The Project Gutenberg EBook of Der Waldbruder, ein Pendant zu Werthers Leiden by Jacob Michael Reinhold Lenz Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the copyright laws for your country before downloading or redistributing this or any other Project Gutenberg eBook. This header should be the first thing seen when viewing this Project Gutenberg file. Please do not remove it. Do not change or edit the header without written permission. Please read the "legal small print," and other information about the eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file. Included is important information about your specific rights and restrictions in how the file may be used. 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We are releasing two versions of this Etext, one in 7-bit format, known as Plain Vanilla ASCII, which can be sent via plain email-- and one in 8-bit format, which includes higher order characters-- which requires a binary transfer, or sent as email attachment and may require more specialized programs to display the accents. This is the 7-bit version. This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE. That project is reachable at the web site http://gutenberg2000.de. Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE" zur Verfügung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse http://gutenberg2000.de erreichbar. Der Waldbruder, ein Pendant zu Werthers Leiden Jakob Michael Reinhold Lenz Erster Teil Erster Brief Herz an seinen Freund Rothe in einer grossen Stadt Ich schreibe Dir dieses aus meiner voellig eingerichteten Huette, zwar nur mit Moos und Baumblaettern bedeckt, aber doch fuer Wind und Regen gesichert. Ich haette mir nie vorgestellt, dass dies Klima auch im Winter so mild sein koenne. Uebrigens ist die Gegend, in der ich mich hingebaut, sehr malerisch. Grotesk uebereinander gewaelzte Berge, die sich mit ihren schwarzen Bueschen dem herunterdrueckenden Himmel entgegen zu stemmen scheinen, tief unten ein breites Tal, wo an einem kleinen hellen Fluss die Haeuser eines armen aber gluecklichen Dorfs zerstreut liegen. Wenn ich denn einmal heruntergehe und den engen Kreis von Ideen, in dem die Adamskinder so ganz existieren, die einfachen und ewig einfoermigen Geschaefte und die Gewissheit und Sicherheit ihrer Freuden uebersehe, so wird mir das Herz so enge und ich moechte die Stunde verwuenschen, da ich nicht ein Bauer geboren bin. Sie sehen mich oft verwundrungsvoll an, wenn ich so unter ihnen herumschleiche und nirgends zu Hause bin, mit ihrem Scherz und Ernst nicht sympathisieren kann, so dass ich mich am Ende wohl schaemen und in ihre Form zu passen suchen muss, da sie denn ihren Witz nach ihrer Art meisterhaft ueber meine Unbehelfsamkeit wissen spielen zu lassen. Alles dies beleidigt mich nicht, weil sie meistens recht haben und ein Zustand wie der meinige durch die aeussern Symptome, die er veranlasst, schon seit Petrarchs Zeiten jedermann zum Gespoett dienen muss. Soll ich aber die Wahl haben, so ist mir der Spott des ehrlichen Landmanns immer noch Wohltat gegen das Auszischen leerer Stutzer und Stutzerinnen in den Staedten. Wenn Du einmal einen geschaeftfreien Tag hast, so komm zu mir, Du bist der einzige Mensch, der mich noch zuweilen versteht. _Herz._ Zweiter Brief Fraeulein Schatouilleuse an Rothen, der aufs Land gereist war, eine Fruehlingskur zu trinken Sagen Sie mir doch in aller Welt, wo mag Herr Herz hingekommen sein. Etwa bei Ihnen, so hab ich eine Wette gewonnen. Der Papa sagte heut, er habe seine Bedienung bei der Kanzlei niedergelegt und sei in den Odenwald gegangen, um Waldbruder zu werden. Da lachten wir nun alle, dass uns die Traenen von den Backen liefen, er aber schwur, es sei wahr. Ich schlug gleich eine Wette mit ihm ein, dass er bei Ihnen in Zornau waere; schreiben Sie mir doch, ob dem so ist, und ich will Ihnen auch viel Neues von ihm sagen, das Sie recht zu lachen machen wird. Dritter Brief Herz an Rothen, der dem Boten weiter nichts als einen Zettel mitgegeben,auf dem mit Bleistift geschrieben war:Herz! Du dauerst mich! Ich danke Dir fuer Dein zuvorkommendes Mitleid. Das Pressende und Drueckende meiner aeussern Umstaende presst und drueckt mich nicht. Es ist etwas in mir, das mich gegen alles Aeussere gefuehllos macht. Du hast vermutlich erfahren, dass mein letztes Geld, das ich aus der Stadt mitgenommen, mir von einem schelmischen Bauren gestohlen worden, der die Zeit abpasste, als ich unten war, Brot zu kaufen. Aber wozu sollte mir auch das Geld? Wenn ich Mangel habe, gehe ich ins Dorf, und tue einen Tag Tageloehners Arbeit, dafuer kann ich zwei Tage meinen Gedanken nachhaengen. Ich bin gluecklich, ich bin ganz gluecklich. Ich ging gestern, als die Sonne uns mitten im Winter einen Nachsommer machte, in der Wiese spazieren, und ueberliess mich so ganz dem Gefuehl fuer einen Gegenstand, der's verdient, auch ohne Hoffnung zu brennen. Das matte Gruen der Wiesen, das mit Reif und Schnee zu kaempfen schien, die braunen verdorrten Gebuesche, welch ein herzerquickender Anblick fuer mich! Ich denke, es wird doch fuer mich auch ein Herbst einmal kommen, wo diese innere Pein ein Ende nehmen wird. Abzusterben fuer die Welt, die mich so wenig kannte, als ich sie zu kennen wuenschte--o welche schwermuetige Wollust liegt in dem Gedanken! Bestaendig quaelt mich das, was Rousseau an einem Ort sagt, der Mensch soll nicht verlangen, was nicht in seinen Kraeften steht, oder er bleibt ewig ein unbrauchbarer schwacher und halber Mensch. Wenn ich nun aber schwach, halb unbrauchbar bleiben will, lieber als meinen Sinn fuer das stumpf machen, bei dessen Hervorbringung alle Kraefte der Natur in Bewegung waren, zu dessen Vervollkommnung der Himmel selbst alle Umstaende vereinigt hat. O Rousseau! Rousseau! wie konntest du das schreiben! Wenn ich mir noch den Augenblick denke, als ich sie das erstemal auf der Maskerade sah, als ich ihr gegenueber am Pfeiler eingewurzelt stand und mir's war, als ob die Hoelle sich zwischen uns beiden oeffnete und eine ewige Kluft unter uns befestigte. Ach wo ist ein Gefuehl, das dem gleichkommt, so viel unaussprechlichen Reiz vor sich zu sehen mit der schrecklichen Gewissheit, nie, nie davon Besitz nehmen zu duerfen. Ixion an Jupiters Tafel hat tausendmal mehr gelitten, als Tantalus in dem Acheron. Wie sie so stand und alles sich um sie herdraengte und in ihrem Glanze badete, und ihr ueberall gegenwaertiges Auge keinen ihrer Bewunderer unbelohnt liess. Sieh, Rothe, diese Maskerade war der gluecklichste und der ungluecklichste Tag meines Lebens. Einmal kam sie nach dem Tanz im Gedraenge vor mir zu stehen, als ich eben auf der Bank sass, und als ob ich bestimmt gewesen waere, in ihren Zauberzirkel zu fallen, so dicht vor mir, dass ich von meinem Sitz nicht aufstehen konnte, ihr meinen Platz anzutragen, denn die Ehrfurcht hielt mich zurueck, sie anzureden. Diese Attituede haettest Du sehen und zeichnen sollen, das Entzuecken, so nah bei ihr zu sein, die Verlegenheit, ihr einen Platz genommen zu haben, o es war eine suesse Folter, auf der ich diese wenige glueckliche Minuten lag. Wo bin ich nun wieder hineingeraten, ich fuerchte mich, alle die Sachen dem Papier anvertraut zu haben. Heb es sorgfaeltig auf, und lass es in keine unheiligen Haende kommen. _Herz._ Vierter Brief Fraeulein Schatouilleuse an Rothen Ha ha ha, ich lache mich tot, lieber Rothe. Wissen Sie auch wohl, dass Herz in eine Unrechte verliebt ist. Ich kann nicht schreiben, ich zerspringe fuer Lachen. Die ganze Liebe des Herz, die Sie mir so romantisch beschrieben haben, ist ein rasendes Qui pro quo. Er hat die Briefe einer gewissen Graefin Stella in seine Haende bekommen, die ihm das Gehirn so verrueckt haben, dass er nun ging und sie ueberall aufsuchte, da er hoerte, dass sie in angekommen sei, um an den Winterlustbarkeiten teilzunehmen. Ich weiss nicht, welcher Schelm ihm den Streich gespielt haben muss, ihm die Frau von Weylach fuer die Graefin auszugeben, genug, er hat keinen Ball versaeumt, auf dem Frau von Weylach war, und ist ueberall wie ein Gespenst mit grossen stieren Augen hinter ihr hergeschlichen, so dass die arme Frau oft darueber verlegen wurde. Sie bildet sich auch wirklich ein, er sei jetzt noch verliebt in sie, und ihr zu Gefallen in den Wald hinausgegangen. Sie hat es meinem Vater gestern erzaehlt. Melden Sie ihm das, vielleicht