund! Ich muss alle Tage Nachricht von dir haben, alle Stunden, denn in einer Minute ohne dich sind viele Tage. Ach! nach dieser Rechnung werd' ich alt seyn, eh ich meinen Romeo wieder sehe. Romeo. Lebe wohl, meine Liebe: ich will keine Gelegenheit versaeumen, wodurch ich dir meinen Gruss uebermachen kan. Juliette. Ach, denkst du, wir werden uns jemals wieder sehen? Romeo. Zweifle nicht; es wird eine Zeit kommen, wo alle diese Wiederwaertigkeiten uns zum Stoff angenehmer Gespraeche dienen werden. Juliette. O Gott! ich hab' eine Ungluek-weissagende Seele--Mich duenkt, ich seh dich, da ich so auf dich hinunter schaue, wie einen, der todt in seinem Grabe ligt. Entweder werden meine Augen duester, oder du siehst bleich-- Romeo. Glaube mir, Liebe, du kommst mir eben so vor; der Kummer trinkt das Blut in unsern Wangen auf--Lebe wohl, lebe wohl!-- (Romeo geht ab.) Achte Scene. Juliette. O Gluek, Gluek, alle Leute nennen dich unbestaendig; wenn du unbestaendig bist, was thust du mit dem, dessen Treue du kennen solltest? Doch, sey immerhin unbestaendig, denn so hab ich Hoffnung, dass du ihn nicht lange behalten, sondern mir bald zurueckschiken wirst. (Lady Capulet tritt auf.) Lady. Wie, Tochter, seyd ihr schon auf? Juliette. Wer ist da, wer ruft? Ist es meine Gnaedige Mamma? Was fuer eine ungewoehnliche Ursache fuehrt sie so frueh hieher? Lady. Wie, Juliette, wie steht's um dich? Juliette. Ich bin nicht wohl, Gnaedige Frau. Lady. Immer noch in Thraenen um deines Vetters Tod? Wie, hofst du ihn mit deinen Thraenen aus seinem Grab herauszuwaschen? Wenn du es auch koenntest, so koenntest du ihn doch nicht wieder lebendig machen. Gieb dich also einmal zufrieden. Ein gemaessigter Schmerz ist ein Beweis der Liebe; aber zuviel Schmerz beweist allemal zu wenig Verstand. Juliette. Ich kan einen so empfindlichen Verlust nicht zuviel beweinen. Lady. Auf diese Art verewigst du das Gefuehl deines Verlusts, und kanst doch den Freund nicht zuruek bringen, dessen Verlust du beweinst. Juliette. So wie ich den Verlust meines Freundes fuehle, kan ich nicht anders als ihn immer beweinen. Lady. Gut, Maedchen, du weinst nicht so sehr um seinen Tod, als dass der Boesewicht lebt, der ihn ermordet hat. Juliette. Was fuer ein Boesewicht, Gnaedige Frau? Lady. Was fuer ein andrer als Romeo? Juliette (leise.) Boesewicht, und er, sind manche Meilen von einander. (laut.) Gott verzeih' ihm! Ich thue es von ganzem Herzen--Und doch ist niemand der meinem Herzen empfindlichere Schmerzen verursacht als er. Lady. Du meynst, weil der Verraether lebt-- Juliette. Ich, gnaedige Frau,-- (leise.) Ohne dass ihn diese meine Arme erreichen koennen-- (laut.) Ich wollte nichts, als dass ich allein meines Vetters Tod raechen duerfte. Lady. Wir wollen uns Rache verschaffen, sey du unbekuemmert; hoere nur auf zu weinen. Ich will jemand nach Mantua, wo der verbannte Renegat sich aufhaelt, senden, der ihn bald genug dem Tybalt nachschiken soll; und dann, hoff ich, wirst du doch zufrieden seyn. Juliette. In der That, Gnaedige Frau, ich werde nie mit Romeo zufrieden seyn, ich seh' ihn dann--todt--ist mein armes Herz fuer meinen unglueklichen Freund.* Gnaedige Frau, wenn ihr mir nur einen Mann finden koennt, der ihm einen Gift-Trank bringen wollte, ich wollte ihn so mischen, dass Romeo, sobald er ihn eingenommen haette, im Frieden schlafen sollte--O! wie mein Herz es verabscheut, dass ich ihn nennen hoere--und nicht zu ihm kommen kan--um die Liebe, die ich zu meinem ermordeten Vetter trug, an der Person desjenigen auszulassen, der ihn ermordet hat. {ed.-* Der Leser bemerkt ohne unsre Erinnerungen, den erkuenstelten Doppelsinn in den Reden der Juliette, womit der Autor ein ziemlich kindisches Spiel treibt. Man hat sie, so gut es moeglich war, auszudrueken gesucht, obgleich die natuerliche Wortfuegung in unsrer Sprache sich nicht recht dazu bequemen wollte.} Lady. Finde du nur das Mittel aus, und lass du mich fuer den Mann sorgen. Aber nun will ich dir eine angenehme Zeitung sagen, Maedchen. Juliette. Sie kommt sehr zu gelegner Zeit, wenn sie angenehm ist. Und worinn besteht sie dann, wenn ich Euer Gnaden bitten darf? Lady. Gut, gut, du hast einen sorgfaeltigen Vater, Kind; der, um dich von deiner Schwermuth zu befreyen, einen unverhoften Freuden-Tag angeordnet hat, an den keine von uns beyden dachte. Juliette. Und darf man fragen, was fuer ein Tag das ist, Gnaedige Frau? Lady. Den naechsten Donnerstag, mein Kind, frueh Morgens wird der junge, edle, liebenswuerdige Graf Paris in St. Peters Kirche dich zu einer glueklichen Braut machen. Juliette. Nun, bey St. Peters Kirch, und bey St. Peter selbst, das soll er nicht. Ich bin sehr verwundert, dass ich mit so grosser Eilfertigkeit vermaehlt werden soll, eh mein bestimmter Gemahl sich die mindeste Muehe um mich gegeben hat. Ich bitte Eu. Gnaden, sagt meinem Herrn und Vater, dass ich noch nicht heurathen will; und wenn ichs thue, so soll es eher Romeo seyn, den ich hasse, wie ihr wisst, als Paris--das sind neue Zeitungen, in der That! Lady. Hier kommt euer Vater, sagt ihm das selbst, und seht wie wohl ers von euch aufnehmen wird. (Capulet und Amme zu den Vorigen.) Capulet. Nun, wie gehts? was machst du, Maedchen? Wie, immer noch Thraenen? Immer regnerisch? Du stellst in deiner einzigen kleinen Person ein Schiff, die See und den Wind vor; deine Augen, die eine immer abwechselnde Ebbe und Fluth von Thraenen machen, sind die See; dein Leib ist das Schiff das in dieser salzichten See dahersegelt; und die Winde deine Seufzer, die, mit deinen Thraenen in die Wette rasend, wenn nicht eine ploezliche Stille erfolgt, deinen vom Sturm herumgewaelzten Leib endlich untergehen machen werden--Was ist's, Frau? Habt ihr dem Maedchen unsern Entschluss bekannt gemacht? Lady. Ja, mein Herr; aber sie will nichts davon hoeren, sie bedankt sich davor; ich wollte, die Naerrin waere mit ihrem Grabe verheurathet. Capulet. Sachte, nehmt mich mit, Frau, nehmt mich mit euch. Wie, sie will nichts davon hoeren? Sie dankt uns nicht davor? Sie ist nicht stolz darauf, sie schaezt sich nicht glueklich so unwuerdig als sie ist, dass wir ihr einen so wuerdigen Edelmann zum Braeutigam auserkohren haben? Juliette. Nicht stolz darauf, dass ihr es gethan habt, aber doch dankbar; stolz kan ich nicht seyn auf etwas das ich hasse, aber dankbar, selbst fuer etwas Boeses das eure Liebe gut gemeynt hat. Capulet. Wie, was, wie, Distinctionen-Macherin? Was soll das bedeuten? Stolz! und ich dank euch! und ich dank euch nicht! und doch nicht stolz!-- Wie, Fraeulein Wunderlich, Ihr, schwazt mir nichts von Dank und Stolz und Unstolz und Undank daher, sondern legt eure schoensten Kleider auf Donnerstag Morgen zurechte, um mit Paris zur St. Peters Kirche zu gehen, oder ich will dich auf einer Schleiffe hinziehen lassen. Aus meinem Gesicht, du bleichsuechtiges Raben-Aas! Fort, du Sausoedel! du Talk-Gesicht! Lady Capulet. Fy, fy, wie, seyd ihr toll? Juliette. Liebster Herr Vater, ich bitte euch auf meinen Knien, hoert mich nur ein einziges Wort mit Geduld an. Capulet. An den Galgen, du junge Meze! Ungehorsame, leichtfertige Creatur! Ich will dir was sagen, geh mir auf den Donnerstag in die Kirche, oder komm mir nimmer vor mein Angesicht. Sag nichts, replicier nicht, antworte mir nichts; meine Finger juken mir. Weib, wir hielten uns kaum fuer glueklich, weil uns Gott nur dieses einzige Kind gegeben hatte; aber nun seh ich, dass dieses einzige zuviel ist, und dass wir sie zu einem Fluch bekommen haben--Aus meinem Gesicht, Bastart! Amme. Gott im Himmel segne sie! Ihr habt unrecht, Gnaediger Herr, dass ihr so hart mit ihr verfahrt. Capulet. Und wie, My Lady Weisheit? Haltet ihr euer Maul, und schnattert mit euern Gevattrinnen--pakt euch-- Amme. Ich rede nichts unrechtes;--O, Gott gebe euch einen guten Tag--Darf eins nicht mehr reden? Capulet. Still, still, ihr murmelnde Naerrin, spielt eure Gravitaet wenn ihr mit euern Gevatterinnen