The Project Gutenberg EBook of Leben und Tod Koenigs Richard des zweyten by William Shakespeare #15 in our series by William Shakespeare Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the copyright laws for your country before downloading or redistributing this or any other Project Gutenberg eBook. This header should be the first thing seen when viewing this Project Gutenberg file. Please do not remove it. Do not change or edit the header without written permission. Please read the "legal small print," and other information about the eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file. Included is important information about your specific rights and restrictions in how the file may be used. You can also find out about how to make a donation to Project Gutenberg, and how to get involved. **Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts** **eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971** *****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!***** Title: Leben und Tod Koenigs Richard des zweyten Richard II Author: William Shakespeare Release Date: January, 2005 [EBook #7323] [Yes, we are more than one year ahead of schedule] [This file was first posted on April 14, 2003] Edition: 10 Language: German Character set encoding: ASCII *** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK KOENIGS RICHARD DES ZWEYTEN *** Produced by Delphine Lettau This Etext is in German. We are releasing two versions of this Etext, one in 7-bit format, known as Plain Vanilla ASCII, which can be sent via plain email-- and one in 8-bit format, which includes higher order characters-- which requires a binary transfer, or sent as email attachment and may require more specialized programs to display the accents. This is the 7-bit version. This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE. That project is reachable at the web site http://gutenberg.spiegel.de/. Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE" zur Verfügung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse http://gutenberg.spiegel.de/ erreichbar. Leben und Tod Koenigs Richard des zweyten. William Shakespeare Ein Trauerspiel. Uebersetzt von Christoph Martin Wieland Personen. Koenig Richard der Zweyte. Herzog von York. Johann von Gaunt, Herzog von Lancaster. Bolingbroke, Sohn des Johann von Gaunt, und nachmals Koenig Heinrich der Vierte. Aumerle, Sohn des Herzogs von York. Mowbray, Herzog von Norfolk. Graf von Salisbury. Lord Berkley. Buschy, Bagot und Green, Diener des Koenigs Richard. Graf von Northumberland, Lord Percy, dessen Sohn, Ross und Willougby, Bolingbroks Freunde. Bischoff von Carlisle und Sir Stephan Scroop, Freunde des Koenigs Richard. Fizwater, Surry, Abbt von Westminster und Sir Pierce von Exton, Herren vom Parlament. Die Koenigin, Koenig Richards Gemalin. Die Herzogin von Glocester. Die Herzogin von York. Hofdamen der Koenigin. Herolde, zween Gaertner, ein Kammerdiener, ein Hueter, ein Bote, und andre stumme Personen. Der Schauplaz ist in verschiednen Theilen von England. Erster Aufzug. Erste Scene. (Der Hof.) (Koenig Richard, Johann von Gaunt, Lords und Gefolge treten auf.) Koenig Richard. Johann von Gaunt, Herzog von Lancaster, ehrenvoller Greis; hast du, deinem Eid und deiner Pflicht gemaess, Heinrichen von Herford, deinen kuehnen Sohn anhergebracht, um jene Anklage zu behaupten, die er unlaengst gegen Thomas Mowbray, Herzog von Norfolk angebracht, und die wir damals anzuhoeren keine Musse hatten? Gaunt. Ich habe ihn hieher gebracht, Gnaedigster Herr. Koenig Richard. So sage mir dann ferner: Hast du nicht von ihm erforscht, ob es nur ein alter eingewurzelter Groll gegen seine Person ist, was ihn zu dieser Klage angetrieben; oder die pflichtmaessige Treue eines guten Unterthanen, um einen geheimen Verraether in Mowbray zu entlarven? Gaunt. So viel als ich von ihm ueber diese Sache herausbringen konnte, so ist es kein Privat-Groll, sondern die vermeynte Entdekung einer ueber Eurer Hoheit schwebenden Gefahr. Koenig Richard. So ruffe man sie dann vor unsre Gegenwart; wirs selbst wollen, Stirne gegen Stirne, den Klaeger und den Beklagten reden hoeren: Sie sind beyde von sehr feuriger Gemueths-Art, beyde voll Grimms; in ihrer Wuth beyde taub wie die See, und rasch wie Feuer. Zweyte Scene. (Bolingbroke und Mowbray zu den Vorigen.) Bolingbroke. Moege eine lange Reyhe von Jahren, voll glueklicher Tage, meinem gnaedigsten und geliebtesten Oberherrn bestimmt seyn! Mowbray. Und jeder Tag die Gluekseligkeit des vorigen vermehren, bis der Himmel, der Erde soviel Gluek missgoennend, das Vorrecht der Unsterblichkeit zu eurer Crone hinzuthut. Koenig Richard. Wir danken euch beyden; obgleich die Sache selbst, wesswegen ihr vor uns erschienen seyd, ein Beweis ist, dass uns einer von beyden schmeichelt. Vetter von Hereford, sage, was fuer Vorwuerfe gegen den Herzog von Norfolk, Thomas Mowbray, hast du anzubringen? Bolingbroke. So wisset dann vor allen Dingen, Gnaedigster Koenig, und der Herr sey meiner Reden Zeuge! dass ich aus Antrieb der pflichtmaessigen Liebe eines getreuen Unterthanen, aus zaertlicher Sorge fuer die Erhaltung meines Fuersten, frey von Groll, Rachgier oder andrer unaechter Absicht, als Anklaeger hieher in seine koenigliche Gegenwart gekommen bin. Nun, Thomas Mowbray, wend' ich mich zu dir, und horche wol auf meinen Gruss; denn was ich reden werde, wird entweder dieser Arm auf Erden erproben, oder meine unsterbliche Seele im Himmel verantworten. So sag' ich dann: Du bist ein Verraether und Rebell, zu gut, ein solcher zu seyn, und zu schlimm, beym Leben zu bleiben; denn je schoener und crystallner der Himmel ist, desto haesslicher sehen die Wolken aus, die ihn befleken. Noch einmal, das Gewicht meiner Anklage zu verdoppeln, stopf ich dir mit dem schaendlichen Namen eines Verraethers den Rachen, und wuensche, dass mir von meinem Gnaedigsten Oberherrn erlaubt werde, an eben diesem Plaz und in diesem Augenblik, was meine Zunge gesprochen hat, durch mein recht- gezognes Schwerdt zu beweisen. Mowbray. Lasst nicht hier die Kaelte meiner Worte meinen Eifer verdaechtig machen; diese unsre Sache kan nicht mit den Waffen eines Weiberkriegs, dem bittern Geschrey zwoer scharfen Zungen, unter uns entschieden werden. Das Blut ist heiss, das fuer diss erkalten muss. Jedoch kan ich mich keiner so zahmen Geduld ruehmen, mich stossen zu lassen, und gar nichts dazu zu sagen; und wuerde mich nicht die Ehrfurcht vor Eu. Hoheit zuruek halten, meiner freyen Rede Zuegel und Sporren zu geben, sie sollte schnell genug seyn, diese Beschuldigungen von Verraetherey zweyfach in seinen Rachen zuruek zu stossen. Sezet aber das hohe Vorrecht seines koeniglichen Gebluets bey Seite, und lasst ihn nicht den Vetter meines Koenigs seyn, so biet ich ihm troz, und verschmaehe ihn, nenne ihn eine verlaeumderische Memme, und einen nichtswuerdigen Schurken, und bin bereit, ihm zu beweisen dass er's ist, an welchem Ort er will mit ihm zusammen zu kommen, und wenn ich gleich mit naktem Fuss auf die befrornen Gipfel der Alpen rennen muesste, oder in welche andre unbewohnbare Gegend es seyn mag, wohin nie kein Englaender es wagte seinen Fuss zu sezen. Indess lasst diss meine Treue rechtfertigen: Bey allen meinen Hoffnungen, er hat die luegenhafteste Unwahrheit gesagt. Bolingbroke. Blasser, zitternder Verraether, hier zieh ich meinen Handschuh, lege die Vorrechte meines koeniglichen Gebluets bey Seite, und begebe mich des Vortheils, der Blutsverwandte eines Koenigs zu seyn, (worauf du aus Zagheit, nicht aus Ehrfurcht dich beruffen hast.) Wenn das bebende Bewusstseyn deiner Schuld dir noch so viel Staerke uebrig gelassen hat, dieses Pfand meines Ehrenworts anzunehmen, so bueke dich. Bey diesem, und bey allen andern Gesezen der Ritterschaft mach' ich mich anheischig, das was ich gesprochen habe, Arm gegen Arm, dir zu beweisen. Mowbray. Ich heb' ihn auf, und bey diesem Schwerdt schwoer' ich, dessen sanfter Schlag die Ritterschaft auf meine Schulter legte; dass ich dir mit Speer und Schwerdt, nach ritterlichem Brauch und Sitte antworten will, und wenn ich mein Pferd besteige, moege ich nicht gesund wieder absteigen, wofern ich ein Verraether bin, oder fuer eine ungerechte Sache kaempfe! Koenig Richard. Was ist es dann, was unser Vetter den Mowbray bezuechtiget? Es muss etwas Grosses seyn, was uns vermoegen kan, dem blossen Gedanken einer boesen Gesinnung von seiner Seite Plaz zu geben. Bolingbroke. Hoeret was ich sage, mein Leben soll beweisen, dass es Wahrheit ist; dieser Mowbray, sage ich, hat achttausend Nobels* aufgenommen, unter dem Vorwand Eu. Hoheit Kriegs-Voelker damit zu unterhalten, solche aber wie ein Verraether und schelmischer Bube zuruek behalten, und fuer sich selbst zu luederlichem Gebrauch angewandt. Ueberdas sag' ich, und will es durch einen Zweykampf beweisen, entweder hier, oder anderswo, sey es bis auf dem aeussersten Stuek Landes, das jemals ein Englaendisches Aug' uebersehen hat, dass alle Verraethereyen, die seit achtzehn Jahren in diesem Koenigreich angezettelt worden, von diesem treulosen Mowbray ihren ersten Ursprung genommen haben. Ferner sag' ich, und will es auf seinen ehrlosen Kopf beweisen, dass er Ursaecher der Ermordung des Herzogs von Glocester war; dass er es war, der seine leichtglaeubige Feinde aufstiftete, und dass er folglich es war, der wie ein feiger schelmischer Meuchelmoerder sein unschuldiges Blut vergoss, welches izt, gleich Abels Blut, aus den stummen Gewoelben der Erde zu mir um gerechte und strenge Rache schreyt. Und, bey dem glorreichen Werth dieses Bluts, das in meinen eignen Adern fliesst, dieser Arm soll es vollziehen, oder dieses Leben soll aufgeopfert werden. {ed.-* Eine alte Muenze, die an Werth etwas ueber sechs Englische Schillings betragen haben soll.} Koenig Richard. Was sagst du hiezu, Thomas von Norfolk? Mowbray. O moechte mein Gebietender Herr sein Angesicht wenden, und seinem Ohr einen Augenblik taub zu seyn befehlen, bis ich diesem Schandflek seines Bluts gesagt habe, wie sehr Gott und Menschen einen so schaendlichen Luegner hassen. Koenig Richard. Mowbray, unsre Augen und Ohren sind ohne Partheylichkeit; waer' er unser Bruder, ja waer' er der Erbe unsers Reichs, wie er nur unsers Vaters Bruders-Sohn ist, dennoch sollte, ich schwoer' es bey der Majestaet meines Scepters, eine so nahe Verwandtschaft mit unserm geheiligten Blut ihm nicht das geringste Vorrecht geben, noch die unbiegsam Festigkeit unsrer aufrichtigen Seele partheyisch machen. Er ist unser Unterthan, Mowbray, wie du; rede frey und ungescheut, ich erlaub' es dir. Mowbray. So sag ich dann, Bolingbroke, in deinen verlaeumdrischen Hals hinein, du luegst! Drey Theile von der Summe, die ich fuer Calais erhielt, bezahlte ich an Sr. Hoheit Kriegs-Voelker; das uebrige behielt ich mit Einwilligung, fuer eine Schuld zuruek, die ich an meinen Koenig zu fordern hatte, den Rest der betraechtlichen Auslagen die ich machte, da ich lezthin nach Frankreich reisste, die Koenigin abzuholen. Nun, schluke diese Luege hinab--Was Glocesters Tod betrift, so war ich's nicht, der ihn erschlug. Wofern jemand berechtigt seyn sollte, mit einer solchen Beschuldigung wieder mich aufzutreten, so waer' es der ehrenvolle Vater meines Feindes, ihr mein edler Lord von Lancaster; euch stellt' ich einst hinterlistig nach dem Leben, ein Verbrechen, das noch immer meine reuvolle Seele foltert; aber ich beichtete es, eh ich leztmals das Sacrament empfieng, und ich bat euch so aufrichtig um Verzeihung, dass ich sie erhalten zu haben hoffe. Diss ist mein Vergehen; alles uebrige, dessen er mich anklagt, ist der Geifer eines grollsuechtigen, luegenhaften und hoechst ausgearteten Verraethers; und zum Zeichen dass ich Muth habe, dieses mit meinem Leben zu beweisen, werf ich gleichfalls mein Pfand vor dieses uebermuethigen Verraethers Fuesse hin; in dem besten Blut, das in seinem Herzen wallt, will ich beweisen, dass ich ein rechtschaffner Edelmann bin; und damit ich nicht lange verziehen muesse, bitte ich Eu. Hoheit herzlichst, den Tag zu unserm Zweykampf anzusezen. Koenig Richard. Ergrimmte Edle, lasst euch von euerm Fuersten zaehmen; lasst uns diese Galle ohne blutvergiessen ausfuehren; Eure Wuth wuerde zu tiefe Einschnitte machen, und unsre Aerzte sagen, es sey izt nicht Zeit zum Bluten. Vergesst, vergebt, vergleicht euch, und werdet zufrieden; mein lieber Oheim, helft mir diesen Zwist in seiner Geburt erstiken; wir wollen den Norfolk besaenftigen, ihr euern Sohn. Gaunt. Es kan meinen Jahren nicht uebel anstehen, wenn ich ein Friedensstifter bin. Sohn, wirf des Herzogs von Norfolk Pfand wieder hin. Koenig Richard. Und ihr, Norfolk, werfet seines hin. Gaunt. Wie, Harry, du zoegerst? Muss ich zweymal Gehorsam verlangen? Mowbray. Mich selbst, mein Gnaedigster Souverain, werf' ich zu deinen Fuessen; mein Leben kanst du fordern, aber nicht meine Ehre. Jenes ist meine Lehens-Pflicht dir schuldig; aber an meinen unbeflekten Namen hast du (troz dem Tode, der auf meinem Grabe lebt **) kein Recht, und nimmermehr werd' ich zugeben, dass er zur Schande missbraucht werde. Ich bin hier angegriffen und beschimpft worden, bis in die Seele mit der Verlaeumdung vergiftetem Speer durchstochen, und diese toedtliche Wunde kan kein andrer Balsam heilen, als das Blut aus dem Herzen, welches diesen Gift ausgeathmet hat. {ed.-** Die Reime, womit dieses Stuek hie und da verbraemt ist, sind nach Pope's Anmerkung, meist ausserordentlich schlecht, so schlecht, dass dieser scharfsinnige Criticus vermuthet, sie seyen von einer fremden Hand. Dieser jaemmerliche Einfall, der in ( ) eingeschlossen ist, und alle andre von dieser Art durch dieses ganze Stuek, sind dergleichen Reime, an die der Uebersezer sich dann auch nicht gebunden halten wird.} Koenig Richard. Wuth muss Widerstand finden; gieb mir sein Pfand: Loewen machen Leoparden zahm. Mowbray. Ja, aber sie loeschen ihre Fleken nicht aus; nehmt nur meine Beschimpfung von mir, so will ich mein Pfand abtreten. Mein theurer, theurer Gebieter, der aechteste Schaz eines Mannes ist unbeflekte Ehre; ist diese verlohren, so sind Menschen nur uebergueldeter Leim oder gemahlter Koth. Meine Ehre ist mein Leben, sie sind in eins verwachsen; nehmt mir meine Ehre, so habt ihr mein Leben genommen. So lasst mich dann meine Ehre bewaehren, mein theurer Oberherr; in ihr leb' ich, und fuer sie will ich sterben. Koenig Richard. Vetter, werft euer Pfand hin, macht ihr den Anfang. Bolingbroke. Der Himmel bewahre meine Seele vor einer so schaendlichen Niedertraechtigkeit. Wie, ich sollte mich vor meines Vaters Augen ueberwunden geben, oder mit einem blassen Bettler-Gesicht mich selbst vor diesem ausgeschaemten Bastard anklagen? Eh meine Zunge einen solchen Laut von sich geben soll, eh sollen meine Zaehne das sclavische Werkzeug der wiederruffenden Feigheit durchschneiden und sie blutend in Mowbrays schaendliches Antliz speyen. (Gaunt geht ab.) Koenig Richard. Wir sind nicht gebohren zu bitten, sondern zu befehlen; und da wir dieses nicht koennen, um euch auszusoehnen, so haltet euch, so gewiss als euer Leben dafuer antworten soll, bereit, auf Sct. Lamberts Tag zu Coventry zu erscheinen. Dort sollen eure Lanzen und Schwerdter den schwellenden Zwist eures tiefgewurzelten Hasses entscheiden: Lord Marschall, ertheilt euern Herolden und Officieren Befehl, alles zu dieser feyerlichen Handlung zuzuruesten. (Sie gehen alle ab.) Dritte Scene. (Der Schauplaz verwandelt sich in des Herzog von Lancaster Palast.) (Gaunt und Herzogin von Glocester treten auf.) Gaunt. Ach, Schwester! Denkt ihr, dass eure Ausruffungen mich staerker als der Bruder-Name treiben koennen, gegen die Moerder von Gloster's Leben zu entbrennen? Aber da die Bestraffung dieser Uebelthat in den nemlichen Haenden ligt, welche die Uebelthat begangen haben, so lasst uns unsre Sache dem Himmel anheim stellen, der, wenn er die Stunde dazu auf Erden gereift sieht, heisse Rache auf der Verbrecher Haupt regnen wird. Herzogin. Ist das alles, wozu der Name deines ermordeten Bruders dich treiben kan! Hat die Liebe nicht mehr Waerme in deinem alten Blut? Edwards sieben Soehne, wovon du selbst einer bist, waren wie sieben Phiolen mit seinem geheiligten Blut angefuellt, oder wie sieben schoene Zweige, aus einem Stamm entsprossen; einige von diesen sieben Phiolen sind durch den Lauf der Natur ausgetroknet, einige von diesen Aesten durch das Schiksal abgeschnitten; aber Thomas, mein theurer Gemal, mein Gloster, (eine Phiole voll von Edwards geheiligtem Blut, ein bluehender Zweig aus seinem koeniglichen Stamm) ist gewaltthaetig zerbrochen, und all sein kostbarer Saft verschuettet, ist umgehauen und alles sein Sommerlaub verwelkt, durch die Hand des Neids zerbrochen, durch des Meuchelmords blutige Axt umgefaellt--Und du kanst gelassen bleiben? O, Gaunt, sein Blut war auch deines; eben dieses Ehebett, eben dieser Mutterleib, dieser Stoff, diese nemliche Form, so dich bildeten, machten ihn zum Menschen; in ihm, ob du gleich lebst und athmest, bist auch du erschlagen, ja du willigst gewisser Maassen in deines Vaters Tod ein, indem du deinen ungluekseligen Bruder, ihn, der ein Theil von deines Vaters Leben war, so gleichgueltig sterben siehst. Nenn' es nicht Geduld, Gaunt, es ist Muthlosigkeit; indem du so gelassen duldest, dass dein Bruder erschlagen worden, zeigst du den nakten Pfad zu deinem eignen Leben, und lehrst den unerbittlichen Mord dich auch zu mezeln. Das, was wir an gemeinen Menschen Geduld nennen, ist blasse, kalte Feigheit in einer edeln Brust. Was soll ich noch mehr sagen? Du kanst dein eignes Leben nicht besser sicher stellen, als wenn du Glosters Tod raechest. Gaunt. Diese Sache ist Gottes Sache; denn Gottes Substitut, sein gesalbter Statthalter, hat seinen Tod verursacht; geschah es unrechtmaessig, so ueberlasst Gott die Rache; ich werde niemals einen feindseligen Arm gegen seinen Diener aufheben. Herzogin. Gegen wen, ach! gegen wen mag ich dann, ich Ungluekselige, ueber mein Unrecht mich beklagen? Gaunt. Gegen den Himmel, den Beschuezer der Wittwe. Herzogin. Nun dann, so will ich; lebe wohl, alter Gaunt, lebe wohl. Du gehst nach Coventry, ein Zuschauer des Kampfs zwischen unserm Bruder Herford und dem lasterhaften Mowbray zu seyn. O, Himmel, lege meines Gemals erlidtnes Unrecht auf Herfords Speer, damit er des moerdrischen Mowbrays Brust durchbohre; oder wenn unglueklicher Weise sein Speer ihn verfehlt, o! so lass Mowbrays Verbrechen so schwer in seinem Busen werden, dass es seinem schaeumenden Rosse den Naken breche, und der Reuter, so lang er ist, in die Schranken falle, ein dem Tod verfluchtes Opfer, wiewol unwuerdig von Herfords edler Hand zu sterben. Lebe wohl, alter Gaunt; die Ungluekliche, die einst deines Bruders Weib war, hat nun keinen andern Gespielen als einen Jammer, der nur mit ihrem Leben enden kan. Gaunt. Schwester, lebet wohl; ich muss nach Coventry. Herzogin. Nur noch ein Wort; der Schmerz wird nie fertig; empfiehl mich meinem Bruder Edmund von York; sieh', das ist alles--Nein, geh' noch nicht--Ob diss gleich alles ist, so geh' nicht so schnell, es wird mir noch mehr beyfallen. Sag' ihm--O was? Sag' ihm, er solle mich, so bald als moeglich, zu Plaschie besuchen. Aber, ach, was wird der gute alte York dort sehen, als leere Gemaecher und oede Waende, unbevoelkerte Nebenzimmer und unbetretne Steine? Was fuer einen andern Willkomm wird er hoeren, als meine Klagen? Sag' ihm also--Nein, lass ihn nicht hinkommen. Was kan sein Mitleiden mir helfen. Auf allen Seiten trostlos, will ich geh'n und sterben; diss lezte Lebewohl nimmt mein weinendes Auge von dir! (Sie gehen ab.) Vierte Scene. (Die Schranken zu Coventry.) (Der Lord Marschall, und der Herzog von Aumerle treten auf.) Marschall. Milord Aumerle, ist Harry Herford bewaffnet? Aumerle. Ja, vom Fuss bis zum Kopf, und wartet ungeduldig hereingelassen zu werden. Marschall. Auch der Herzog von Norfolk wartet voll ungeduldigen Feuers auf die Trompete des Appellanten. Aumerle. Die Kaempfer sind also geruestet, und erwarten nur die Ankunft seiner Majestaet. (Die Trompeten erschallen; und der Koenig erscheint mit seinen Edeln; nachdem sie sich gesezt haben, tritt der Herzog von Norfolk, als Appellat, in voller Ruestung auf.) Koenig Richard. Marschall, erforsche von jenem Ritter die Ursache, warum er hier in Waffen erscheint; frag' ihn nach seinem Namen, und lege ihm den gesezmaessigen Eid zu schwoeren auf. Marschall. In Gottes und des Koenigs Namen, sage wer bist, und warum erscheinst du hier in dieser ritterlichen Ruestung? Gegen wen kommst du, und was ist deine Sache? Antworte bey deiner ritterlichen Ehre, und auf deinen Eid, und so beschueze dich der Himmel und deine Tapferkeit! Mowbray. Mein Nam' ist Thomas Mowbray, Herzog von Norfolk, und ich erscheine hier bey meinem Wort, das einem Ritter unverlezlich heilig seyn soll, beydes meine Treue und ritterliche Ehre zu Gott, meinem Koenig und meinen Nachkommen, wider den Herzog von Hereford, meinen Anklaeger, zu behaupten, und mit Gottes Gnade und der Staerke meines Arms ihm durch meine Vertheidigung zu beweisen, dass er ein Verraether gegen Gott, meinen Koenig und mich ist; und so wie ich fuer eine gerechte Sache fechte, so schueze mich der Himmel! (Die Trompeten erschallen; Bolingbroke, als ein Appellant, tritt in vollen