bringt es ihn zu uns zurueck und wir koennen uns zusammen wieder weidlich lustig ueber ihn machen. Er muss recht gesund geworden sein auf dem Lande. Ich wuenscht' ihn doch wieder zu sehen. Fuenfter Brief Rothe an Herz Aber, Herz, bist Du nicht ein Narr, und zwar einer von den gefaehrlichen, die, wie Shakespeare sagt, fuer ihre Narrheit immer eine Entschuldigung wissen und folglich unheilbar sind. Ich habe Dir aus Fraeulein Schatouilleusens Brief begreiflich gemacht, dass Dein ganzer Tross von Phantasei irregegangen waere, dass Du eine andere fuer Deine Graefin angesehen haettest, und Du willst doch noch nicht aus Deinem Trotzwinkel zu uns zurueck. Du seist nicht in ihre Gestalt verliebt gewesen, sondern in ihren Geist, in ihren Charakter, Du koenntest Dich geirrt haben, wenn Du zu dem eine andere Huelle aufgesucht haettest, aber der Grund Deiner Liebe bleibe immer derselbe und unerschuetterlich. Solltest Du aber nicht wenigstens, da Du doch durchaus einer von denen sein willst, die mit Terenz insanire cum ratione volunt durch Abschilderung dieses Charakters, dieses Geistes das Abenteuerliche Deiner Leidenschaft bei Deinem Freunde zu rechtfertigen suchen? Vielleicht koenntest Du hierin ebensowohl eines Irrtums ueberwiesen werden, als in jenem, und dafuer scheint es, ist Dir bange. Alle Deine Talente in eine Einsiedelei zu begraben--Und was sollen diese Schwaermereien endlich fuer ein Ende nehmen? Hoere mich, Herz, ich gelte ein wenig bei den Frauenzimmern, und das bloss, weil ich leichtsinnig mit ihnen bin. Sobald ich in die hohen Empfindungen komme, ist's aus mit uns, sie verstehen mich nicht mehr, so wenig als ich sie, unsere Liebesgeschichten haben ein Ende. Ich schreibe Dir dies nicht, Dich in Deinem Vorhaben wankend zu machen, ich weiss, dass Du einen viel zu originellen Geist hast, um Deine Eigentuemlichkeit aufgeben zu wollen, aber ich sage Dir nur, wie ich bin, ich klage Dir meine kleinen Empfindungen auf der Querpfeife, wie Du Deine auf dem Waldhorn. Siehst Du, so bin ich in einer bestaendigen Unruhe, die sich endlich in Ruhe und Wollust aufloest und dann mit einer reizenden Untreue wechselt. So waelze ich mich von Vergnuegen auf Vergnuegen, und da kommen mir Deine Briefe eben recht, unsern eingeschrumpften Gesellschaften Stoff zum Lachen zu geben. Es sticht alles so schrecklich mit unsrer Art zu lieben ab. Nun lebe wohl und besinne Dich einmal eines Bessern. _Rothe._ Sechster Brief Herz an Rothe Das einzige, was mir in Deinem letzten Briefe ertraeglich war, ist die Stelle, da Du eine Abschilderung von dem Charakter des Gegenstandes meiner einsamen Anbetung wuenschtest, das uebrige habe ich nicht gelesen. Zwar scheint auch in diesem Wunsch nur die Bosheit des Versuchers durch, der dadurch, dass er mein Geheimnis aus meinem Herzen ueber die Lippen lockt, mir dasselbe gern gleichgueltiger machen moechte. Aber sei es, es soll Dir dennoch genug geschehen. Zwar weiss ich wohl, wie vielen Schaden ich ihr durch meine Beschreibungen tue, aber dennoch wirst Du, wenn Du klug bist und Seele hast, Dir aus meinem Gestotter ein Bild zusammensetzen koennen. Denke Dir alles, was Du Dir denken kannst, und Du hast nie zu viel gedacht--doch nein, was kannst Du denken? Die Erziehung einer Fuerstin, das selbstschoepferische Genie eines Dichters, das gute Herz eines Kindes, kurzum alles, alles beisammen, und alle Deine Muehe ist dennoch vergeblich, und alle meine Beschreibungen abgeschmackt. So viel allein kann ich Dir sagen, dass Jung und Alt, Gross und Klein, Vornehm und Gering, Gelehrt und Ungelehrt, sich herzlich wohl befinden, wenn sie bei ihr sind, und jedem ploetzlich anders wird, wenn sie mit ihm redt, weil ihr Verstand in das Innerste eines jeden zu dringen, und ihr Herz fuer jede Lage seines Herzens ein Erleichterungsmittel weiss. Alles das leuchtet aus ihren Briefen, die ich gelesen habe, die ich bei mir habe und auf meinem blossen Herzen trage. Sieh, es lebt und atmet darinnen eine solche Jugend, so viel Scherz und Liebe und Freude, und ist doch so tiefer Ernst, die Grundlage von alledem, so goettlicher Ernst--der eine ganze Welt begluecken moechte! Siebenter Brief Rothens Antwort Dein Brief traegt die offenbaren Zeichen des Wahnsinns, wuerde ein andrer sagen, mir aber, der ich Dir ein fuer allemal durch die Finger sehe, ist er unendlich lieb. Du bist einmal zum Narren geboren, und wenigstens hast Du doch so viel Verstand, es mit einer guten Art zu sein. Ich lebe gluecklich wie ein Poet, das will bei mir mehr sagen, als gluecklich wie ein Koenig. Man noetigt mich ueberall hin und ich bin ueberall willkommen, weil ich mich ueberall hinzupassen und aus allem Vorteil zu ziehen weiss. Das letzte muss aber durchaus sein, sonst geht das erste nicht. Die Selbstliebe ist immer das, was uns die Kraft zu den andern Tugenden geben muss, merke Dir das, mein menschenliebiger Don Quischotte! Du magst nun bei diesem Wort die Augen verdrehen, wie Du willst, selbst die heftigste Leidenschaft muss der Selbstliebe untergeordnet sein, oder sie verfaellt ins Abgeschmackte und wird endlich sich selbst beschwerlich. Ich war heut in einem kleinen Familienkonzert, das nun vollkommen elend war und in dem Du Dich sehr uebel wuerdest befunden haben. Das Orchester bestand aus Liebhabern, die sich Taktschnitzer, Dissonanzen und alles erlaubten und Hausherr und Kinder, die nichts von der Musik verstunden, spaehten doch auf unsern Gesichtern nach den Mienen des Beifalls, die wir ihnen reichlich zumassen, um den guten Leuten die Kosten nicht reu zu machen. Nicht wahr, das wuerde Dir eine Folter gewesen sein, Kleiner? besonders da seine Toechter mit den noch nicht ausgeschrienen Singstimmen mehr kreischend als singend uns die Ohren zerschnitten. Da in laute Aufwallungen des Entzueckens auszubrechen und bravo, bravissimo zu rufen, das war die Kunst--und weisst Du, womit ich mich entschaedigte? Die Tochter war ein freundlich rosenwangigtes Maedchen, das mich fuer jede Schmeichelei, fuer jede herzlichfalsche Lobeserhebung mit einem feurigen Blick bezahlte, mir auch oft dafuer die Hand und wohl gar gegen ihr Herz drueckte, das hiess doch wahrlich gut gekauft. Ich weiss, Du knirschest die Zaehne zusammen, aber mein Epikureismus fuehrt doch wahrhaftig weiter, als Dein tolles Streben nach Luft- und Hirngespinsten. Ich weiss, das Maedchen denkt doch heute den ganzen Abend mit Vergnuegen an mich, warum soll ich ihr die Freude nicht goennen, dass sie sich mit den Gedanken an mich zu Bette legt. Willst Du's auch so gut haben, komm zu uns, ich will gern die zweite Rolle spielen, wenn ich Dich nur zum brauchbaren Menschen machen kann. Was fehlte Dir bei uns? Du hattest Dein maessiges Einkommen, das zu Deinen kleinen Ausgaben hinreichte, Du hattest Freunde, die Dich ohne Absichten liebten, ein Glueck, das sich Koenige wuenschen moechten, Du hattest Maedchen, die an kleinen Netzen fuer Dein Herz webten, in denen Du Dich nur so weit verstricktest, als sie Dir behaglich waren, hernach flogst Du wieder davon und sie hatten die Muehe, Dir neue zu weben. Was fehlte Dir bei uns? Liebe und Freundschaft vereinigten sich, Dich gluecklich zu machen, Du schrittst ueber alles das hinaus in das furchtbare Schlaraffenland verwilderter Ideen! Nichts lieblicher als die Eheknoten, die fuer mich geschlungen werden und an denen ich mit solcher Artigkeit unten weg zu schleichen weiss. Denk, was fuer ein Aufwand von Reizungen bei alle den Geschichten um mich her ist, welch eine Menge Charaktere sich mir entwickeln, wie kuenstliche Rollen um mich angelegt und wie meisterhaft sie gespielt werden. Das ergoetzt meinen innern Sinn unendlich, besonders weil ich zum voraus weiss, dass sich die Leute alle an mir betruegen, um mir hernach doch nicht einmal ein boeses Wort darum geben duerfen. So gut wuerde Dir's auch werden, wenn Du mir folgtest; waere doch besser, unter bluehenden und gluehenden Maedchen in Scherz und Freude und Liebkosungen sich herumzuwaelzen, als unter deinen glasierten Baeumen auf der gefrornen Erde. Was meinst Du, Herz? Lachst Du? Narr, wenn Du lachen kannst, so ist alles gewonnen. Achter Brief Antwort Herzens an Rothen Deine Briefe gefallen mir immer mehr und mehr, obschon ich Deine Ratschlaege immer mehr und mehr verabscheue, und das bloss, weil der Ton in denselben mit dem meinigen so absticht, dass er das verdruessliche Einerlei meines Kummers