zecht; hier haben wir ihrer nicht vonnoethen. Lady. Ihr seyd zu hizig. Capulet. Wie, Sakerlot! Soll einen das nicht wild machen? Tag und Nacht, frueh und spat, daheim und ausser dem Haus, allein und in Gesellschaft, wachend und schlafend ist immer meine einzige Sorge gewesen, wie ich sie wohl verheurathen wolle: und izt, da ich einen wakern jungen Edelmann, von schoenen Mitteln, von der ansehnlichsten Verwandtschaft, fuer sie gefunden habe; der, wie alle Leute sagen, Verdienste hat; kurz einen Mann, wie man sich einen wuenschen mag, soll ich eine heillose alberne Troepfin, ein pinselndes Puepchen haben, die, wenn das Gluek sie anlacht, antwortet: Ich will noch nicht heurathen--Ich kan nicht lieben--Ich bin noch zu jung--ich bitte um Vergebung--Gut, wenn ihr nicht heurathen wollt, so will ich euch vergeben; grasst wo ihr wollt, aber mit mir sollt ihr nicht in einem Hause leben; Ueberlegts, denkt ihm nach, es ist mein Brauch nicht, zu spassen. Es ist nicht mehr lange bis Donnerstag; leg die Hand auf dein Herz, bedenk dich; wenn du mein bist, so will ich dich meinem Freunde geben; und bist du's nicht, so haeng dich, bettle, verhungre, stirb auf der Strasse; bey meiner Seele, ich will dich nicht fuer mein Kind erkennen, und du sollst von dem meinigen nicht soviel bekommen, als du auf der Zunge spueren koenntest--Verlass dich drauf, und bedenk dich, ich werde meinen Eyd gewiss nicht brechen. (Er geht ab.) Juliette. Ist denn hier kein mitleidiges Wesen, in den Wolken sizend, das in den Grund meines Schmerzens hinabschaut?--O meine liebste Mutter, werft mich nicht hinweg, verschiebt diese Heurath nur einen Monat-- nur eine Woche; oder, wenn ihr nicht wollt, so macht mein Braut- Bette in das duestre Begraebniss, wo Tybalt ligt. Lady Capulet. Wende dich nicht an mich, ich will kein Wort reden: Thu, was du willst, ich habe dir nichts mehr zu sagen. (Sie geht ab.) Juliette. O Gott! O Amme, wie kan diesem vorgebaut werden? Mein Gemahl ist auf Erden; meine Treue im Himmel; wie kan diese Treue wieder zuruek kommen, wenn nicht mein Gemahl sie mir zuruekschikt, indem er die Erde verlaesst?--Troeste mich, gieb mir einen Rath. O Jammer, Jammer, dass der Himmel so hart, so streng mit einem so sanften Geschoepf als ich bin, verfahren soll! Was sagst du? Hast du kein einziges troestliches Woertchen? Nur einen kleinen Trost, Amme! -- Amme. Ey ja, und hier ist er; Romeo ist verbannt: Ich wette die ganze Welt gegen nichts, dass er das Herz nicht hat, zuruek zu kommen, und Anspruch an euch zu machen; oder wenn ers thun wollte, so muesst er's doch nur heimlich thun. Weil also die Umstaende so beschaffen sind, so waere das beste, daeucht mich, ihr naehmet den Grafen. Oh, er ist ein liebenswuerdiger junger Herr! Romeo ist nur ein Feg-Lumpen gegen ihn; ein Adler hat kein so scharfes, so munteres, so schoenes Aug als Paris hat. Ich will nicht ehrlich seyn, wenn diese andre Partie nicht besser ist als die erste; und wenn es auch nicht waere, so ist ja euer erster Mann gestorben, oder so viel als gestorben, da er fern von hier lebt, und euch zu nichts gut ist. Juliette. Redst du aus deinem Herzen? Amme. Und aus meiner Seele dazu, oder ich will beyde verlohren haben! Juliette. Amen. Amme. Was? Juliette. Gut; du hast mir einen vortrefflichen Trost gegeben; geh hinein, und sag der Gnaedigen Frau, weil ich meinen Vater erzuernt habe, so sey ich in Bruder Lorenzens Celle gegangen, um meine Beicht abzulegen, und den Ablass zu empfangen. Amme. Meiner Six, das will ich; und es ist auch wohl gethan. (Sie geht ab.) Juliette. Alte Todsuende! boeser verfuehrischer Teufel! Es ist wol eine groessere Suende von dir, dass du mich treubruechig machen willst, und dass du meinen Gemahl mit eben dieser Zunge laesterst, mit der du ihn so viel tausendmal ueber alles erhoben hast? Geh, Rathgeberin--du und mein Busen sollen von nun an keine Gemeinschaft mehr mit einander haben: Ich will zu dem Pater, um zu hoeren, ob er mir zu helfen weiss; und fehlt alles andre, so hab ich Muth zum Sterben. (Sie geht ab.) Vierter Aufzug. Erste Scene. (Das Kloster.) (Bruder Lorenz und Paris treten auf.) Bruder Lorenz. Auf den Donnerstag, Gnaediger Herr! Die Zeit ist sehr kurz. Paris. Mein Vater Capulet will es so haben, und seine Eilfertigkeit stimmt zu sehr mit meinen Wuenschen ueberein, als dass ich sie aufzuhalten gedenken koennte. Bruder Lorenz. Ihr gesteht doch, dass ihr die Gesinnungen der jungen Dame noch nicht wisst--Diese Sache geht nicht wie sie gehen soll; es gefaellt mir gar nicht. Paris. Sie ueberlaesst sich einer ganz unmaessigen Traurigkeit ueber Tybalts Tod, und das war die Ursache, warum ich ihr noch wenig von Liebe sagen konnte; denn Venus laechelt nicht in einem Trauer-Hause. Nun haelt es ihr Vater fuer gefaehrlich, dass sie ihrem Kummer so viel Plaz geben solle, und beschleuniget unsre Vermaehlung, in der Absicht, dem Lauf ihrer Thraenen dadurch Einhalt zu thun; allein und sich selbst ueberlassen, findet sie eine Art von Ergoezung darinn, eine Traurigkeit zu naehren, von der nichts als die Gesellschaft sie zerstreuen kan. Begreift ihr nun die Ursache dieser Eilfertigkeit? Bruder Lorenz (bey Seite.) Ich wollt', ich wisste nicht, warum ihr Einhalt gethan werden muss-- Seht, Gnaediger Herr, hier kommt das Fraeulein gegen meine Celle her. (Juliette zu den Vorigen.) Paris. Willkommen, meine Liebe, meine Gebieterin, und mein Weib. Juliette. Das erste mag alsdann seyn, wenn das lezte seyn kan. Paris. Das wird, das muss naechsten Donnerstag seyn, meine Liebe. Juliette. Was seyn muss, das wird seyn. Bruder Lorenz. Das ist ein Text, ueber den kein Streit seyn kan. Paris. Kommt ihr, diesem Vater zu beichten? Juliette. Wenn ich diese Frage beantwortete, so wuerd' ich euch beichten. Paris. Laeugnet ihm wenigstens nicht, dass ihr mich liebet. Juliette. Ich will euch hiemit gebeichtet haben, dass ich ihn liebe. Paris. Das will ich auch; ich bin gewiss, dass ihr mich liebt. Juliette. Wenn ich das thue, so wuerd' es von groesserm Werth seyn, es hinter euerm Rueken, als es euch ins Gesicht zu sagen. Paris. Arme Seele, dein Gesicht ist ganz von Thraenen entstellt. Juliette. Die Thraenen haben nur einen kleinen Sieg dadurch erhalten, denn es war vorhin schon schlecht genug. Paris. Du thust ihm mehr Unrecht, mein Kind, indem du das sagst, als alle deine Thraenen. Juliette. Was die blosse Wahrheit ist, mein Herr, ist keine Verlaeumdung; und was ich da sagte, sagt' ich zu meinem Gesicht. Paris. Dein Gesicht ist mein, und du hast es verleumdet. Juliette. Es mag seyn, denn mein ist es in der That nicht--Ist es euch izt gelegen, heiliger Vater, oder soll ich nach der Vesper wieder kommen? Bruder Lorenz. Ich habe izt Musse, meine Gedanken-volle Tochter. Gnaediger Herr, mit eurer Erlaubniss-- Paris. Gott verhuete, dass ich eure Andacht stoeren wolle--Juliette, naechsten Donnerstag will ich euch frueh genug weken--bis dahin, adieu, mit diesem unschuldigen Kuss. (Paris geht ab.) Juliette. Geh, verschliess die Thuer, und wenn du's gethan hast, so komm, und weine mit mir--Mein Elend laesst keine Hoffnung, kein Mittel, keine Rettung uebrig. Bruder Lorenz. O Juliette, ich kenne deine Noth, und es aengstigt mich, dass ich kein Mittel kenne dir zu helfen. Bis naechsten Donnerstag, hoer' ich, sollt ihr an diesen Grafen vermaehlt werden, und nichts kan es hintertreiben. Juliette. Sage mir nichts davon, dass du das hoerst, wenn du mir nicht sagen kanst, wie ich's vermeiden kan. Wenn deine Weisheit dir kein Mittel an die Hand geben kan, so billige du nur meinen Entschluss, und ich will mir auf der Stelle durch diesen Dolch helfen. Gott vereinigte mein Herz und Romeo's; du, unsre Haende; und eh diese Hand, die du meinem Romeo versiegelt hast, eh dieses Herz, das ihn allein fuer seinen Herrn erkennt, verraethrischer Weise sich einem andern ergeben soll, eh soll dieser Stahl beyden die Bewegung rauben. Suche also in der Wissenschaft, womit