Ruestung auf.) Koenig Richard. Marschall, frage jenen bewaffneten Ritter wer er ist, warum er hier in diesem kriegrischen Aufzug erscheint? Und lass ihn, unsern Gesezen gemaess, foermlich auf die Gerechtigkeit seiner Sache schwoeren. Marschall. Wie ist dein Nahme, und warum kommst du vor Koenig Richards Gegenwart, in seine koenigliche Schranken? Gegen wen kommst du und was hast du fuer eine Sache? Rede, wie ein rechtschaffner Ritter, und so beschueze dich der Himmel! Bolingbroke. Ich bin Heinrich von Hereford, Lancaster und Derby, und stehe hier in dieser Waffenruestung, durch Gottes Gnade und meine Tapferkeit gegen Thomas Mowbray Herzog von Norfolk zu beweisen, dass er ein schaendlicher und verderblicher Verraether an Gott im Himmel, dem Koenig Richard und an mir ist, und so wie ich fuer Recht und Wahrheit kaempfe, beschueze mich der Himmel! Marschall. Bey Strafe des Todes erfreche sich niemand, diese Schranken zu beruehren, als der Marschall, und diejenigen Officiers, welche zu Anordnung des Kampfs bestellt sind. Bolingbroke. Lord Marschall, lasst mich meines Koenigs Hand kuessen und meine Knie vor seiner Majestaet beugen; Mowbray und ich sind wie zween Maenner, die eine lange und gefaehrliche Pilgrimschaft geloben; es sey uns also vergoennt einen feyrlichen Abschied von unsern Freunden zu nehmen. Marschall. Der Klaeger bittet sich die Gnade aus, Euer Majestaet seine Schuldigkeit zu bezeugen, und seinen Abschied zu nehmen. Koenig Richard. Wir wollen herabsteigen, und ihn in unsre Arme schliessen. Vetter von Hereford, so wie deine Sache gerecht ist, so sey dein Gluek in diesem koeniglichen Kampfe! Fahre wohl, mein Blut; und wenn dein Verhaengniss ist, es an diesem Tag zu vergiessen, so werden wir trauren, aber keine Rache an dem Thaeter nehmen. Bolingbroke. O lasst kein edles Aug' eine Thraene fuer mich entweihen, wenn ich durch Mowbrays Lanze falle! Aber so muthig wie ein Falke auf einen Vogel schiesst, geh' ich mit Mowbray zu fechten. Mein theurer Herr, ich nehme meinen Abschied von euch, und von euch, mein edler Vetter, Lord Aumerle--nicht niedergeschlagen, ob ich gleich eine toedtliche Arbeit vor mir habe, sondern munter, jugendlich, und froelich athmend--O du, der irdische Schoepfer meines Wesens, (zu Gaunt.) dessen ehmaliger Jugend-Geist in mir wiedergebohren, mich mit zwiefacher Staerke emporhebt, den Sieg zu erreichen, der ueber meinem Haupte schwebt; staehle meine Ruestung durch dein Gebet, und schaerfe durch deinen Segen die Spize meiner Lanze, dass sie Mowbrays gewichstes Wamms durchdringen und dem Namen Johann von Gaunt durch das edle Betragen seines Sohns einen neuen Glanz gebe! Gaunt. Der Himmel beguenstige dich in deiner gerechten Sache! Sey behend im Streit wie der Bliz, und lass deine Streiche, zweymal verdoppelt, wie betaeubende Donnerschlaege auf den Helm deines verderblichen Gegners herab stuerzen. Feure dein jugendliches Blut an, sey tapfer, und lebe! Bolingbroke. So helfen mir meine Unschuld, Gott, und St. George! Mowbray. Was fuer ein Loos auch der Himmel oder das Gluek fuer mich ziehen mag, so leb' oder sterb' ich hier, getreu an Koenig Richards Thron, ein pflichtmaessiger, redlicher und rechtschaffner Edelmann! Nie hat ein Gefangner mit einem frohern Herzen seine Ketten abgeworfen, und seine goldne unabhaengige Befreyung umfasst, als womit meine tanzende Seele an diesem Kampf mit meinem Feind, wie an einem Freuden-Fest sich erlustiget. Grossmaechtigster Oberherr, und ihr meine edlen Freunde, empfangt aus meinem Munde den Wunsch glueklicher Jahre! So freudig und guten Muths wie zu einem Ritterspiel, geh' ich zu diesem Kampf; Redlichkeit hat ein ruhiges Herz. Koenig Richard. Fahre wohl, Milord; ich sehe Tugend und Muth ruhig in deinen Augen ligen. Ordnet den Kampf an, Marschall, und beginnt! Marschall. Heinrich von Hereford, Lancaster und Derby, empfange diese Lanze, und der Himmel schueze dein Recht! Bolingbroke. Fest in Hoffnung wie ein Thurm, ruf ich Amen! Marschall. Geh, bringe diese Lanze Thomas, Herzogen von Norfolk. 1. Herold. Heinrich von Hereford, Lancaster und Derbey, steht hier fuer Gott, seinen Lehnsherrn und ihn selbst, bey Straffe falsch und meineidig erfunden zu werden, zu beweisen, dass Thomas Mowbray, Herzog von Norfolk ein Verraether an seinem Gott, seinem Koenig und ihm sey, muthig steht er hier und fordert ihm zum Kampf auf! 2. Herold. Hier steht Thomas Mowbray, Herzog von Norfolk, bey Straffe falsch und meineidig erfunden zu werden, beydes sich selbst zu vertheidigen, und zu beweisen, dass Heinrich von Hereford, Lancaster und Derbey ein Verraether an Gott, seinem Lehnsherrn, und ihm sey; und er wartet muthvoll und mit Verlangen auf das Zeichen zum Anfang. (Man blasst zum Angriff.) Marschall. Blaset Trompeten, und ihr Kaempfer, rueket aus--Doch halt! Der Koenig hat seinen Stab hingeworffen. Koenig Richard. Lasst sie ihre Helme und Lanzen bey Seite legen, und beyde zu ihren Stuehlen zuruek kehren; entfernt euch mit uns, und lasst die Trompeten schallen, bevor wir diesen Herzogen unsern Willen kund thun. (Trompeten.) Koenig Richard (Zu den Kaempfern:) Kommt naeher herbey, und hoeret, was wir mit unserm Rath gethan haben. Damit die Erde unsers Koenigreichs nicht mit diesem kostbaren Blute besudelt werde, dessen Mutter sie ist, und weil unsre Augen den graesslichen Anblik buergerlicher Wunden hassen, die von nachbarlichen Schwerdtern gegraben werden, und weil wir denken, dass nichts anders als der Adlerbeschwingte Stolz ehrsuechtiger und himmelan-strebender Gedanken euch mit eifersuechtigem Hass erfuellt und aufgereizt hat, den Frieden, der gleich einem sanftschlummernden neugebohrnen Kind, in der Wiege unsers muetterlichen Landes zu schlafen angefangen, wieder aufzuweken. Aus diesen Ursachen verbannen wir euch, Vetter von Hereford, bey Straffe des Todes aus unsern Gebieten; bis zehen Sommer unsre Felder bereichert haben, sollt ihr unsre bluehenden Herrschaften nicht wieder gruessen, sondern die fremden Pfade der Verbannung betreten. Bolingbroke. Euer Wille geschehe! Mein Trost muss seyn, dass die nemliche Sonne, die euch hier erwaermt, mich bescheinen wird, und dass eben diese goldnen Stralen, die sie euch hier leiht, meine Verbannung verguelden werden. Koenig Richard. Norfolk, auf dich wartet ein strengeres Urtheil, wiewol ich es nicht ohne Widerwillen anspreche. Die schnellgefluegelten Stunden werden deiner Verbannung kein Ziel bestimmen; das hoffnunglose Wort, nicht wiederzukehren, athme ich gegen dich bey Straffe des Todes. Mowbray. Ein hartes Urtheil, mein gebietender Oberherr, und aus Eurer Hoheit Mund gar zu unerwartet! Ich habe eine bessere Belohnung von Eurer Hand verdient, als so verstuemmelt an die freye Luft hingeworfen zu werden. Die Sprache, die ich nun vierzig Jahre gelernt habe, mein angebohrnes Englisch, muss ich nun vergessen, und meine Zunge wird mir kuenftig nicht mehr nuezen, als eine unbesaitete Harfe, oder als ein feines Instrument in der Hand dessen, der es nicht zu spielen weiss. Ihr habt meine Zunge in meinen Mund eingekerkert, und stumme, gefuehllose, unfruchtbare Unwissenheit ist der Kerkermeister, der mich bewachen soll. Ich bin zu alt, mich an den Busen einer neuen Saeugamme zu schmiegen, oder wieder ein Lehrknabe zu werden. Was ist also Euer Urtheil, als die Verdammung zu einem sprachlosen Tod, der meiner Zunge das Leben nimmt? Koenig Richard. Vergebens bemuehst du dich unser Mitleiden zu erweken; Nachdem unser Urtheil ausgesprochen ist, kommen Klagen zu spaet. Mowbray. So entweich ich dann aus dem Tag meines Vaterlands, um mein Leben in den traurigen Schatten einer hoffnunglosen Nacht zu enden. Koenig Richard. Kommt wieder zuruek und nehmt einen Eid mit euch. Legt eure verbannten Haende auf eure koeniglichen Schwerdter, und schweert bey eurer Pflicht zum Himmel, (den Antheil, den wir daran haben, verbannen wir mit euch selbst*) dass ihr den Eid halten wollet, den wir euch auferlegen. Nimmer sollt ihr waehrend eurer Verbannung euch mit einander aussoehnen, keiner soll des andern Angesicht sehen, keiner auf welche Art es sey, einige Gemeinschaft mit dem andern unterhalten, vielweniger durch verabredete Entwuerfe irgend etwas boeses gegen uns, unsern Staat, unsre Unterthanen, und unser Land anzuspinnen oder auszufuehren suchen; schwoert diss, so wahr euch der Himmel helfe! {ed.-* Es ist eine Frage, worueber unter den Lehrern des Voelker-Rechts viel gestritten worden, ob ein Verwiesener dem Staat, der ihn verbannt hat, dem ungeachtet mit der Pflicht der Treue zugethan sey. Cicero und der Lord Canzler Clarendon bejahen sie; Hobbes und Puffendorf behaupten das Gegentheil. Unser Autor scheint in dieser Zeile der leztern Meynung zu seyn. Warburton.} Bolingbroke. Ich schwoere. Mowbray. Und ich; alles diss zu halten. Bolingbroke. Norfolk, haette der Koenig es uns zugelassen, so wanderte izt die Seele von einem unter uns beyden in der Luft, verbannt aus unserm Leibe, wie izt unser Leib aus diesem Lande verbannt ist. Bekenne deine Verraethereyen, eh du aus diesem Reiche fliehst; schleppe nicht auf eine so weite Reise die hemmende Buerde einer schuldigen Seele mit dir. Mowbray. Nein, Bolingbroke; wann ich jemals ein Verraether war, so werde mein Nam' aus dem Buch des Lebens ausgeloescht, und ich vom Himmel wie von hinnen verbannt! Aber was du bist, das ist dem Himmel, dir und mir bekannt, und nur allzu bald, besorg' ich, wird es der Koenig mit Reue erfahren. Lebet wohl, mein gebietender Herr; da ich England den Rueken kehren muss, ist jeder Weg mir gleich. (Er geht ab.) Fuenfte Scene. Koenig Richard (Zu Gaunt.) Oheim, ich sehe den Gram deines Herzens in den Spiegeln deiner Augen; dein kummervolles Aussehen hat von der Zahl seiner verbannten Jahre viere abgerissen; wenn sechs Winter verflossen sind, Bolingbrok, so kehre, mir willkommen, von deiner Verbannung heim. Bolingbroke. Welch eine lange Zeit ligt in einem einzigen kleinen Wort! Vier langsame Winter und vier muntre Fruehlinge verliehren sich in einem Wort, so maechtig ist der Athem der Koenige. Gaunt. Ich danke meinem gebietenden Herrn, dass er, in Ansehung meiner, meines Sohnes Verbannung um vier Jahre abkuerzt; aber was wird diese Mildigkeit mir helfen, da eh die sechs, die er verliehren muss, verflossen sind, meine vom Alter aufgezehrte Lampe verloschen seyn kan? Koenig Richard. Wie, Oheim, du hast noch viele Jahre zu leben. Gaunt. Aber keine Minute, Koenig, die du geben kanst; du kanst meine Tage durch Gram abkuerzen, du kanst Naechte von meinem Leben abreissen, aber du kanst mir keinen Morgen leihen; du, du kanst der Zeit helfen mich frueher alt zu machen, aber keine einzige Falte von meiner Stirne nehmen; du kanst durch ein Wort meinen Tod gebieten, aber wenn ich todt bin, ist dein Koenigreich zu wenig, mir nur einen Athemzug zu kauffen. Koenig Richard. Dein Sohn ist auf Einrathen unsers Staats-Rathes verbannt, und du selbst hast deine Stimme dazu gegeben; warum ruempfest du izt die Stirne ueber unsre Gerechtigkeit? Gaunt. Dinge, die im Muende suess sind, werden in der Verdauung sauer; ihr dranget in mich, dass ich als ein Richter reden sollte; aber ich wollte lieber ihr haettet mir befohlen als ein Vater zu reden. O! waer' es ein Fremder gewesen, und nicht mein Sohn, ich wuerde ein gelinderes Urtheil ausgesprochen haben. Weh mir! ich besorgte, man moechte mir eine uebertriebne Nachsicht gegen die meinigen Schuld geben, und den Vorwurf der Partheylichkeit zu vermeiden, hab' ich durch meine Stimme mir selbst das Leben abgesprochen. Koenig Richard. Vetter, lebe wohl; und ihr, Oheim, nehmt euern Abschied von ihm; wir verbannen ihn auf sechs Jahre, und er soll gehen. (Geht ab.) Sechste Scene. Aumerle. Vetter, leb wohl! Was wir uns gegenwaertig nicht sagen koennen, das lasst aus dem Ort eures Aufenthalts, eure Briefe sagen. Marschall. Milord, ich beurlaube mich nicht von euch; denn ich will an eurer Seite reiten, so weit mich das Land tragen wird. Gaunt. Warum bist du so sparsam mit deinen Worten, dass du die verbindliche Reden deiner Freunde nicht beantwortest? Bolingbroke. Ich habe ihrer zu wenige, zum Abschied nehmen, da meine Zunge verschwendrisch seyn sollte, den ueberstroemenden Schmerz meines Herzens auszuathmen. Gaunt. Du hast keinen andern Schmerz als deine Abwesenheit; was sind sechs Winter? sie sind schnell vorueber. Bolingbroke. Fuer die Glueklichen; der Kummer macht aus einer Stunde zehen. Gaunt. Nenn es eine Reise, die du fuer dein Vergnuegen machst. Bolingbroke. Mein seufzendes Herz wuerde mich luegen heissen, wenn ich eine Lustreise nennen wollte, was ihm eine gezwungne Pilgrimschaft ist. Gaunt. Alle Oerter die des Himmels Auge besucht, sind fuer den weisen Mann sichre Porte, und Himmel voll Wonne. Lehre die Nothwendigkeit so denken, es ist keine Tugend ueber die Nothwendigkeit. Denke nicht, der Koenig habe dich verbannt, sondern du den Koenig. Ein Ungemach druekt uns nur heftig, wenn wir es unmaennlich tragen. Geh, sage, ich habe dich weggeschikt, Ruhm zu erwerben; nicht, der Koenig habe dich verbannt. Oder bilde dir ein, es hange fressende Pestilenz in unsrer Luft, und du fliehest unter einen reinen Himmel. Sieh, alles was deiner Seele theuer ist, davon bilde dir ein, es lig' in dem Weg den du gehst, nicht in dem, so du verlaessest; bilde dir ein, die Voegel seyen Musicanten; das Gras worauf du trittst, der Fussboden eines grossen Saals; die Blumen, schoene Damen; und deine Schritte, ein froelicher Tanz. Der Kummer beisst nur schwach, sobald man einen Scherz daraus macht. Bolingbroke. O, wer kan Feuer in seiner Hand tragen, und an den befrornen Caucasus denken? Wer kan den nagenden Hunger durch die blosse Erinnrung an ein Gastmahl stillen; oder, wenn er nakend im December- Schnee gienge, sich durch die Vorstellung eines phantastischen Sommers erwaermen? O nein, die Vorstellungen des Guten schaerfen nur das schmerzhafte Gefuehl des Boesen, und der Zahn des giftigen Kummers-- Gaunt. Komm, komm, mein Sohn, ich will dich ein Stuek Weges begleiten; haett' ich deine Jugend und deine Sache, ich wollte keinen Augenblik zoegern. Bolingbroke. So gehabe dich dann wohl, Englaendischer Boden! Gehabe dich wohl, mein muetterliches Land, meine Saeugerin, die noch diese kurzen Augenblike mich traegt. Wohin ich auch wandre, kan ich doch, obgleich verbannt, mich ruehmen, dass ich ein echter Englaender bin. (Sie gehen ab.) Siebende Scene. (Der Hof.) (Koenig Richard, Bagott, Green, u.s.w. treten zu einer, und Lord Aumerle zu der andern Thuer herein.) Koenig Richard (zu Bagott.) In der That, wir bemerkten es auch--Vetter Aumerle, wie weit habt ihr den hohen Hereford begleitet? Aumerle. Ich begleitete den hohen Hereford, wenn ihr ihn so nennen wollt, nicht weiter als bis an die naechste Landstrasse, und dort verliess ich ihn. Koenig Richard. Und saget, sind viele Thraenen beym Abschied vergossen worden? Aumerle. Meiner Treue, von mir keine, ausser dass der Nord-Ostwind, der uns sehr scharf ins Gesicht blies, mir ein wenig Wasser aus den Augen presste, und dadurch von ungefehr unsern kalten Abschied mit einer Thraene zierte. Koenig Richard. Was sagte euer Vetter, wie ihr Abschied nahmt? Aumerle. Leb wohl!--und weil sich mein Herz nicht ueberwinden konnte, meine Zunge dieses Wort so entheiligen zu lassen, so stellte ich mich, als ob ich so betruebt sey, dass ich vor Schmerz nicht reden koenne. Auf meine Ehre, wenn das Wort Lebwohl die Stunden haette verlaengern und Jahre zu seiner Verbannungs-Zeit hinzu thun koennen, er sollte eine ganze Last Lebewohl bekommen haben; aber weil das nicht war, so kriegte er keines von mir. Koenig Richard. Er ist unser Anverwandter, Vetter, aber es ist zweifelhaft, ob er, wenn ihn die Zeit aus seiner Verbannung einst zuruek beruft, als unser Freund wieder kommen wird. Wir selbst, und Bagot hier, und Buschy, und Green, haben beobachtet, wie er dem gemeinen Volke den Hof machte; wie er mit demuethiger und vertraulicher Hoeflichkeit sich in ihren Herzen unterzutauchen schien; was fuer Reverenze er auf der Strasse vor Sclaven hinwarf; wie er das Mitleiden der aermsten Handwerksleute durch die Zauberey seines Laechelns und die scheinbare Geduld, womit er sich seinem Ungluek unterzog, zu erschleichen suchte. Als ob er verlangte, dass sie ihre Liebe und ihre Wuensche mit ihm verbannen sollten. Er zog seinen Hut vor einem Austern-Mensch ab, und ein paar Karrenzieher, die ihm zurieffen: Gott geleit ihn! empfiengen den Tribut seiner biegsamen Knie mit--grossen Dank, meine Landsleute, meine lieben Freunde; gleich als waere England sein kuenftiges Erbtheil, und er die naechste Hoffnung unsrer Unterthanen. Green. Gut, er ist nun fort, und diese Gedanken moegen mit ihm gehen; eine wichtigere Sorge ist izt, Gnaedigster Herr, wie den Aufruehrern in Irland zu begegnen sey, eh ein laengerer Aufschub ihnen mehr Mittel zu ihrem Vortheil und Eurer Majestaet Schaden darbietet. Koenig Richard. Wir wollen diesem Krieg in Person beywohnen; und weil unsre Kisten durch den Aufwand eines zu grossen Hofes, und durch unsparsame Freygebigkeit in etwas leicht worden sind, so sehen wir uns genoethiget, unsre Cron-Einkuenfte zu verpachten; die Summen die uns dadurch eingehen, werden fuer die gegenwaertigen Angelegenheiten zureichen; und wenn sie auch ausgehen, so wollen wir unsern Substituten in England Vollmachten geben, alle reichen Leute, die ihnen bekannt werden, nach Proportion um betraechtliche Summen Gelds zu taxieren, und uns selbige nachzuschiken; denn wir wollen uns ungesaeumt nach Irland erheben. (Buschy zu den Vorigen.) Koenig Richard. Buschy, was giebt's? Buschy. Der alte Johann von Gaunt ist krank, Gnaedigster Herr, hat einen ploetzlichen Anstoss bekommen, und sendet einen Boten in groester Eil hieher, Euer Majestaet zu bitten, ihn mit einem Besuch zu begnadigen. Koenig Richard. Wo ligt er? Buschy. Zu Ely-House. Koenig Richard. Nun gieb doch, guetiger Himmel, seinen Aerzten in den Sinn, ihm ungesaeumt in sein Grab zu helfen; das Futter von seinen Kisten schikt sich vortreflich, unsern Soldaten fuer diesen Irlaendischen Krieg Roeke daraus zu machen. Kommt, meine Herren, wir wollen ihn besuchen; Gott gebe, dass wir eilen und zu spaete kommen! (Sie gehen ab.) Zweyter Aufzug. Erste Scene. (Ely-House.) (Gaunt, der krank herein getragen wird; mit dem Herzog von York.) Gaunt. Will der Koenig kommen, dass ich meinen lezten Athem in heilsamem Rath fuer seine noch verbesserliche Jugend aushauchen kan? York. Plaget euch selbst nicht, und verschwendet nicht so die wenige Kraefte, die ihr noch uebrig habt; sein Ohr ist vor allem guten Rath verschlossen. Gaunt. Aber man sagt doch, dass die Zungen sterbender Menschen, gleich der zauberischen Harmonie zur Aufmerksamkeit noethigen; sparsame Worte werden selten vergebens aufgewandt, denn diejenigen sagen die Wahrheit, die ihre Worte mit Schmerzen athmen muessen. Einer, der bald aufhoeren wird zu reden, wird eher gehoert, als diejenigen, denen Jugend und Wohlaufseyn erlauben, sich in Worte zu ergiessen. Man giebt mehr auf der Menschen Ende acht, als auf ihr Leben; wie die Sonne nie mit mehr Vergnuegen beschaut wird, als wenn sie untergeht, und an einer Musik nichts aufmerksamer macht als der Schluss. Ob Richard gleich die Raethe nicht hoeren wollte, die ich ihm in meinem Leben gab, so mag vielleicht der ernste Ton des Todes sein taubes Ohr durchdringen. York. Sein Ohr wird noch von andern Zaubertoenen verstopft, als von dem schmeichelnden Lobe seiner Regierung; ueberdas giebt es ausschweiffende Gesellschafter, deren vergiftete Reden das ungewahrsame Ohr der Jugend immer offen finden; Erzaehlungen von Moden in dem stolzen Italien, dessen Sitten unsre bloede, affenmaessige Nation, bestaendig auf eine plumpe Art nachahmet. Wo treibt die Welt irgend eine Eitelkeit hervor, (wenn sie nur neu ist, sie mag so nichtswuerdig seyn als sie will,) die nicht augenbliklich in seine Ohren gesumset wird? Wo der Wille, vom Wiz unterstuezt, sich wider die Vernunft empoert, da kommt guter Rath allezeit zu spaet; versuch' es nicht, denjenigen leiten zu wollen, der sein eigner Wegweiser seyn will; du wuerdest deinen Athem verliehren, und das ist gerade was dir mangelt. Gaunt. Mich daeucht, ich bin ein neubegeisterter Prophet, und sterbend weissage ich so von ihm. Seine rasche, ausgelassene, unbezaehmte Jugendhize, kan nicht von langer Dauer seyn; ein heftiges Feuer brennt sich bald selbst aus. Sanfte Regen dauren lange, ploezliche Stuerme gehen bald vorueber; der wird bald muede, der anfangs die Sporren zu stark gebraucht; und wer allzugierig isst, hat am baeldesten genug. Leichtsinnige Eitelkeit, nachdem sie wie ein unersaettlicher Vielfrass alle ihre Mittel verzehrt hat, wird bald gezwungen, sich selbst aufzuzehren. Dieser glorreiche Koenigs-Thron, diese bezepterte Insel, dieses majestaetische Land, dieser Siz des Kriegs-Gottes, dieses andre Eden, dieses feste Castell, das die Natur fuer sich selbst aufgeworfen hat, um sich vor fremder Anstekung und feindseligem Anfall zu sichern, dieser edle Stamm von Menschen, dieser in die Silber-See eingefasste Edelstein, dieser kleine Inbegriff der Welt, dem der umgebende Ocean fuer eine Mauer, oder fuer einen beschuezenden Graben gegen den Neid nicht so gluekseliger Laender dient; diese Mutter und Saengerin koeniglicher Helden, welche ihr Vaterland furchtbar, ihre Geburt erlaucht, und ihre Thaten ruhmwuerdig machen, wegen ihres christlichen Eifers und ihrer ritterlichen Tapferkeit so weit beruehmt, als das Grab des Welt-Erloesers, in dem verstokten Judenlande von uns entfernt ist; dieses edle, wuerdige, theure Land, von dem glaenzenden Ruhm seiner Soehne ueber alle andre emporgehoben, ist nun ausgemiethet, (ich sterbe, da ich es ausspreche) wie ein Pachthof oder Baurengut ausgepachtet! England, von der triumphierenden See umwunden, deren felsichtes Ufer den neidischen Siz des waessrichten Neptuns zuruekschlaegt, ist auf eine schaendliche Art in Fesseln von Pergament geworfen, und die Besiegerin andrer Voelker hat eine schaamvolle Eroberung von sich selbst gemacht.