auf eine pikante Art unterbricht. Fahre fort, mir mehr zu schreiben, es ist mir alles lieb, was von Dir kommt, sollte mir's auch noch so viel Galle machen. Sei gluecklich unter Deinen leichten Geschoepfen, und lass mir meine Hirngespinste. Ich erlaub es euch sogar, ueber mich zu lachen, wenn euch das wohltun kann. Ich, lache nicht, aber ich bin gluecklicher als ihr, ich weide mich zuweilen an einer Traene, die mir das suesse Gefuehl des Mitleids mit mir selbst auf die Wange bringt. Es ist wahr, dass ich alles hier begrabe, aber eben in dieser Aufopferung findt mein Herz eine Groesse, die ihm wieder Luft macht, wenn seine Leiden zu schwer werden. Niemanden im Wege--welch eine erhabene Idee! ich will niemanden in Anspruch nehmen, niemand auch nur einen Gedanken kosten, der die Reihe seiner angenehmen Vorstellungen unterbricht. Nur Freiheit will ich haben, zu lieben, was ich will, und so stark und dauerhaft, als es mir gefaellt. Hier ist mein Wahlspruch, den ich in die Rindentuere meiner Huette eingegraben: Du nicht gluecklich, kuemmernd Herz? Was fuer Recht hast du zum Schmerz? Ist's nicht Glueck genug fuer dich, Dass sie da ist, da fuer sich? Neunter Brief Rothe an Herz Wenn wir uns lange so fortschreiben, so geraten wir beide in eine Geschwaetzigkeit, die zu nichts fuehrt. Du willst unterhalten sein und ich kann und mag Dich nicht unterhalten. Alles was ich Dir schrieb, war, um Dich zurueckzubringen, willst Du nicht, so lass bleiben, kurz und gut. Alle Deine Klagen und Leiden und Possen helfen Dir bei uns zu nichts, wir Deine wahren Freunde und Freundinnen und alle Vernuenftigen--verzeih mir's, was koennen wir anders tun--lachen darueber--ja lachen entweder Dich aus der Haut und der Welt hinaus--oder wieder in unsre bunten Kraenzchen zurueck. Du taetest also besser, wenn Du mir nicht mehr schriebest. Ich komme nicht zu Dir, das hab ich verschworen. Aber ich erwarte Dich bei mir, wenn Du mich wieder einmal zu sehen Lust hast. _Rothe_. Die Antwort auf diesen Brief blieb aus. Zehnter Brief Honesta an den Pfarrer Claudius, einen ihrer Verwandten auf dem Lande Wissen Sie auch wohl, dass wir hier einen neuen Werther haben, noch wohl schlimmer als das, einen Idris, der es in der ganzen Strenge des Worts ist, und zu der Nische, die Herr Wieland seinem Helden am Ende leer gelassen hat, mit aller Gewalt ein lebendes Bild sucht. Kurz, es ist der junge Herz, den Sie bisweilen in unserm Hause muessen gesehen haben, er war sehr einschmeichelnd beim Frauenzimmer, aber immer in seinen Ausdruecken etwas romantisch, welches mir um soviel besser gefiel. Er hat im ganzen Ernst seine Bedienung niedergelegt, und ist in den Odenwald gegangen und Einsiedler geworden. Jedermann redt davon und bedaurt das Unheil, das solche Schriften anrichten. Ich aber behaupte, dass der Grund davon in seinem Herzen liegt, und dass er auch ohne Werther und Idris das geworden waere, was er ist. Die Person, die er liebt, ist eine Graefin, die in der Tat ein rechtes Muster aller Vollkommenheiten ist, wie man sie mir beschrieben hat. Sie tanzt wie ein Engel, zeichnet, malt nach dem Leben, spricht alle Sprachen, ist mit jedermann freundlich und liebreich, kurz, sie verdient es wohl, dass eine Mannsperson um sie den Kopf verliert. Alle ihre Stunden sollen so eingeteilt sein, dass sie niemalen muessig ist, sie unterhaelt allein eine Korrespondenz, wozu mancher Staatsminister nicht Sekretaers genug finden wuerde, und die Briefe schreibt sie alle waehrend der Zeit, da sie frisiert wird, auf der Hand, damit sie ihr von ihren uebrigen Beschaeftigungen nicht Zeit wegnehmen. Es muss ein liebes Geschoepf sein, sie soll von dem Unglueck des armen Herz gehoert haben, und darueber untroestlich sein, denn sie hat ein Gemuet, das nicht gern ein Kind beleidigen moechte. Er hat einige von ihren Briefen in die Haende bekommen, die sie waehrend ihres Aufenthalts auf dem Lande an die Witwe Hohl hier geschrieben hatte. Sie wissen doch die Witwe Hohl in der Laubacherstrasse in dem grossen roten Hause. Herz soll bei ihr logiert haben. Das seltsamste ist, dass er seinen Abgott noch nicht von Person kennt, obschon er alles angewandt, sie zu sehen zu kriegen. Er hat eine andere fuer sie angesehen und also eine ganz falsche Vorstellung von ihr in seine Zelle mitgenommen. Die Fraeulein Schatouilleuse kennt die Graefin auch, weil sie oft in ihr Haus kommt, will aber nicht viel Gutes von ihr sagen. Sie meint, sie affektiere entsetzlich, nun ist das ganz natuerlich, weil ihre Art zu denken von jener ihrer himmelweit unterschieden sein muss. Man sagt, die Graefin wolle an den armen Herz schreiben, um ihn vielleicht wieder zurecht zu bringen. Ich habe nicht Zeit, Ihnen mehr zu sagen, obgleich ich sonst so ungern weiss Papier uebriglasse. Unser Haus ist voll Fremde, die zur Ostermesse gekommen sind. Wenn Sie doch auch auf einige Tage herein koennten. Der wunderliche Herr Hokum ist auch da. _Honesta_. Eilfter Brief Herz an Rothen Ich bin untroestlich, dass meine Einsiedlerei eine Fabel der Stadt wird. Gestern sind eine Menge Leute aus ** hier gewesen, die mich sehen und sprechen wollten, und mir einigemal zwar unter vielen andern den Namen derjenigen genannt haben, die ich den Waenden meiner Huette und den leblosen Baeumen kaum zu nennen das Herz habe. Sollte etwas davon laut geworden sein, und durch Dich, Verraeter? Du weisst allein, wer es ist, und wieviel mir daran gelegen, dass ihr Name auf den Lippen der Unheiligen nicht in meiner Gesellschaft ausgesprochen werde. Auf diesen Brief erfolgte keine Antwort. Zwoelfter Brief Ich schreibe Dir dieses, obschon Du's nicht verdienst. Aber ich kann nicht, ich kann die Freude ueber alle mein Glueck nicht bei mir behalten. Und da ich sonst gewohnt war, mein Herz gegen Dich zu oeffnen--Wisse alles, Rothe, sie kennt mich, sie weiss, dass ich um ihrentwillen hier bin, wer muss ihr das gesagt haben? Gestern konnt' ich's fast nicht aushalten in meiner Huette. Alles war versteinert um mich, und ich habe die Kaelte in der haertesten Jahrszeit in meinem Vaterlande selbst nicht so unmitleidig gefunden. Ich nahm mir das Eis aus den Haaren, und es war mir nicht moeglich, Feuer anzumachen; ich musste also ziemlich spaet ins Dorf hinabgehen, mich zu waermen. Stelle Dir das Entzuecken, die Flamme vom Himmel vor, die meine ausgequaelte Seele durchfuhr, als ich auf einmal Fackeln vor einem Schlitten auf mich zu kommen und bei deren Schein die Liverei meiner angebeteten Graefin sah. Ich hielt sie dafuer, ich betrog mich nicht. Sie war es, sie war es selbst, nicht die, die ich auf dem Ball gesehen, aber mein Herz sagte mir's, dass sie es sei, denn als sie mich sah, sie sah scharf heraus, hielt sie den Muff vor das Gesicht, um die Bewegungen ihres Herzens zu verbergen. Und wie gross, wie sprachlos war meine Freude, als ich hernach im Dorf hoerte, sie habe sich durch ihre Bedienten nach einem gewissen Waldbruder erkundigen lassen, der hier in der Naehe wohnte. Ich, so lebhaft gegenwaertig in ihrem Andenken--und in dieser Kaelte kam sie heraus, mich zu sehen--wenn es auch nur Spazierfahrt war, wie gluecklich, dass meine Huette sie auf diesen Weg locken musste--vielleicht kann ich sie noch einmal sehen und sprechen.