die graue Erfahrung eines langen Lebens dich bereichert hat, einen schleunigen Rath; oder gestatte, dass dieses blutige Messer der Schiedrichter zwischen mir und meinem grausamen Schiksal sey--Antworte mir kurz--ein jeder Augenblik den ich noch lebe, ist mir verhasst, wenn das was du mir sagen willst, kein Rettungs-Mittel ist. Bruder Lorenz. Halt ein, meine Tochter, ich entdeke eine Art von Hoffnung, die von einem eben so verzweifelten Mittel abhaengt, als dasjenige ist, was wir vermeiden wollen. Wenn du entschlossen bist dir eher selbst das Leben zu nehmen, als den Grafen Paris zu heurathen, so ist zu vermuthen, du werdest dir kein Bedenken machen etwas zu wagen, das dem Tod aehnlich ist, um einer Schande zu entgehen, der du dich durch den Tod selbst zu entziehen bereit bist. Wofern du also Muth genug dazu hast, will ich dir ein Mittel geben. Juliette. O, befiehl mir, eher als dass ich mich dem Paris ueberlasse, von den Zinnen jenes Thurms herabzuspringen, oder fessle mich an die felsichte Spize eines steilen Gebuergs, wo heulende Baeren und Grimm- volle Loewen schwaermen--Oder schliess mich eine ganze Nacht durch in ein Beinhaus ein, bis an den Hals, mit morschen Todten-Knochen, duerren Schien-Beinen, und kahlen gelben Schaedeln bedekt--oder befiehl mir in ein neugemachtes Grab zu gehen, und mich zu einem Todten unter sein Leichen-Tuch zu verbergen--Dinge, wovon der blosse Gedanke mich zittern macht--befiehl mir's, und ich will es ohne Zoegern thun, um meinem Geliebten eine unbeflekte Treue zu erhalten. Bruder Lorenz. Wolan dann, so geh heim, sey aufgeraeumt, und thu, als ob du in deine Vermaehlung mit dem Paris einwilligest; morgen ist Mittwoch; morgen Nachts siehe, dass du dich von deiner Amme erledigest, und allein ligen koennest; und wann du dann in deinem Bette bist, so nimm diese Phiole, und trinke sie rein aus, so wird augenbliklich ein erkaeltender einschlaefernder Dunst durch alle deine Adern lauffen, und jeden deiner Lebens-Geister binden; der Kreislauf deines Bluts wird stillstehen, keine Waerme, kein Athem wird verrathen, dass du noch lebest; die Rosen auf deinen Lippen und Wangen werden zu aschfarber Blaesse verwelken; deine Auglieder sich schliessen, als ob der Tod selbst sie vorm Licht des Tages verriegelt haette; jeder Theil, seiner elastischen Biegsamkeit beraubt, wird steif, kalt und starr seyn; und in dieser anscheinenden Todes-Gestalt wirst du zwo und vierzig Stunden verharren, und dann wie aus einem suessen Schlaf erwachen. Wenn nun der Braeutigam des Morgens kommt, dich aufzuweken, so bist du todt, und wirst dann, nach dem Gebrauch unsers Landes, in deinem schoensten Anzug in eine Baare ohne Dekel gelegt, und in das Begraebniss deiner Familie gebracht--in eben diese alte Gruft, wo alle Abkoemmlinge der Capulets ligen. In der Zwischen-Zeit bis du erwachst, will ich durch Briefe den Romeo von unserm Anschlag benachrichtigen, und ihn hieher beruffen; er und ich wollen dein Erwachen abwarten, und in der nemlichen Nacht soll Romeo dich von hier nach Mantua bringen. Hier hast du das Mittel, das dich von der vorschwebenden Schande, die du fuerchtest, retten kan, wenn du frey genug von weibischer Zagheit bist, es mit Entschlossenheit zu gebrauchen. Juliette. Gieb mirs, o, gieb mir's, sag mir nichts von Furcht. (Sie nimmt die Phiole.) Bruder Lorenz. Gut, geh izt, und bleibe standhaft bey diesem Entschluss; ich will eilends einen vertrauten Ordensmann mit Briefen an deinen Gemahl nach Mantua senden. Juliette. Liebe, gieb mir Staerke, und Staerke wird mir Huelfe geben--Lebet wohl, mein theurer Vater!-- (Sie gehen ab.) Zweyte Scene. (Verwandelt sich in Capulets Haus.) (Capulet, Lady Capulet, Amme, und zween oder drey Bediente treten auf.) Capulet. Lade alle Gaeste ein, deren Namen auf diesem Papier sind--Du, geh und bestelle mir zwanzig gute Koeche. Bedienter. Ihr sollt keinen schlechten kriegen, Gnaediger Herr, denn ich will probieren, ob sie ihre Finger leken koennen. Capulet. Wie willst du das probieren? Bedienter. Sapperment, Gnaediger Herr, das muss ein schlechter Koch seyn, der seine eigne Finger nicht leken kan; wenn also einer seine Finger nicht leken kan, so soll er daheim bleiben. Capulet. Geh, geh--Wir werden schlecht genug auf einen solchen Anlass versehen seyn--He? ist meine Tochter zu Bruder Lorenzen gegangen? Amme. Ja, wahrlich. Capulet. Gut; vielleicht kan er etwas gutes bey ihr ausrichten: die unartige, eigensinnige Beze, die sie ist! (Juliette zu den Vorigen.) Amme. Seht, da kommt sie von der Beichte; sie sieht ganz froelich aus-- Capulet. Was giebts, Starr-Kopf? Wo seyd ihr herumgeschwaermt? Juliette. Ich war an einem Ort, wo ich die Suende des Ungehorsams gegen euch und eure Befehle bereuen lernte, und wo mir auferlegt wurde, auf meine Knie zu fallen und euch um Vergebung zu bitten--Vergebet mir also, ich bitte euch; von nun an soll euer Wille allezeit meine Richtschnur seyn. Capulet. Schikt nach dem Grafen, geht, sagt ihm das; ich will diesen Knoten gleich morgen zusammengeknuepft haben. Juliette. Ich traf ihn in Bruder Lorenzens Celle an, und begegnete ihm so freundlich als ich konnte, ohne die Grenzen der Anstaendigkeit zu ueberschreiten. Capulet. Gut, das hoer' ich gerne, es ist gut, steh auf; es ist wie es seyn soll; ich muss den Grafen sehen--He, zum Henker, geht, sag' ich, und holt ihn her--Nun, bey Gott, dieser Pater ist in der That ein ehrwuerdiger heiliger Mann, und ein Mann, dem unsre ganze Stadt viel zu danken hat. Juliette. Amme, wollt ihr mit mir in mein Zimmer gehen, und mir den Puz aussuchen helfen, den ihr auf den morgenden Tag schiklich findet? Lady Capulet. Es ist noch Zeit genug bis Donnerstag. Capulet. Geh, Amme, geh mit ihr; morgen soll die Ceremonie vor sich gehen. (Juliette und Amme gehen ab.) Lady Capulet. Aber wo sollen wir auf diese Weise Zeit zu den Vorbereitungen hernehmen? Es ist schon beynahe Nacht. Capulet. Still, ich will selbst ausgehen, und es soll fuer alles gesorgt werden, Frau, ich stehe dir davor. Geh du zu Julietten, hilf sie aufpuzen; ich will heute nicht zu Bette gehen, lass mich allein: Ich will einmal in meinem Leben die Hausmutter vorstellen--he! holla!-- Sie sind alle fort; gut, ich will selbst zu Graf Paris gehen, damit er sich auf morgen gefasst mache. Es ist mir recht leicht um's Herz, seitdem sich das Hexen-Maedchen so zum Ziel gelegt hat. (Sie gehen ab.) Dritte Scene. (Juliettens Zimmer.) (Juliette und die Amme treten auf.) Juliette. Ja, dieser Anzug ist der beste; aber, liebe Amme, ich bitte, lass mich heute Nacht allein; ich werde einen guten Theil davon mit beten zubringen, um den Himmel zu bewegen, dass er mein Vorhaben beguenstige--Du kennst meine suendhaften Umstaende, und weissst also wol, dass ichs noethig habe. (Lady Capulet zu den Vorigen.) Lady. Wie, so geschaeftig? Kan ich euch was helfen? Juliette. Nein, Gnaedige Mamma, wir haben alles zusammengesucht, was wir auf unsern morgenden Umstand noethig haben koennen; wenn ihr's erlauben wolltet, so wuenscht' ich izt allein gelassen zu werden, und dass ihr die Amme bey euch aufbleiben liesset; denn ich bin gewiss, dass ihr bey diesem unverhoften Vorfall alle Haende voll zu thun haben werdet. Lady Capulet. Gute Nacht, geh du zu Bette und schlafe; du hast es vonnoethen. (Lady Capulet und Amme gehen ab.) Juliette. Gute Nacht--Gott weiss, wenn wir uns wieder sehen werden!--Ich weiss nicht was fuer ein kalter schrekhafter Schauer durch meine Adern faehrt--Ich will sie zuruekruffen, dass sie mir einen Muth einsprechen-- Amme!