* O! moechte diese Schmach mit meinem Leben sich enden, wie glueklich waere mein Tod! {ed.-* Was fuer eine Rede in dem Mund eines alten sterbenden Prinzen, der sich ueber Engbruestigkeit und kurzen Athem beklagt! Indessen war dieses schuelerhafte rhetorische Gewaesche, diese auf einander gehaeuften, uebel zusammenpassenden Metaphern, und diese abmattenden Tautologien, die allgemeine Mode in unsere Autors Zeit.} Zweyte Scene. (Koenig Richard, die Koenigin, Aumerle, Buschy, Green, Bagot, Ross und Willoughby zu den Vorigen.) York. Der Koenig ist gekommen; gehet sanft mit seiner Jugend zu Werke; junge feurige Fuellen, wenn sie aufgebracht werden, rasen nur desto mehr. Koenigin. Wie steht es um unsern edeln Oheim Lancaster? Koenig Richard. Wie steht's Mann? Was macht der alte Gaunt? Gaunt. O dieser Name schikt sich fuer meinen Zustand!* Ja wohl der alte Gaunt, und nichts als Haut und Knochen (Gaunt) vor Alter! Der Kummer in mir, hat eine verdriessliche Fasten gehalten, und wer wird nicht mager, der sich des Fleisches enthalten muss? Lange hab' ich fuer das schlafende England gewacht, und Wachen zehrt ab und macht mager. Das Vergnuegen wovon einige Vaeter sich naehren, der Anblik meiner Kinder ist mir gaenzlich untersagt; und die Fasten, die du mir hierinn auferlegt hast, hat mich ganz mager gemacht, mager fuer das Grab, mager wie ein Grab, dessen holer Leib nichts als Knochen enthaelt. {ed.-* Alle diese Wortspiele, die in dem Mund eines Tertianers kindisch waeren, und in dem Mund eines Sterbenden unertraeglich sind, gruenden sich auf die Bedeutung des Namens Gaunt, der im Englischen so viel heisst als mager, abgezehrt, der nur noch Haut und Knochen hat.} Koenig Richard. Koennen kranke Leute so spizfuendig mit Worten spielen? Gaunt. Nein, aber Elend hat keine andre Kurzweile, als ueber sich selbst zu spotten. [Weil du meinen Namen in mir zu toedten suchst, so spotte ich meines Namens, Grosser Koenig, um dir zu schmeicheln.** {ed.-** Die Zeilen, die hier und in der Folge in [ ] eingeschlossen sind, sind im Original in Reimen.} Koenig Richard. Sollen sterbende Leute den lebenden schmeicheln? Gaunt. Nein, nein, die lebenden Leute schmeicheln den Sterbenden. Koenig Richard. Du, ein Sterbender, sagst ja, du schmeichelst mir. Gaunt. O nein, du stirbst, ob ich gleich kraenker bin. Koenig Richard. Ich bin gesund, ich athme, und sehe dass du uebel bist. Gaunt. O! der, der mich erschuf, weiss es, dass ich Dich uebel sehe.] Mir ist fuer mich selbst uebel, aber gar zu uebel, indem ich dich ansehe. Dein Todbette ist nichts geringers als dein Land, worinn du an deinem Ruhm krank ligst; und du, allzunachlaessiger Patient, uebergiebst deine gesalbte Person den nemlichen Aerzten zu heilen, die dich krank gemacht haben. Tausend Schmeichler sizen um den Cirkel deiner Crone herum, und ob dieser Cirkel gleich nicht groesser ist als dein Haupt, so verliehrst du doch mit ihm dein ganzes Land, welches er umspannt. O haette dein Grossvater mit dem Aug' eines Propheten vorhersehen koennen, dass seines Sohns Sohn seine Soehne zu Grund richten wuerde, er wuerde dir's unmoeglich gemacht haben, dich selbst so zu entehren, indem er dich vor deiner Einsezung entsezt haette, dich, der izt eingesezt ist, um sich selbst zu entsezen. Wie? Vetter! waerest du Herr der ganzen Welt, so waer' es dir doch schimpflich dein Land zu verpachten; aber da deine ganze Welt in diesem einzigen Lande besteht, ist es nicht mehr als Schande, es so zu entehren? Landsass von England bist du, nicht Koenig. Deine gesezmaessige Oberherrlichkeit ist eine Leibeigne des Gesezes, und du-- Koenig Richard. Und du, ein mondsuechtiger aberwiziger Narr, der auf das Privilegium eines Fiebers hin, sich erfrecht, mit deinen kalten Erinnerungen unsre Wange blass zu machen, und das koenigliche Blut mit Ungestuem von seinem natuerlichen Siz zu treiben. Nun, bey der Majestaet meines angestammten Throns, waerst du nicht ein Bruder von dem Sohne des grossen Eduard, die Zunge, die so frey in deinem Kopf herum rennt, sollte deinen Kopf von deinen unehrwuerdigen Schultern herunter rennen. Gaunt. O schone meiner nicht, meines Bruder Edward's Sohn, weil ich seines Vater Edwards Sohn war. Das Blut das ich von ihm habe, hast du laengst wie ein Pelican, ausgezapft, und in trunknem Muth verschmausst. Mein Bruder Glocester, eine aufrichtige, wohlgesinnte Seele, (glueklich moege sie unter des Himmels seligen Geistern seyn!) hat schon zum Beyspiel dienen muessen, wie wenig du Bedenken traegst, Edwards Blut zu vergiessen. Vereinige dich immerhin mit meiner Krankheit, und brich durch deine Hartherzigkeit eine vorhin schon welke Blume ab! Leb' in deiner Schande, aber deine Schande sterbe nicht mit dir! Und moegen diese meine lezten Worte kuenftig deine Peiniger seyn! Tragt mich in mein Bette, und dann in mein Grab. Die moegen leben, die Liebe und Ehre haben! (Er wird hinweg getragen.) Koenig Richard. Und lasst die sterben, die Alter und Launen haben; du hast beydes, und beydes gehoert in ein Grab. York. Ich bitte euer Majestaet, seine Reden der verdriesslichmachenden Krankheit und dem hohen Alter zu gut zu halten; er liebt euch, bey meinem Leben, so sehr als Heinrich von Hereford, wenn er hier waere. Koenig Richard. Recht, ihr sagt die Wahrheit, wie Herefords Liebe, so ist seine, und wie die ihrige so ist meine; und alles mag seyn wie es ist. Dritte Scene. (Northumberland zu den Vorigen.) Northumberland. Gnaedigster Herr, der alte Gaunt empfiehlt sich Eurer Majestaet. Koenig Richard. Was sagt der alte Gaunt? Northumberland. Nichts mehr; er hat alles gesagt, was er zu sagen hatte; seine Zunge ist nun ein Instrument ohne Saiten; Sprache, Leben und alles hat den alten Lancaster verlassen. York. Moege York der naechste seyn, den dieses Schiksal trift. So arm der Tod ist, so endet er doch alles sterbliche Weh. Koenig Richard. Die reiffeste Frucht faellt zuerst; seine Zeit ist abgelauffen, und die unsrige lauft noch; so viel hievon!--Nun muessen wir unsre Aufmerksamkeit auf die Irlaendischen Unruhen richten; wir muessen diese rohen zottelkoepfichten Kernen* unterdrueken, eh die anstekende Empoerung weiter um sich frisst; und da diese grossen Geschaefte einen ziemlichen Aufwand erfordern, so bemaechtigen wir uns hiemit, zu unsrer Unterstuezung alles baaren Gelds, Gold- und Silbergeschirrs, aller Einkuenfte, und aller beweglichen und unbeweglichen Gueter, die der alte Gaunt verlassen hat. {ed.-* Nahme einer Art von leichtbewaffnetem Irlaendischem Fussvolk.} York. Wie lange werd' ich noch Geduld behalten? O wie lange wird noch eine, vielleicht zu schuechterne Empfindung meiner Pflicht, mich jede Ungerechtigkeit geduldig leiden machen? Nicht Glosters Tod, noch Herefords Verbannung, nicht Gaunts erlidtne Kraenkungen, noch Englands einheimische Wunden, noch meine eigne Verachtung, haben mich jemals meine geduldige Stirne gegen meinen Koenig ruempfen gemacht. Ich bin der lezte von des grossen Edwards Soehnen, von denen der Prinz von Wales, dein Vater der erste war. Im Krieg war kein Loewe kuehner, im Frieden kein Lamm sanftmuethiger, als dieser edle junge Prinz. Du hast seine Gesichtsbildung, so sah er aus; aber wenn er die Stirne runzelte, so war es gegen die Franzosen, nicht gegen seine Freunde: Seine edle Hand gewann erst das was sie ausgab, und verthat nicht, was sein siegreicher Vater gewonnen hatte. Seine Hand wurde oft mit dem Blut der Feinde seines Hauses, niemals mit dem Blut der Seinigen besudelt. O Richard! York muss noch mehr sagen, oder er hat schon zu viel gesagt. Koenig Richard. Wie, mein Oheim, was wollt ihr dann sagen? York. O mein Gnaedigster Herr, vergebet mir, wenn es euch gefaellt; wo nicht, so lass ich mir auch gefallen, dass ihr mir nicht vergebt. Ihr sucht euch der Laendereyen, Gueter und Rechte des verbannten Hereford zu bemaechtigen? Wenn Gaunt todt ist, lebt nicht Hereford? War Gaunt nicht redlich, und ist Heinrich nicht getreu? Verdiente jener nicht, einen Erben zu haben? Ist nicht sein Erbe ein verdienstvoller Sohn? Kanst du Herefords Rechte, kanst du seine Titel, Urkunden und wohlhergebrachte Gerechtsame aufheben, und gewiss seyn, ob du morgen noch seyn wirst, was du bist? Denn woher bist du ein Koenig, als durch das Recht der Erbfolge? Wenn ihr gewaltthaetiger Weise die Erbschaft Herefords an euch reissen, die Vollmacht seines General-Procurators, in seinem Namen davon Besiz zu nehmen, vernichten, und ihm die angebotne Huldigung versagen wollt; so haeuft ihr tausend Gefahren ueber euer Haupt, verliehrt tausend wohlgesinnte Herzen, und reizet selbst meine sanftmuethige Geduld zu Gedanken, welche Pflicht und Ehre nicht denken koennen. Koenig Richard. Denkt was ihr wollt; wir nehmen alle seine Gueter, Mobilien, Baarschaften und Laendereyen, zu unsern Haenden. York. Wenigstens will ich kein Augenzeuge davon seyn; lebet wohl, mein gebietender Herr; was hieraus entstehen wird, kan niemand sagen. Aber aus schlimmen Handlungen laesst sich ohne Muehe weissagen, dass ihre Folgen nicht gut seyn koennen. (Er geht ab.) Koenig Richard. Geh, Buschy, ungesaeumt zu dem Grafen von Wiltschire, und ersuch ihn zu uns nach Ely-House zu kommen, und der Vollziehung dieses Geschaeftes vorzustehen. Morgen wollen wir nach Irland, es ist Zeit. Indessen ernennen wir, waehrend unsrer Abwesenheit, unsern Oheim York zum Lord-Statthalter von England, denn er ist rechtschaffen, und war uns jederzeit zugethan. Kommet, meine Koenigin; morgen muessen wir uns scheiden; beruhigt euch, wir werden nicht lange abwesend seyn. (Koenig Richard, Koenigin und Gefolge gehen ab.) Vierte Scene. (Northumberland, Willoughby und Ross bleiben.) Northumberland. Nun, Milords, der Herzog von Lancaster ist todt. Ross. Und lebt wieder in seinem Sohn, der nun Herzog von Lancaster ist. Willoughby. Dem Namen, nicht den Einkuenften nach. Northumberland. Beyden nach, wenn Gerechtigkeit ihr Recht erhaelt. Ross. Mein Herz ist voll; aber es muss von Schweigen brechen, eh ihm eine freymuethige Zunge leichter machen kan. Northumberland. Bezieht sich das, was ihr reden moechtet, auf den Herzog von Hereford, so sagt es kuehnlich heraus, Mann; mein Ohr horcht mit Freuden allem Guten entgegen, was von ihm gesagt wird. Ross. Alles Gute, was ich fuer ihn thun kan, ist, Mitleiden mit ihm zu haben, dass er seines Erbguts so beraubt worden ist. Northumberland. Nun, beym Himmel, Schande ist es, dass solche Kraenkungen, solche Ungerechtigkeiten gegen ihn, einen koeniglichen Prinzen, und manche andre von edlem Blut, in diesem dem Umsturz naehernden Lande niedertraechtig ertragen werden sollen! Der Koenig ist nicht er selbst, unkoeniglich laesst er von Schmeichlern sich leiten; und was sie aus Raubsucht oder aus Hass gegen irgend einen aus uns anzetteln moechten, das wird der Koenig nach der Schaerfe gegen uns, unser Leben, unsre Kinder und Erben ausfuehren. Ross. Die Gemeinen hat er durch uebermaessige Auflagen ausgesogen, und dadurch ihre Herzen verlohren; die Edeln hat er wegen abgestorbner Haendel gebuesst, und ihre Herzen verlohren. Willoughby. Nichts destoweniger werden unter allerley Namen taeglich neue Erpressungen ausgesonnen; aber, was um Gottes willen! soll endlich daraus werden? Northumberland. Kriege haben alle diese Summen nicht verzehrt; denn er hatte nie keinen Krieg, sondern gab vielmehr durch einen schimpflichen Verglich hin, was seine Voraeltern durch Siege gewonnen hatten; er hat mehr Aufwand im Frieden gemacht, als sie in allen ihren Kriegen. Ross. Der Graf von Wiltschire hat das Koenigreich im Pacht. Willoughby. Der Koenig ist Bankrutt worden. Ross. Und ungeachtet aller seiner schweren Auflagen, muss er den vertriebnen Herzog berauben, um Geld fuer diese Irlaendischen Unruhen zu haben. Northumberland. Seinen edeln Blutsverwandten!--Hoechst ausgearteter Koenig! Aber, Milords, wir hoeren dieses fuerchterliche Gewitter singen, und suchen doch keinen Schirm gegen den Sturm; wir sehen den Wind unsern Segeln zusezen, und doch ziehen wir sie nicht ein, sondern gehen unbesorgt unter. Ross. Wir sehen den Schiffbruch vorher, und es ist noch keine Anstalt gegen die Gefahr gemacht, weil wir so geduldig die Ursachen unsers Schiffbruchs leiden. Northumberland. Nicht so; selbst durch die hohlen Augen des Todes, sehe ich Leben hervorschauen; aber ich darf es nicht sagen, wie nah' uns unsre Huelfe ist. Willoughby. Wir haben unsre Gedanken nicht vor dir verborgen; lass uns auch die deinigen theilen. Ross. Rede zuversichtlich, Northumberland; wir drey sind nur du selbst, und wenn du mit uns sprichst, sind deine Worte nur wie Gedanken; also rede kuehnlich! Northumberland. So hoeret dann, meine Freunde, was fuer geheime Nachrichten ich von (Port le blanc), einem Hafen in Bretagne, habe. Heinrich von Hereford, Rainald, Lord Cobham, der unlaengst mit dem Herzog von Exeter gebrochen hat; sein Bruder, der neue Erzbischoff von Canterbury, Sir Thomas Erpingham, Sir John Ramston, Sir John Norbrew--, Sir Robert Waterton, und Franz Coines; alle diese, von dem Herzog von Bretagne mit allen Nothwendigkeiten versehen, sind wuerklich im Begriff, mit acht langen Schiffen und dreytausend streitbaren Maennern, eine Landung an unsern Nordischen Kuesten zu wagen; vielleicht haben sie schon gelandet, und warten nur bis der Koenig nach Irland abgegangen ist. Wann wir nun entschlossen sind, unser sclavisches Joch abzuschuetteln, die gebrochnen Schwingen unsers sinkenden Vaterlandes wieder neu zu befiedern, die entehrte Crone von einem schimpflichen Versaz wieder einzuloesen; den Staub abzuwischen, der unsers Scepters reines Gold verbirgt, und der Majestaet ihre eigne Gestalt wieder zu geben: So folget mir schleunig nach Ravenspurg. Zaudert ihr aber, oder fuerchtet ihr euch, so zu thun, so bleibet zuruek, und seyd verschwiegen; so will ich allein gehen. Ross. Zu Pferd, zu Pferd! Lasst die zaudern die sich fuerchten. Willoughby. Wenn anders mein Pferd aushaelt, so will ich der erste dort seyn. (Sie gehen ab.) Fuenfte Scene. (Der Hof.) (Die Koenigin, Buschy und Bagot treten auf.) Buschy. Gnaedigste Frau, Eure Majestaet ist viel zu niedergeschlagen. Ihr versprachst dem Koenig beym Abschied, alle sich selbsthaermende Gedanken zu entfernen, und eine frohe Gemuethsfassung zu unterhalten. Koenigin. Dem Koenige zu gefallen, that ich's; mir selbst zu gefallen kan ich's nicht thun; und doch weiss ich keine Ursache, warum ich einen solchen Gast, wie der Kummer ist, willkommen heissen sollte, als diese, weil ich einem so werthen Gast, wie mein Richard ist, leb' wohl sagen musste; und doch ist mir, als ob irgend ein noch ungebohrner Kummer, im Schooss des Schiksals reiffend, mir bevorstehe; meine innerste Seele zittert ueber etwas, ohne zu wissen was es ist; ausgenommen, dass es nicht die Trennung von dem Koenig meinem Gemal ist. Buschy. Ein jeder wuerklicher Schmerz hat zwanzig Schatten die ihm gleich sehen, und es doch nicht sind; durch den Crystall blendender Thraenen, sieht das Auge der Traurigkeit einen einzigen Gegenstand in viele gespalten. Gleich gewissen perspectivischen Figuren, die, wenn man sie geradezu anschaut, nichts als verworrene Striche zeigen, aber aus einem gewissen schiefen Sehpunct eine regelmaessige Gestalt darstellen, zeigen sich euch, indem ihr euers Gemals Abwesenheit seitwaerts anseht, Gestalten von Kummer, welche, wenn sie angesehen werden, wie sie sind, nichts als blosse Schatten von dem was nicht ist, sind. Trauret also ueber nichts mehr als die Abreise euers Gemals; mehr ist nicht sichtbar, oder ist es doch nur aus dem falschen Gesichtspunct der Traurigkeit, die oft ueber eingebildete Uebel, wie ueber wahre, weint. Koenigin. Es mag so seyn; und doch sagt meine innerste Seele mir etwas anders; dem sey wie ihm wolle, ich kann mich nicht erwehren traurig zu seyn, auf eine so bange Art traurig, dass wenn die Ueberlegung mir gleich sagt, es sey nichts, dieses aengstigende Nichts mich doch nichts desto minder schmachten und welken macht. Buschy. Es ist blosse Einbildung, meine gnaedigste Koenigin. Koenigin. Nichts weniger als Einbildung; Einbildung entspringt allemal aus irgend einem vorhergegangenen Schmerz; so ist der meinige nicht. Denn Nichts hat das Etwas gebohren das mich aengstiget; aber was es ist, das ist noch unbekannt.* {ed.-* Im Original ist dieses viel spizfuendiger gesagt: (For nothing hath begot my something-grief, Or something hath, the nothing that I grieve. But what it is, that is not yet Known, what I cannot name, 'tis nameless Woe, I wot.)} Sechste Scene. (Green zu den Vorigen.) Green. Der Himmel erhalte Euer Majestaet!--Ich erfreue mich, euch zu sehen, meine Herren--Ich hoffe, der Koenig hat sich noch nicht nach Irland eingeschift. Koenigin. Warum hoffst du das; es ist mehr Ursache zu hoffen, dass er's gethan habe; denn seine Absichten erfordern Behendigkeit, und seine Behendigkeit giebt gute Hoffnung; warum sagst du also, du hoffest er sey noch nicht zu Schiffe? Green. Damit Er, auf welchem alle unsre Hoffnung beruht, seine Macht zuruek behalten haette, um die Hoffnung eines Feindes zur Verzweiflung zu bringen, der trozig seinen Fuss in dieses Land gesezt hat. Der verbannte Bolingbroke hat sich selbst zuruek beruffen, und ist mit emporgestrekten Waffen glueklich zu Ravenspurg angelangt. Koenigin. Das verhuete der Himmel! Green. O Gnaedigste Frau, es ist nur allzuwahr; und was noch schlimmer ist, der Lord Northumberland, der junge Percy, sein Sohn, die Lords von Ross, Beaumond und Willoughby mit allen ihren maechtigen Freunden sind zu ihm uebergegangen. Buschy. Wie? Habt ihr denn den Northumberland und alle von dieser rebellischen Rotte nicht fuer Verraether erklaert? Green. Das haben wir, und darauf hat der Graf von Worcester seinen Stab zerbrochen, seine Oberhofmeister-Stelle niedergelegt, und sich mit allen koeniglichen Haus-Bedienten zum Bolingbroke gefluechtet. Koenigin. O Green, du bist die Wehmutter meines Kummers. Nun hat meine Seele ihr Ungeheuer zur Welt gebracht. Bolingbroke ist die ungluekliche Geburt meines ahnenden Weh's, und ich eine keuchende neu-entbundne Mutter, sinke aus einer Angst, einem Schmerz, in den andern. Buschy. Lasset den Muth noch nicht sinken, Gnaedigste Frau. Koenigin. Und warum soll ich nicht? Ich will verzweifeln, ich will mit der betruegerischen Hoffnung in Feindschaft stehen; sie ist eine Schmeichlerin, die den Tod nur zuruek haelt, um durch ihre taeuschenden Eingebungen das Gefuehl seiner Streiche zu uebertaeuben. Siebende Scene. (York zu den Vorigen.) Green. Hier kommt der Herzog von York. Koenigin. Mit Zeichen des Kriegs um seinen bejahrten Naken. O, seine Blike sind von sorgenvollen Geschaeften verduestert! Guter Oheim, um des Himmels willen, eine troestliche Zeitung! York. So muesste ich meine Gedanken beluegen; der Trost ist im Himmel, und wir sind auf einer Welt, wo nichts als Kreuz, Sorge und Kummer lebt. Euer Gemal ist gegangen, um in der Ferne zu retten, was ihm andre indess daheim entreissen. Ich ward hier zuruek gelassen, um dieses Land zu unterstuezen; ich, der vom Alter gedruekt, kaum mich selbst tragen kan. Nun kommen die kranken Tage, die seine Ausschweiffungen nach sich gezogen haben; nun wird er seine Freunde, die ihm schmeichelten, kennen lernen. (Ein Bedienter kommt herein.) Bedienter. Milord, euer Sohn war schon abgereist, wie ich ankam. York. Schon abgereist; Nun, so geh alles, welchen Weg es will. Die Edeln sind uebergegangen, die Gemeinen kalt, und wanken schon wie ich besorge, auf Herefords Seite--Geh du nach Plaschie, zu meiner Schwester von Glocester; bitte sie, dass sie mir unverzueglich tausend Pfund schike; halt, hier ist mein Ring. Bedienter. Milord, ich habe vergessen zu sagen, dass an dem nemlichen Tag da ich hinkam, und anfragte--Aber ich werde euch betrueben, wenn ich es sage. York. Was ist es dann? Bedienter. Eine Stunde eh ich kam, starb die Herzogin. York. Gerechter Himmel! Was fuer eine Fluth von Plagen stuerzt sich auf einmal ueber dieses ungluekselige Land! Ich weiss nicht, was ich thun soll; wollte Gott! der Koenig haette (ohne dass eine Untreue von mir ihn dazu aufgefordert haette) meinen Kopf mit meines Bruders Gloster's seinem abschlagen lassen. Wie, sind schon Jacht-Schiffe nach Irland abgegangen? Wo sollen wir Geld zu diesem Krieg hernehmen? Kommt, Schwester; (Base, wollt' ich sagen,) ich bitte euch um Vergebung.-- (Zum Bedienten.) Geh' du heim, Bursche, bestelle einige Wagen, und belade sie mit den Waffen, die du finden wirst--Meine Herren, wollt ihr gehen, und die Truppen mustern? Ich versichre euch, dass ich nicht weiss, wie ich die Sachen, in der Unordnung, worinn sie mir in die Haende gegeben worden, ordnen soll.