--Rothe! Gibt's eine hoehere Aussicht fuer menschliche Wuensche? Brief der Graefin Stella an Herz Mein Herr! ich habe ihren Zustand erfahren, er dauert mich. Von ganzem Herzen wuenschte ich Unmoeglichkeiten moeglich zu machen. Indessen kommen Sie nach der Stadt, und wenn Ihnen damit ein Gefallen geschehen kann, mich zu sehen und zu sprechen, wie Herr Rothe mir versichert hat, so hoffe ich, es soll sich bei Ihrer Freundin, der Witwe Hohl, schon Gelegenheit dazu finden. _Stella_. Zweiter Teil Erster Brief Herz an Rothen, der in Geschaeften nach Braunsberg gereist war Da bin ich wieder, mein Wohltaeter! in allem Rosenschimmer des Gluecks und der Freude. Rothe! Rothe! was bist Du fuer ein Mensch. Wie hoch ueber den Gesichtskreis meines Danks hinaus! Ich habe auch nicht Zeit, das alles durchzudenken, wie Du mich geschraubt und geschraubt hast, mich wieder herzukriegen, mich ueber alle Hoffnung gluecklich zu machen--ich kann's nur fuehlen und schaudern, indem ich Dir in Gedanken Deine Haende druecke. Ja ich habe sie gesehen, ich habe sie gesprochen--Dieser Augenblick war der erste, da ich fuehlte, dass das Leben ein Gut sei. Ja ich habe ihr vorgestammelt, was zu sagen ich Ewigkeiten gebraucht haben wuerde, und sie hat mein unzusammenhaengendes Gewaesch verstanden. Die Witwe Hohl, Du kennst die Plauderin, glaubte allein zu sprechen, und doch waren wir es, wir allein, die, obgleich stumm, uns allein sprechen hoerten. Das laesst sich nicht ausdruecken. Alles was sie sagte, war an die Witwe Hohl gerichtet, alles was ich sagte, gleichfalls und doch verstand die Witwe Hohl kein Wort davon. Ich bekam nur Seitenblicke von ihr, und sie sah meine Augen immer auf den Boden geheftet und doch begegneten unsere Blicke einander und sprachen ins Innerste unsers Herzens, was keine menschliche Sprache wird ausdruecken koennen. Ach als sie so auf einmal das Gesicht gegen das Fenster wandte, und indem sie den Himmel ansah, alle Wuensche ihrer Seele auf ihrem Gesicht erschienen--lass mich, Rothe, ich entweihe alles dies durch meine Umschreibungen. Zweiter Brief Nun ist es wunderbar, welch einen hohen Platz die Witwe Hohl in meinem Herzen einnimmt. Du weisst, welch eine Megaere von Angesicht sie ist, und doch kann ich mich in keiner einzigen Frauenzimmergesellschaft so wohl befinden als in ihrer. Ich verschwende Liebkosungen auf Liebkosungen an sie, und das nicht aus Politik, sondern aus wahrer herzlicher Ergebenheit, denn es scheint mir, dass sie wie Moses von dem Gesicht meiner Goettin einen gewissen Schimmer erhalten hat, der sie um und um zur Heiligen macht. Alle ihre Handlungen scheinen mir Abschattungen von den Handlungen meiner Graefin, alle ihre Worte Nachhaelle von den ihrigen. Wenn sie von ihr redt, bekommt auch in der Tat ihr Medusenkopf gefaelligere Mienen, eine gewisse himmlische Heiterkeit blitzt aus ihren Augen und ihre Reden erhalten alle eine gewisse Melodie in ihrem Munde, ueber die sie sich selbst zu wundern scheint. Sie redt deswegen gern von ihr. Und wer ist gluecklicher dabei als ich? Zugleich habe ich an ihr gemerkt, dass sie keine gemeine Gabe des Vortrages hat. Besonders kann sie einen Charakter mit wahrer poetischer Kraft darstellen. Es scheint mir, dass Frauenzimmer ihrer Art immer dadurch vor den schoenen und artigen gewinnen, dass sie in einer gewissen Entfernung von den Leuten abstehen, die ihren Gesichtspunkt, aus dem sie sie auffassen, immer unendlich richtiger macht. Sie sehen alles ganz, was andere nur halb sehen. Kurzum, ich liebe sie, diese Olinde. Dritter Brief O Rothe! hundertmal faellt mir die Frau ein, die in einer katholischen Kirche gesessen, wo sie von der lateinischen Predigt kein Wort verstand, ausser einem gewissen Namen, der ihre Andacht erhielt, und dem zu Gefallen sie allein in die Kirche kam. Du weisst, dass ich, um mich hier zu erhalten, weil ich meinen Dienst niedergelegt, den ganzen Tag informieren muss. Es mattet mich ein wenig ab, allen den verschiedenen Koepfen auf so verschiedene Art fasslich zu werden. Den Abend geh ich zur Erholung zur Witwe Hohl hinauf und wenn ich auch weiter nichts als den Namen einer gewissen Person aussprechen hoere, so ist mir doch gleich wieder so wohl und kann mich so vergnuegt zu Bette legen. Vierter Brief Ich sehe, ich sehe, dass sich die Witwe Hohl an mir betruegt. Aber lass sie, es ist ihr doch auch wohl dabei, und da es in meinem Vermoegen nicht steht, einen Menschen auf der Welt durch Handlungen gluecklich zu machen, so soll es mich wenigstens freuen, eine Person, die auf dieser Art der Glueckseligkeit in der Welt schon Verzicht getan hatte, wenigstens durch ihre eigene Phantaseien gluecklich gemacht zu haben. Unter uns, sie glaubt in der Tat, ich liebe sie. Noch mehr, auch andere Leute glauben's, weil ich ihr so standhaft den Hof mache. Ich liebe sie auch wirklich, aber nicht wie sie geliebt sein will. Es wird mir fast zu lange, dass ich die Graefin nicht sehe. Nirgends, nirgends ist sie anzutreffen. Und die ewige Sisyphus-Arbeit meiner taeglichen Arbeiten ohne die mindeste Freude und Erholung ermattet sehr. Wenn ich nur durch alle meine Muehe noch was ausrichtete. Ich zerarbeite mich an Leuten, die traeger als Steine sind und die, was das schlimmste ist, mich mit den bittersten Vorwuerfen kraenken, dass sie bei mir nicht weiterkommen koennen. Witwe Hohl spricht auch kein Wort von der Graefin mehr. Fuenfter Brief Fraeulein Schatouilleuse an Rothen Was T--, machen Sie denn so lange auf dem Lande, das ist ja nicht auszuhalten. Ihr Herz, den kriegt ja kein Mensch zu sehen, noch zu geniessen, den hat die Witwe Hohl vermutlich an ihrem Bettstollen angebunden. Es ist doch schaendlich, dass der Mensch ihr so huendisch getreu ist, da sie ihn offenbarlich hintergeht. Wissen Sie auch was Neues, Rothe, recht was Neues, dass die Graefin Stella Braut ist und das mit einem garstigen alten Mann, der aber viel Geld hat. Diese Nachricht, versichert, wird Herrn Herzen uebel schmecken. Wenn er sie nur nicht gar zu plump erfaehrt, ich glaube, er erschiesst sich. Wissen Sie mir nicht zu sagen, ob man in Braunsberg gute weiche Flockseide bekommt? Und was dort die Chinesischen Blumen gelten. Bringen Sie mir welche mit, die Leute hier sind judenmaessig teuer. Sechster Brief Herz an Rothen Bruder! es ist etwas auf dem Tapet, ich bin der gluecklichste unter allen Sterblichen. Die Graefin--kaum kann ich es meinen Ohren und Augen glauben--sie will sich mir malen lassen. O unbegreiflicher Himmel! wie vaeterlich sorgst du fuer ein verlassnes verlornes Geschoepf. Meine letzten harrenden und strebenden Kraefte waren schon ermattet, ich erlag--ich richte mich wieder auf, ich stehe, ich eile, ich fliege--fliege meinen grossen Hoffnungen entgegen. Siebenter Brief Witwe Hohl an die Graefin Stella Ich habe endlich ein Mittel ausfindig gemacht, liebe Graefin, das Bild, das Sie Herrn Rothen in seine Sammlung von Gemaelden versprochen haben, ihm ohne dass es ein Mensch auf der Welt merkt fuer wen, zu verschaffen. Mein Freund Herz ist in genauer Verbindung mit einem hiesigen Maler, dieser soll, als ob ich ihn heimlich durch Herzen haette bestellen lassen, Sie unvermutet auf meinem Zimmer ueberraschen, Sie muessen sich ein wenig erschrocken stellen, ich bitte Sie sodann um Verzeihung und sage, weil Sie bald weg von hier zu reisen gedaechten, haett' ich mir die Gelegenheit zunutz machen wollen, bei Ihrem letzten Besuch wenigstens Ihr Bild auf der Stube zu behalten. Herz hat mir alles dies selbst so angegeben, und Sie koennen sich auf ihn verlassen, dass er alles so beim Maler einrichten wird, dass Sie auf keine Weise dadurch kompromittiert werden. Achter Brief Herz an Rothen Eben erhalte ich einen wunderbaren Brief von einem Obristen in hessischen Diensten, der ehmals mit mir in Leipzig zusammen studiert hat, und mir die Stelle als Adjutant bei ihm antraegt, wenn ich ihn nach Amerika begleiten will. Wie, Rothe! dieser Sprung aus dem Schulmeisterleben auf die erste Staffel der Leiter der Ehre und des Gluecks, der Himmelsleiter, auf der ich alle meine Wuensche zu ersteigen hoffe. Was sagst Du dazu? Und ihr Bild nehme ich mit. Mit diesem Talisman in tausend blosse Bajonetter zu stuerzen--Ha, Rothe, dass Du fuehlen koenntest, wie mir das Herz schlaegt! Kuenftige Woche laesst sie sich malen. O die grossen Akkorde des Schicksals, des goettlichguetigen Schicksals, dem wir in den umwoelkten Stunden durch unsere Verwuenschungen soviel Unrecht tun. Hoerst Du sie nicht auch? segnest Du sie nicht auch? Wie sich alles, alles vereinigt, alles vereinigen muss--Warum antwortest Du mir denn nicht? Neunter Brief Rothe an den Obristen von Plettenberg Hier ueberschick ich Ihnen, mein Goenner! einen mir auf mein Gewissen anvertrauten Brief Ihrer Graefin Nichte. Es deucht mir, er enthalte eine nochmalige Vorbitte fuer den armen Herz, fuer dessen Schicksal in Amerika ihr bange ist. Er ist in der Tat nicht zum Soldaten gemacht, so sehr er sich's zu sein einbildet. Waere es nicht moeglich, dass Sie ihn dem Kurfuersten zu ** empfehlen koennten, zu der erledigten Hofjunkerstelle. Ich werde ihn Ihnen selber nach Zelle bringen und ueber verschiedene Umstaende seines Herkommens und seiner bisherigen Schicksale Ihnen muendlich naehere Aufschluesse geben. Zehnter Brief Herz an Rothe Ewige Wonne ruhe auf diesem Tage und unter dem Schimmer des rosenlaechelnden Himmels muessen sich an demselben zwo grosse Seelen, die das unerbittliche Schicksal lang voneinander trennte, im hoechsten Taumel der Liebe kuessen. Lass mich zu mir selber