--Aber was soll sie hier? Ich muss meine schrekenvolle Scene nothwendig allein spielen--Komm, Phiole--Wie wenn diese Tinctur keine Wuerkung thaete? Soll ich mich dann mit Gewalt an den Grafen verheurathen lassen? Nein, nein, diss soll es verwehren--Lig' du hier-- (Sie weisst auf einen Dolch.) Wie, wenn es ein Gift waere, das mir der Pater auf eine feine Art beybringen will, um mich aus dem Wege zu schaffen, aus Furcht seine Ehre moechte unter dieser Heurath leiden, da er mich schon vorher mit dem Romeo getrauet hat? Ich fuercht', es ist so, und doch, daeucht mich, kan es nicht seyn, denn er ist immer als ein heiliger Mann befunden worden. Wie, wenn ich, nachdem man mich in die Gruft geleget, eher erwache als Romeo gekommen ist, mich abzuholen? Das ist ein fuerchterlicher Umstand: Werd ich nicht in diesem Gewoelbe, dessen fauler Mund keine gesunde Luft einathmet, von dem verpesteten Schwall erstikt werden, eh mein Romeo kommt? Und wenn ich auch lebe, ist es nicht ganz natuerlich, dass die grauenvolle Scene von Tod und Nacht, die Vorstellung des Orts, wo ich bin--in diesem uralten Gewoelbe, wo seit so vielen hundert Jahren die Gebeine aller meiner Vorfahren zusammengehaeuft ligen--wo der blutige Tybalt in gaehnender Verwesung in seinen Grabtuechern ligt-- wo, wie man sagt, zu gewissen Stunden in der Nacht Geister gehen--O! Himmel, ist es nicht wahrscheinlich, dass die scheuslichen Ausduenstungen, das graessliche Geheul der Gespenster, (gleich den Alraunen, wenn sie aus der Erde gerissen werden,) Toene, von deren Anhoeren lebende Menschen den Verstand verliehren--mich vor der Zeit erweken werden; oder wenn ich erwache, werd' ich von allen diesen Schreknissen umringt, von Sinnen kommen, wahnwiziger Weise mit meiner Voreltern Gebeinen spielen, den halbverfaulten Tybalt aus seinen Tuechern reissen, und in dieser Raserey, mit den Knochen irgend eines grossen Ahnherrn, wie mit einer Keule, mir mein verzweifelndes Gehirn ausschlagen?--O! Sieh, mich daeucht ich sehe meines Vetters Geist, der diesen Romeo bey mir sucht, seinen Moerder! und meinen Gemahl!--Halt, Tybalt, halt! Romeo, ich komme! Diss trink ich dir zu. (Sie trinkt die Phiole aus, und wirft sich auf ihr Bette.) Vierte Scene. (Ein Vorsaal in Capulets Hause.) (Lady Capulet und die Amme treten auf.) Lady Capulet. Warte, nimm diese Schluessel, und hole mehr Gewuerz, Amme. Amme. Sie ruffen um Datteln und Quitten in die Tarte? (Capulet zu den Vorigen.) Capulet. Auf, munter, hurtig, regt euch, der Hahn hat schon zum andern mal gekraeht, die Morgen-Gloke ist schon gelaeutet worden, es ist drey Uhr--Sieh zu dem Bakwerk, gute Angelica--Spar't nur nichts an den Sachen-- Amme. Geht, geht, und mengt euch nicht in Weiber-Sachen--geht in euer Bett, ihr werdet morgen krank dafuer seyn, dass ihr diese Nacht nicht geschlaffen habt. Capulet. Nein, nichts weniger--was? Ich denke wol der Zeit, da ich ganze Naechte durch um einer schlechtern Ursache willen gewacht habe, und bin nie krank geworden. Lady. Ja, ja, ihr seyd ein feiner Maeuse-Jaeger in eurer Jugend gewesen-- aber heutigs Tags will ich euch schon bewachen, dass ihr nicht so wachen sollt. (Lady Capulet und Amme gehen ab.) Capulet. Eifersucht, pure Eifersucht! Nun, Bursche, was giebt's hier zu thun? (Drey oder viere mit Bratspiessen, Koerben, Holz, u. s. w. treten auf.) Bedienter. Sachen fuer den Koch, Gnaediger Herr, aber ich weiss nicht was. Capulet. Macht hurtig, macht hurtig; Schurke, hole trokneres Holz, ruf dem Peter, er wird dir weisen wo es ligt. Bedienter. Gnaediger Herr, um Kloeze zu finden, hab' ich selber Kopfs genug, ich brauche keinen Peter dazu. Capulet. Sakerlot! wol gegeben,--du hast Wiz, Bursche, ha, ha--Aber bey meiner Treue, es ist schon Tag-- (Man hoert Musik von Ferne.) Der Graf wird bald mit Musicanten hier seyn--er hat es versprochen-- Ich hoer ihn schon kommen. Amme--Frau--wie, holla, he! Amme, sag ich! (Die Amme kommt.) Geh, weke Julietten, geh und puze sie auf, ich will gehn und indess mit Paris schwazen: Fort, mach hurtig, mach hurtig, der Braeutigam ist schon da--Mach hurtig, sag ich-- (Sie gehen ab.) Fuenfte Scene. (Verwandelt sich in Juliettens Schlaf-Zimmer; Juliette ligt auf dem Bette.) (Die Amme tritt wieder auf.) Amme. Gnaediges Fraeulein he! Fraeulein! Juliette Das heisst geschlaffen, das gesteh ich--he, Daeubchen--he, Fraeulein--fy, ihr Sieben-Schlaeferin-- he! Liebchen, sag ich--Fraeulein--Herzchen--Braut--wie? nicht ein Wort? Ich seh, ihr nehmt fuer eure drey Pfenninge zum Voraus; ihr schlaft vor die ganze Woche; gut, in der naechsten Nacht, da bin ich gut dafuer, wird Graf Paris Mann dafuer seyn, dass ihr wenig genug schlafen sollt--Gott verzeih mir's--heilige Marie! und Amen!--was fuer einen gesunden Schlaf sie hat! Ich muss sie aufschreyen-- Fraeulein, Fraeulein, Fraeulein--Nun, wahrlich, lasst nur den Grafen euch in sein Bette kriegen, er wird euch aufruetteln, mein Treu-- Kan's denn nicht seyn? Wie, angezogen, in euern Kleidern--und wieder zuruek!--Ich muss Ernst brauchen--Fraeulein, Fraeulein, Fraeulein-- O Gott! o Gott! helft, helft, helft! Mein Fraeulein ist todt! O Herzenleid! O! warum musst ich gebohren werden!--O, einen Schluk Aquavit--he!--Gnaediger Herr! Gnaedige Frau! (Lady Capulet.) Lady Capulet. Was ist hier fuer ein Geschrey? Amme. O ungluekseliger Tag! Lady Capulet. Was ist's, was ist's? Amme. Da seht--O unglueklicher Tag! Lady Capulet. O Gott, o Gott! mein Kind, mein einziges Leben! leb wieder auf, sieh mich an, oder lass mich mit dir sterben. Huelfe, Huelfe! schrey um Huelfe! (Capulet zu den Vorigen.) Capulet. Schaemt euch doch, warum bringt ihr Julietten so lange nicht; ihr Gemahl ist gekommen. Amme. Sie ist todt, gestorben ist sie, sie ist todt: O! dass es Gott erbarme! Capulet. Ha! lasst mich sehen--O Himmel! es ist aus, sie ist kalt, ihr Blut ist gestockt und ihre Gelenke sind starr--ihre Lippen sind ohne Leben, der Tod ligt auf ihr, wie ein fruehzeitiger Frost auf der angenehmsten Blume des ganzen Gefildes. Verfluchter Unfall! Ungluekseliger alter Mann! Amme. O des klaeglichen Hochzeit-Tags! Lady Capulet. Arme trostlose Mutter! Capulet. Der Tod, der mir die Freude meines Alters geraubt hat, bindet meine Zunge, und will mich nicht reden lassen. (Bruder Lorenz und Paris mit Musicanten.) Bruder Lorenz. Kommt, ist die Braut fertig zum Kirchgang? Capulet. Zum Kirchgang, aber nicht zur Heimholung. O Sohn, in der Nacht vor deinem Hochzeit-Tag ist der Tod bey deinem Weibe gelegen. Sieh, hier ligt sie, die holde Blume die sie war, nun von ihm ihres Schmuks beraubt: Der Tod ist mein Tochter-Mann. Paris. Hab ich so lange mich gesehnt, diesen Morgen zu sehen, und giebt er mir nun einen solchen Anblik? Lady Capulet. Verfluchter, elender, unseliger, verhasster Tag! Jammervolleste Stunde, die jemals die Zeit auf ihrer immerwaehrenden Pilgrimschaft erblikte! Nur ein einziges, ein armes, einziges, liebes, zaertliches Kind; nur ein einziges, das mir zur Freude und zum Trost war, und der unbarmherzige Tod hat es mir weggenommen.* {ed.-* Paris hat hier im Original eine Rede, die vollkommner (Non- Sense) ist, und durch die er die Amme abloesst, die sich mit unaufhoerlichen Ausruffungen "O weh, o weh; o Tag, o Tag," heiser geschrien. Man hat beyde dem Genius des Shakespears aufgeopfert.} Capulet. Unseliger Zufall!--Musste unsre Freude auf eine so meuchelmoerdrische Art ermordet werden! O mein Kind, mein Kind! Meine Seele, nicht mein Kind, sollst du todt seyn? O Gott, todt!