--Beyde sind meine Bruders-Soehne; der eine ist mein Souverain, beydes mein Eid und meine Pflicht befiehlt mir, ihn zu schuezen; der andre, gleichfalls mein Neffe, hat Unrecht vom Koenig erlidten; Gewissen und Natur befehlen mir seinem Recht beyzustehen. Nun, etwas muss gethan seyn: Kommt, Base, ich will fuer eure Sicherheit sorgen. Geht, mustert eure Leute, und erwartet mich zu Berkley-Castle; ich will auch nach Plaschie--Aber die Zeit wird es nicht zulassen. Alles ist uneben, alles in der aeussersten Unordnung. (York und die Koenigin gehen ab.) Achte Scene. Buschy. Der Wind ist guenstig, neue Zeitungen nach Irland zu schiken, aber bringt keine zuruek. Wir werden nimmermehr eine hinlaengliche Macht, um dem Feind Widerstand zu thun, aufbringen koennen. Green. Ausserdem sind wir dem Hass derer, die den Koenig hassen, desto naeher, je naeher wir der Liebe des Koenigs sind. Bagot. Und das sind die unbestaendigen Gemeinen; ihre Liebe ligt in ihrem Beutel; wer ihren Beutel ausleert, fuellt ihre Herzen mit toedtlichem Hass. Buschy. Wenn dieses ist, so ist der Koenig mit allen Stimmen verurtheilt. Bagot. Und so ist uns unser Urtheil auch gesprochen. Green. Gut; ich will zu meiner Sicherheit nach Bristol, der Graf von Wiltschire ist schon da. Buschy. Ich will mit euch; denn von den erbitterten Gemeinen haben wir nicht viel bessere Dienste zu gewarten, als dass sie uns in Stueken zerreissen werden. Wollt ihr mit uns, Bagot? Bagot. Nein; ich will zu Sr. Majestaet nach Irland. Lebet wohl; wenn mir mein Herz die Wahrheit sagt, so werden wir Drey nimmer wieder zusammen kommen. Buschy. Das kommt darauf an, ob York den Bolingbroke zuruekschlagen wird. Green. Der arme York! Das Geschaefte, das er uebernommen hat, ist nicht leichter, als wenn er den Sand zaehlen, und das Meer austrinken wollte. Wenn einer an seiner Seite ficht, so werden tausend fliehen. Buschy. Lebet wohl fuer ein und allemal. Green. Wir koennen einander wol wieder sehen. Bagot. Ich besorge, nimmer. (Sie gehen ab.) Neunte Scene. (Verwandelt sich in eine wilde Gegend, in Glocester-Schire.) (Bolingbroke und Northumberland treten auf.) Bolingbroke. Wie weit ist es noch, Milord, von hier nach Berkley? Northumberland. Ich bin hier fremde in Glocester-Schire; diese hohen wilden Huegel, und diese rauhen unebnen Wege, machen unsern Marsch langsam und sehr beschwerlich; und doch hat eure angenehmste Gesellschaft mich beydes vergessen gemacht. Ich bedaure nur Ross und Willoughby, die auf ihrem Weg von Ravenspurg nach Cotschold das Gluek ermangeln muessen, so ich izt geniesse; doch die Hoffnung erleichtert ihnen den ihrigen, und die Hoffnung des Genusses geniesst beynahe schon so viel, als der Genuss selbst. Bolingbroke. Eure Freundschaft treibt den Werth meiner Gesellschaft viel zu hoch, aber wer kommt hier? (Percy zu den Vorigen.) Northumberland. Es ist mein Sohn, der junge Heinrich Percy, von meinem Bruder Worcester abgeschikt: Woher, Harry, was macht dein Oheim? Percy. Ich hoffte, Milord, bey euch Nachricht von ihm zu holen. Northumberland. Wie, ist er nicht bey der Koenigin? Percy. Nein, Milord, er hat den Hof verlassen, seinen Stab zerbrochen, und die Koenigliche Hofstatt zerstreut. Northumberland. Wie? Aus was Ursache? Er war nicht so gesinnt, da ich ihn das leztemal sprach. Percy. Weil Euer Gnaden als ein Verraether ausgeruffen worden ist. Er ist nach Ravenspurg abgegangen, um dem Herzog von Hereford seine Dienste anzubieten; und mich hat er nach Berkley geschikt, um die Staerke der Kriegs-Voelker zu erkundigen, die der Herzog von York daselbst zusammengebracht hat, mit dem Befehl von da gerade nach Ravenspurg zu eilen. Northumberland. Hast du den Herzog von Hereford vergessen? Percy. Nein, Milord, man kan nicht vergessen, wessen man sich nie erinnert hat; meines Wissens hab' ich ihn in meinem Leben nie gesehen. Northumberland. So lern' ihn dann izt kennen; diss ist der Herzog. Percy. Gnaedigster Herr, ich erbiete euch meine Dienste, so wie sie sind, schwach, roh und jugendlich; zunehmende Jahre werden sie reiffer, und euers Beyfalls wuerdiger machen. Bolingbroke. Ich danke dir, edler Percy; sey versichert, dass ich mich in nichts anderm so glueklich schaeze, als in einem Herzen, das seiner guten Freunde nicht vergessen kan; und so, wie mein Gluek mit deiner Liebe reiffen wird, soll es jederzeit die Belohnung deiner treuen Liebe seyn. Mein Herz macht diesen Vertrag, und hier siegelt ihn meine Hand. Northumberland. Wie weit ist es von hier nach Berkley? und was fuer Bewegungen macht der gute alte York mit seinen Truppen dort? Percy. Das Schloss steht dort hinter jenem Gebuesche, und ist, wie ich hoerte, mit dreyhundert Mann besezt; die Lords, York, Berkley und Seymour sind darinn, sonst niemand von Namen und Ansehn. (Ross und Willoughby zu den Vorigen.) Northumberland. Hier kommen die Lords von Ross und Willoughby, blutig vom Spornen, und feuerroth von Eile. Bolingbroke. Willkommen, Milords; ich weiss, eure Liebe verfolgt einen verbannten Verraether; alle meine Schaeze bestehen noch in leerem Dank, der, wenn er reicher geworden ist, die Vergeltung eurer Liebe und eurer Dienste seyn soll. Ross. Eure Gegenwart macht uns reich genug, Milord; Willoughby. Und ersezt uns die Arbeit ueberfluessig, wodurch wir sie erhalten haben. Bolingbroke. Immer mehr Dank!--(die Wiedervergeltung der Armen,) bis mein noch unmuendiges Gluek zu Jahren kommt, muessen Worte fuer mein erkenntliches Herz Buerge seyn. Aber wer kommt hier? (Berkley zu den Vorigen.) Northumberland. Es ist Milord von Berkley, daeucht mich. Berkley. Milord von Hereford, mein Auftrag geht an euch. Bolingbroke. Milord, meine Antwort ist zu Lancaster; ich bin gekommen, diesen Namen in England zu suchen, und ich muss diesen Titel in eurer Zunge finden, eh ich auf etwas antworten kan, das ihr sagt. Berkley. Meine Absicht, Milord, ist gar nicht, einen Titel von euern Wuerden wegzunehmen; ich komme zu euch, Milord, (Lord wovon ihr nur wollt) von demjenigen der izt der Erste in diesem Land ist, von dem Herzog von York, um zu erfahren, was euch antreibt, den Vortheil der Abwesenheit des Koenigs zu nehmen, und unsern angebohrnen Frieden durch einheimische Waffen zu schreken? Zehnte Scene. (York zu den Vorigen.) Bolingbroke. Ich werde nicht noethig haben, meine Antwort durch euch zu versenden; hier kommt Se. Gnaden selbst. Mein edler Oheim! (Er kniet vor ihm nieder.) York. Zeige mir, statt diesen betrueglich demuethigen Knien ein aufrichtig unterwuerfiges Herz. Bolingbroke. Mein gnaedigster Oheim! York. Stille, stille; ich will nichts von deinen Titeln; ich bin keines Verraethers Oheim, und das Wort Gnade wird in einem verbrecherischen Mund entweiht. Warum haben deine geaechteten, verbannten Fuesse sich erfrecht, den Staub von Englands Boden zu betreten? Und, was noch aerger ist, wie haben sie sich erfrecht, so viele Meilen ueber ihren friedsamen Busen einher zu ziehen, und ihre erblassenden Einwohner mit dem Gepraenge einer kriegrischen Schlacht-Ordnung zu schreken? Kommst du, weil der gesalbte Koenig abwesend ist? Wie, unbesonnener Juengling, der Koenig ist noch da, seine Gewalt ligt in einem treuvollen Busen. Waer' ich nur noch Herr von jener jugendlichen Staerke wie damals, da der brave Gaunt, dein Vater, und ich, den schwarzen Prinzen, diesen jungen Kriegsgott, mitten aus den Linien von zehntausend Franzosen erledigten; o! wie schnell sollte dieser izt entnervte Arm, deinen Uebermuth zuechtigen! Bolingbroke. Mein gnaedigster Oheim, lasst mich nur erst wissen, von was fuer einer Art mein Verbrechen ist. York. Von der schlimmsten Art, Aufruhr und fluchwuerdiger Hochverrath. Du bist ein Landsverwiesener, und kommst hier, bevor deine Zeit verflossen ist, in herausfordernden Waffen deinem Oberherrn Troz zu bieten. Bolingbroke. Wie ich verwiesen wurde, war ich Hereford; nun, da ich komme, komme ich fuer Lancaster. Ich bitte Euer Gnaden, betrachtet das Unrecht, das mir zugefuegt worden, mit einem unpartheyischen Auge. Ihr seyd mein Vater, denn mich daeucht, in euch sehe ich den bejahrten Gaunt wieder lebend. O! denn, mein Vater! Koennt ihr gestatten, dass ich verurtheilt seyn soll, ein herumschweifenden Fluechtling zu seyn, und aller meiner Rechte und Regalien beraubt, gleichgueltig zuzusehen, wie sie unter lumpichte Taugenichts ausgetheilt werden, die gestern noch Bettler waren? Wozu war ich gebohren? Wenn der Koenig mein Vetter, Koenig von England ist, so muss es unstreitig seyn, dass ich Herzog von Lancaster bin. Ihr habt einen Sohn, den Aumerle, mein edler Vetter; waeret ihr zuerst gestorben, und er waere so niedergetreten worden, er wuerde in seinem Oheim Gaunt einen Vater, einen eifrigen Verfechter seines Rechts, gefunden haben. Man versagt mir die Besiznehmung von meinen angeerbten Titeln und Guetern, wozu mir doch meine Patenten die Befuegniss geben. Meines Vaters Gueter werden zerstreut und verkauft, und wie alles uebrige unnuezer Weise durchgebracht. Was wollt ihr, dass ich in solchen Umstaenden thun soll? Ich bin ein Unterthan, und reclamire das Gesez; man versagt mir Anwalde, ich bin also genoethigt, in eigner Person die Ansprueche an mein angestammtes Erbgut gelten zu machen. Northumberland. Der edle Herzog ist zu sehr gekraenkt worden. Ross. Es ligt nur bey euer Gnaden, ihm Recht wiederfahren zu lassen. Willoughby. Schlechte Leute sind durch seine Erbgueter gross gemacht worden. York. Milords von England, lasst mich euch sagen, dass ich gegen die Kraenkungen meines Neffen nicht unempfindlich gewesen bin, und mich so sehr ich konnte bemuehet habe, ihm sein Recht zu verschaffen. Aber auf eine solche Art zu kommen, in trozigen Waffen zu kommen, und sein Recht durch unerlaubte Gewalt zu suchen, das geht nicht an; und ihr, die ihr ihm hierinn beysteht, beguenstiget die Empoerung, und seyd alle Rebellen. Northumberland. Der Herzog hat geschworen, dass er nur gekommen sey, sein Recht zu suchen; und ihm zu diesem zu verhelfen, haben wir alle durch einen theuren Eid uns anheischig gemacht; und moeg' auf ewig den die Freude meiden, der seinen Eid bricht! York. Gut, gut, ich sehe den Ausgang dieser Waffen; ich muss es bekennen, es ist nicht in meiner Macht, ihn zu verhindern; aber koennte ich's, bey dem der mich erschaffen hat! ihr solltet mir alle gebunden und in den Staub gebuekt, euer verwuerktes Leben von der koeniglichen Gnade erflehen! Nun, da ich ohne Kraefte bin, so wisset, dass ich soviel als neutral bleiben werde. Und hiemit gehabt euch wohl; es waere dann, dass es euch beliebte, in dieses Schloss zu kommen, und die Nacht da auszuruhen. Bolingbroke. Ein Anerbieten, mein Oheim, das wir annehmen wollen; aber wir muessen Euer Gnaden erbitten, mit uns nach Bristol-Castle zu gehen, worinn, wie man sagt, Buschy, Bagot, und ihre Mitschuldigen sich halten, diese Raupen des gemeinen Wesens, die ich auszureuten geschworen habe. York. Es mag seyn, ich will gehen--Doch nein, lasst mich ruhig bleiben; ich will nicht von denen seyn, die die Geseze meines Vaterlands brechen. Weder Feinde noch Freunde, seyd ihr mir willkommen; und Dinge, denen nicht mehr zu helfen ist, sollen mich auch nicht mehr bekuemmern. (Sie gehen ab.) Eilfte Scene. (In Wales.) (Salisbury und ein Officier treten auf.) Officier. Milord von Salisbury, wir haben zehen Tage gewartet, und die groeste Muehe gehabt, unsre Landleute bey einander zu behalten; da wir aber noch immer keine Nachrichten von dem Koenig erhalten, so wollen wir wieder auseinander gehen. Lebet wohl! Salisbury. Gedulde dich nur noch einen einzigen Tag, du rechtschaffner Welschmann; der Koenig sezt all sein Vertrauen in dich. Officier. Man glaubt, der Koenig sey todt; wir warten nicht laenger. Die Lorbeer-Baeume in unserm Lande sind alle verdorben, Wunderzeichen schreken die Fix-Sterne vom Himmel; der bleiche Mond schaut blutig auf die Erde herab, und hagre Propheten lispeln furchtbare Veraenderung. Reiche Leute sehen traurig aus, und Bettler und Spizbuben tanzen und springen; die eine, aus Furcht zu verliehren was sie gewonnen haben, die andre, in Hoffnung durch Krieg und Zerruettung zu gewinnen. Alles dieses sind Zeichen, die den Tod der Koenige ankuendigen--Lebet wohl; unsre Landleute sind alle wieder auseinander gegangen, und lassen sich nicht benehmen, dass Koenig Richard todt sey. (Er geht ab.) Salisbury. Ach! Richard! ach! mit thraenenbeladnen Augen seh' ich deinen Glanz, gleich einem fallenden Stern, vom Firmament zur Erde sinken. Die Sonne sizt weinend im niedrigen West, und propheceyt Stuerme, Unruhen und Ungluek. Deine Freunde sind zu deinen Feinden uebergegangen, und alle Umstaende vereinigen sich zu deinem Verderben. (Er geht ab.) Dritter Aufzug. Erste Scene. (Bolingbroks Lager zu Bristoll.) (Bolingbroke, York, Northumberland, Ross, Percy, Willoughby, mit Buschy, und Green, als Gefangnen treten auf.) Bolingbroke. Bringt diese Maenner naeher herbey--Buschy, und Green, ich will eure Seelen da es nun an dem ist, dass sie von ihren Leibern scheiden muessen, nicht mit so harten Vorwuerfen aengstigen, als euer verderbliches Leben verdient hat, denn das waere Unbarmherzigkeit; aber um euer Blut von meinen Haenden zu waschen, will ich hier, vor dieser Versammlung, einige Ursachen eures Todes entfalten. Ihr habt einen Fuersten, den seine Geburt und sein angebohrner Edelmuth zu einem grossen und glueklichen Koenige bestimmte, missgeleitet, verderbt und unglueklich gemacht. Ihr habt ihn durch die Ausschweiffungen, wozu ihr ihn reiztet, in gewissem Sinn von seiner Koenigin geschieden, die geheiligten Rechte eines koeniglichen Ehbettes geschmaelert, und die schoenen Wangen einer liebenswuerdigen Fuerstin durch die Thraenen beflekt, die eure Beleidigungen aus ihren Augen erpressten. Ich selbst, durch das Gluek meiner Geburt, ein Prinz vom koeniglichen Gebluete, und von dem Koenig, meinem Blutsverwandten, werth gehalten, bis ihr durch giftige Eingebungen mich ihm verdaechtig gemacht; ich selbst habe meinen Naken unter euern Verfolgungen beugen muessen, und, das bittre Brodt der Verbannung essend, meinen Englaendischen Athem in auslaendische Wolken verseufzt; indess, dass ihr meine Herrschaften aufgezehrt, meine Waldungen und Lusthayne ausgehauen, mein Wappen von meinen Thoren abgerissen, und mir kein andres Zeichen uebrig gelassen habt, wodurch ich der Welt zeigen kan, dass ich ein Edelmann bin, als die Meynung der Leute und das Blut in meinen Adern: Dieses und viel mehr, viel mehr als zweymal so viel, verurtheilt euch zum Tode. Sehet, dass ihr Urtheil an ihnen vollzogen werde. Buschy. Willkommner ist mir der Streich des Todes, als Bolingbroke England ist--Milords, gehabt euch wohl. Green. Mein Trost ist, dass der Himmel unsre Seelen aufnehmen, und die Ungerechtigkeit mit den Qualen der Hoelle straffen wird. Bolingbroke. Milord von Northumberland, sehet, dass sie abgethan werden--Mein Oheim, ihr sagtet, die Koenigin befinde sich in ihrem Hause; um des Himmels willen, sorget davor, dass ihr geziemend begegnet werde; sagt ihr, dass ich sie meiner Ehrfurcht und Ergebenheit versichre; traget ja Sorge dafuer, dass ihr mein Gruss ueberbracht werde. York. Ich habe einen von meinen Edelleuten mit Briefen abgeschikt, worinn eure freundschaftliche Gesinnungen ausfuehrlich erklaert sind. Bolingbroke. Ich danke euch, mein guetiger Oheim, kommt, Milords, kommt, zum Gefecht mit Glendower und seinen Anhaengern; noch eine Weile Arbeit, und dann Feyer-Abend. (Sie gehen ab.) Zweyte Scene. (Verwandelt sich in eine Kueste von Wales.) (Trummeln und Trompeten. Koenig Richard, Aumerle, der Bischoff von Carlisle, und Soldaten treten auf.) Koenig Richard. Barkloughly-Castle nennt ihr jenes dort? Aumerle. Ja, Gnaedigster Herr; wie findet Eure Majestaet die Landluft, nach den Beschwerlichkeiten der See? Koenig Richard. Sie muss mir wol angenehm seyn--Freuden-Thraenen erfuellen meine Augen, da ich noch einmal wieder den Boden meines Koenigreichs betrete. Theure Erde, ich umarme dich, obgleich Aufruehrer dich mit den Hufen ihrer Pferde verwunden. Wie eine lang von ihrem Kinde getrennte Mutter, beym Wiedersehn laechelnd in zaertliche Thraenen zerfliesst, so gruess' ich dich, zugleich weinend und laechelnd, meine Erde, und drueke dich an meine Koenigliche Brust. O, naehre nicht deines Koenigs Feind, holde Erde, und labe nicht mit deinen Erquikungen seinen raubgierigen Muth: Sende die Schlangen, die deinen Gift in sich saugen, und schwellende Kroeten in ihren Weg, ihre verraethrischen Fuesse zu verwunden, die mit gewaltthaetigen Tritten dich stampfen; und wenn sie eine Blume von deinem Busen pflueken wollen, so bewaffne sie, ich bitte dich, mit einer laurenden Natter, deren zweygespizte Zunge den Tod in die Adern der Feinde deines Herrn sprize. Spottet nicht, Milords, dass ich leblose Dinge beschwoere; diese Erde wird ein Gefuehl haben, und diese Steine werden zu bewaffneten Kriegern werden, eh ihr gebohrner Koenig unter den Waffen schaendlicher Empoerer fallen soll. Bischoff. Fuerchtet euch nicht, Gnaedigster Herr; diese Gewalt, die euch zum Koenige schuf, hat Macht genug, euch troz aller Welt als Koenig zu erhalten. Aber wir muessen die Mittel ergreiffen, die uns der Himmel anbietet. Aumerle. Seine Meynung ist, dass wir zu schlaefrig sind, Gnaedigster Herr, und dem Bolingbroke Zeit lassen, durch unsre Sicherheit immer staerker zu werden. Koenig Richard. Untroestlicher Vetter, weissst du nicht, dass wenn das forschende Auge des Himmels hinter unsrer Halbkugel verborgen ist und der Unterwelt leuchtet, dass dann Diebe und Moerder ungesehn herumschleichen und Raeubereyen und blutige Gewalt verueben; aber sobald die wiederkehrende Sonne die stolzen Gipfel der oestlichen Huegel gluehen macht, und ihr Licht durch jede verbrecherische Gruft blizt, dass dann Mord und Verrath und jede schaendliche Suende, aus der Finsterniss schwarzem Mantel hervorgezogen, bloss und nakend da stehn, und ueber sich selbst erzittern? So, wenn dieser Raeuber, dieser verraethrische Bolingbroke, der waehrend dieser ganzen Nacht, da wir unsern Lauf bey den Antipoden vollbrachten, ungestoert herumschwaermte, uns unsern Thron im Osten besteigen sehen wird, werden seine Verraethereyen, in seinem schaamgluehenden Angesicht enthuellt, den Tag nicht ertragen koennen, der sie vor ihrer eignen grauenvollen Gestalt erzittern machen wird. Alle Wasser der ungestuemen See sind nicht faehig, das geheiligte Oel von einem gesalbten Koenige wegzuwaschen; und der Athem sterblicher Menschen kan denjenigen nicht entsezen, den der Herr zu seinem Statthalter ernannt hat. Fuer einen jeden Mann, den Bolingbroke aufgetrieben hat, sein Schwerdt gegen unsre Crone zu ziehen, hat der Himmel fuer seinen Richard einen glorreichen Engel in himmlischem Sold, und wo Engel fechten, da muessen schwache Menschen fallen.