kommen, Rothe, ich kann nicht reden--kann die Gefuehle nicht ausdruecken--aber wenn es je Entzuecken auf Erden gibt, so war es das. Sie wiederzusehn--nach so langem Schmachten--so wiederzusehn--siehst Du, alle die Wonne schneidt mir ins Herz, ich sitze da, halb ohne Atem, alle meine Pulse huepfen, zittern fuer Freude und eine wolluestige Traene ueber die andere stuerzt sich aus meinen Augen herab. Die Geschichte dieses Tages--dass Du doch das alles nicht gesehen hast! Wie kann ich's erzaehlen? Ich kam mit dem Maler. Nein, ich schickte den Maler voraus und nach einem Weilchen kam ich nach. Sie sass ihm schon--sass da in aller ihrer Herrlichkeit--und ich konnte mich ihr gegenueberstellen und mit nimmersatten Blicken Reiz fuer Reiz, Bewegung fuer Bewegung einsaugen. Das war ein Spiel der Farben und Mienen! Wenn der Himmel mir in dem Augenblick aufgetan wuerde, koennt' er mir nichts Schoeners weisen. Das Vergnuegen funkelte aus ihren Augen, o welch eine elysische Jugend bluehend und dueftend auf ihren Wangen, ihr Laecheln zauberte mir die Seele aus dem Koerper in das weite Land grenzenloser Chimaeren. Und ihr Busen, auf dem sich mein ehrfurchtsvoller Blick nicht zu verweilen getraute, den Guete und Mitleid mir entgegenhob--Bruder, ich moechte den ganzen Tag auf meinem Angesicht liegen, und danken, danken, danken-- Eilfter Brief Herz an Rothen Welch ein schreckliches Ungewitter hat diesen himmlischen Sonnenschein abgeloest! Rothe, ich weiss nicht, ob ich noch lebe, ob ich noch da bin oder ob alles dies nur ein beaengstigender Traum ist. Auch Du ein Verraeter--nein, es kann nicht sein. Mein Herz weigert Sich, die schrecklichen Vorspiegelungen meiner Einbildungskraft zu glauben und doch kann ich mich deren nicht erwehren. Auch Du, Rothe--nimmermehr! Schick mir das Bild zurueck, oder ich endige schrecklich. Du musst es nun haben, dieses Bild, und mit blutiger Faust werde ich's zurueckzufodern wissen, wenn Du mir's nicht in gutem gibst. Dein Stillschweigen, Dein geheimnisvolles Wesen gegen mich--gegen mich, Rothe--bedenke, was das sagen will--nein doch, ich kann es, kann es nicht glauben. Du kannst Dich eines so schwarzen Complots nicht schuldig gemacht haben. Ich will Dir alles erzaehlen, aber ich fodere von Dir, dass Du mir Aufrichtigkeit mit Aufrichtigkeit belohnst. Ich flog den Nachmittag, sobald meine Informationen vorbei waren, zur Witwe Hohl hinauf--kannst Du Dir vorstellen, mit welchen Empfindungen? Ich wollte ihre beide Haende unbeweglich an meine Lippen druecken, mich auf die Knie vor ihr werfen, und ihr mit Blicken und Traenen fuer alle das Vergnuegen danken, das sie mir den Vormittag verschafft hatte. Aber Gott! wie ward mir das versalzen? Ich fand sie--zu Bette. Mit der wahren Stimme einer Verzweifelnden redte sie mich an: "Ungluecklicher, fort von mir! was wollt Ihr bei mir"--"Was ist Ihnen, beste Witwe Hohl"--"Seht da Euer Werk, Verraeter"--"Ich schuld an Ihrer Krankheit"--"Ja schuld an meinem Tode"--"Wodurch"--"Fragt Euer Herz, Boesewicht!" Ich war fuer Wut ausser mir, ich fing an zu bitten, ich fing an zu schmeicheln, zu weinen, zu schwoeren--Welche grausame Verwirrungen hatte unser Missverstand angerichtet, oder vielmehr meine Nachlaessigkeit, sie eher aus ihrem Irrtum zu reissen. Sie war ueber mein Betragen den Vormittag eifersuechtig geworden--sie eifersuechtig--nie hatte ich mir das traeumen lassen. Haette sie doch nur einmal waehrend der ganzen Zeit unserer Bekanntschaft in den Spiegel gesehen, wieviel Leiden haette sie sich ersparen koennen! Indessen, der Mensch sucht seine ganze Glueckseligkeit im Selbstbetrug. Vielleicht betruege ich mich auch. Sei es was es wolle, ich will das Bild wieder haben, oder ich bringe mich um.--Nun kommt das Schlimmste erst. Ich hatte ihr gesagt, ich wuerde Dir das Bild zuschicken, weil ich wirklich glaubte, die Graefin haette vielleicht gewuenscht, dass Du es auch vorher sehen solltest, eh' ich's nach Amerika mitnaehme. Jetzt sagte sie mir, dass ich die Graefin aufs grausamste und unverzeihlichste beleidigen wuerde, wenn ich ihr nicht mit einem Eide verspraeche, Dir das Bild zuzuschicken und es nimmer wiederzufodern--"Es nimmer wiederzufodern", sagte ich, "wie koennen Sie das verlangen"--"Ja das verlange ich", sagte sie, "und zwar auf Ordre der Graefin, denn das erste ist schon geschehen." Nun stelle Dir vor, sie hatte waehrend meiner Abwesenheit mein Zimmer vom Hausherrn aufmachen lassen, und das Bild herausgenommen. Ich hatte mir vorgesetzt, davon eine Kopei nehmen zu lassen und sie Dir zuzusenden, das Original aber fuer mich zu behalten, weil des Malers Hand dabei sichtbarlich von einer unsichtbaren Macht geleitet ward und ich das, was die Kuenstler die goettliche Begeisterung nennen, wirklich da arbeiten gesehen habe--und nun--ich haette sie mit Zaehnen zerreissen moegen--alles fort--Rothe, das Bild wieder, oder den Tod! Dazu kommt noch, dass ich uebermorgen reisen soll. Ich wuenschte, ich koennte Dich abwarten. Schick nur, wenn Du selbst nicht kommen kannst, das Bild an Fernand, der weiss meine Adresse. O mein Herz ist in einem Aufruhr, der sich nicht beschreiben laesst. Was fuer Ursachen konnte die Graefin haben, das Bild Dir malen zu lassen?--Nein, es ist ein Einfall der Witwe Hohl. Antworte mir doch. _Herz._ Dritter Teil Erster Brief Honesta an den Pfarrer Claudius Sie wollen das Schicksal des armen Herz wissen und was ihn zu einem so schleunigen und seltsamen Entschluss, als der ist, nach Amerika zu gehen, hat bewegen koennen. Lieber Pfarrer, um das zu beantworten, muss ich wieder zurueckgehn und eine ziemlich weitlaeuftige Erzaehlung anfangen, die mir, da ich so gern Briefe schreibe, ein sehr angenehmer Zeitvertreib ist. Ich habe seitdem vollstaendigere Nachrichten eingezogen von Herzens erster Bekanntschaft mit der Witwe Hohl, von der ungluecklichen Leidenschaft, die er fuer die Graefin Stella fasste, von den Ursachen, die alle zusammentrafen, diese Leidenschaft zu unterhalten, welches bei jedem vernuenftigen Menschen sonst unbegreiflich sein wuerde, da die Graefin nicht allein so weit ueber seinen Stand erhaben, sondern auch seit fuenf Jahren schon eine Braut mit einem gewissen Obersten Plettenberg ist, der schon eine Campagne wider die Kolonisten in Amerika mitgemacht hat, bloss damit er Gelegenheit habe, sich bis zum General oder Generallieutnant zu bringen, weil er sonst nicht wagen darf, bei dem Vater der Graefin um sie anzuhalten. Heimlich ist aber unter ihr und ihren Verwandten alles mit ihm schon ausgemacht.--Alle diese Nachrichten sollen Ihnen den Schluessel zu Herzens wunderbarem Charakter und Handlungen geben. Diese Geschichte ist aber so wie das ganze Leben Herzens ein solch unertraegliches Gemisch von Helldunkel, dass ich sie Ihnen ohne innige Aergernis nicht schreiben kann. Kein Zustand der Seele ist mir fataler, als wenn ich lachen und weinen zugleich muss, Sie wissen, ich will alles ganz haben, entweder erhabene Melancholei oder ausgelassene Lustigkeit--indessen ist es nun einmal so und ich kann mir nicht helfen. Die Witwe Hohl--Sie kennen die Witwe Hohl und ich brauche Ihnen ihre Haesslichkeit nicht zu beschreiben, doch wenn Sie sich nicht mehr auf ihr Gesicht erinnern sollten, sie hat eingefallene Augen, den Mund auf die Seite verzogen, der ein wahres Grab ist, das, wenn sie ihn oeffnet, Totenbeine weist, eine eingefallene Nase, kurz alles was haesslich und schrecklich in der Natur ist--hier lassen Sie mich aufstehn und abbrechen, die Beschreibung hat mich angegriffen, besonders wenn ich bedenke, dass der delikate, der fein organisierte Herz in sie verliebt war-- Zweiter Brief Die Witwe Hohl ist eine Person von vielem Vermoegen, und was Sie mir nicht glauben werden, von einem ausserordentlichen Verstande. Sie koennen dies nur daraus sehen, dass sie wirklich den Plan gemacht, dem jungen feinen scharfsichtigen Herz sein Herz zu entfuehren, und dass sie diesen Plan--welches mir das unbegreiflichste ist--ausgefuehrt hat. Ich weiss nicht, durch welche Zaubermittel sie ihn in ihr Haus zu locken gewusst hat. Ich stelle mir's so vor, sie war in der ganzen Stadt bekannt, dass sie eine grosse weitlaeuftige Korrespondenz mit Vornehmen und Gelehrten hat, die sie sich alle durch ihren Verstand verbindlich zu machen wusste. Herz, der immer ein Narr auf Charaktere war und in der wirklichen Welt sie aufzusuchen zuviel Ekel und Launen