--Mein Kind ist todt-- alle meine Hoffnungen sinken mit ihm ins Grab. Bruder Lorenz. Nun, so hemmt doch endlich diesen Ausbruch der Ungeduld und Verzweiflung! Alle diese trostlosen Klagen koennen euer Weh nicht heilen: Der Himmel und ihr hattet Antheil an diesem liebenswuerdigen Maedchen; nun hat der Himmel Alles, und desto besser ist es fuer sie. Euern Antheil an ihr konntet ihr nicht vor dem Tode bewahren: Aber der Himmel erhaelt den seinen bey ewigem Leben. Alles was ihr suchtet, war ihre Erhebung--und ihr weint nun, sie ueber die Wolken, so hoch als der Himmel selber ist, erhoben zu sehen? Was fuer eine verkehrte Liebe zu euerm Kind ist das, dass ihr von Sinnen kommen wollt, da ihr seht dass sie glueklich ist! Troknet eure Thraenen, umstekt diese schoene Leiche mit Rosmarin, und traget sie, wie es der Gebrauch ist, in ihrem besten Anzug in die Kirche. Capulet. Alle Zuruestungen, die wir zu unserm Fest gemacht haben, verwandeln sich nun in ein trauervolles Leichen-Gepraenge. Unsre musicalischen Instrumente in melancholische Todten-Gloken, unser hochzeitliches Gastmahl in ein schwermuethiges Leichen-Mahl, unsre festlichen Lobgesaenge in bange Klaglieder, und unsre hochzeitlichen Blumen- Kraenze dienen nun eine Todten-Baare zu schmueken--O der klaeglichen Verwandlung! Bruder Lorenz. Gnaediger Herr, geht hinein, und ihr, Madam, geht mit ihm, und ihr, Signor Paris; ein jedes bereite sich, diese schoene Leiche zu ihrem Grabe zu begleiten; und huetet euch, durch murrende Ungeduld den ueber euch schwebenden Zorn des Himmels noch mehr zu reizen. (Sie gehen ab.) Sechste Scene. (Die Amme und die Musicanten bleiben, wie natuerlich, zuruek. Die leztern sind so fein, es von sich selbst zu merken, dass sie hier zu nichts mehr nuzen, und die weise Amme sagt es ihnen noch zum Ueberfluss; sie steken also ihre Pfeiffen ein, und wollen gehen. Aber zu grossem Vergnuegen der Zuschauer in den obersten Gegenden kommt Peter, und verlangt, dass sie ihm ein lustiges Stuekchen aufspielen sollen; dieses giebt dann den Anlass zu einem kleinen) Divertissement (von Wortspielen und Spaessen im Geschmak des Wiener- Harlequins; einer Abwechslung, die freylich, (wie der sinnreiche Herr von Voltaire weislich bemerkt,) dem Geschmak unsers Autors und seiner Zeitgenossen wenig Ehre macht, aber doch den Vortheil mit sich fuehrt, dass die Zuschauer, (welche ans Ende doch in die Comoedie gegangen sind, um sich einen Spass zu machen,) durch die klaeglichen Scenen nicht gar zu sehr geruehrt werden.) Fuenfter Aufzug. Erste Scene. (Mantua.) (Romeo tritt auf.) Romeo. Wenn ich den schmeichelnden Eingebungen des Schlafs trauen duerfte, so wuerden mir meine Traeume angenehme Neuigkeiten vorbedeuten. Ein ungewoehnlicher Geist der Froelichkeit erfuellt meinen Busen, und hebt mich mit angenehmen Gedanken ueber den Boden empor: Ich traeumte, meine Geliebte kaeme und faende mich todt--(Was fuer ein seltsames Ding ein Traum ist, dass er todten Leuten doch noch die Erlaubniss giebt zu denken!)--und hauchte durch ihre Kuesse ein solches Leben in meine Lippen, dass ich wieder von den Todten auferstand und ein Kayser wurde. O Himmel! wie suess ist der wuerkliche Genuss der Liebe, da ihre Schatten schon so reich an Wonne sind! (Balthasar tritt auf.) Neue Zeitungen von Verona--Wie steht's Balthasar? Bringst du mir Briefe vom Pater? Was macht meine Geliebte? Ist mein Vater wohl? Was macht meine Juliette? Das muss ich noch einmal fragen; denn wenn sie wohl ist, so ist nichts uebel. Balthasar. So ist sie denn wohl und nichts ist uebel. Ihr Leichnam schlaeft in dem Begraebniss der Capulets, und ihr unsterblicher Theil lebt mit Engeln. Ich sah sie in das Gewoelb ihrer Familie legen, und nahm sogleich die Post es euch zu berichten. Vergebung, Gnaediger Herr, dass mein Dienst mich noethigt, euch eine so boese Zeitung zu bringen! Romeo. Ist es wuerklich so?--So biet' ich euch Troz, ihr Sterne!--Du kennst meine Wohnung, geh, hole mir Dinte und Papier, und bestelle Post- Pferde--Ich will diese Nacht noch fort. Balthasar. Um Vergebung, Gnaediger Herr, ich darf euch nicht so verlassen. Eure Blike sind duester und wild, und bedeuten nichts Gutes. Romeo. Stille! du betruegst dich. Verlass mich und thu was ich dir sage: Hast du keine Briefe vom Pater an mich? Balthasar. Nein, gnaediger Herr. Romeo. Das hat nichts zu bedeuten: geh, und bestelle die Pferde; ich will gleich bey dir seyn. (Balthasar geht ab.) Gut, Juliette, heute Nacht will ich bey dir ligen--Lass sehen, wie machen wir das? Wie schnell findet Unheil den Eingang in ein verzweifelndes Gemueth!--Ich erinnre mich eines Apothekers, der hier irgend wohnt, und den ich lezthin in einem zerlumpten Kittel, mit ueberhangenden Augbrauen, Kraeuter suchend fand. Ich fasste den Mann ins Auge; seine Blike sahen mager und verhungert aus, Kummer und Elend schien ihn bis auf die Knochen abgenuzt zu haben; in seiner armseligen Bude hieng eine Schildkroete, ein ausgestopfter Alligator, und ein paar andre Haeute von missgeschaffnen Fischen; und rings um auf dem Gestelle stuhnd ein bettelhaftes Gepraenge von leeren Buechsen, gruenen irdnen Toepfen, Blasen, muffigen Saamen, Resten von Pakfaden, und alte Rosen-Kuchen duenn genug zerstreut, damit es doch etwas gleich sehen sollte. In dem Augenblik da mir dieser armselige Zustand in die Augen fiel, dacht' ich bey mir selbst, wenn izt einer Gift brauchte, dessen Verkauff in Mantua ohne Gnad' am Leben gestraft wird, so lebt hier ein armseliger Tropf, der ihm's zu kauffen gaebe. O! dieser Gedanke war eine Ahnung, dass ich diesen Mann bald selber noethig haben wuerde. So viel ich mich erinnere, sollte diss das Haus seyn; weil heut ein Feyertag ist, so ist des Bettlers Bude geschlossen. Holla! he! Apotheker. (Der Apotheker kommt heraus.) Apotheker. Wer ruft so laut? Romeo. Komm hervor, Mann! Ich sehe, du bist arm; sieh, da sind vierzig Ducaten, gieb mir eine Drachme Gift davor, von so schneller Wuerkung, dass es sich in einem Augenblik durch alle Adern verbreite, und der Lebens-ueberdruessige, der es einnimmt, so ploezlich und mit solcher Gewalt des Athemholens entladen werde, als das unaufhaltsame Pulver, sobald es sich entzuendet, aus dem fatalen Bauch einer Canone losbricht. Apotheker. Dergleichen toedtliche Praeparata hab' ich; aber das Gesez ist Tod fuer den, welcher sie hergiebt. Romeo. Bist du so nakend und mit Elend beladen, und fuerchtest den Tod? Hunger sizt auf deinen Wangen, Mangel und Kummer schauen aus deinen holen Augen hervor, Verachtung und Betteley hangen auf deinem Rueken, und du fuerchtest den Tod? Die Welt ist nicht dein Freund, und ihr Gesez auch nicht; die Welt giebt kein Gesez dich reich zu machen; sey also klueger, brich es, und nimm mein Gold. Apotheker. Meine Duerftigkeit williget ein, nicht mein Wille. Romeo. Auch bezahl' ich nicht deinen Willen, sondern deine Duerftigkeit. Apotheker. Giesst dieses in was fuer einen Liquor ihr wollt, und trinkt es aus; und wenn ihr die Staerke von zwanzig Maennern haettet, so wird es euch in die andre Welt schiken. Romeo. Hier ist dein Gold; ein schaedlichers Gift fuer die Seelen der Menschen, und welches mehr Mordthaten in dieser heillosen Welt verursacht, als diese arme Quaksalbereyen, die du nicht verkauffen kanst: Ich habe dir Gift verkauft, nicht du mir--fahre wohl, kauf dir zu essen, und mach, dass du zu Fleisch kommst--Komm, Herz- Staerkung, nicht Gift; komm mit mir, wo ich dich brauche, zu Juliettens Grab. (Sie gehen ab.) Zweyte Scene. (Verwandelt sich in das Kloster zu Verona.) (Bruder Johann tritt auf.) Johann. Ehrwuerdiger Sohn des heiligen Franciscus, Bruder! he! (Bruder Lorenz kommt heraus.) Lorenz. Das sollte Bruder Johanns Stimme seyn--Willkommen von Mantua; was sagt Romeo? Oder habt ihr mir einen Brief von ihm? Johann. Da ich abreisen wollte, gieng ich, einen Baarfusser-Bruder von unserm Orden zum Reise-Gefaehrten zu suchen, der hier in der Stadt war, um Kranken beyzustehen. Ich fand ihn; aber wie wir aus dem Hause gehen wollten, kamen die Visitatoren der Stadt, und weil sie einen Argwohn hatten, dass in dem Hause worinn sie uns fanden, eine anstekende Krankheit grassiere, versiegelten sie die Thueren und liessen uns nicht fort; so dass also meine Reise nach Mantua unterbleiben musste. Lorenz. Wer brachte dann dem Romeo meinen Brief? Johann. Ich konnt' ihn nicht fortschiken, hier ist er wieder; ich konnte nicht einmal jemand finden, der ihn dir wiedergebracht haette, so gross war ihre Furcht, sie moechten angestekt werden. Lorenz. Das ist ein unglueklicher Zufall! Bey meinem Ordens-Geluebd, der Brief enthielt Sachen von der groessesten Wichtigkeit, und diese Versaeumung kan boese Folgen haben. Bruder Johann, geh, schaff mir ein Brech-Eisen und bring mirs in meine Celle. Lorenz. Nun muss ich allein in die Gruft; in den naechsten drey Stunden wird die schoene Juliette erwachen--Wie wird sie ueber mich schmaehlen, dass ihr Romeo von allen diesen Vorfaellen keine Nachricht bekommen hat! Aber ich will noch einmal nach Mantua schreiben, und sie indess in meiner Celle verbergen, bis Romeo kommt. Arme lebende Leiche, ich eile, dich aus deiner Todten-Gruft zu ziehen!