-- Dritte Scene. (Salisbury zu den Vorigen.) Koenig Richard. --Willkommen, Milord, wie weit ist eure Macht entfernt? Salisbury. Weder naeher noch ferner als dieser schwache Arm, mein Gnaedigster Herr. Ich habe trostlose Zeitungen zu bringen. Ein einziger Tag zu spaet, hat alle deine glueklichen Tage auf Erden umwoelkt. O ruffe den gestrigen Tag zuruek, befiehl der Zeit zuruek zu kehren, und du wirst zwoelftausend streitbare Maenner haben. Dieser Tag, dieser einzige ungluekselige Tag zu spaet, vernichtet deine Freuden, deine Freunde, dein Gluek und deinen Stand. Alle Welschen, haben, auf die Zeitung von deinem Tode, sich zerstreut, oder sind zu Bolingbroke uebergegangen. Aumerle. Fasset Muth, Gnaedigster Herr, warum seht ihr so blass aus? Koenig Richard. Nur noch vor einem Augenblik triumphierte das Blut von zwanzigtausend Mann in meinem Gesicht, und nun sind sie verschwunden; und bis wieder so viel Blut dahin zuruek kommt, hab' ich nicht Ursach bleich und todtenhaft auszusehen? Die Zeit hat meinen Stolz zuschanden gemacht, und wer seine Seele retten will, flieht von meiner Seite. Aumerle. Beruhiget euch, Gnaedigster Herr, erinnert euch, wer ihr seyd. Koenig Richard. Ich hatte mich selbst vergessen: Bin ich nicht ein Koenig? Erwache, du schuechterne Majestaet, du schlaefst! Ist nicht des Koenigs Name soviel als vierzigtausend Namen? Rueste, rueste dich, mein Name; ein elender Unterthan draeuet deiner glaenzenden Majestaet. Seht nicht so auf den Boden, ihr Guenstlinge eines Koenigs! Sind wir nicht hoch? Lasst es uns wenigstens in Gedanken seyn. Ich weiss, mein Oheim York hat ein ansehnliches Heer zu unserm Dienst aufgebracht. Aber wer kommt hier? Vierte Scene. (Scroop zu den Vorigen.) Scroop. Ein besseres Gluek falle meinem Koenige zu, als meine kummerbeladne Zunge ihm ankuendigen muss. Koenig Richard. Mein Ohr ist offen, und mein Herz geruestet; das schlimmste was du sagen kanst, ist nur zeitlicher Verlust. Sagst du, mein Koenigreich sey verlohren? Nun dann, es war meine Sorge; was fuer ein Verlust ist es, seiner Sorgen entlediget zu werden? Strebt Bolingbroke so gross zu werden als wir? Groesser kan er nicht werden; und wenn er doch immer ein Unterthan des Himmels bleibt, so bin ich das auch, und so bleibt er meines gleichen. Empoeren sich unsre Unterthanen? Das koennen wir nicht aendern; sie brechen ihre Treue gegen Gott eben sowol als gegen uns. Ruffe immerhin Weh, Jammer, Verwuestung, Fall, Untergang; das schlimmste ist der Tod, und der Tod hat seinen unvermeidlichen Tag. Scroop. Es erfreut mich, dass Eure Majestaet so geruestet ist, ungluekliche Nachrichten zu ertragen. Wie ein ungestuemer stuermischer Tag, der die Silberstroeme so hoch ueber ihre Ufer schwellen macht, als ob die ganze Welt in Thraenen zerflossen waere: So hoch ueber alle Schranken schwellt Bolingbroks Wuth, und bedekt euer geschrektes Land mit hartem schimmerndem Stahl, und mehr als staehlernen Herzen. Weisse Baerte haben ihre nakten duennbehaarten Schaedel gegen deine Majestaet bewaffnet; Knaben mit Weiber-Stimmen bemuehen sich grob zu reden, und schmiegen ihre weiblichen Gelenke in unbiegsam Waffen gegen deine Crone; ja selbst Kunkel-Weiber schwingen rostige Hellebarden. Alte und Junge stehen gegen deinen Thron auf, und alles geht schlimmer, als ich es auszusprechen vermag. Koenig Richard. O nur zu gut, zu gut erzaehlst du eine so boese Geschichte. Wo ist der Graf von Wiltschire? Was ist aus Buschy worden? Wo ist Green? Dass sie den Feind so ruhig sich ueber unsre Grenzen haben ausbreiten lassen? Wenn wir die Oberhand erhalten, so sollen ihre Koepfe davor bezahlen. Ich zweifle nicht, sie haben ihren Frieden mit Bolingbroke gemacht. Scroop. Sie haben Frieden mit ihm gemacht, in der That, Gnaedigster Herr. Koenig Richard. O Boesewichter, Vipern, verdammte Verraether! Hunde, die sich leicht gewinnen lassen, einem jeden liebzukosen! Schlangen, die ich in meinem Busen erwaermte, und die nun mein Herz durchstechen! Drey Judasse, jeder dreymal aerger als Judas! Haben sie Frieden gemacht? Die flammende Hoelle bekriege ihre beflekten Seelen fuer diese Schandthat! Scroop. Die suesseste Liebe wird, wie ich sehe, wenn sie ihre Natur aendert, zu bitterstem und toedtlichstem Hass. Entlasset ihre Seelen wieder euers Fluchs; sie haben ihren Frieden mit Koepfen gemacht, nicht mit Haenden; diejenigen, denen ihr fluchet, haben des Todes gewaltthaetige Hand gefuehlt, und ligen tief in geweihtem Grund. Aumerle. Ist Buschy, Green, und der Graf von Wiltschire todt? Scroop. Ja, alle drey verlohren zu Bristol ihre Koepfe. Aumerle. Wo ist denn der Herzog, mein Vater, mit seinen Voelkern? Koenig Richard. O! Frage nicht wo er ist; und niemand rede mehr von Trost! Von Graebern lasst uns reden, von Wuermern und Grabschriften; lasst uns den Staub zu unserm Papier machen, und mit regnenden Augen unsern Jammer auf den Busen der Erde schreiben. Lasst uns von Testamenten reden, und unsre Ausrichter erwaehlen--doch nein--Was koennen wir vermachen, als unsre abgelegte Leiber der Erde? Unsre Laender, unser Leben, alles ist Bolingbroks, und wir koennen nichts unser nennen als den Tod, und dieses Bisschen Erde, das unsre Gebeine deken wird. Ums Himmels willen! lasst uns hier auf den Boden niedersizen, und einander melancholische Geschichten vom Tod der Koenige erzaehlen; wie einige entsezt, andre im Krieg erschlagen worden; andre von den Geistern derjenigen verfolgt, so sie aus dem Wege geraeumt hatten; andre von ihren Weibern vergiftet, andre im Schlaf umgebracht, alle ermordet!--denn in der holen Crone, die eines Koenigs sterbliche Schlaefe umfasst, haelt der Tod seinen Hof; da sizt das groteske Ungeheuer und spottet mit grinsendem Laecheln seines Pomps, erlaubt ihm einen Athem-Zug, eine kleine Scene lang zu herrschen, gefuerchtet zu werden, und mit Bliken zu toedten, lispelt ihm eitle schwuelstige Gedanken ein, als ob das Fleisch, worinn sein Leben eingeschlossen ist, unzerstoerbares Metall sey; und wann er ihn so bethoert hat, kommt er zulezt, durchbort mit einer kleinen Steknadel seine Schlaefe, und gute Nacht Koenig!-- Bedekt eure Haeupter, und verspottet nicht Fleisch und Blut mit feyrlicher Ehrerbietung; werfet Ehrfurcht, Titel, Ceremoniel, und alle diese Zeichen der Unterwuerfigkeit weg; ihr habt mich diese ganze Zeit her misskannt. Ich lebe von Athem wie ihr, ich habe Beduerfnisse wie ihr, fuehle Schmerzen, habe Freunde vonnoethen, wie ihr; so abhaengig, wie ich also bin, wie koennt ihr mir sagen: ich sey ein Koenig? Bischoff. Gnaedigster Herr, weise Maenner bejammern niemals ihre gegenwaertigen Uebel, sondern kommen gegenwaertig den Uebeln zuvor, die sie kuenftig bejammern muessten. Den Feind fuerchten, giebt, da die Furcht die Staerke schwaecht, dem Feind einen Zuwachs von Staerke in unsrer Schwaeche, und so haben wir an unsrer eignen Thorheit einen Feind mehr. Fuerchtet euch, so seyd ihr geschlagen; kan es euch schlimmer gehen, wenn ihr euch wehret? Fechtet ihr und kommt um, so sterbt ihr doch edler, als wenn ihr aus Zagheit umkommt. Aumerle. Mein Vater hat Truppen; schiket nach ihm, und lernet aus einem Gliedmass einen Leib machen. Koenig Richard. Du beschiltst mich mit Recht. Stolzer Bolingbroke, ich komme, um durch Streiche deinen oder meinen lezten Tag zu entscheiden. Dieser fiebrische Schauer von Furcht ist vorueber; es ist eine leichte Arbeit zu gewinnen was unser eigen ist. Sage, Scroop, wo ligt unser Oheim mit seiner Macht? Antworte etwas besseres, als deine duestern Blike versprechen. Scroop. Wol moegt ihr aus meinen duestern und kummerbeladnen Augen urtheilen, dass meine Zunge noch eine boesere Zeitung zu erzaehlen hat, wie man aus der Beschaffenheit des Himmels auf das heitre oder ungestueme Ende eines Tages zu schliessen pflegt. Ich mache den Peiniger, indem ich das aergste was ich sagen muss, in die Laenge ziehe. Euer Oheim York hat sich mit Bolingbroke vereiniget, alle eure Nordischen Schloesser sind uebergeben, und aller euer suedlicher Adel ist in Waffen auf seiner Parthey. Koenig Richard. Du hast genug gesagt. Wehe dir, Vetter, dass du mich von diesem guten Weg, worauf ich war, in Verzweiflung gefuehrt hast. Was sagt ihr izt? Was fuer Hoffnung haben wir nun? Beym Himmel! ich hasse den auf ewig, der mir zumuthen will, noch etwas zu hoffen. Geht nach Flint-Castle, dort will ich mich ungestoert dem Gefuehl meines Jammers ueberlassen. Entlasset die Mannschaft die ich noch habe, lasst sie zu demjenigen gehen, der Hoffnung hat zu steigen. Ich habe keine mehr. Wende mir niemand etwas gegen diss ein; aller Rath ist umsonst. Aumerle. Nur ein Wort, Gnaedigster Herr-- Koenig Richard. Schmeicheleyen in solchen Umstaenden worinn ich bin, machen meine Wunden nur tiefer. Entlasst meine Leute; lasst sie gehen, lasst sie aus Richards Nacht in Bolingbroks aufgehenden Tag. (Sie gehen ab.) Fuenfte Scene. (Bolingbroks Lager bey Flint.) (Ein Aufzug mit Trummeln und Fahnen, Bolingbroke, York, Northumberland und Gefolge treten auf.) Bolingbroke. Diese Nachricht belehrt uns also, dass die Welschen zerstreut sind, und dass Salisbury dem Koenige entgegengegangen ist, der mit einer kleinen Anzahl von Freunden kuerzlich an dieser Kueste angelaendet ist. Northumberland. Die Zeitung ist schoen und gut, Milord; Richard hat sein Haupt nicht weit von hier verborgen. York. Es wuerde dem Lord Northumberland nicht uebel anstehen, zu sagen, Koenig Richard. O! des unglueklichen Tags, da ein geheiligter Koenig sein Haupt verbergen muss! Northumberland. Euer Gnaden nimmt mir's anders auf als es gemeynt war; ich liess seinen Titel nur aus, um kuerzer zu seyn. York. Es war eine Zeit, wo ich es euch nicht gerathen haben wollte, so kurz mit ihm zu seyn, wenn es euch nicht gleichgueltig gewesen, dass er es so sehr mit euch sey, um euch eure ganze Kopfslaenge kuerzer zu machen. Bolingbroke. Nehmet seinen Ausdruk nicht uebler auf als recht ist, mein Oheim. York. Und nehmet ihr nicht mehr als recht ist, mein guter Neffe; oder ihr vergesst zulezt, dass der Himmel ueber euerm Haupt ist. Bolingbroke. Ich weiss es, mein Oheim, und widerseze mich seinem Willen nicht. Wer kommt hier? (Percy zu den Vorigen.) Willkommen, Harry! Wie? Will sich dieses Schloss noch nicht ergeben? Percy. Das Schloss ist gegen euern Einzug koeniglich bemannt, Milord. Bolingbroke. Koeniglich? Wie, enthaelt es denn einen Koenig? Percy. Ja, Milord, es enthaelt einen Koenig; Koenig Richard ligt innert dem Bezirk von jenem Leim und Stein, und bey ihm Lord Aumerle, Lord Salisbury, Sir Stephan Scroop, und noch ein Geistlicher von heiligem und ehrfurchtwuerdigem Ansehn, dessen Name ich nicht erfahren konnte. Northumberland. Vermuthlich der Bischoff von Carlisle. Bolingbroke (zu Northumberland.) Mein edler Lord, geht vor die Mauren dieses alten Schlosses, fordert durch die eherne Stimme der Trompete eine Unterredung, und sprecht so: Heinrich von Bolingbroke kuesse auf seinen Knien Koenig Richards Hand, und sende ihm die Versicherung seiner Unterthaenigkeit und aufrichtigen Treue gegen seine Koenigliche Person; sagt ihm, ich sey in dem nemlichen Augenblik bereit, meine Waffen und Voelker zu seinen Fuessen niederzulegen, in welchem er mir die Widerruffung meiner Landes-Verweisung und die Wieder-Einsezung in meine Gueter freywillig garantiren wolle; wo nicht, so werde ich mich des Vortheils meiner Macht bedienen, und den Sommer-Staub mit Regen von Blut legen, die aus den Wunden erschlagner Englaender sich ergiessen sollen. Wie entfernt aber von Bolingbroks Herzen der Gedanke sey, dass ein solch blutiges Ungewitter den frischen gruenen Schooss von Koenig Richards Land ueberschwemmen solle, davon koenne ihn meine Maessigung und Entfernung von allem pflichtwidrigen Gebrauch meiner Obermacht ueberzeugen. Geht, erklaert ihm dieses, indessen dass wir ohne das Getoese drohender Trummeln ueber diese Ebne fortziehen, damit unser Betragen, von den zerfallnen Zinnen dieses Schlosses beobachtet, die Wahrheit unsrer Erklaerung bekraeftige. Mich daeucht, Koenig Richard und ich sollten uns mit nicht mindern Schreknissen begegnen, als die Elemente des Feuers und des Wassers, wenn ihr donnernder Zusammenstoss die bewoelkten Wangen des Himmels mit Thraenen badet. Ist er das Feuer, so will ich das nachgiebige Wasser seyn; er mag rasen, indess dass ich meine Wasser auf die Erde regne; auf die Erde, nicht auf ihn. Naehert euch den Mauren--Milord, und beobachtet die Fassung des Koenigs genau. Sechste Scene. (Aufforderung von aussen, Antwort von innen; Trompeten-Klang, Koenig Richard, Bischoff von Carlisle, Aumerle, Scroop und Salisbury kommen auf die Mauren.) York. Seht, seht, der Koenig tritt selbst hervor, gleich dem von Unmuth erroethenden Phoebus, wenn er, aus der gluehenden Pforte des Morgens hervorgehend, neidische Wolken gewahr wird, die sich vereiniget haben, seinen Glanz zu verhuellen, und die Pracht seines schimmernden Zugs nach Westen zu verdunkeln. Und doch sieht er wie ein Koenig; seht, wie sein Auge, glaenzend wie eines Adlers, herrschende Majestaet um sich her blizt. O beweinenswuerdig, dass eine so schoene Gestalt durch irgend einen Unfall entstellt werden soll. Koenig Richard (zu Northumberland.) Wir befremden uns, und stehen schon lange hier, auf die ehrfurchtvolle Beugung deiner Knie zu warten, indem wir uns selbst fuer deinen gesezmaessigen Koenig hielten; und sind wir's, wie duerfen sich deine Gelenke vergessen, den schuldigen Tribut der Unterthaenigkeit unsrer Gegenwart zu bezahlen? Sind wir's aber nicht, so zeige uns die Hand Gottes, die uns unsrer Statthalterschaft entlassen hat. Denn das wissen wir, dass keine Hand von Blut und Knochen, ohne Entweihung, Diebstal und Verrath, nach unserm geheiligten Scepter greiffen kan. Und ob ihr gleich denkt dass alle von uns abgefallen, und wir allein und von Freunden entbloesst gelassen seyen, so sollt ihr doch wissen, der Allmaechtige, mein Herr, mustert um euertwillen Heere von Plagen in seinen Wolken, die euch treffen werden, euch, die ihre Vasallen-Haende gegen mich aufgehoben und der Majestaet meiner Crone gedraeuet haben, euch, und eure noch ungebohrnen Kinder. Sagt dem Bolingbroke, (denn dort, daeucht mich, ist er,) dass ein jeder Schritt den er in meinem Lande macht, Hochverrath ist--Er ist gekommen, das purpurne Testament des blutigen Kriegs zu oeffnen; aber eh die Crone, nach der er strebt, ruhig auf sein Haupt herabsteigen wird, sollen zehentausend blutige Cronen von Mutter-Soehnen die Blume von Englands Antliz entstellen, die Farbe ihres jungfraeulich-blassen Friedens in feurigen Grimm verwandeln, und ihre fetten Weiden mit getreuem Englischem Blut bethauen. Northumberland. Der Koenig des Himmels verwehre, dass unser Herr, der Koenig, so mit buergerlichen und unbuergerlichen Waffen angefallen werden solle! Nein, dein edler Vetter, Heinrich von Bolingbroke, kuesst voll Ehrfurcht deine Hand, und schwoert, bey dem ehrenvollen Grabmal, das auf euers beydseitigen Ahnherrn koeniglichen Gebeinen ruht, bey der geheiligten Quelle euers gemeinschaftlichen Bluts, und bey der Helden-Hand seines verstorbnen Vaters, und bey seiner eignen Wuerde und Ehre schwoert er, dass seine Ankunft keinen andern Zwek hat, als die Besiznehmung von seinen eignen Gerechtsamen und Guetern, deren Zuruekgab er auf seinen Knien erbittet. Wird bey euerm Koeniglichen Wort ihm nur dieses zugestanden, so will er seine blinkenden Waffen dem Rost ueberlassen, seine langmaehnichten Rosse den Staellen, und sein Herz dem getreuen Dienst Eurer Majestaet. Diss schwoert er, so wahr er ein Prinz ist, und so wahr ich ein Edelmann bin, glaub' ich seinen Schwur. Koenig Richard. Northumberland, sag' ihm, so antwortet der Koenig: Sein edler Vetter ist sehr willkommen, und alle seine Forderungen, so viel ihrer seyn moegen, sollen ohne Widerspruch zugestanden seyn. Sag' ihm in unserm Namen so viel verbindliches und freundschaftliches, als du nur immer kanst.-- (zu Aumerle.) Wir erniedrigen uns, Vetter, nicht wahr, da wir so armselig aussehen, und so gute Worte geben? Sollen wir Northumberland zuruek ruffen, den Verraether herausfordern lassen, und so sterben? Aumerle. Nein, Gnaedigster Herr, bis die Zeit uns Freunde leiht, und unsre Freunde ihre Schwerdter, bleibt uns nichts uebrig als mit Worten zu fechten. Koenig Richard. O Gott! o Gott! dass diese meine Zunge, die das Urtheil der Verbannung ueber jenen stolzen Mann ausgesprochen, dahingebracht seyn soll, es mit liebkosenden Worten zuruekzunehmen! o dass ich so gross waere als mein Schmerz, oder kleiner als mein Name; O dass ich vergessen koennte was ich gewesen bin, oder nicht fuehlte was ich izt bin! Schwillst du auf, stolzes Herz? Ich gebe dir alle Freiheit, schlage wie du willt, da meine Feinde die Freyheit haben, dich und mich zu schlagen. Aumerle. Northumberland kommt von Bolingbroke zuruek. Koenig Richard. Was muss der Koenig noch mehr thun? Muss er sich unterwerfen? Der Koenig soll es thun. Muss er abgesezt werden? Der Koenig soll sich's gefallen lassen. Muss er auch dem Namen eines Koenigs entsagen? In Gottes Namen, es sey so. Ich will meine Juweelen fuer einen Rosenkranz geben, meinen Palast fuer eine Einsiedeley, meine schimmernden Kleider fuer einen Bettlers-Mantel, mein goldnes Geschirr fuer einen hoelzernen Teller; meinen Scepter fuer einen Pilgrims-Stab, meine Unterthanen fuer ein Paar geschnizte Heilige, und mein grosses Koenigreich fuer ein kleines Grab; ein kleines, kleines Grab--ein dunkles Grab!--Oder ich will auf des Koenigs Landstrasse begraben werden, auf einem ungangbaren Weg, wo meiner Unterthanen Fuesse stuendlich auf ihres Koenigs Haupt trappen moegen; denn auf mein Herz treten sie, da ich noch lebe; warum nicht auf mein Haupt, wenn ich begraben bin?--Aumerle, du weinst? Mein weichherziger Vetter! Wir wollen boeses Wetter mit unsern verachteten Thraenen machen; unsre Seufzer und Thraenen sollen das Sommer-Korn legen, und eine Theurung in dieses rebellische Land bringen. Oder wollen wir uns aus unserm Jammer eine Kurzweile machen? Irgend ein artiges Spiel aus unsern fliessenden Thraenen? Als etwann, sie so lange an den nemlichen Ort tropfen zu lassen, bis sie uns ein paar Graeber in die Erde eingefressen haben; und wenn wir da ligen--Hier ligen zween Freunde, die sich ihr Grab mit ihren Thraenen gegraben haben. Wuerde uns das unser Elend nicht versuessen? Wohl, wohl, ich sehe, ich rede phantastisch, und ihr lachet ueber mich. Grossmaechtigster Prinz, Milord Northumberland, was sagt der Koenig Bolingbroke? Will seine Majestaet dem Richard erlauben zu leben, bis Richard stirbt? Ihr macht einen Scharr-Fuss, und Bolingbroke sagt, ja. Northumberland. Gnaedigster Herr, er wartet in dem Hofe, mit euch zu reden; gefaellt es euch herunter zu kommen? Koenig Richard. Herunter, herunter komm ich, wie der schimmernde Phaeton, da er die unbaendigen Sonnen-Pferde nicht zu regieren wusste. In den Hof herunter, ein Koenig in den Hof herunter, auf den Ruf eines Verraethers, um ihm seine Begnadigung zu geben. Herunter dann, Koenig, herunter! Bolingbroke. Was sagt seine Majestaet? Northumberland. Kummer und Sorgen machen ihn wunderlich, und wie ein Mann der nicht recht bey sich selbst ist, reden. Izt ist er da. Bolingbroke (kniend.) Tretet alle zuruek, und bezeuget Sr. Majestaet eure schuldige Ehrfurcht. Mein Gnaedigster Herr-- Koenig Richard. Mein edler Vetter, ihr demuethiget eure fuerstlichen Knie zu tief, indem ihr die niedrige Erde stolz macht sie zu beruehren. Mir waere lieber, wenn mein Herz eure Liebe fuehlte, als dass mein unbefriedigtes Aug' eure Hoeflichkeit sieht. Auf, Vetter, auf; euer Herz ist zum wenigsten so hoch, (er deutet mit der Hand auf seine Crone) wenn eure Knie schon so niedrig sind. Bolingbroke. Mein Gnaedigster Herr, ich komme nur fuer das, was mein eigen ist. Koenig Richard. Euer Eigenthum ist euer, ich bin euer, alles ist euer. Bolingbroke. In so fern moege Eure Majestaet mein seyn, mein Gnaedigster Souverain, als meine getreuen Dienste eure Liebe verdienen werden. Koenig Richard. Ihr verdienet alles; wer verdient mehr zu haben, als wer den sichersten und kuerzesten Weg kennt, zu gewinnen? Oheim, gebt mir eure Hand; nein, troknet eure Augen; Thraenen sind nur huelflose Zeichen der Liebe. Vetter, ich bin zu jung euer Vater zu seyn, ob ihr gleich alt genug seyd, mein Erbe zu seyn. Ich will euch geben was ihr haben wollt, und noch dazu mit Willen. Denn warum sollen wir nicht wollen, was wir muessen? Ziehet fort nach London. Ist das nicht eure Absicht, Vetter? Bolingbroke. Ja, Gnaedigster Herr. Koenig Richard. So darf ich nicht nein sagen. (Trompeten. Sie gehen ab.) Siebende Scene. (Ein Garten im Hofe der Koenigin.) (Die Koenigin tritt mit zwoen Damen auf.) Koenigin. Was fuer eine Kurzweil wollen wir uns in diesem Garten machen, um unsre kummervolle Gedanken zu vertreiben? Lady. Gnaedigste Frau, wir wollen mit Kugeln spielen. Koenigin. Das wuerde mich denken machen, dass die Welt voller Rauhigkeit und Zaken ist, und dass mein Gluek, wie eine Kugel, die ihre Kraft verlohren hat, seitwaerts rennt. Lady. Madam, so wollen wir tanzen. Koenigin. Meine Fuesse koennen kein Maass* im Vergnuegen halten, wenn mein armes Herz kein Maass in seinem Kummer haelt. Also nichts vom Tanzen, Maedchen; irgend ein andres Spiel. {ed.-* Wortspiel mit dem Wort (measure), welches Cadenz, und Maass heisst.