hatte, dachte hier einen reichen Fund zu tun, und--da sie fuer alle diese Korrespondenten zugleich immer Geschaefte machte--bei allen diesen Personen ihre Art sich zu benehmen, die verschiedenen Massen von Licht und Schatten, von Selbstliebe und Grossmut, oder auch wohl, bei Leuten von geringeren Ton, von Geiz und Hochmut in ihrem Charakter hier gleichsam aus der ersten Hand zu haben. Nun kommt noch dazu, dass sie selbst eine ungemein grosse Gabe zu erzaehlen hat, sie weiss alle Gegenstaende, die sie einmal sieht, gleich so zu fassen und vorzutragen, dass man sie auch zu sehen glaubt, kurz, als Herz das erstemal mit ihr in Gesellschaft war, wo sie denn gleich einige ihrer Briefe hervorgezogen, und von ihr hoerte, dass sie ein Zimmer in ihrem Hause um einen sehr wohlfeilen Preis zu vermieten habe, zog er sogleich des folgenden Tages bei ihr ein, und nun war er fuer alle unsere Gesellschaften verloren. Er kam alle drei Tage nur in unser Haus und tat dabei so frostig, dass wir ihn immer nur das Terzianfieber nannten. Zuletzt blieb er gar weg und wer dabei am wenigsten verlor, das waren wir. Jetzo erst, da ich von dem Herrn Rothe den wahren Zusammenhang seiner Verirrungen erfahren, fange ich an, ihn zu bedauren. Stellen Sie sich vor, sie kramte die Briefe der Graefin aus, die schon seit ihrer Kindheit mit ihr in grosser Bekanntschaft steht und seit dieser Zeit her in ** alle Geschaefte durch sie hat machen lassen. Nun habe ich Ihnen die Graefin Stella schon beschrieben, noch muessen Sie das wissen, sie schreibt wie ein Engel. Ich habe Briefe von ihr gesehen, sie weiss den allergeringsten Sachen so etwas Anzuegliches zu geben, dass man sogar ihre kleinsten Kommissionen mit eben dem Interesse liest, als den wohlgeschriebensten Roman. Mein Herz war hin, als er immer weiter in dieses Heiligtum trat, Brief fuer Brief dieser Charakter sich immer herrlicher ihm entwickelte, denn es waren hier Briefe von den ersten Jahren ihres Lebens an und sie hatte nie geglaubt, gegen die Witwe Hohl im geringsten sich verstellen oder, was heutzutage so allgemein ist, repraesentieren zu duerfen. Nun beging die Witwe die grausame List, Herzen ganz und gar zu verhehlen, dass die Graefin mit irgend einer Mannsperson auf der Welt in Verbindungen des Herzens stehe. Alle die neueren Briefe, in denen etwas von Plettenberg vorkam, versteckte sie ihm sorgfaeltig, Herz, der von jeher, wie Sie wissen, vielleicht durch die Schicksale seiner Jugend, die sonderbar genug sein sollen, aeusserst romantisch gestimmt war, glaubte es vielleicht moeglich, dass er dies Herz wenigstens zur Freundschaft gegen ihn durch Zeit, Geduld und Sorgfalt stimmen koennte. Er fasste also den gigantischen Vorsatz, nicht abzulassen, bis er es durch die Witwe Hohl so weit gebracht, dass die Graefin Stella wenigstens seine Freundin wuerde. Auf der andern Seite fasste die Witwe Hohl, die wohl einsah, dass Herz nur durch Reize der Seele gefesselt werden koennte und sich fuer die gewoehnlichen schoenen und artigen Gesichte der Stadt zu gut hielt, gleichfalls den festen Vorsatz, nicht abzulassen, bis sie es durch die Briefe der Graefin dahin gebracht, dass er sich ganz und gar an unsichtbare Vorzuege gewoehnte und wenn er saehe, dass seine Leidenschaft fuer die Graefin eine blosse Chimaere sei, _sie_ als ihre vertrauteste Freundin an ihre Stelle setzte. Sie behielt also die Nachricht von ihrer geheimen Verbindung mit Plettenberg als den Theaterstreich zurueck, der die ganze Katastrophe entscheiden sollte. Ich fuerchte sehr, das Stueck koenne eher tragisch als komisch endigen. Nun ging das Drama von beiden Seiten an und die Rollen wurden meisterhaft abgespielt. Witwe Hohl redete immer von der Graefin und zog dadurch Herzen immer fester an sich. Sie liess sogar bei der Erzaehlung von den Jugendjahren derselben ihren ganzen Witz und ihr ganzes Herz mit all seinen Hoffnungen teilnehmen, welches ihren Augen so wie ihren Ausdruecken ein Feuer gab, das Herzen oft ganz bezauberte. Er trank das suesse Gift begierig in sich, doch brauchte er die Vorsicht, bei alledem eine gewisse Kaelte und Gleichgueltigkeit zu affektieren und das, was die wuetendste Leidenschaft in seinem Herzen war, als frostige Bewunderung einzukleiden, welches auf der andern Seite die Witwe Hohl an ihm bezauberte, die denn dadurch immer besser humorisiert, immer, dass ich so sagen mag, begeisterter wurde, so dass beiden nie besser zumut war, als wenn sie auf diese Materie kamen, und sie von allen Diskursen des gemeinen Lebens immer Gelegenheit zu finden wussten, dahin einzulenken. Dazu kam noch, dass diese Materie ein unvergleichlicher Probierstein ihres Witzes war, bei alledem ihren Zweck immer vor Augen zu behalten und mit unmerklichen, aber ihrer Meinung nach sehr festen und zuverlaessigen Schritten ihren grossen Staatsgefangenen demselben entgegenzufuehren. Zu dem Ende liess sie von Zeit zu Zeit einige nicht gar zu vorteilhafte Beschreibungen von dem Gesicht der Graefin mit unterlaufen, sagte aber, alle diese kleinen Fehler wuerden von den Eigenschaften ihres Gemuets so verdunkelt--ich kann nicht schreiben, lieber Pfarrer, ich muss laut lachen, wenn ich mir das Gesicht der Witwe bei diesen Reden denke und die erstaunte und verlegene Miene, mit der Herz ihr muss zugehoert haben. Dritter Brief Sie trieb es so weit, dass sie in ihren Briefen an die Graefin von ihrer neuen Bekanntschaft mit Herzen redte oder vielmehr mit dieser neuen und seltenen Eroberung prahlte, da sie denn, wie natuerlich, auf die Beschreibungen, die sie von seinem Charakter gemacht und die ausschweifend vorteilhaft waren, von der Graefin auch fuer ihn sehr vorteilhafte Ausdruecke zur Antwort erhalten musste. Sie hielt diese Kriegslist fuer notwendig, um das Feuer, das sie einmal in seinem Herzen angeblasen und das er aus Politik auf seinem Gesicht oft sehr trueb und dunkel brennen liess, nicht ausloeschen zu lassen. Wer war gluecklicher als Herz? Er suchte in allen diesen Ausdruecken der ganz und gar unschuldigen Graefin wahre Spuren dessen, was er fuer sie fuehlte, und nun ging's mit seinem Verstande, Genie und Talenten Galopp berghinunter. Er hoerte, sie sei zu den Winterlustbarkeiten in ** angekommen. Er lief ueberall wie ein Wahnwitziger herum, sie zu suchen, sie zu sehen, das Bild zu dieser unsichtbaren Gottheit zu finden, die er anbetete. Sie koennen sich vorstellen, dass er sich alles hat kosten lassen, und so musste er bei seinem schmalzugeschnittenen Vermoegen notwendigerweise in Schulden geraten. Endlich als ihm das Geld ausging und ihm niemand mehr borgen wollte, denn so viel Vernunft war ihm immer noch uebriggeblieben, dass er sich, auch wenn's ihm das Leben gekostet haette, nie um Geld an die Witwe Hohl wenden wollte, um ihr kein Recht ueber ihn zu geben, worauf sie nur lauerte--marschierte er aus der Stadt und in eine Einsiedelei, wo kein Mensch weiter von ihm hoerte oder sah. Rothe war hinter alles das gekommen. Er hat seit langer Zeit Zutritt in dem Hause der Graefin, so wie er ueberhaupt hier in den besten Haeusern hat, weil er von den Grossen in wichtigen Geschaeften mit Erfolg gebraucht wird und seine persoenlichen Gaben seine Gesellschaft zu der angenehmsten von der Welt machen. Er versuchte alles, Herzen wieder in die Stadt zu bringen, da alles vergeblich war, wandte er sich an die Graefin und erzaehlte ihr aufrichtig den Verlauf der Sache und die komplizierte Rolle, die die Witwe Hohl bei derselben gespielt. Die Graefin, wie Sie sich leicht vorstellen koennen, war ganz innigstes tiefstes Bedauern fuer die Verirrung eines Menschen von so vielen Talenten, wie Rothe ihr den Herz beschrieb, und bat ihn, ihr ein Mittel an die Hand zu geben, ihn vielleicht zu heilen. Rothe wusste ihr kein bessers vorzuschlagen, als dass sie sich etwa fuer ihn malen liesse, damit er doch einige Entschaedigung fuer seine getaeuschten Hoffnungen haette, und alsdenn wollten sie dafuer sorgen, ihn zu entfernen und darueber mit Plettenberg selber korrespondieren, der von der ganzen Sache unterrichtet werden musste, weil sie schon eine Fabel in der Stadt geworden war. Das geschah, Plettenberg schlug vor, ihn nach Amerika mitzunehmen, um gegen die Kolonisten zu dienen. Das wunderbarste war, dass Plettenberg ihn schon ehmals auf der Akademie gekannt und daselbst viel Freundschaft fuer ihn gefasst hatte. Er trug ihm also die Stelle als