-- (Er geht ab.) Dritte Scene. (Verwandelt sich in einen Kirchhof--auf demselben die Familien- Gruft der Capulets.) (Paris und sein Edelknabe, mit einer Fakel, treten auf.) Paris. Gieb mir deine Fakel, Junge: Geh und steh von Ferne. Doch nein, loesche sie aus, ich moechte nicht gesehen werden--Leg dich, so lang du bist, unter jenen Taxus-Baeumen hin, und halte dein Ohr dicht an den hohlen Boden, so wird kein Fuss auf diesen Kirchhof treten koennen, ohne dass du es hoerst; und sobald du hoerst, dass sich etwas naehert, so zische mir zu; das soll das Zeichen seyn. Gieb mir diese Blumen--thu, was ich dir sage, geh. Edelknabe. Ich fuerchte mich herzlich, so allein hier auf dem Kirchhof zu seyn, und doch will ich es wagen. (Geht ab.) Paris (geht an die Gruft, und streut Blumen ueber sie.) Anmuthsvolle Blume! So bestreu' ich mit Blumen dein Brautbette: Schoene Juliette, nun die Gespielin der Engel, nimm dieses lezte Merkmal der Liebe, von einem der im Leben dich verehrte, und nun im Tode-- (der Knabe zischt) Der Junge giebt ein Zeichen, es naehert sich was--was fuer verfluchte Fuesse wandern in dieser spaeten Nacht hieher, mich in den zaertlichen Gebraeuchen der traurenden Liebe zu stoeren?--Wie? ein Licht? Verhuelle mich eine Weile, o Nacht-- (Er geht bey Seite.) Vierte Scene. (Romeo und Balthasar mit einem Lichte.) Romeo. Gieb mir den Karst und das Heb-Eisen. Hier, nimm diesen Brief, und sieh dass du ihn morgen frueh meinem Herrn und Vater ueberlieferst. Gieb mir das Licht; so lieb dir dein Leben ist, befehl' ichs dir, du magst hoeren oder sehen, was du willst, so bleib von ferne stehen, und unterbrich mich nicht in meinem Vorhaben. Warum ich in diese Gruft herabsteige, ist, theils meine Geliebte noch einmal zu sehen, hauptsaechlich aber um von ihrem todten Finger einen kostbaren Ring zu ziehen, einen Ring den ich zu einem wichtigen Gebrauch noethig habe; entfern dich also von hier, geh--unterfaengst du dich aber aus Fuerwiz zuruekzukehren, um zu sehen, was ich noch mehr zu thun im Sinn habe, beym Himmel, so will ich dich Gelenk fuer Gelenk in Stueke reissen, und diesen hungrigen Kirchhof mit deinen Gliedern bestreuen. Die Zeit und meine Absichten sind grausam und wild, grimmiger und unerbittlicher als blut-lechzende Tyger und die heulende See. Balthasar. Ich will gehen, Gnaediger Herr, und euch nicht stoeren. Romeo. So kanst du mir deine Freundschaft beweisen--Nimm du das; leb und sey glueklich, fahrwohl, guter Junge. Balthasar (im Weggehen vor sich.) Das alles ist mir ein desto staerkerer Beweggrund, mich hier in der Naehe zu verbergen. Ich fuerchte seine Blike, und zweifle, dass er was Gutes im Sinn habe. Romeo. Du abscheulicher Schlund, verfluchter Rachen des Todes, der das kostbarste was die Welt hatte, verschlungen hat, so zwing ich deine morschen Kinnbaken sich zu oefnen, (er bricht die Gruft auf) um dich mit Gewalt mit noch mehr Speise vollzustopfen. Paris (kommt hervor.) Diss ist der verbannte uebermuethige Montague, der den Vetter meiner Geliebten erschlug, (welches durch den Kummer den sie darueber hatte, wie man glaubt, die Ursach ihres Todes gewesen ist), und nun ist er gekommen, irgend eine niedertraechtige Schmach an ihren Leichnamen auszuueben: Ich will ihn anhalten--Halt ein mit deiner verdammlichen Arbeit, nichtswuerdiger Montague: Willt du deine Wuth bis auf die Todten ausdehnen? Verurtheilter Boesewicht, ich bemaechtige mich deiner; gehorche, geh mit mir, du must sterben. Romeo. Ich muss, in der That, und darum kam ich hieher--Guter junger Mensch, reize nicht einen verzweifelnden Mann; flieh von hinnen, und lass mich: Denk an diese, die hier ligen, und lass sie dich schreken. Ich bitte dich, Juengling, haeuffe nicht noch eine neue Suende ueber mein Haupt, treibe mich nicht zur Wuth. O geh! Beym Himmel! ich liebe dich besser als mich selbst; denn ich bin gegen mich bewaffnet hieher gekommen. Verweile nicht, geh, und sage, dass du dein Leben der Barmherzigkeit eines rasenden Mannes zu danken habest. Paris. Ich verschmaehe dein Mitleiden, und arrestiere dich hier als einen Hochverraether. Romeo. So willst du mich denn mit Gewalt reizen? Hab es dann an dir selber, Junge. (Sie fechten. Paris faellt.) Edelknabe. O Gott, sie fechten, ich will gehen und die Wache holen. Paris. Oh, ich bin des Todes; wenn du einiger Erbarmung faehig bist, so oeffne die Gruft und lege mich zu Julietten. (Er stirbt.) Romeo. Auf meine Ehre, das will ich: Lass mich dieses Gesicht in der Naehe besehen--Mercutio's Vetter! der edle Graf Paris! was sagte mir mein Diener unterwegs, indem meine im Sturm herumgewaelzte Seele nicht darauf Acht gab, was er sagte--Mich daeucht, er erzaehlte mir, Paris habe Julietten heurathen sollen. Sagte er das nicht? oder traeumte mir's nur? Oder bin ich unsinnig, dass ich mir einbilde es sey so, weil ich ihn so zaertlich von Julietten reden hoerte?--O gieb mir deine Hand, du, den das Schiksal in mein Ungluek verflochten hat, ich will dir ein beneidenswuerdiges Grab gewaehren--Ein Grab? O nein, eine Glorie, ermorderter Juengling; denn Juliette ligt hier, und ihre Schoenheit erfuellt diese grauenvolle Gruft mit Licht und Herrlichkeit; Todter, lige du hier, von einem Todten begraben. (Er legt ihn in die Gruft.) Wie oft ist es schon begegnet, dass Sterbende kurz vor ihrem lezten Augenblik noch aufgeraeumt gewesen sind--O goenne mir noch einen solchen Augenblik!--Meine Geliebte, mein Weib, der Tod, der den Honig deines Athems aufgesogen, hat noch keine Gewalt ueber deine Schoenheit gehabt; du bist nicht besiegt; noch schwebt die purpurne Fahne der Schoenheit auf deinen Lippen und Wangen, und die blasse Flagge des Todes ist hier noch nicht aufgestekt--Tybalt, ligst du hier in deinem blutigen Leichen-Tuch? O was kan ich mehr thun, wie kan ich dich besser raechen, als eben diese Hand, die dein jugendliches Leben geendigt hat, gegen deinen Moerder zu gebrauchen? Vergieb mir, theurer Vetter!--Ach! liebste Juliette, warum bist du noch so schoen? Soll ich glauben, der unwesentliche Tod sey in dich verliebt worden, und das duerre scheussliche Ungeheuer unterhalte dich hier im Dunkeln, um seine Liebste zu seyn? Aus Furcht es moechte so seyn, will ich immer bey dir bleiben, und von diesem Augenblik diesen Palast der duestern Nacht nimmermehr verlassen; hier, hier will ich bleiben, bey den Wuermern, die deine Kammer- Maedchen sind; hier will ich eine immerwaehrende Ruhe finden, wenn ich das tyrannische Joch erbosster Sterne von diesem Lebens- ueberdruessigen Fleisch abgeschuettelt habe--Mein Auge, sieh' sie zum leztenmal an; umfanget sie zum leztenmal, meine Arme, und ihr, siegelt, o meine Lippen, mit dem lezten Kuss dem wuchernden Tod eine Verschreibung, die nie wieder abgeloesst werden kan--Diss, meine Liebe, trink ich dir zu!