} Lady. So wollen wir Maehrchen erzaehlen, Gnaedigste Frau. Koenigin. Traurige oder lustige? Lady. Von beyderley Gattung, Madam. Koenigin. Von keiner von beyden, Maedchen. Die Froelichen wuerden nur die Erinnerung meiner Schmerzen desto lebhafter machen, weil sie mir die Freude zeigten, die mir fehlt; und die Traurigen wuerden noch mehr Bekuemmerniss zu derjenigen hinzuthun, die ich schon habe. Lady. So wollen wir singen, Gnaedigste Frau. Koenigin. Es ist gut, wenn du Ursache dazu hast; aber du wuerdest mir besser gefallen, wenn du weinen wuerdest. Lady. Ich koennte wol weinen, Gnaedigste Frau, wenn es euch besser machte. Koenigin. Und ich koennte weinen, wenn mir weinen besser machte, ohne dass ich eine Thraene von dir entlehnen muesste. Aber warte, hier kommen die Gaertner. Wir wollen uns in den Schatten dieser Baeume verbergen-- Sie werden vom Staat reden, wie alle Welt, wenn eine Veraenderung im Werk ist. (Ein Gaertner mit zween Garten-Jungen tritt auf; die Koenigin und ihre Damen treten bey Seite.) Gaertner. Geh, binde du jene haengenden Apricosen auf, die, wie ungerathene Kinder, ihren Vater durch ihr verschwendrisches Gewicht zu Boden ziehen; unterstueze ein wenig die neigenden Zweige. Geh du, und haue, gleich einem Nachrichter, die Koepfe der zu hochaufschiessenden Stauden-Gewaechse ab, die zu uebermuethig in unserm gemeinen Wesen aussehen. In unsrer Regierung muss alles eben seyn. Unterdessen dass ihr so beschaeftigst seyd, will ich gehen, und das unnueze Unkraut ausjaeten, das den gesunden Pflanzen die Nahrung entzieht. Junge. Wie verlangt ihr von uns, dass wir in dem Bezirk eines Zauns, Geseze, Form, und gehoeriges Ebenmaass beobachten, und wie in einem Model einen wolgeordneten Staat zeigen? Indess dass unser vom Meer eingeschlossner Garten, das ganze Land voller Unkraut ist, seine schoensten Blumen zerknikt, seine fruchtbaren Baeume alle ungepuzt, seine Zaeune eingerissen, seine Knoten alle verwirrt sind, und seine heilsamen Gewaechse von Raupen wimmeln? Gaertner. Schweige du; derjenige, dessen Fruehling so wild und zuegellos war, hat nun den Fall seiner Blaetter erfahren. Der Epheu, der unter dem Schirm seiner weitverbreiteten Zweige emporwuchs, und ihn zu unterstuezen schien, indem er ihn aussog, ist aller bis auf die Wurzeln, von Bolingbroke ausgereutet worden; ich meyne den Grafen von Wiltschire, Buschy, und Green. Junge. Was, sind sie todt? Gaertner. Das sind sie, und Bolingbroke hat sich des verungluekten Koenigs bemaechtiget. Wie beklagenswerth ist es, dass er sein Land nicht so gehalten hat, wie wir unsern Garten. Wir verwunden die Rinde unsrer Frucht-Baeume, weil der zu grosse Ueberfluss von Saft sie geil und ueppig machen, und durch zuviel Reichthum zu grund richten wuerde. Haette er es mit den Menschen so gemacht, die zu gross und ueppig wuchsen, sie moechten die Zeit erlebt haben dass sie ihm nuezliche Fruechte getragen, und er, dass er sie gekostet haette. Wir schneiden alle ueberfluessigen Aeste weg, damit die tragenden Zweige leben moegen; haett' er's auch so gemacht, so wuerd' er selbst die Crone getragen haben, die ihm Verschwendung und Muessiggang so bald vom Haupte gerissen. Junge. Was? denkt ihr dann, der Koenig werde abgesezt werden? Gaertner. Unterdruekt ist er schon, und abgesezt wird er ohne Zweifel werden. Es sind in verwichner Nacht Briefe von einem Freund des Herzogs von York angekommen, welche schlimme Zeitungen erzaehlen. Koenigin. O, ich werde zu todt gepresst, wenn ich laenger schweige--Du Ebenbild Adams, in diesen Garten gesezt, seiner zu pflegen, wie untersteht sich deine Zunge so leidige Zeitungen anzukuendigen. Was fuer eine Eva, was fuer eine Schlange hat dir eingegeben, einen zweyten Fall des verfluchten Menschen zu machen? Wie, sagst du, Koenig Richard ist entsezt? Darfst du, kaum ein bessers Ding als die Erde die du graebst, seinen Fall weissagen? Sprich, wo, wenn und wie kamst du zu dieser boesen Zeitung? Sprich, du Ungluekseliger! Gaertner. Verzeihet mir, Madam. Ich habe wenig Freude davon, diese Neuigkeiten zu sagen, aber man versichert, dass sie wahr seyen. Koenig Richard ist in Bolingbroks maechtiger Gewalt. Ihr Gluek wird gegen einander abgewogen. In euers Herrn Waagschale ist nichts als er selbst, und etliche wenige Eitelkeiten, die ihn leicht machen; aber in der Schaale des grossen Bolingbroks ligen, ausser ihm selbst, alle Pairs von England, und mit diesen wiegt er den Koenig Richard zu Boden. Eilet nur nach London, und ihr werdet es so finden; ich sage nichts, als was jedermann weiss. Koenigin. Du behendes Ungluek, das so leicht auf den Fuessen ist, geht deine Gesandtschaft nicht mich an? Warum bin ich dann die lezte, die sie erfaehrt? O du denkst mich auf die Lezte zu sparen, damit ich deine Schmerzen desto laenger fuehle. [** Kommt, Laedies, wir wollen gehen, um in London Londons Koenig im Jammer aufzusuchen. Wie, ward ich hiezu gebohren, dass mein gedemuethigter Blik den Triumph des stolzen Bolingbroks vermehren soll? Gaertner, fuer diese Zeitung, die du mir erzaehlt hast, wuensch' ich, dass die Pflanzen, die du pflanzest, nimmer wachsen moegen. {ed.-** Was in [ ] eingeschlossen ist, sind Reime im Original.} (Sie geht ab.) Gaertner. Arme Koenigin, moechte, wenn es dir helfen koennte, dein Fluch an meinem Fleisse wahr werden!--Hier liess sie eine Thraene fallen;-- hier, an diesem Ort will ich einen Rautenstok sezen, zum Andenken, dass eine Koenigin hier geweint hat.] (Geht ab.) Vierter Aufzug. Erste Scene. (Der Parlament-Saal in London.) (Bolingbroke, Aumerle, Northumberland, Percy, Fizwater, Surrey, der Bischoff von Carlisle, der Abbt von Westmuenster, Herolde, Officianten, Gerichtsdiener, und Bagot, treten auf.) Bolingbroke. Ruft den Bagot hervor--Sage nun ohne Scheu, was du von Glosters Tode weissst; wer half dem Koenige dazu, und wer vollbrachte diese ungluekselige That? Bagot. Wenn ihr das wissen wollt, so stellt mir den Lord Aumerle vor die Augen. Bolingbroke. Vetter, tritt hervor, und sieh' diesem Mann in die Augen. Bagot. Milord Aumerle, ich weiss eure edelmuethige Zunge verschmaeht es, zu laeugnen was sie einmal gesagt hat. In jener Zeit, da Glosters Tod angezettelt wurde, hoerte ich euch sagen: Ist mein Arm nicht lang genug, da er von dem ruhigen Englischen Hof bis nach Calais an meines Oheims Kopf reicht? Unter vielen andern Reden, hoert ich euch damals auch dieses sagen: Ihr wolltet eher hunderttausend angebotne Cronen ausschlagen, als dass Bolingbroke nach England zuruek komme; und ihr seztet hinzu, wie glueklich dieses euers Vetters Tod dieses Land machen wuerde. Aumerle. Prinzen und Milords, was fuer eine Antwort soll ich diesem niedertraechtigen Mann geben? Soll ich meine schoenen Sterne so sehr entehren, und ihm wie einem der meines gleichen ist, antworten. Und doch muss ich, oder ich muss es leiden, meine Ehre von dem Geifer seiner verlaeumderischen Zunge beflekt zu sehen. Hier ist mein Pfand, (er wirft seinen Handschuh hin,) das Siegel des Todes, dass dich fuer die Hoelle auszeichnet. Du liegst, und ich will, dass es falsch ist was du sagst, mit deinem Herzens-Blut beweisen, so unwuerdig es auch ist, den Stahl meines ritterlichen Schwerdts zu besudeln. Bolingbroke. Bagot, nim dich in Acht; du sollt es nicht aufheben. Aumerle. Einen einzigen ausgenommen, wollt' ich, der Beste in dieser Versammlung haette mich so herausgefordert. Fizwater. Wenn du es zufrieden bist, dass ein andrer seinen Plaz nehme, so ist hier mein Pfand gegen das Deinige. Bey dieser schoenen Sonne, die mir zeigt, wo du stehst, ich hoerte dich sagen, und du sprachst es mit einem pralerischen Ton, du seyest die Ursach von des edlen Glosters Tod gewesen. Wenn du das laeugnest, so luegst du eine zwanzigfache Luege, und mit diesem meinem Schwerdt will ich sie in dein Herz zuruek stossen, worinn sie ausgebruetet wurde. Aumerle. Feige Memme, du hast das Herz nicht, so lange zu leben, dass du diesen Tag sehest. Fizwater. Bey meiner Seele, ich wollt' es waere in dieser Stunde. Aumerle. Fizwater, diss verdammt dich zur Hoelle. Percy. Aumerle, du luegst; o seine Ehre ist in dieser Anklage so rein, als du ein Boesewicht bist. Und dass du es bist, das will ich, hier ist mein Pfand dafuer, bis zum lezten Lebens-Athem an dir beweisen. Heb' es auf, wenn du Muth hast. Aumerle. Und wenn ich es nicht thue, o dann verdorre meine Hand, und schwinge niemals wieder den raechenden Stahl ueber den Helm meiner Feinde! Wer beschuldigt mich noch mehr? Beym Himmel, ich nehm' es mit allen auf Ich habe tausend Geister in meiner Brust, um zwanzigtausend solchen wie ihr seyd, zu antworten. Surrey. Milord Fizwater, ich erinnre mich der Zeit sehr wol, da Aumerle und ihr euch mit einander sprachet. Fizwater. Milord, es ist wahr; ihr waret dabey, und ihr koennt mir Zeugniss geben, dass es wahr ist. Surrey. So falsch, beym Himmel, als der Himmel selbst wahrhaft ist. Fizwater. Surry, du luegst. Surrey. Ehrloser Bube, diese Luege soll so schwer auf meinem Schwerdte ligen, dass es Rache ueber Rache nehmen soll, bis du, der mich luegen hiess, und deine Luege, so ruhig in der Erde ligen als deines Vaters Schaedel. Zu dessen Beweiss, ist hier das Pfand meiner Ehre; verbinde dich zum Kampf, wenn du das Herz hast. Fizwater. Wie unnoethig spornst du ein feuriges Ross! Wenn ich das Herz habe zu essen, zu trinken, Athem zu holen, so hab' ich auch das Herz, Surrey in einer Wildniss aufzusuchen, und ihn anzuspeyen, indem ich ihm sage, dass er luegt, und luegt, und luegt: Hier ist mein Pfand, dass ich dich zur Straffe ziehen will. So wahr ich in dieser neuen Welt zu gedeyhen wuensche, Aumerle ist meiner wahrhaften Anklage schuldig. Ueberdem hoerte ich den verbannten Norfolk sagen, du Aumerle, habest zween von deinen Leuten abgeschikt, den Herzog zu Calais zu ermorden. Aumerle. Ist kein ehrlicher Christ hier, der mir einen Handschuh leiht, damit ich sagen kan, dass Norfolk luegt; hier zieh ich diesen ab, dass ich es auf ihn beweisen will, wenn er zuruekberuffen werden mag. Bolingbroke. Alle diese Haendel sollen zur Entscheidung ausgesezt bleiben, bis Norfolk zuruekberuffen ist; und das soll er werden, und, ob er gleich mein Feind ist, in alle seine Herrschaften wieder eingesezt; wenn er wieder da ist, soll er gegen Aumerle seinen Beweis machen. Carlile. Dieser ehrenvolle Tag wird nie gesehen werden. Eine lange Zeit hat der verwiesne Norfolk fuer Jesum Christum, in glorreichen blutigen Kaempfen fuer die Ehre des heiligen Creuzes, mit schwarzen Heiden, Tuerken und Saracenen gefochten; hernach, von der kriegrischen Arbeit abgemattet, nach Italien sich zuruekgezogen, und endlich zu Venedig seinen Leib dieser anmuthsvollen Erde, seine reine Seele aber Christo, seinem Feldherrn, gegeben, unter dessen Fahne er so lange gestritten hatte. Bolingbroke. Wie, Bischoff, ist Norfolk todt? Carlile. So gewiss ich lebe, Milord. Bolingbroke. Seliger Friede fuehre seine Seele in Abrahams Schooss!--Milords Appellanten, eure Haendel sollen alle auf den gewechselten Pfaendern beruhen, bis wir euch den Tag zu eurer Probe angesezt haben. Zweyte Scene. (York zu den Vorigen.) York. Grosser Herzog von Lancaster, ich komme zu dir von dem berupften Richard abgeschikt, der mit williger Seele dich zu seinem Erben annimmt, und seinen hohen Scepter in deine koenigliche Hand uebergiebt. Besteige also seinen Thron, als nunmehr von ihm abstammend, und lang lebe Koenig Heinrich der vierte! Bolingbroke. In Gottes Namen, will ich den koeniglichen Thron besteigen. Bischoff von Carlisle. Das verhuete der Himmel! So schlimm das scheinen oder aufgenommen werden mag, was ich in dieser koeniglichen Gegenwart reden werde, so anstaendig ist es mir, die Wahrheit zu sagen. Wollte Gott, dass einer in dieser edeln Versammlung edel genug waere ein aufrichtiger Richter des edeln Richards zu seyn; denn ein wahrer Edelmuth wuerde ihn eine so ungerechte That verabscheuen lehren. Welcher Unterthan kan ein Urtheil ueber seinen Koenig sprechen? Und wer sizt hier, der nicht Richards Unterthan ist? Diebe, so sehr auch die Umstaende wider sie zeugen, werden nicht gerichtet, ohne dass man sie gehoert hat. Und soll das Bild der Goettlichen Majestaet, sein Hauptmann, und selbsterwaehlter Statthalter, gesalbt, gekroent, und eingethront, von seinen Unterthanen verurtheilt werden, und er selbst nicht dabey zugegen seyn? O verhuet' es, gerechter Himmel! dass in einem Christlichen Lande, unter einem gesitteten Volk eine so scheussliche, schwarze, unflaetige That gesehen werde! Ich rede zu Unterthanen, und als ein Unterthan; vom Himmel angetrieben red' ich so kuehn, denn ich rede fuer meinen Koenig. Milord von Hereford hier, den ihr Koenig nennt, ist ein schaendlicher Verraether an Herefords Koenig. Und wenn ihr ihn kroent, so lasst mich propheceyen, Englisches Blut wird den Boden duengen, und kuenftige Zeitalter um dieser Schandthat willen aechzen. Der Friede wird zu den Tuerken und Unglaeubigen schlafen gehen, und in diesem Siz des Friedens, aufruehrischer Krieg, Brueder gegen Brueder, und Buerger gegen Buerger erhizen. Unordnung, ruchlose Gewalt, Misstrauen und Aufruhr wird hier wohnen, und dieses mit Menschen-Schaedeln bedekte Land Golgatha genennt werden. O wenn ihr das koenigliche Haus gegen das koenigliche Haus empoert, so wird die jammervolleste Zwietracht daraus entstehen, die jemals auf diesem verfluchten Erdboden gewuethet hat. O! vermeidet sie, widerstehet, lasst es nicht so seyn, oder die Kinder eurer Kinder werden Weh ueber euch schreyen. Northumberland. Ihr habt vortrefflich gesprochen, Herr, und fuer eure Muehe nehmen wir euch hier wegen Hochverraths in Verhaft. Milord von Westmuenster, lasst es eure Sorge seyn, ihn bis zum Tag seines Verhoers wol zu verwahren. Gefaellt es euch, Milords, die Bitte der Gemeinen zu bewilligen? Bolingbroke. Bringet Richarden hieher, damit er vor allen Augen das Reich uebergebe: auf diese Art wird aller Verdacht gehoben. York. Ich will sein Fuehrer seyn. (Er geht ab.) Bolingbroke. Diejenigen von euch, Milords, die hier unter unserm Arrest sind, moegen fuer ihre Sicherheit auf den Tag ihrer Antwort besorgt seyn. Wir sind ihrer Liebe wenig schuldig, und haben uns wenig Beystand von ihnen zu versehen gehabt. Dritte Scene. (Koenig Richard und York zu den Vorigen.) Koenig Richard. Himmel, warum werde ich vor einen Koenig vorgefordert, eh ich die koeniglichen Gedanken abgeschuettelt habe, womit ich regierte? Ich habe noch nicht lernen koennen, mich einzuschwazen, zu schmeicheln, zu bueken und die Knie zu beugen. Lasset meinem Kummer noch Zeit mich zu dieser Unterwuerfigkeit anzugewoehnen. Und doch will ich mich der Zeit erinnern, da mir diese Maenner guenstiger waren. Waren sie nicht einmal mein? Rieffen sie mir nicht einmal lauter Heil und Leben zu? Das that Judas auch gegen Christum: Aber Christus fand unter zwoelfen Treue bey allen bis auf einen, ich unter zwoelftausend gar keine. Gott erhalte den Koenig!--Will niemand sagen, Amen? Bin ich Priester und Kuester zugleich? Wol dann, Amen! Gott erhalte den Koenig, ob ich's gleich nicht bin, und auch Amen! Wenn der Himmel mich dafuer erkennt. Was fuer Dienste fordert man von mir, dass man nach mir geschikt hat? York. Eine Handlung deines eignen freyen Willens, wozu du, der Majestaet ueberdruessig, dich selbst erboten hast, die Uebergabe deines Staats und deiner Crone. Koenig Richard. Gebt mir die Crone--hier, Vetter, nimm die Crone, hier auf dieser Seite, meine Hand; und auf dieser deine. Izt ist diese goldne Crone wie ein tiefer Brunnen mit zween Kuebeln, wovon einer den andern fuellt; der leere tanzt immer in der Luft, indem der andre in der Tiefe, ungesehn und voll Wassers ist; dieser erniedrigte und mit Thraenen angefuellte Kuebel bin ich, der nun seinen Kummer wie Wasser in sich schluken muss, indess dass ihr in die Hoehe steigt. Bolingbroke. Ich dachte, ihr waeret willig, die Crone niederzulegen? Koenig Richard. Die Crone, ja; aber doch bleibt mein Schmerz mein, ihr koennt mich meiner Majestaet und meines Staats entsezen, aber nicht meiner Schmerzen; darueber bleib ich immer Koenig. Bolingbroke. Seyd ihr's zufrieden, die Crone zu uebergeben? Koenig Richard. Ja, nein--Nein, ja,--Denn ich muss nichts seyn--also nein, nein; denn ich uebergebe sie dir. Nun, gebt acht wie ich mich selbst vernichte; ich gebe diese schwere Buerde von meinem Haupte weg, diesen unbehuelflichen Scepter aus meiner Hand, und den Stolz der Koenigs-Wuerde aus meinem Herzen; mit meinen eignen Thraenen wasch ich meine Salbung weg; mit meinen eignen Haenden geb ich meine Crone von mir; mit meiner eignen Zunge verlaeugne ich meinen geheiligten Stand, und mit meinem eignen Athem entlasse ich alle ihrer mir geschwornen Pflichten. Ich verschwoere alle Majestaet und Hoheit, ich vergesse alle meine Domainen, Renten und Einkuenfte, ich vernichte alle meine Handlungen, Edicte und Verordnungen. Gott verzeihe alle die Eidschwuere, die an mir gebrochen werden! Gott erhalte alle diejenigen ungebrochen, die dir gethan werden. Moegest du lange leben, um auf Richards Stuhl zu sizen, und Richard bald im Grabe Ruhe finden. Gott erhalte den Koenig Heinrich, sagt der entkoenigte Richard, und sende ihm viele Jahre von glueklichen Tagen!-- Was ist noch mehr zu thun? Northumberland. Nichts mehr, als dass ihr diese Anklagen und dieses Verzeichniss von abscheulichen Verbrechen leset, die von euch selbst und euern Anhaengern gegen den Staat und das Beste dieses Landes begangen worden; damit durch euer Gestaendniss alle Welt ueberzeugt werde, dass ihr mit Recht entsezt worden seyd. Koenig Richard. Muss ich das thun? muss ich das Gewebe meiner Thorheiten Faden vor Faden ausfaeseln? Lieber Northumberland, wenn deine Suenden alle aufgeschrieben waeren, wuerdest du nicht beschaemt seyn, sie in einer so schoenen Gesellschaft abzulesen? Thaetest du es, du wuerdest einen scheuslichen Artikel, die Absezung eines Koenigs, darinn finden, den gewaltthaetigen Bruch eines geheiligten Eides, mit einem Strich der Verdammniss im Buch des Himmels bezeichnet. O, ihr alle die ihr hier steht und mich anseht, wie mein Ungluek mich noethigt, mich selbst aufzureiben, wenn gleich einige von euch wie Pilatus ihre Haende mit heuchlerischen Thraenen waschen; so seyd ihr's dennoch, ihr Pilatusse, die mich hier zu meinem bittern Creuz ausliefern, und Wasser kan eure Suende nicht abwaschen. Northumberland. Milord, beschleunigst euch, ueberleset diese Artikel. Koenig Richard. Meine Augen sind voll Thraenen; ich kan nicht sehen, und doch blendet ihr Salz-Wasser sie nicht so sehr dass ich nicht einen Pak Verraether hier beysammen sehe. Doch was sag ich? ich bin selbst ein Verraether wie die uebrigen; denn ich habe die Einwilligung meiner Seele zur Entsezung eines Koenigs gegeben; ich habe die Majestaet entweiht, und einen Monarchen zu einem Sclaven gemacht; ich bin ein Verraether! Northumberland. Milord-- Koenig Richard. Kein Lord von dir, du hohnsprechender Mann, niemands Lord; ich habe keinen Namen, keinen Titel mehr; nein, sogar der Name der mir ueber dem Taufstein gegeben wurde, ist usurpirt. O! des unglueklichen Tags! dass ich so manche Winter ueberlebt haben, und meinen eignen Namen nicht mehr wissen soll! O! dass ich ein zum Scherz aus Schnee zusammengeballter Koenig waere, und hier, vor Bolingbroks Sonne stehend, in Wassertropfen wegschmelzen moechte!--Guter Koenig,-- Grosser Koenig--wenn anders mein Wort noch gangbare Muenze in England ist, so lasst es diesen Augenblik einen Spiegel hieher befehlen, damit ich sehe, wie mein Gesicht aussieht, seitdem es seine Majestaet verlohren hat. Bolingbroke. Gehe jemand, und hole einen Spiegel. Northumberland. Ueberleset indessen dieses Papier, bis der Spiegel kommt. Koenig Richard. Teufel, du peinigst mich, eh ich noch in der Hoelle bin. Bolingbroke. Sezt ihm nicht weiter zu, Milord von Northumberland. Northumberland. Die Gemeinen werden so nicht zufrieden seyn. Koenig Richard. Sie sollen es werden; ich will genug lesen, wenn ich das Buch sehe, worinn, in der That, alle meine Suenden geschrieben sind, und das bin ich selbst. (Man bringt einen Spiegel.) Gieb mir den Spiegel, hierinn will ich lesen--Noch keine tiefere Runzeln! Hat der Kummer so manche Streiche auf dieses mein Gesicht gefuehrt, und keine tiefere Wunden gemacht? O! schmeichelndes Glas! Du betruegst mich wie die Freunde meines glueklichen Zustands--War dieses das Gesicht, das taeglich zehntausend Menschen unter seinem Haus-Dach hielt? War diss das Gesicht, das gleich der Sonne, diejenigen die es ansahen, blinzen machte? und nun von Bolingbrok ueberglaenzt wird? Eine zerbrechliche Majestaet leuchtet in diesem Gesicht, (er schmeisst den Spiegel auf den Boden,) und so zerbrechlich wie die Majestaet, ist auch das Gesicht; denn hier ligt es, in hundert Scherben zerbrochen. Gieb Acht, stillschweigender Koenig, auf die Moral dieses Kinderspiels; wie schnell mein Kummer mein Gesicht zerstoert hat. Bolingbroke. Der Schatten euers Kummers hat den Schatten euers Gesichts zerstoert. Koenig Richard. Sagt das noch einmal. Der Schatten meines Kummers! Ha, lasst einmal sehen--es ist in der That so, mein Schmerz ligt ganz in meinem Innern, und alle diese aeusserlichen Zeichen von Jammer sind blosse Schatten des unsichtbaren Grams, der in geheim in der gepeinigten Seele schwellt. Ich danke dir, Koenig, dass du mir nicht nur Ursache zum Wehklagen giebst, sondern mich auch noch lehrst, wie ich die Ursache bejammern soll. Ich will nur noch um eine einzige Gefaelligkeit gebeten haben, und dann gehen und euch nicht mehr beunruhigen. Werd' ich sie erhalten? Bolingbroke. Nennet sie, geliebter Vetter. Koenig Richard. Geliebter Vetter! Ah! ich bin groesser als ein Koenig; denn wie ich ein Koenig war, waren meine Schmeichler meine Unterthanen; nun da ich ein Unterthan bin, hab ich einen Koenig zum Schmeichler. Da ich ein so grosser Mann bin, so hab ich nicht noethig zu bitten. Bolingbroke. So fordert. Koenig Richard. Und soll ich's haben? Bolingbroke. Ihr sollt. Koenig Richard. So erlaubt mir wegzugehen. Bolingbroke. Wohin? Koenig Richard. Wohin ihr wollt, wenn es nur aus euerm Gesicht ist. Bolingbroke. Einige von euch sollen ihn nach dem Tower begleiten--Auf naechsten Mitwoch sezen wir unsre Kroenung fest: Milords, haltet euch dazu gefasst. (Alle gehen ab, bis auf den Abbt von Westmuenster, den Bischoff und Aumerle.) Vierte Scene. Abbt. Welch ein jammervolles Schauspiel, das wir hier gesehen haben! Bischoff. Der Jammer wird erst kommen; die noch ungebohrne Nachwelt wird diesen Tag so scharf wie einen Dorn in ihrem Fleische fuehlen. Aumerle. Ihr heiligen Priester, ist denn kein Mittel, das Reich vor diesem verderblichen Unwesen zu retten? Abbt. Eh ich euch hierueber mein Innerstes entdeke, sollt ihr das Sacrament darauf empfangen, dass ihr nicht nur mein Vorhaben verschwiegen halten, sondern auch alles vollziehen wollet, was ich euch nur immer auftragen werde. Ich sehe eure Stirne voll Missvergnuegen, euer Herz voll Gram, und eure Augen voll Thraenen. Kommt mit mir heim zum Nacht-Essen, und da wollen wir den Grund zu einem Entwurf legen, der uns einen glueklichen Tag sehen lassen soll. (Sie gehen ab.) Fuenfter Aufzug. Erste Scene. (Eine Strasse in London.) (Die Koenigin mit ihren Damen tritt auf.) Koenigin. Diesen Weg wird der Koenig kommen: Diss ist der Weg zu jenem fatalen Thurm, den Julius Caesar auffuehrte, und worein der stolze Bolingbroke meinen Herrn zur Gefangenschaft verurtheilt hat. Hier wollen wir ausruhen; wenn diese aufruehrische Erde anders noch eine Ruhe fuer ihres rechtmaessigen Koenigs Gemalin hat.