Adjutant bei seinem Regiment an, die denn auch Herz mit beiden Haenden annahm, weil er glaubte, dies sei die Laufbahn, an deren Ziel Stella mit Rosen umkraenzt ihm den Lorbeer um seine Schlaefe winden wuerde. Sie hatten zugleich den Plan gemacht, dem armen Herz nichts von ihrer Verbindung mit Plettenberg merken zu lassen, sondern ihn in seinem lieben Irrtum forttraeumen zu lassen, bis Zeit und Entfernung ihn von selbst in den Stand setzten, einen solchen Todesstreich auszuhalten. Denn jetzt war nichts anders als sein unvermeidlicher Untergang abzusehen, sobald er ihn erfuehre. Unterdessen sollte Plettenberg aus Amerika zurueckkommen, und in Abwesenheit unsers Ritters die Hochzeit vollziehen, den er denn so lange von Europa entfernt halten konnte, als es ihm gelegen war. Dieser Plan ist grausam genug, indessen ist er doch der einzig ertraegliche fuer einen so gespannten Menschen als Herz ist. Sie haben auch wirklich den Anfang gemacht ihn auszufuehren: wie er ausgehen wird, weiss der Himmel, ich mache immer die Augen zu, wenn ich daran denke. Nun stellen Sie sich vor, was die arme liebenswuerdige Graefin dabei leidet. Einen Menschen ungluecklich zu sehen bloss dadurch, dass sie so vollkommen ist, mit dazu beigetragen zu haben, ohne dass sie im mindesten die Absicht dazu gehabt, die schrecklichsten Aussichten fuer diesen Menschen vor sich zu sehen, den sie sich nicht entbrechen kann, hochzuschaetzen, dessen Schwaermerei fuer sie selbst das schoenste Kolorit seines Charakters macht. Auf der andern Seite eines Liebhabers zu schonen, der schon fuenf Jahre her die redendsten Proben seiner Treue gegeben hat und mit dem sie die gluecklichsten Tage voraussieht.--Sie hat sich wirklich fuer Herzen malen lassen, wobei die Witwe Hohl immer die Hand mit im Spiel gehabt, weil Plettenberg dies nicht erfahren sollte. Sie wissen, die Delikatesse eines Liebhabers kann durch nichts so sehr beleidigt werden, als auch nur das Bild von seiner Angebeteten in fremden Haenden zu wissen. So stehen die Sachen, lieber Pfarrer! und so wie ich hoere, soll Herz wirklich gestern abends zu den hessischen Truppen abgegangen sein, die nach Amerika eingeschifft werden. Er schwimmt jetzt in lauter seligen Traeumen von Liebe und Ehre, ich fuerchte, das Aufwachen wird schrecklich sein. Ich kenne Plettenberg von Person, er ist nicht schoen und schon bei Jahren, hat aber vielen Verstand und ein ungemein empfindliches Herz, Geld genug hat er und koennte die aeussern Gluecksumstaende des armen Herz sehr leicht in guten Stand setzen. Aber welche Entschaedigung fuer einen solchen Verlust und bei einem Menschen wie Herz ist! dessen ganzes Glueck in Traeumen besteht und der das, was man solid nennt, mit Fuessen tritt. Leben Sie wohl und verzeihen Sie, dass ich soviel geplaudert habe. Nicht wahr, ich hab eine gute Anlage zur Romanenschreiberin? Vierter Teil Erster Brief Rothe an Plettenberg Herz ist weggereist, bester Plettenberg, ohne mich abzuwarten. Sie sehen, er ist wie ein wilder mutiger Hengst, den man gespornt hat, der Zaum und Zuegel verachtet. Auch machen mir's meine Geschaefte unmoeglich, ihm gleich nachzureisen oder ihn noch einzuholen, ehe er zu Ihnen kommt. Ich will ihm also diese kleine Empfehlung als einen Vorreiter vorausschicken, damit Sie wissen, wie Sie ihn zu empfangen haben. Denn ich zweifle, obschon Sie in Leipzig mit ihm studiert, dass Sie mir diesen seltsamen Menschen ganz kennen. Er ist--dass ich's Ihnen kurz sage--der unechte Sohn einer verstorbenen grossen Dame, die vor einigen zwanzig Jahren noch die halbe Welt regierte. Er war die Frucht ihrer letzten Liebe und als eine solche einem gewissen Grossen zur Erziehung anvertraut worden, der ihn bei ihrem Hintritt sehr scharf hielt. Endlich liess er ihn mit seinen Kindern unter der Aufsicht eines Hofmeisters reisen, der nun freilich dem wunderbaren Charakter unsers Herz auf keine Weise zu begegnen wusste und das Ansehen, das er von dem Grafen ** ueber ihn erhalten, auf das niedertraechtigste missbrauchte. Herz, der ueberall zu Hause zu sein glaubte, setzte sich im zwoelften Jahr mit einigen dreissig Dukaten, die er von ihm hatte ausholen koennen, auf die Post, und reiste heimlich a l'aventure nach Frankreich. Hier kam er in die elendesten Umstaende. Sein Geld ging zu Ende, er verstund wenig oder nichts von der Sprache, mit dem allen, so wie das ein Hauptzug in seinem Charakter ist, den er vielleicht mit mehrern seiner Nation gemein hat, alle seine Vorsaetze nur einmal zu fassen und durch nichts in der Welt sich davon abbringen zu lassen, war er auch jetzt durch keine Umstaende mehr zu bewegen, den Schritt zu seinem Hofmeister oder zum Grafen ** zurueck zu tun. Er beharrte also unveraenderlich darauf, in Frankreich zu bleiben, und da er den grossen Abstand der franzoesischen von den Sitten seines Vaterlandes sah, sich mit seinen eigenen Faehigkeiten und Fleiss durch alle Klassen selber hindurchzutreiben, um das Eigentuemliche dieser Nation, die er an Kultur so weit ueber der seinigen glaubte, sich dadurch ganz zu eigen zu machen. Dieser abenteuerliche Vorsatz gelung ihm. Er wusste sich durch seine Gelehrigkeit und durch die guten Eigenschaften seines Geistes und Herzens in dem Hause eines reichen Bankiers so zu empfehlen, dass er ihn alles lernen liess, was er verlangte, und mit seinem Gelde und Ansehen unterstuetzte. Bei diesem hat er den Namen Herz angenommen, den er auch nachher immer beibehalten hat und keinem Menschen als mir von seinen Schicksalen was hat merken lassen. Dieser war es auch, der ihn nach Leipzig schickte, um Deutsch zu lernen, wo Sie ihn denn muessen gekannt haben. Als er zurueckkam, brauchte er ihn hauptsaechlich zu seiner Korrespondenz und hat ihm, so wie man auch nicht anders konnte, wenn man naeher mit ihm umging, sein ganzes Herz geschenkt. Endlich verschickte er ihn, um dem Bankerut eines der groessten Haeuser vorzubeugen, nach der Hauptstadt, wo er sich auch mit so vieler Ehre dieses Geschaefts entledigte, dass er von beiden eine jaehrliche Pension erhielt, die er verzehren konnte, wo er wollte. Er ging nach Holland damit, weil er von jeher das Land zu sehen gewuenscht hatte, wo Peter der Grosse Schiffszimmermann gewesen, weil er aber zu nachlaessig war, die Gewogenheit seiner Wohltaeter durch oeftere Briefe zu unterhalten, so verlor er die Pension, kam darauf ins Clevische, von da er endlich hieher gekommen ist. Sehen Sie hier die wunderbare Landkarte seiner Schicksale. Sollte ich Ihnen aber die Geschichte seines Herzens erzaehlen und wieviel Anteil die an seinen aeussern Umstaenden und Begebenheiten gehabt hat, so wuerde Ihre Verwunderung und vielleicht Ihr Mitleid noch hoeher steigen. Zweiter Brief Herz an Rothen einige Meilen vor Zelle Das Bild, Rothe! oder ich bin des Todes--Ich eile ihm immer naeher, dem Ort meiner Bestimmung, und ohne sie--Ist mir's doch, als ob ich zum Hochgericht ginge.--Rothe, waerest Du etwa ein Boesewicht? Was fuer Ursachen kannst Du haben, mir das Bild vorzuenthalten. Es ist so schrecklich, so unmenschlich grausam. Bedenke, wo ich hin soll--und ohne sie! Dritter Brief Rothe an Plettenberg Ich kann nicht anders, ich muss meinem vorigen noch einen Brief nachschicken. Sie sollten nicht glauben, was alle diese Schicksale, mit dem Abstechenden und Befremdlichen, das er an allen Charakteren und Sitten in Frankreich und Deutschland gegen die Charaktere und Sitten seines Vaterlandes gefunden, seiner Seele fuer eine wunderbar-romantische Stimmung gegeben haben. Er lebt und webt in lauter Phantasieen und kann nichts, auch manchmal nicht die unerheblichste Kleinigkeit aus der wirklichen Welt an ihren rechten Ort legen. Daher ist das Leben dieses Menschen ein Zusammenhang von den empfindlichsten Leiden und Plagen, die dadurch nur noch empfindlicher werden, dass er sie keinem Menschen begreiflich machen kann. Er hat sich nun einmal eine gewisse Fertigkeit gegeben, die seine andere Natur ist, alle Menschen und Handlungen in einem idealischen Lichte anzusehen. Alle Charaktere und Meinungen, die von den seinigen abgehen, scheinen ihm so gross, er sucht so viel dahinter, dass er mit lauter ausserordentlichen Menschen, gigantischen Tugendhelden oder Boesewichtern umgeben zu sein glaubt, und ihm gar nicht begreiflich gemacht werden kann, dass der groesste Teil der Menschen mittelmaessig ist, und weder grosse Tugenden noch grosse