--o ehrlicher Apotheker, (er trinkt das Gift aus,) Deine Traenke wuerken gut--Noch diesen Kuss. (Er stirbt.) (Bruder Lorenz mit einer Laterne, einem Brech-Eisen, und einer Spathe.) Bruder Lorenz. St. Franciscus steh mir bey! Wie manchmal haben schon in spaeter Nacht meine alten Fuesse an Graebern gestolpert! Wer ist hier? (Balthasar kommt hervor.) Balthasar. Ein Freund, der euch wol kennt. Lorenz. Heil sey dir! Sage mir, guter Freund, was fuer eine Fakel seh ich dort, die ihr Licht so vergeblich Wuermern und auglosen Schaedeln leiht? Wie mich daeucht, so brennt sie in der Gruft der Capulets. Balthasar. Es ist wuerklich so, heiliger Vater, und derjenige, der darinn ist, ist mein Herr, einer von euern liebsten Freunden. Lorenz. Wie nennt er sich? Balthasar. Romeo. Lorenz. Wie lang ist er schon da? Balthasar. Eine volle halbe Stunde. Lorenz. Geh mit mir in die Gruft. Balthasar. Ich habe das Herz nicht, ehrwuerdiger Herr--Mein Herr weiss nichts anders als dass ich weggegangen sey, und bedraeute mich auf eine fuerchterliche Art, dass er mich umbringen wolle, wenn ich zuruekbleiben und sein Vorhaben belauschen wuerde. Lorenz. So bleibe du hier, ich will allein gehen--mich kommt ein Grauen an-- ich fuercht', ich fuercht' es ist ein Ungluek geschehen. Balthasar. Wie ich unter diesem Taxus-Baum schlief, da traeumte mir mein Herr und ein andrer fechten mit einander und mein Herr habe ihn erschlagen. Lorenz (bey dem Eingang der Gruft.) Romeo! O Himmel! was bedeutet dieses Blut das den steinernen Eingang dieser Gruft beflekt? Was bedeuten diese herrenlose Schwerdter, die mit geronnenem Blut beschmizt an diesem Ort des Friedens ligen? Romeo! o Gott, ohne Leben! und dieser?--Wie? Paris?-- im Blute schwimmend? Ha, was fuer eine unselige Stunde ist an diesem jammervollen Zufall schuldig?--Das Fraeulein ruehrt sich-- Juliette (erwachend.) O Trostbringender Vater! wo ist mein Gemahl? Ich erinnre mich wohl, wo ich seyn soll, und ich bin da--Aber wo ist Romeo? Lorenz. Ich hoer ein Getoese--Fraeulein, komm hervor aus dieser Hoele des Todes, der Verwesung und des unnatuerlichen Schlafs; eine groessere Macht, als der wir wiederstreben koennten, hat unsern Entwurf durchschnitten; komm, komm mit mir--dein Gemahl ligt todt hier, und Paris auch--Komm, ich will dich in ein Kloster von heiligen Schwestern fuehren: Halte dich nicht mit Fragen auf, ich sehe die Wache kommen--Komm, geh, liebste Juliette; ich kan nicht laenger bleiben-- (Er geht.) Juliette. Geh, geh du, und lass mich hier bleiben--Was ist hier? Ein Becher, in meines Geliebten Hand?--Gift, wie ich seh, ist sein unzeitiger Tod gewesen--O du Unfreundlicher, alles auszutrinken, und nicht einen freundschaftlichen Tropfen uebrig zu lassen, der mir dir nach helfe! Ich will deine Lippen kuessen; vielleicht haengt noch so viel Gift daran, als ich noethig habe--Deine Lippen sind noch warm-- (Der Edelknabe, mit der Wache treten auf.) Wache. Weis' uns den Weg, Junge. Juliette. So? Kommt jemand? So will ich's kurz machen-- (sie findt einen Dolch.) O glueklicher Dolch! hier ist deine Scheide, hier roste und lass mich sterben. (Sie ersticht sich.) Knabe. Hier ist der Ort; dort, wo die Fakel brennt. Wache. Der Boden ist voller Blut. Sucht auf dem ganzen Kirchhof, geht, etliche von euch, macht feste wen ihr findet. Erbaermlicher Anblik! Hier ligt der Graf erschlagen, und Juliette in ihrem Blut, noch warm, und kaum entseelt, die doch diese zween Tage schon hier begraben gelegen ist. Geht, zeigt es dem Fuersten an, rennt zu den Capulets, wekt die Montaguen auf--Und ihr andere sucht--Die Umstaende allein koennen diese klaegliche Begebenheit begreiflich machen. (Etliche Waechter mit Balthasar.) 2. Waechter. Hier ist ein Bedienter von Romeo, den wir auf dem Kirchhof gefunden haben. 1. Waechter. Haltet ihn auf, bis der Fuerst kommt. (Ein andrer Waechter, mit Bruder Lorenzen.) 3. Waechter. Hier ist ein Franciscaner, der zittert, aechzt und weint; wir fanden dieses Brech-Eisen und diese Spathe bey ihm, und er kam von dieser Seite des Kirchhofs her. 1. Waechter. Das ist sehr verdaechtig; haltet ihn auch auf. Fuenfte Scene. (Der Fuerst und sein Gefolge, treten vorn auf der Schaubuehne auf.) Fuerst. Was fuer ein Unheil ist so frueh auf, dass es uns aus unserm Morgen- Schlaf wekt? (Capulet und Lady Capulet, treten auf der andern Seite auf.) Capulet. Was mag das seyn, dass ein so graessliches Geschrey auf den Strassen ist? Lady Capulet. Die Strassen sind voll Volks das Romeo schreyt; einige schreyen, Juliette; einige Paris; und alle rennen mit Entsezen und Geschrey unserm Begraebniss zu. Fuerst. Was fuer Toene des Schrekens stuerzen sich in unser Ohr? 1. Waechter. Gnaedigster Herr, hier ligt der Graf Paris ermordet, und Romeo todt, und Juliette, die zuvor todt war, warm, und vor wenigen Minuten umgebracht. Fuerst. Sucht, forscht nach, und spaeht aus, woher diese scheussliche Mordthaten kommen? 1. Waechter. Hier ist ein Moench, und des erschlagnen Romeo's Diener, die mit Werkzeugen, diese Todten-Graeber aufzubrechen, ertappt worden sind. Capulet. O Himmel!--O Weib! Sieh, wie unsre Tochter blutet! Dieser Dolch hat sich verfehlt; sieh, die Scheide ligt auf dem Rueken des Montaguen, und die entbloesste Klinge in meiner Tochter Busen-- Lady Capulet. O Gott, dieser Anblik ist wie eine Todten-Gloke, die meinem grauen Alter zu Grabe laeutet. (Montague zu den Vorigen.) Fuerst. Komm, Montague--und sieh hier deinen einzigen Sohn und Erben-- Montague. Weh mir!--Mein Weib, Gnaedigster Herr, ist in dieser Nacht verschieden--Der Gram ueber ihres Sohnes Verbannung hat ihr das Herz gebrochen--Was fuer ein neues Weh verschwoert sich gegen mein graues Alter? Fuerst. Schau hieher, so wirst du's sehen. Montague. O du Uebelgezogner, was fuer Lebens-Art war das, dich vor deinem Vater so in's Grab zu draengen? Fuerst. Haltet noch mit euern Klagen ein, bis wir diese verworrene Geschichte ins Klare gesezt, und ihren Ursprung und wahren Hergang herausgebracht haben; alsdann will ich selbst der Anfuehrer euers Klag-Geschreys seyn--Bis dahin, haltet inn!--bringet die verdaechtigen Personen herbey! Bruder Lorenz. Ich, der unvermoegendste, bin derjenige, den der staerkste Verdacht druekt; Zeit und Ort scheinen mich dieses graesslichen Mords anzuklagen; und hier steh ich, zugleich mein eigner Anklaeger und Advocat zu seyn. Fuerst. So sage dann, ohne Umschweiffe, was dir davon bekannt ist. Bruder Lorenz. Ich will kurz seyn, mein Athem ist ohnehin nicht lang genug fuer eine langweilige Historie. Romeo, der hier todt ligt, war Juliettens Gemahl, und Sie, die hier todt ligt, Romeo's getreues Weib: Ich segnete ihre Ehe ein; und der Tag ihrer heimlichen Vermaehlung war Tybalts Sterb-Tag, dessen unzeitiger Tod den neuen Braeutigam aus dieser Stadt verbannte, und dieses, nicht Tybalts Tod, war die Ursache von Juliettens Gram. Ihr, (zu Capulet) um ihr diesen Kummer aus dem Sinn zu bringen, versprachet sie dem Grafen Paris, und waret im Begriff, sie zu dieser Heurath mit Gewalt zu zwingen. In diesen Umstaenden kommt sie zu mir, und, mit wilden Bliken, bittet sie mich dass ich ihr ein Mittel an die Hand gebe, diese zweyte Heurath zu vermeiden, oder sie wolle sich in meiner Celle selbst ums Leben bringen. In diesem schwuerigen Augenblik kam mir meine Wissenschaft zu Huelfe; ich gab ihr einen Schlaf-Trunk, dessen Wuerkung meiner Absicht vollkommen antwortete-- denn er sezte sie in einen Zustand, der dem Tode so gleich sah, dass sie fuer eine Leiche angesehen, und so behandelt wurde. Inmittelst schrieb ich an Romeo, und bestellte ihn, dass er in eben dieser schreklichen Nacht, als der Zeit, worinn die Wuerkung des Tranks zu Ende gehen wuerde, hieher kommen, und mir helfen moechte, sie aus ihrem geborgten Grabe heraus zu holen. Allein, Bruder Johann, der ihm meinen Brief ueberbringen sollte, wurde durch einen Zufall aufgehalten, und gestern kam mein Brief mir wieder zu; ich war also genoethigt, um die bestimmte Zeit ihres Erwachens ganz allein hieher zu kommen, und sie aus der Gruft ihrer Familie zu befreyen: Des Vorhabens, sie so lange in meiner Celle verborgen zu halten, bis ich Gelegenheit faende, den Romeo hieher zu beruffen. Aber wie ich kam, (wenige Minuten vor ihrem Erwachen) da lag der edle Paris hier erschlagen, und der allzugetreue Romeo todt. Sie erwacht, und ich bitte sie instaendigst mit mir zu gehen, und diese Schikung des Himmels mit Geduld zu tragen: Allein ein Getoese, das ich gleich darauf hoerte, scheuchte mich von der Gruft weg, und sie, verzweifelnd und entschlossen zu sterben, wollte nicht mit mir gehen, sondern legte, wie es scheint, gewaltsame Hand an sich selbst. Alles dieses weiss ich, und von der heimlichen