-- (Koenig Richard tritt mit seiner Wache auf.) Aber stille! aber seht, doch seht lieber nicht, wie verwelkt meine schoene Rose ist-- Nein, seht auf, schaut und zerfliesst aus Mitleiden in Thau, um ihn mit den Thraenen einer getreuen Liebe wieder frisch zu waschen. O du, der Truemmer, wo das alte Troja stand, du Ruin der Majestaet, du Grabmal von Koenig Richard, und nicht Koenig Richard selbst! Du schoener Gasthof, soll Gram und Jammer in dir herbergen, indess dass Triumph der Gast in einer Bierschenke worden ist? Koenig Richard. Vereinige dich nicht mit meinem Kummer, schoenes Weib, mein Ende zu sehr zu beschleunigen. Lerne, gute Seele! unsern vorigen Zustand als einen glueklichen Traum ansehen, von dem wir nun erwacht sind, und uns in der That in keinen bessern Umstaenden finden, als worinn wir sind. Meine Liebe, ich bin ein geschworner Bruder der unerbittlichen Nothwendigkeit, und wir beyde werden im Buendniss stehen bis zum Tode. Eile du nach Frankreich, und verbirg dich in irgend eine andaechtige Freystaette. Es ist uns nichts uebrig, als durch ein heiliges Leben die Crone in einer bessern Welt wieder zu gewinnen, die wir durch unheilige Stunden verlohren haben. Koenigin. Wie? Ist mein Richard an Gestalt und Gemueth verwandelt? Hat Bolingbroke auch deinen Geist abgesezt? Ist er bis in dein Herz eingedrungen? Ein sterbender Loewe straeubt sich, und verwundet, aus Wuth ueberwaeltigt zu seyn, wenigstens die Erde, wo er fiel; und du, willt wie ein unmuendiger Knabe deine Zuechtigung mit Sanftmuth empfangen, die Ruthe kuessen, und deinem Feind mit schaamwuerdiger Demuth die Fuesse lecken, du, der ein Loewe, ein Koenig der Thiere war? Koenig Richard. Ein Koenig von Thieren, in der That; und wenn es nichts als Thiere gewesen waeren, so waer' ich noch ein glueklicher Koenig von Menschen. Meine gute ehmalige Koenigin, mache dich reisefertig nach Frankreich. Denk, ich sey todt, und dass du eben hier, als bey meinem Todbette, den lezten Abschied von mir nimmst. In verdrieslichen Winternaechten size mit guten alten Leuten zum Feuer, und lass dir Geschichten von Jammer und Ungluek erzaehlen, die laengst begegnet sind; und ehe du ihnen gute Nacht giebst, erzaehl' ihnen hinwieder meinen klaeglichen Fall, und schike die hoerenden weinend zu Bette-- Zweyte Scene. (Northumberland und Gefolge zu den Vorigen.) Northumberland. Milord, Bolingbrok hat seine Gedanken geaendert, ihr sollt nach Pomfret, nicht nach dem Tower--Madam, es sind schon Anstalten euertwegen gemacht; ihr muesst in moeglichstes Eile nach Frankreich. Koenig Richard. Northumberland, du Leiter, auf welcher Bolingbroke an meinen Thron hinaufgestiegen ist; die Zeit wird nicht lange aussenbleiben, da dein schwaehrendes Verbrechen von faulem Eyter aufbrechen wird. Du wirst denken, wenn er gleich das Reich theilt, und dir die Haelfte giebt, es sey zu wenig, weil du ihm alles gegeben habest; und er wird denken, du, der den Weg kennt unrechtmaessige Koenige zu sezen, werdest, auf die kleinste Veranlassung, auch wissen, ihn wieder, so lang er ist, von seinem angemassten Thron herab zu stuerzen. Die Liebe lasterhafter Freunde verwandelt sich in Misstrauen, und diss Misstrauen in Hass; und der Hass wird einen oder beyde dem verdienten Untergang ueberliefern. Northumberland. Mein Verbrechen sey ueber meinem Haupt, und soviel hievon! Nehmt Abschied von einander, ihr muesst scheiden. Koenig Richard. Doppelt geschieden? Gottlose Leute, ihr entheiligt eine zweyfache Ehe; zwischen mir und meiner Crone, und zwischen mir und meinem vermaehlten Weib. Lass mich den Eid hinwegkuessen, der dich und mich vereinigt; und doch, nicht so, denn mit einem Kuss ward er gemacht. Scheid' uns, Northumberland; ich, nach Norden, wo schauernde Kaelte das kranke Clima verzehrt; meine Koenigin nach Frankreich, von wannen sie im Pomp heruebergesandt wurde, geschmuekt wie der holde May, nun zuruek geschikt, verduestert und traurig wie der kuerzeste Tag. Koenigin. Und muessen wir denn getrennt seyn? Muessen wir denn scheiden? Koenig Richard. Ja, Hand von Hand, meine Liebe, und Herz von Herz. Koenigin. Verbannet uns beyde, und schikt den Koenig mit mir. Northumberland. Das waere guetig, aber sehr unpolitisch. Koenigin. So lasst mich mit ihm gehen. Koenig Richard. Weine du in Frankreich fuer mich, und ich will hier fuer dich weinen; es ist besser entfernt, als naeher geschieden zu seyn. Geh, zaehle deinen Weg mit Seufzern ab, ich mit Aechzen den meinigen. Koenigin. So wird der laengste Weg die meisten Seufzer haben. Koenig Richard. Ich will bey jedem Schritt zweymal aechzen, weil mein Weg der kuerzere ist. Komm, komm, ein Kuss soll uns den Mund schliessen, und dann fahr' wohl; so geb' ich dir mein Herz, und so nehm' ich deines. (Sie kuessen sich.) Koenigin. Nein, gieb mir das meinige zuruek; es waere kein schoener Abschied, wenn ich dein Herz mit mir nehmen wollte, um es zu toedten. (Sie kuessen sich wieder.) So, nun hab' ich das Meinige wieder, damit ich mich bestreben kan, es mit einem Seufzer zu toedten. Koenig Richard. Wir vermehren nur unsern Schmerz mit diesen zaertlichen Verzoegerungen; noch einmal, leb' wohl; das uebrige lass unsre Thraenen sagen.-- (Sie gehen ab.) Dritte Scene. (Des Herzogs von York Palast.) (York und seine Herzogin treten auf.) Herzogin. Milord, ihr wolltet fortfahren, mir den Einzug unsrer beyden Vettern in London zu erzaehlen, als ihr durch Thraenen genoethigt wurdet, eure Geschichte zu unterbrechen. York. Wo blieb ich stehen? Herzogin. Bey dem klaeglichen Absaz, Milord, da ruchlose unmenschliche Haende aus einem Fenster Staub und Auskehricht auf Koenig Richard herunter schuetteten. York. Der Herzog, der grosse Bolingbroke, von einem heissen feurigen Hengst getragen, der, als ob er seinen emporstrebenden Reuter kenne, mit langsamem aber stolzem Schritt dahergieng, sezte also, wie ich sagte, seinen Zug fort, indem alle Zungen ihm entgegenriefen: Gott erhalte dich, Bolingbroke! Unzaehliche weitoffne Augen schossen ihre verlangende Blike nach ihm, und das Zujauchzen war so gross, dass ihr gedacht haettet, die Mauren selbst mit den Bildern womit sie uebermahlt sind, haetten auf einmal zu ruffen angefangen: Gott erhalte dich, willkommen, Bolingbroke! Indess dass er, sich immer von einer Seite zur andern drehend, mit entbloesstem Haupt, und alle Augenblike bis unter seines stolzen Rosses Kopf sich buekend, ihnen antwortete: Ich danke euch, meine Mitbuerger; und so zog er langsam die Strasse durch. Herzogin. O Jammer! Armer Richard! Wie gieng es ihm indessen? York. Wie in einem Schauspiel die Augen der Leute, wenn ein beliebter Schauspieler die Scene verlaesst, sich unachtsam von demjenigen wegwenden, der zunaechst auftritt, in der Einbildung, dass sie nichts als ein langweiliges Gewaesche von ihm zu erwarten haben; eben so, oder noch veraechtlicher, runzelte sich jede Stirne, da Richard kam; niemand rief. Gott erhalte ihn! Keine erfreute Zunge hiess ihn in seiner Hauptstadt willkommen; sondern Staub wurde auf sein geheiligtes Haupt geschuettet, den er mit einem so sanftmuethigen Schmerz und mit einem Gesicht, worinn Thraenen und Laecheln, auf eine so herzruehrende Art kaempften, von sich abschuettelte, dass, haette nicht Gott, aus irgend einer furchtbaren Ursache, die Herzen der Menschen verhaertet, sie nothwendig haetten schmelzen, und Barbarey selbst ihn haette beweinen muessen. (Aber der Himmel hat seine Hand in diesen Begebenheiten, und in seinen hohen Willen muessen wir den unsrigen ergeben. Wir sind nun Bolingbroks Unterthanen, und ihm hab' ich nun auf ewig meine Treue angelobt.) Vierte Scene. (Aumerle zu den Vorigen.) Herzogin. Hier kommt mein Sohn, Aumerle. York. Der Aumerle war, und es nicht mehr ist, weil er Richards Freund war. Ihr muesst ihn nunmehr Rutland nennen, Madam; ich bin Buerge im Parlament fuer seine Treue gegen den neuen Koenig worden. Herzogin. Willkommen, Sohn; wo sind nun die Veilchen, die den gruenen Schooss des jungen Fruehlings bestreuen? Aumerle. Madam, ich weiss es nicht, und bekuemmre mich wenig darum. Gott weiss, dass es mir gleichgueltig ist, ob ich bin, oder ob ich nicht bin. York. Gut, betragt euch wohl in diesem Fruehling einer neuen Zeit, sonst moechtet ihr abgeschnitten werden, eh ihr geblueht habt. Was giebts neues von Oxford? Dauren diese Lustbarkeiten und Ritterspiele noch immer fort? Aumerle. So viel ich weiss, noch immer. York. Geht ihr auch dahin? Aumerle. Wenn Gott es nicht verhindert, so ist es mein Vorsaz. York. Was fuer ein Siegel ist das, so aus deinem Busen heraushaengt--Wie, du erblassest? Lass mich die Schrift sehen. Aumerle. Es ist nichts, Milord. York. So ist auch nichts daran gelegen, dass ichs sehe. Ich will befriedigt seyn, lass mich die Schrift sehen. Aumerle. Ich bitte Euer Gnaden um Vergebung; es ist eine Kleinigkeit, die ich aus gewissen Ursachen nicht gerne sehen lassen moechte. York. Die ich aus gewissen Ursachen sehen will, Herr. Ich fuerchte, ich fuerchte-- Herzogin. Was koennt ihr fuerchten, Milord? Es wird nichts als irgend eine Handschrift seyn, die er wegen seiner Equipage zum Einzug ausgestellt haben wird. York. Ich glaube du bist nicht klug, Weib--Jung, lass mich die Schrift sehen. Aumerle. Ich bitte euch, haltet mir's zu Gnaden; ich kan es nicht sehen lassen. York. Ich will es aber sehen, sag ich-- (Er reisst ihms weg und liesst es.) Verrath! Schaendlicher Hochverrath! Nichtswuerdiger! Verraether! Sclave! Herzogin. Was ist es dann, Milord? York. He! wer ist da drinn? Sattlet mein Pferd. Himmel, was fuer eine Verraetherey ist das! Herzogin. Wie, was ist es, Milord? York. Meine Stiefel her, sag ich; sattlet mein Pferd. Nun bey meiner Ehre, bey meinem Leben, ich will dein Anklaeger seyn, Boesewicht. Herzogin. Was ist es dann? York. Still, naerrisches Weibsbild. Herzogin. Ich will nicht still seyn; was ist es, Sohn? Aumerle. Meine gute Mutter, gebt euch zufrieden, es ist nichts mehr, als wovor mein armes Leben gut stehen muss. Herzogin. Dein Leben! Fuenfte Scene (Ein Bedienter kommt mit Stiefeln herein.) York. Gieb mir die Stiefel her; ich will zum Koenige. Herzogin. Schlag ihn zu Boden, Aumerle--(Armer Junge, du bist betaeubt.) Weg, Schurke, und komm mir nicht mehr vor die Augen. (Zum Bedienten.) York. Meine Stiefel! Herzogin. Wie, York, was willt du thun? Du willt den Tod deines eignen Kinds befoerdern? Haben wir noch mehr Soehne? Oder koennen wir noch mehr bekommen? Willt du meinen einzigen Sohn in meinem Alter von mir reissen, und mich des gluekseligen Namens einer Mutter berauben? Ist er nicht dein eigen? York. Du zaertliche Thoerin! Wolltest du diese schwarze Zusammenverschwoerung verheeren? Ihrer Zwoelfe haben das Sacrament empfangen, und sich die Haende darauf gegeben, den Koenig zu Oxford zu ermorden. Herzogin. Das soll er nicht; wir wollen ihn hier behalten. York. Weg, naerrisches Weib. Waer' er zwanzigmal mein Sohn, so wollt' ich ihn angeben. Herzogin. Haettest du seinetwegen aechzen muessen wie ich, du wuerdest mitleidiger seyn. Aber nun merke ich deine Gedanken; du argwoehnest, dass ich deinem Bette ungetreu gewesen sey, und dass er ein Bastard sey, nicht dein Sohn; liebster York, liebster Gemal, denke nicht so; er ist dir so gleich als man seyn kan; er ist weder mir noch irgend jemand aus meiner Verwandtschaft aehnlich, und doch lieb ich ihn. York. Aus dem Weg, widerspenstiges Weibsbild. (Er geht ab.) Herzogin. Geh ihm nach, Aumerle; besteig' sein Pferd, sporn' es so gut, dass du vor ihm zum Koenig kommst, und bitt' um Gnade, eh er dich anklagen kan. Ich will nicht lange dahinten bleiben; wenn ich schon alt bin, so will ich doch noch wol so schnell reiten als York; und nimmer will ich vom Boden aufstehen, bis Bolingbroke dich begnadigt hat. Hinweg. (Sie gehen ab.) Sechste Scene. (Verwandelt sich in den Hof zu Windsor.) (Bolingbroke, Percy, und andre Lords treten auf.) Bolingbroke. Kan mir niemand Nachricht von meinem ungerathnen Sohne geben? Es sind volle drey Monate, seitdem ich ihn das leztemal sah. Wenn ja eine Plage ueber uns haengt, so ist es er; ich wollte zu Gott, Milords, dass er gefunden wuerde. Fragt zu London in den Weinschenken nach ihm, denn dort sagt man, haelt er sich taeglich in Gesellschaft zuegelloser luederlicher Leute auf, sogar mit solchen, die in holen Wegen lauren und die Reisenden berauben, indess dass der junge ausgelassene Bube eine Ehre darinn sucht, eine so schaendliche Rotte zu beschuezen. Percy. Gnaedigster Herr, es sind etwann zween Tage, dass ich den Prinzen sah, und ihm von den Ritterspielen zu Oxford erzaehlte. Bolingbroke. Und was antwortete der Busch-Kloepfer? Percy. Er sagte, er wolle in ein Bordel, und der gemeinsten Meze einen Handschuh abziehen, ihn ihr zu Ehren auf den Hut steken, und damit den herzhaftesten Ritter aus dem Sattel heben. Bolingbroke. So luederlich als wild; und doch seh' ich durch beydes einige Funken von Hoffnung schimmern, welche mit zunehmenden Jahren glueklich ausschlagen moegen. Aber wer kommt hier? (Aumerle zu den Vorigen.) Aumerle. Wo ist der Koenig? Bolingbroke. Was hat unser Vetter, dass er so starr und wild aussieht? Aumerle. Gott erhalte Euer Majestaet. Ich bitte euch, etliche Augenblike mit Euer Majestaet allein sprechen zu duerfen. Bolingbroke. Entfernet euch, und lasst uns hier allein; was ist dann nun die Sache, Vetter? Aumerle (kniend.) Auf ewig moegen meine Knie in die Erde wachsen, und meine Zunge an meinen Gaumen, oder Euer Majestaet ertheile mir Gnade, eh ich rede! Bolingbroke. Was ist dein Fehler, vorgesezt, oder wuerklich begangen? Wenn nur das erste, so gross er seyn mag, so vergeb' ich ihn dir, um deine kuenftige Liebe zu gewinnen. Aumerle. So erlaubet mir, Gnaedigster Herr, dass ich den Schluessel umdrehen darf, damit niemand herein komme, bis meine Erzaehlung zu ende ist. Bolingbroke. Das magst du. York (hinter der Scene.) Gnaedigster Herr, nehmt euch in Acht, seht euch vor, ihr habt einen Verraether bey euch. Bolingbroke (zu Aumerle.) Nichtswuerdiger, ich will bald mit dir fertig seyn-- Aumerle. Halt deine raechende Hand zuruek, du hast keine Ursache zu fuerchten. York. Mach die Thuer auf, sichrer, unbesonnener Koenig; oeffne die Thuer, oder ich werde sie einstossen. Siebende Scene. (York zu den Vorigen.) Bolingbroke. Was giebt es, mein Oheim? Sprich, komm erst zu Athem; sag uns, wie nah ist die Gefahr, damit wir uns waffnen koennen, ihr entgegen zu gehen? York. Ueberlies diese Schrift, so wirst du die Verraetherey kennen, von der ich, athemloss wie ich bin, noch nicht reden kan. Aumerle. Erinnre dich, indem du liesest, deines gegebnen Versprechens. Es reuet mich, lies meinen Namen nicht, mein Herz ist kein Bundsgenosse meiner Hand. York. Nichtswuerdiger, dein Herz war ein Verraether, eh deine Hand es war-- ich riss es aus des Verraethers Busen, Koenig. Furcht, nicht Liebe zeugt seine Reue; habe kein Mitleiden mit ihm, oder dein Mitleiden moechte eine Schlange werden, und dein Herz durchstechen. Bolingbroke. O grauliche, verwegne und maechtige Verschwoerung! O rechtschaffner Vater eines verraetherischen Sohns, du reine, unbeflekte Silberquelle, aus welcher dieser Strom durch sumpfige Oerter geflossen, und so sich selbst verunreinigt hat. Der Ueberfluss deiner Verdienste soll diesen toedtlichen Fleken von deinem verbrecherischen Sohn abwaschen. York. So wuerde meine Tugend die Kupplerin seines Lasters seyn; und wie verschwendrische Soehne ihrer kargen Vaeter Gold, so wuerde er durch seine schaendliche Thaten meine Ehre verprassen.* Meine Ehre lebt nur, wenn seine Schande stirbt; du toedtest mich, du toedtest den rechtschaffnen Mann, wenn du den Verraether leben laessest. {ed.-* Von hier bis zur 9ten Scene lauter Reime im Original.} Die Herzogin (hinter der Scene.) O! Gnaedigster Herr, um Gottes willen, lasst mich ein. Bolingbroke. Was fuer ein hellstimmiger Supplicant macht dieses aengstliche Geschrey? Herzogin. Ein Weib, und deine Tante, grosser Koenig, ich bin's. O lasset mich vor, habet Mitleiden mit mir, lasst die Thuer oeffnen. Eine Bettlerin bettelt, die zuvor noch nie gebettelt hat. Bolingbroke. Unsre Scene hat ihre ernsthafte Gestalt verlohren, und hat sich in den Bettler und den Koenig verwandelt; mein gefaehrlicher Vetter, lasst eure Mutter herein, sie kommt ohne Zweifel fuer euch zu bitten. York. Wenn du vergiebst, wer es auch sey, der dich um Gnade bittet, so wird deine Gnade die Aufmuntrung zu neuen Verbrechen seyn. Schneide dieses eyternde Gelenk ab, so bleibt das uebrige gesund; wo nicht, so wird der ganze Leib angestekt werden. Achte Scene. (Die Herzogin von York zu den Vorigen.) Herzogin. O Koenig, glaube nicht diesem hartherzigen Mann; wer kan jemand andern lieben, der sich selbst nicht liebt? York. Du aberwiziges Weibsbild, was machst du hier?-- Herzogin. Geduld, lieber York; hoeret mich, Gnaedigster Herr. (Sie kniet.) Bolingbroke. Steht auf, meine Tante. Herzogin. Noch nicht, ich bitte euch; ewig will ich hier auf meinen Knien ligen, bis du durch die Begnadigung meines armen Sohns mir das Leben giebst. Aumerle. Kniend fueg' ich zu meiner Mutter Bitte die meinige. York. Und kniend heisst mich meine Treue wider beyde bitten; nimmer wirst du gedeyhen, wenn du Gnade widerfahren laessest. Herzogin. Bittet er im Ernst? O betrachtet sein Gesicht; seine Augen lassen keine Thraenen fallen, sein Bitten ist nur Verstellung, seine Worte kommen nur aus seinem Mund, unsre aus dem Herzen; er bittet nur, um nicht erhoert zu werden, wir bitten mit Herz und Seele; seine mueden Knie, ich weiss es, hoffen freudig aufzustehen; die unsrige sollen knien, bis sie in den Boden wachsen. O so lasst dann unser aufrichtiges Flehen seine heuchlerische Bitte ueberschreyen! Bolingbroke. Meine liebe Tante, steht auf. Herzogin. Nein, sagt nicht, dass ich aufstehen soll, ihr habt dann zuvor seine Begnadigung ausgesprochen. O waer ich deine Amme, und sollte dich reden lehren, Gnade sollte das erste Wort seyn, das deine Zunge aussprechen lernte. Noch nie verlangte ich mit Ungeduld ein Wort zu hoeren als izt, o Koenig, sprich Gnade, so erhaeltst du zwey Leben mit einem Wort. Bolingbroke. Steht auf, meine gute Tante. Herzogin. Ich bitte nicht, um Erlaubniss, zu stehen; Vergebung ist alles, warum ich bitte. Bolingbroke. Ich vergebe ihm, wie der Himmel mir vergeben soll! Herzogin. O! du bist ein Gott auf Erden! Wo ist ein Wort, das aus einem koeniglichen Munde schoener toent? O! Sag es noch einmal, mein aengstlich-zweifelndes Herz gewiss zu machen. Bolingbroke. Von ganzem Herzen vergeb' ich ihm. Aber was unsern getreuen Schwager, den Abbt, betrift--und alle uebrige von dieser zusammen- verschwornen Rotte, die soll unerbittliches Verderben an den Fersen ereilen!--Mein geliebter Oheim, sorget dafuer, dass eine hinlaengliche Anzahl von Truppen nach Oxford, oder wo diese Verraether immer seyn moegen, abgeordnet werde. Ich will sie haben, sobald ich weiss wo sie sind, und ich schwoere sie sollen in dieser Welt nicht leben! Lebet wohl, Oheim; und ihr, Vetter, Adieu; eure Mutter hat euch gute Dienste gethan; es ist nun an euch, einen guten Gebrauch davon zu machen. Herzogin. Komm, mein alter Sohn; ich bitte den Himmel, dass er dich neu mache. (Sie gehen ab.) Neunte Scene. (Exton und ein Bedienter treten auf.) Exton. Hoertest du die Worte nicht, die dem Koenig entfuhren: "Hab ich denn keinen Freund, der mich von diesen unaufhoerlichen Besorgnissen befreyen mag?" Sagte er nicht so? Bedienter. Das waren wuerklich seine Worte. Exton. "Hab' ich keinen Freund?"--sagte er; er sagte es zweymal, und zweymal mit einer gewissen Heftigkeit. That er's nicht? Bedienter. Er that es. Exton. Und indem er's sagte, sah' er mir starr ins Gesicht, als wollt' er sagen--Ich wuensche, du waer'st der Mann, der mein Herz dieser Besorgnisse erledigen moechte--er meynte den Koenig zu Pomfret. Komm, wir wollen gehen--Ich bin des Koenigs Freund, und will ihm von seinem Feinde helfen. (Sie gehen ab.) Zehnte Scene. (Verwandelt sich in das Gefaengniss zu Pomfret-Castle.) (Koenig Richard tritt auf.) Koenig Richard. Ich studiere schon lange, wie ich dieses Gefaengniss, worinn ich lebe, mit der Welt vergleichen wolle; und weil die Welt volkreich ist, und hier kein anders Geschoepf als ich selbst, so kan ich nicht damit zurecht kommen. Und doch will ich's versuchen--Mein Gehirn soll das Weib meiner Seele werden, und meine Seele, der Vater; und diese zwey sollen ein Geschlecht von Gedanken mit einander zeugen, und diese Gedanken sollen diese kleine Welt bevoelkern, humorisirt, wie die Einwohner der grossen Welt, denn kein Gedank' ist zufrieden. Sogar die besten (die Gedanken von goettlichen Dingen) sind mit Zweifeln untermischt, und sezen das Wort selbst dem Wort entgegen; zum Exempel: Kommt, ihr Kleinen; und dann wieder: Es ist so schwer zu kommen, als einem Cameel durch ein Nadeloehr zu gehen.