Laster anders, als dem Hoerensagen nach kennet. Nun nehmen Sie diesen Menschen, wenn er verliebt ward, was der in seine Schoenen hineinlegte. Dreimal ist er so angelaufen, endlich verzweifelte er an dem ganzen weiblichen Geschlecht und was er ihnen vorhin zu viel beilegte, traute er ihnen jetzt zu wenig zu. Nun stellen Sie sich vor, was die Entdeckung eines solchen Charakters, wie der Ihrer Braut war, auf ihn fuer einen Eindruck muss gemacht haben. Er sah, dachte, hoerte, fuehlte jetzt nun nichts als die Erscheinung einer Gottheit, die in weiblicher Gestalt auf die Erde gekommen waere, ihn von seinem laesterlichen Irrtum zurueckzubringen. Desto mehr aber haben wir jetzt von ihm zu befuerchten, da sein Verstand mit seiner wilden taumelnden Einbildungskraft nun gemeine Sache macht. Ich muss Ihnen doch, um Ihnen seine Art zu lieben ein wenig ins Licht zu setzen, von den drei Liebesgeschichten seiner Jugend, soviel ich davon weiss, eine Idee geben. Seine erste Liebe war in Russland, als er erst 11 Jahr alt war, und dazu in die Maetresse des alten Grafen ** selbst, bei dem er im Hause war. Stellen Sie sich vor, wie aufbrausend schon die kindische Einbildungskraft dieses Menschen gewesen sein muss, da er in dieser wirklich liederlichen Weibsperson das Gegenbild zu dem Ideal zu finden glaubte, das er sich von der Nymphe des Telemachs, den sein Hofmeister mit ihm exponierte, gemacht. Dieses Ideal wurde nun aber schaendlich ueber den Haufen geworfen, als er sie mit dem alten Grafen einmal im Bette antraf--Seine zweite Liebe war die Nichte des Kaufmanns in Lion, deren lebhafter Witz ihn steif und fest glauben machte, er habe an ihr eine zweite Ninon gefunden. Endlich aber fand er, dass sie nur kokett gegen ihn gewesen war, und da sehnte er sich herzlich nach Deutschland, um aus Goethens oder Wielands Romanen und aus Klopstocks Cidli sich ein Ideal zusammenzuschmelzen, das seinesgleichen noch nicht gehabt. So gut ward's ihm denn auch, als er nach Leipzig kam, und die Tochter eines Landpredigers, die sich eine Zeitlang daselbst bei einer Verwandtin aufgehalten, versprach ihm die Erfuellung aller seiner Wuensche. Aber wie jaemmerlich wurden seine Entzueckungen mit schreienden und schnarrenden Dissonanzen unterbrochen, als er auf einmal auch diese seine Messiasheldin, nachdem die ersten Wochen ihrer Maskerade vorbei waren, nur als eine kuenstliche Agnese erscheinen sah, die unter ihrem Nonnenschleier Liebesbriefchen ohne Zahl und tausend verstohlne Kuesschen entgegennahm, ja die er endlich sogar bei einer starken Vertraulichkeit mit einem dicken runden Studenten ueberraschte. Da lagen nun alle seine Ideale umgestuerzt, und er haette nun mit eben dem kalten Blut, als jene Belagerten sich mit griechischen Bildsaeulen verteidigten, sie alle ueber die Stadtmauer werfen koennen. Das Leben ward ihm zur Last, er zog in der Welt herum von einem Ort zum andern nimmer ruhig und haette seine Existenz gar zu gern mit eigner Hand verkuerzt, wenn er nicht den Selbstmord, ohne dringende Not, nach seinem Glaubenssystem fuer Suende gehalten haette. Jetzt, mein teurester Plettenberg, koennen Sie sich eine Vorstellung machen, was wir von einem Menschen dieser Art in einem solchen Fall zu erwarten haben, wenn er nicht behutsam behandelt wird. Er hat Vernunft genug einzusehen, dass in seinem jetzigen Stande es Torheit waere, Ansprueche oder Hoffnungen auf den Besitz der Graefin zu machen, aber auch wilde Einbildungskraft genug, sich alles moeglich vorzustellen, was ihn zur Gleichheit mit ihr erheben kann, besonders da die Ideen seiner Jugendjahre und seiner Geburt bei allen seinen Ungluecksfaellen ihn nie verlassen haben. Am allermeisten, da seine Jahre sich immer mehr der maennlichen Reife naehern und er in ihr die Erfuellung aller seiner Ideen gefunden zu haben glaubt. Haben Sie also die Guetigkeit, ihn so zu empfangen, wie ein weiser Arzt einen hoechst gefaehrlichen Kranken empfangen wuerde, der durch alles, was wirkliche Achtung, Mitleid und Freundschaft verdient, alle Ihre edleren Empfindungen in Anspruch nimmt. Vierter Brief Herz an Fernand Rothe ist ein Verraeter--er schickt mir das Bild nicht--sag ihm, er wird meinen Haenden nicht entrinnen. Fuenfter Brief Plettenberg an Rothe Eben habe ich Ihren irrenden Ritter nebst Ihren Vorreutern und blasenden Postillonen erhalten, lieber Rothe. Ich muss sagen, diese Erscheinung wirkt sonderbar auf mich, der Mensch ist so ganz, was er sein will, und da er eine der schwersten Rollen auf Gottes Erdboden spielt, so repraesentiert er doch nicht im mindesten. Er war bleich und blass, als er hereintrat. Es ist lustig, wie wir miteinander umgehen. Gleich als ob ich der verliebte Ritter und er der Braeutigam sei, hat er mit einer Zuversicht mir von seiner Liebe zu meiner Braut eine Vertraulichkeit gemacht, die mich so ziemlich aus meiner Fassung setzte, aus der ich doch, wie Sie wissen, sonst so leicht nicht zu bringen bin. Er sagte mir zugleich, Sie waeren ein schwarzer Charakter; als ich ihn um die Ursache fragte, gestand er mir, Sie haetten ihm das Portraet meiner Braut zuschicken sollen, und haetten es nun nicht getan. Wirklich hatte ich von jemand anders ein Paket fuer ihn erhalten, als ich es ihm wies, schlug er beide Haende gegen die Stirn, fiel auf die Knie und schrie "o Rothe! Rothe! wie oft muss ich mich an dir versuendigen!" Ich fragte ihn um die Ursache, er sagte, er habe selbst alles so angeordnet, dass das Paket durch seinen Kommissionaer in **, unter meiner Adresse an ihn geschickt werden sollte, und nun hab' er's unterwegens vergessen, und Sie im Verdacht gehabt, dass Sie es ihm haetten vorenthalten wollen. In der Tat, mein lieber Rothe, habe ich Ursache, von diesem Ihrem Verfahren gegen mich ein wenig beleidigt zu sein, besonders aber von der Gewissenhaftigkeit, mit der Sie alles das vor mir verschwiegen gehalten. Ich hatte das Herz nicht, dieses seinsollende Portraet meiner Braut Herzen zu entziehen, weil ich fuerchtete, seine Gemuetskrankheit dadurch in Wut zu verwandeln, aber es kraenkt mich doch, dass ein Bild von ihr in fremden und noch dazu so unzuverlaessigen Haenden bleiben soll. Wenn Sie mir's nur vorher gesagt haetten, aber wozu sollen die Verheimlichungen? Unsere Truppen marschieren erst den Zwanzigsten, wir haben heute den Ersten, ich daechte, es waere nicht unmoeglich, Sie vor unserem Abmarsch noch einige Tage zu sehen. Ich habe Ihnen viel, viel an meine Braut zu sagen, und brauche in der Tat einen Mann wie Sie, mir bei meiner Abreise ein wenig Mut einzusprechen. Freund, ich merke an meinen Haaren, dass ich alt werde. Sollte Stella, wenn ich wiederkomme und von den Beschwerden des Feldzugs nun noch aelter bin--Kommen Sie, Sie werden mein Engel sein. Es gibt Augenblicke, wo mir's so dunkel in der Seele wird, dass ich wuenschte-- _Plettenberg._ Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Der Waldbruder, ein Pendant zu Werthers Leiden, von Jakob Michael Reinhold Lenz. *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, DER WALDBRUDER, EIN PENDANT ZU WERTHERS LEIDEN *** This file should be named 7wpwl10.txt or 7wpwl10.zip Corrected EDITIONS of our eBooks get a new NUMBER, 7wpwl11.txt VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 7wpwl10a.txt Project Gutenberg eBooks are often created from several printed editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not keep eBooks in compliance with any particular paper edition. We are now trying to release all our eBooks one year in advance of the official release dates, leaving time for better editing. Please be encouraged to tell us about any error or corrections, even years after the official publication date. 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If the value per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2 million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text files per month: 1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+ We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002 If they reach just 1-2% of the world's population then the total will reach over half a trillion eBooks given away by year's end. The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks! This is ten thousand titles each to one hundred million readers, which is only about 4% of the present number of computer users. 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