Heurath kan auch ihre Amme Zeugniss geben: Ist aber in allem diesem etwas durch meine Schuld gefehlt und zu diesem unglueklichen Ausgange gebracht worden, so lasst immer mein altes Leben, etliche Stunden vor meiner bestimmten Zeit, der Strenge des Gesezes aufgeopfert werden. Fuerst. Wir haben dich jederzeit als einen heiligen Mann gekannt. Wo ist Romeo's Diener? Was kan Er von der Sache berichten? Balthasar. Ich brachte meinem Herren die Zeitung von Julia's Tod, und sogleich kam er mit Post-Pferden von Mantua hieher, unmittelbar hieher, zu dieser nehmlichen Gruft; uebergab mir diesen Brief an seinen Vater, und draeute mir, indem er auf die Gruft zugieng, den Tod, wenn ich nicht weggehen und ihn allein lassen wollte. Fuerst. Gieb mir den Brief, ich will ihn uebersehen--Wo ist des Grafen Knabe, der die Wache herbeyholte? Bursche, was machte dein Herr an diesem Orte? Knabe. Er kam, das Grab seiner Geliebten mit Blumen zu bestreuen, und befahl mir von Ferne stehn zu bleiben, wie ich auch that; bald darauf kommt einer mit einem Licht, die Gruft zu oeffnen, und augenbliklich zieht mein Herr den Degen gegen ihn; und da lief ich und holte die Wache. Fuerst. Dieser Brief bekraeftiget die Erzaehlung des Ordens-Manns--und hier schreibt er, dass er Gift von einem armen Apotheker gekauft, und damit in diese Gruft gekommen sey, um zu sterben und in Juliettens Grab zu ligen--Wo sind diese Feinde? Capulet! Montague! Seht hier die Ruthe, womit euere Unversoehnlichkeit gezuechtiget wird; seht wie der Himmel Mittel findet, durch die Liebe selbst die Freuden euers Lebens zu toedten. Auch ich, weil ich zuviel Nachsicht gegen euere Uneinigkeiten hatte, habe zween Verwandte verlohren: Wir sind alle gestraft! Capulet. O Bruder Montague, gieb mir deine Hand; das ist meiner Tochter Witthumb--mehr kan ich nicht verlangen. Montague. Aber ich kann dir mehr geben; denn ich will ihre Bild-Saeule von gediegnem Gold aufstellen, dass, so lange Verona diesen Namen traegt, kein Denkmal dem Denkmal der zaertlichen und getreuen Juliette gleich geschaezt werde! Capulet. Eben so glaenzend soll Romeo bey seiner Gattin ligen; theure, ungluekliche Opfer unsrer unseligen Feindschaft! Fuerst. Dieser Morgen bringt uns einen duestern Frieden, und die Sonne selbst scheint trauernd ihr Haupt verhuellt zu haben--Geht, und erwartet unsre Entscheidung, was in diesem unglueklichen Handel Strafe und was Verzeihung verdient--[Ihr aber, getreue Liebende, die ein allzustrenges Schiksal im Leben getrennt, und nun ein freiwilliger Tod auf ewig vereiniget hat, lebet, Juliette und Romeo, lebet in unserm Andenken, und die spaeteste Nachwelt moege das Gedaechtniss eurer unglueklichen Liebe mit mitleidigen Thraenen ehren!] Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Romeo und Juliette, von William Shakespeare (Uebersetzt von Christoph Martin Wieland). End of Project Gutenberg's Romeo und Juliette, by William Shakespeare *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK ROMEO UND JULIETTE *** This file should be named 7gs1610a.txt or 7gs1610a.zip Corrected EDITIONS of our eBooks get a new NUMBER, 7gs1611a.txt VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 7gs1610b.txt Project Gutenberg eBooks are often created from several printed editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not keep eBooks in compliance with any particular paper edition. We are now trying to release all our eBooks one year in advance of the official release dates, leaving time for better editing. Please be encouraged to tell us about any error or corrections, even years after the official publication date. Please note neither this listing nor its contents are final til midnight of the last day of the month of any such announcement. 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Here is the briefest record of our progress (* means estimated): eBooks Year Month 1 1971 July 10 1991 January 100 1994 January 1000 1997 August 1500 1998 October 2000 1999 December 2500 2000 December 3000 2001 November 4000 2001 October/November 6000 2002 December* 9000 2003 November* 10000 2004 January* The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium. We need your donations more than ever! 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In answer to various questions we have received on this: We are constantly working on finishing the paperwork to legally request donations in all 50 states. If your state is not listed and you would like to know if we have added it since the list you have, just ask. While we cannot solicit donations from people in states where we are not yet registered, we know of no prohibition against accepting donations from donors in these states who approach us with an offer to donate. International donations are accepted, but we don't know ANYTHING about how to make them tax-deductible, or even if they CAN be made deductible, and don't have the staff to handle it even if there are ways. Donations by check or money order may be sent to: Project Gutenberg Literary Archive Foundation PMB 113 1739 University Ave. Oxford, MS 38655-4109 Contact us if you want to arrange for a wire transfer or payment method other than by check or money order. The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been approved by the US Internal Revenue Service as a 501(c)(3) organization with EIN [Employee Identification Number] 64-622154. Donations are tax-deductible to the maximum extent permitted by law. As fund-raising requirements for other states are met, additions to this list will be made and fund-raising will begin in the additional states. We need your donations more than ever! You can get up to date donation information online at: http://www.gutenberg.net/donation.html *** If you can't reach Project Gutenberg, you can always email directly to: Michael S. Hart Prof. Hart will answer or forward your message. We would prefer to send you information by email. **The Legal Small Print** (Three Pages) ***START**THE SMALL PRINT!**FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS**START*** Why is this "Small Print!" statement here? You know: lawyers. They tell us you might sue us if there is something wrong with your copy of this eBook, even if you got it for free from someone other than us, and even if what's wrong is not our fault. So, among other things, this "Small Print!" statement disclaims most of our liability to you. It also tells you how you may distribute copies of this eBook if you want to. *BEFORE!* YOU USE OR READ THIS EBOOK By using or reading any part of this PROJECT GUTENBERG-tm eBook, you indicate that you understand, agree to and accept this "Small Print!" statement. If you do not, you can receive a refund of the money (if any) you paid for this eBook by sending a request within 30 days of receiving it to the person you got it from. If you received this eBook on a physical medium (such as a disk), you must return it with your request. ABOUT PROJECT GUTENBERG-TM EBOOKS This PROJECT GUTENBERG-tm eBook, like most PROJECT GUTENBERG-tm eBooks, is a "public domain" work distributed by Professor Michael S. Hart through the Project Gutenberg Association (the "Project"). Among other things, this means that no one owns a United States copyright on or for this work, so the Project (and you!) can copy and distribute it in the United States without permission and without paying copyright royalties. Special rules, set forth below, apply if you wish to copy and distribute this eBook under the "PROJECT GUTENBERG" trademark. Please do not use the "PROJECT GUTENBERG" trademark to market any commercial products without permission. To create these eBooks, the Project expends considerable efforts to identify, transcribe and proofread public domain works. Despite these efforts, the Project's eBooks and any medium they may be on may contain "Defects". 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