--Gedanken, die nach Unabhaenglichkeit streben, brueten unmoegliche Wunder aus,-- wie diese schwachen Naegel mir eine Oeffnung durch die steinernen Rippen dieser Kerker-Mauren krazen koennten, und weil sie es nicht koennen, so zerplazen sie an ihrem eignen schwellenden Stolz. Gedanken, die nach Vergnuegen streben, schmeicheln sich selbst, "sie seyen nicht die ersten Sclaven des Glueks, und werden nicht die lezten seyn," (wie schelmisches Bettelvolk, wenn sie im Stok sizen, sich damit troesten, dass schon viele da gesessen sind, und noch viele sizen werden.) Und in diesem Gedanken finden sie eine Art von Erleichterung, indem sie ihr eignes Elend auf dem Rueken derer tragen, die ehmals das nemliche ausgestanden haben. So spiel ich, in einem Gefaengniss, mancherley Personen, wovon keine mit sich selbst zufrieden ist. Zuweilen bin ich ein Fuerst; dann macht Verraetherey, dass ich mich zu einem Bettler wuensche, und das bin ich. Alsdann ueberredet mich die Duerftigkeit, es sey mir besser gewesen, da ich ein Fuerst war, und dann werd' ich wieder gefuerstet; und unvermerkt besinn' ich mich, dass mich Bolingbroke entfuerstet hat, und da bin ich wieder nichts--Was ich aber seyn mag, so ist doch dieses gewiss, weder ich noch irgend ein andrer, wer er seyn mag, wird eher nicht zur Ruhe kommen, bis er nicht mehr ist--Hoer' ich nicht Musik? (Eine Musik.) Ha, ha! Haltet den Tact; wie widrig die anmuthigste Musik ist, wenn das Zeitmaass gebrochen, und die Proportion nicht gehalten wird! So ist es auch mit der Musik des menschlichen Lebens--Wie kommt es, dass ich ein so feines Ohr habe, von dem kleinsten Missklang einer verstimmten Sayte, oder eines verspaeteten Tons beleidigt zu werden; und dass ich kein Ohr hatte, die schlechte Zusammenstimmung in meinem Staat, das gebrochne Zeitmaass in meiner Regierung zu bemerken? Ich verderbte die Zeit; nun verderbt die Zeit mich. Die Zeit hat nun ihre Stunden-Uhr aus mir gemacht; meine Gedanken sind die Minuten, und meine jammernden Seufzer die Toene, die an mein Herz anschlagen, und so die Stunden anzeigen--Diese Musik macht mich naerrisch--lasst sie schweigen; wenn sie gleich schon oefters naerrischen Leuten wieder zu ihrem Verstand geholfen hat, so scheint es doch an mir, dass sie kluge Leute naerrisch mache. Und doch gesegnet sey der, so sie mir giebt; es ist immer ein Zeichen seiner Liebe, und Liebe zu Richard ist ein seltnes Kleinod in einer Welt, wo der Hass allezeit den Fall begleitet. Eilfte Scene. (Ein Stallknecht kommt herein.) Stalknecht. Heil, koeniglicher Herr! Koenig Richard. Grossen Dank, edler Pair. Der Wohlfeilste von uns beyden ist um zehn Groschen zu theuer. Wer bist du? Wie kommst du hieher? Wohin niemand kommt, als ein schwermuethiger Sclave, der mir zu essen bringt; um mein Ungluek zu verlaengern. Stalknecht. Ich war ein armer Stallknecht in deinem Marstall, Koenig, wie du noch ein Koenig warst; und da ich unlaengst nach York reisen musste, so hab' ich um die Erlaubniss angesucht, meinen ehmaligen Herrn sehen zu duerfen. O wie weh that mir's im Herzen, wie ich in den Strassen von London, an dem Kroenungs-Tag zusehen musste, wie Bolingbroke auf dem weiss- und roth getuepfelten Barber, euerm Leibpferd, ritt; auf diesem Pferd das ihr so oft geritten, und das ich mit so grosser Sorgfalt abgerichtet hatte. Koenig Richard. Ritt er auf meinem Barber? Sag mir, mein guter Freund, wie gieng er unter ihm? Stalknecht. So stolz, als ob er den Boden aus Verachtung nicht beruehren wolle. Koenig Richard. So stolz, weil er Bolingbrok auf seinem Rueken hatte? Die Schindmaehre hat Brodt aus meiner koeniglichen Hand gefressen; diese Hand hat ihn so oft durch streicheln stolz gemacht. Und er stolperte nicht? Er fiel nicht, und brach diesem uebermuethigen Mann den Hals, der seinen Rueken usurpirte? Um Vergebung, du gutes Pferd! du verdienst mein Schelten nicht; du warst dazu geschaffen, dem Menschen unterthan zu seyn, und zum Tragen gebohren. Ich war zu keinem Pferd gemacht, und doch trag' ich die Last eines Esels, und lasse mich von dem trottenden Bolingbroke mit Sporrn zerfleischen und zuschanden reiten. Zwoelfte Scene. (Ein Hueter mit einer Schuessel, zu den Vorigen.) Hueter. Kerl, mach' Plaz, du darfst nicht laenger bleiben. (Zum Stallknecht.) Koenig Richard. Wenn du mich liebst, so ist es Zeit, dass du gehst. Hueter. Milord, beliebt es euch zu essen? Koenig Richard. Kost' es vorher, wie du gewohnt bist. Hueter. Milord, ich darf nicht; Sir Pierce von Exton, der kuerzlich auf des Koenigs Befehl hieher gekommen ist, hat mir's verboten. Koenig Richard. Der Teufel hole Heinrichen von Lancaster und dich! Die Geduld geht mir aus. (Er schlaegt den Hueter.) Hueter. Huelfe, Huelfe, Huelfe!--(Exton und Bediente zu den Vorigen.) Koenig Richard. Wie? was soll das bedeuten? Kommt ihr mich zu ermorden?-- Ungluekseliger, stirb durch dein eignes Schwerdt! (Er reisst einem sein Schwerdt aus der Hand und stosst ihn nieder.) Geh du und fuell' einen andern Plaz in der Hoelle aus, (er toedtet noch einen; Exton schlaegt ihn mit einem Streich zu Boden, ) diese Hand soll in unausloeschlichem Feuer brennen die mit des Koenigs Blut des Koenigs eignes Land befleket hat!--Erheb' erhebe dich, meine Seele, einen himmlischen Thron einzunehmen, indem mein sterblicher Theil zur Erde sinkt. (Er stirbt.) Exton. So voll von Tapferkeit als koeniglichem Blut! Und dieses hab' ich nun vergossen! O wie wollt ich, dass diese That gut waere! Aber der Teufel, der mir sagte, ich thue recht, sagt izt, dass sie in die Tag- Buecher der Hoelle eingeschrieben ist. Ich will nun diesen todten Koenig zu dem lebenden tragen; ihr, schleppt die uebrigen fort, und sorgt, dass sie hier begraben werden. (Sie gehen ab.) Dreyzehnte Scene. (Verwandelt sich in den Hof zu Windsor.) (Trompeten; Bolingbroke, York, Lords und Gefolge treten auf.) Bolingbroke. Mein geliebter Oheim York, die neueste Nachricht die wir haben, ist, das die Rebellen unsre Stadt Cicester in Glocesterschire in Brand gestekt haben; aber wir hoeren nicht, ob sie geschlagen oder gefangen worden-- (Northumberland zu den Vorigen.) Willkommen, Milord, was bringt ihr neues? Northumberland. Zuerst wuensch' ich deiner geheiligten Person und Regierung vollkommne Gluekseligkeit; die naechste Zeitung ist, dass ich die Koepfe von Salisbury, Spencer, Blunt und Kent nach London geschikt habe. Die Umstaende ihrer Gefangennehmung sind aus diesem Papier ausfuehrlich zu ersehen. Bolingbroke. Wir danken dir, werther Percy, fuer deine Muehe, und werden deine Verdienste nach Wuerden zu belohnen wissen. (Fizwater zu den Vorigen.) Fizwater. Gnaedigster Herr, ich habe die Koepfe von Broccas und Sir Bennet Seely von Oxford nach London geschikt, von zween jener zusammen- verschwornen Verraether, die eure Majestaet zu Oxford zu unterdrueken suchten. Bolingbroke. Deine Bemuehungen und Verdienste sollen nicht vergessen werden, Fizwater; ich weiss und schaeze ihren Werth. (Percy und der Bischoff von Carlisle zu den Vorigen.) Percy. Das Haupt der Zusammen-Verschwornen, der Abbt von Westmuenster, hat, von Schwermuth und Gewissens-Bissen erdruekt, seinen Leib dem Grab abgetreten; aber hier ist Carlisle, der euerm koeniglichen Urtheil ueber sein Verbrechen sich unterwirft. Bolingbroke. Carlile, diss ist dein Urtheil; waehle dir irgend eine stille geheiligte Freystaedte aus, und geniesse darinn deines Lebens; und so wie du in Ruhe leben wirst, sollst du ruhig sterben: Ob du gleich immer mein Feind warest, so ehr' ich doch deine Tugend. (Exton tritt mit einem Sarg auf.) Exton. Grosser Koenig, in diesem Sarg ueberliefre ich dir deine begrabne Besorgnisse. Hierin ligt athemlos der groeste von deinen Feinden, Richard von Bourdeaux, von mir hieher gebracht. Bolingbroke. Exton, ich danke dir nicht; deine fatale Hand hat Schmach und Fluch ueber mein Haupt, und ueber dieses ganze ruhmvolle Land gebracht. Exton. Aus euerm eignen Munde, Gnaedigster Herr, that ich diese That. Bolingbroke. Man kan Gift noethig haben, aber man liebt es nicht, und ich dich eben so wenig; ob ich ihn gleich todt wuenschte, so hass ich doch den Moerder, und liebe nun den Ermordeten. Nimm du die Schuld eines boesen Gewissens fuer deine Muehe, aber weder meinen Beyfall noch meine Gnade. Geh, wandre wie Cain durch den Schatten der Nacht, und zeige nie dem Tag dein verabscheutes Antliz. Milords, ich schwoere euch, meine Seele ist bekuemmert, dass Blut mich besprengen soll, damit ich wachsen moege. Kommt, leget die Farbe der kummervollen Traurigkeit an. Ich will einen Zug in das gelobte Land thun, um dieses Blut von meiner schuldigen Hand abzuwaschen. Folget mir in stillschweigender Trauer, und weinet mit mir ueber dieser unzeitigen Baare. (Sie gehen alle ab.) Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Leben und Tod Koenigs Richard des zweyten, von William Shakespeare (Uebersetzt von Christoph Martin Wieland). End of the Project Gutenberg EBook of Leben und Tod Koenigs Richard des zweyten, by William Shakespeare *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK KONIGS RICHARD DES ZWEYTEN *** This file should be named 7gs1510.txt or 7gs1510.zip Corrected EDITIONS of our eBooks get a new NUMBER, 7gs1511.txt VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 7gs1510a.txt Produced by Delphine Lettau Project Gutenberg eBooks are often created from several printed editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not keep eBooks in compliance with any particular paper edition. We are now trying to release all our eBooks one year in advance of the official release dates, leaving time for better editing. Please be encouraged to tell us about any error or corrections, even years after the official publication date. Please note neither this listing nor its contents are final til midnight of the last day of the month of any such announcement. The official release date of all Project Gutenberg eBooks is at Midnight, Central Time, of the last day of the stated month. A preliminary version may often be posted for suggestion, comment and editing by those who wish to do so. Most people start at our Web sites at: http://gutenberg.net or http://promo.net/pg These Web sites include award-winning information about Project Gutenberg, including how to donate, how to help produce our new eBooks, and how to subscribe to our email newsletter (free!). Those of you who want to download any eBook before announcement can get to them as follows, and just download by date. This is also a good way to get them instantly upon announcement, as the indexes our cataloguers produce obviously take a while after an announcement goes out in the Project Gutenberg Newsletter. http://www.ibiblio.org/gutenberg/etext03 or ftp://ftp.ibiblio.org/pub/docs/books/gutenberg/etext03 Or /etext02, 01, 00, 99, 98, 97, 96, 95, 94, 93, 92, 92, 91 or 90 Just search by the first five letters of the filename you want, as it appears in our Newsletters. Information about Project Gutenberg (one page) We produce about two million dollars for each hour we work. The time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours to get any eBook selected, entered, proofread, edited, copyright searched and analyzed, the copyright letters written, etc. Our projected audience is one hundred million readers. If the value per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2 million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text files per month: 1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+ We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002 If they reach just 1-2% of the world's population then the total will reach over half a trillion eBooks given away by year's end. The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks! This is ten thousand titles each to one hundred million readers, which is only about 4% of the present number of computer users. Here is the briefest record of our progress (* means estimated): eBooks Year Month 1 1971 July 10 1991 January 100 1994 January 1000 1997 August 1500 1998 October 2000 1999 December 2500 2000 December 3000 2001 November 4000 2001 October/November 6000 2002 December* 9000 2003 November* 10000 2004 January* The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium. We need your donations more than ever! As of February, 2002, contributions are being solicited from people and organizations in: Alabama, Alaska, Arkansas, Connecticut, Delaware, District of Columbia, Florida, Georgia, Hawaii, Illinois, Indiana, Iowa, Kansas, Kentucky, Louisiana, Maine, Massachusetts, Michigan, Mississippi, Missouri, Montana, Nebraska, Nevada, New Hampshire, New Jersey, New Mexico, New York, North Carolina, Ohio, Oklahoma, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, South Carolina, South Dakota, Tennessee, Texas, Utah, Vermont, Virginia, Washington, West Virginia, Wisconsin, and Wyoming. We have filed in all 50 states now, but these are the only ones that have responded. As the requirements for other states are met, additions to this list will be made and fund raising will begin in the additional states. Please feel free to ask to check the status of your state. In answer to various questions we have received on this: We are constantly working on finishing the paperwork to legally request donations in all 50 states. If your state is not listed and you would like to know if we have added it since the list you have, just ask. While we cannot solicit donations from people in states where we are not yet registered, we know of no prohibition against accepting donations from donors in these states who approach us with an offer to donate. International donations are accepted, but we don't know ANYTHING about how to make them tax-deductible, or even if they CAN be made deductible, and don't have the staff to handle it even if there are ways. Donations by check or money order may be sent to: Project Gutenberg Literary Archive Foundation PMB 113 1739 University Ave. Oxford, MS 38655-4109 Contact us if you want to arrange for a wire transfer or payment method other than by check or money order. The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been approved by the US Internal Revenue Service as a 501(c)(3) organization with EIN [Employee Identification Number] 64-622154. Donations are tax-deductible to the maximum extent permitted by law. As fund-raising requirements for other states are met, additions to this list will be made and fund-raising will begin in the additional states. We need your donations more than ever! You can get up to date donation information online at: http://www.gutenberg.net/donation.html *** If you can't reach Project Gutenberg, you can always email directly to: Michael S. Hart Prof. Hart will answer or forward your message. We would prefer to send you information by email. **The Legal Small Print** (Three Pages) ***START**THE SMALL PRINT!**FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS**START*** Why is this "Small Print!" statement here? You know: lawyers. They tell us you might sue us if there is something wrong with your copy of this eBook, even if you got it for free from someone other than us, and even if what's wrong is not our fault. So, among other things, this "Small Print!" statement disclaims most of our liability to you. It also tells you how you may distribute copies of this eBook if you want to. *BEFORE!* YOU USE OR READ THIS EBOOK By using or reading any part of this PROJECT GUTENBERG-tm eBook, you indicate that you understand, agree to and accept this "Small Print!" statement. If you do not, you can receive a refund of the money (if any) you paid for this eBook by sending a request within 30 days of receiving it to the person you got it from. If you received this eBook on a physical medium (such as a disk), you must return it with your request. ABOUT PROJECT GUTENBERG-TM EBOOKS This PROJECT GUTENBERG-tm eBook, like most PROJECT GUTENBERG-tm eBooks, is a "public domain" work distributed by Professor Michael S. Hart through the Project Gutenberg Association (the "Project"). Among other things, this means that no one owns a United States copyright on or for this work, so the Project (and you!) can copy and distribute it in the United States without permission and without paying copyright royalties. Special rules, set forth below, apply if you wish to copy and distribute this eBook under the "PROJECT GUTENBERG" trademark. Please do not use the "PROJECT GUTENBERG" trademark to market any commercial products without permission. To create these eBooks, the Project expends considerable efforts to identify, transcribe and proofread public domain works. Despite these efforts, the Project's eBooks and any medium they may be on may contain "Defects". Among other things, Defects may take the form of incomplete, inaccurate or corrupt data, transcription errors, a copyright or other intellectual property infringement, a defective or damaged disk or other eBook medium, a computer virus, or computer codes that damage or cannot be read by your equipment. LIMITED WARRANTY; DISCLAIMER OF DAMAGES But for the "Right of Replacement or Refund" described below, [1] Michael Hart and the Foundation (and any other party you may receive this eBook from as a PROJECT GUTENBERG-tm eBook) disclaims all liability to you for damages, costs and expenses, including legal fees, and [2] YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE OR UNDER STRICT LIABILITY, OR FOR BREACH OF WARRANTY OR CONTRACT, INCLUDING BUT NOT LIMITED TO INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR INCIDENTAL DAMAGES, EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH DAMAGES. If you discover a Defect in this eBook within 90 days of receiving it, you can receive a refund of the money (if any) you paid for it by sending an explanatory note within that time to the person you received it from. If you received it on a physical medium, you must return it with your note, and such person may choose to alternatively give you a replacement copy. If you received it electronically, such person may choose to alternatively give you a second opportunity to receive it electronically. THIS EBOOK IS OTHERWISE PROVIDED TO YOU "AS-IS". NO OTHER WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, ARE MADE TO YOU AS TO THE EBOOK OR ANY MEDIUM IT MAY BE ON, INCLUDING BUT NOT LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR A PARTICULAR PURPOSE. Some states do not allow disclaimers of implied warranties or the exclusion or limitation of consequential damages, so the above disclaimers and exclusions may not apply to you, and you may have other legal rights. INDEMNITY You will indemnify and hold Michael Hart, the Foundation, and its trustees and agents, and any volunteers associated with the production and distribution of Project Gutenberg-tm texts harmless, from all liability, cost and expense, including legal fees, that arise directly or indirectly from any of the following that you do or cause: [1] distribution of this eBook, [2] alteration, modification, or addition to the eBook, or [3] any Defect. DISTRIBUTION UNDER "PROJECT GUTENBERG-tm" You may distribute copies of this eBook electronically, or by disk, book or any other medium if you either delete this "Small Print!" and all other references to Project Gutenberg, or: [1] Only give exact copies of it. Among other things, this requires that you do not remove, alter or modify the eBook or this "small print!" statement. You may however, if you wish, distribute this eBook in machine readable binary, compressed, mark-up, or proprietary form, including any form resulting from conversion by word processing or hypertext software, but only so long as *EITHER*: [*] The eBook, when displayed, is clearly readable, and does *not* contain characters other than those intended by the author of the work, although tilde (~), asterisk (*) and underline (_) characters may be used to convey punctuation intended by the author, and additional characters may be used to indicate hypertext links; OR [*] The eBook may be readily converted by the reader at no expense into plain ASCII, EBCDIC or equivalent form by the program that displays the eBook (as is the case, for instance, with most word processors); OR [*] You provide, or agree to also provide on request at no additional cost, fee or expense, a copy of the eBook in its original plain ASCII form (or in EBCDIC or other equivalent proprietary form). [2] Honor the eBook refund and replacement provisions of this "Small Print!" statement. [3] Pay a trademark license fee to the Foundation of 20% of the gross profits you derive calculated using the method you already use to calculate your applicable taxes. If you don't derive profits, no royalty is due. Royalties are payable to "Project Gutenberg Literary Archive Foundation" the 60 days following each date you prepare (or were legally required to prepare) your annual (or equivalent periodic) tax return. Please contact us beforehand to let us know your plans and to work out the details. WHAT IF YOU *WANT* TO SEND MONEY EVEN IF YOU DON'T HAVE TO? Project Gutenberg is dedicated to increasing the number of public domain and licensed works that can be freely distributed in machine readable form. The Project gratefully accepts contributions of money, time, public domain materials, or royalty free copyright licenses. Money should be paid to the: "Project Gutenberg Literary Archive Foundation." If you are interested in contributing scanning equipment or software or other items, please contact Michael Hart at: hart@pobox.com [Portions of this eBook's header and trailer may be reprinted only when distributed free of all fees. Copyright (C) 2001, 2002 by Michael S. Hart. Project Gutenberg is a TradeMark and may not be used in any sales of Project Gutenberg eBooks or other materials be they hardware or software or any other related product without express permission.] *END THE SMALL PRINT! FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS*Ver.02/11/02*END*