Project Gutenberg's Shakespeare und die Bacon-Mythen, by Kuno Fischer Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the copyright laws for your country before downloading or redistributing this or any other Project Gutenberg eBook. This header should be the first thing seen when viewing this Project Gutenberg file. Please do not remove it. Do not change or edit the header without written permission. Please read the "legal small print," and other information about the eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file. Included is important information about your specific rights and restrictions in how the file may be used. You can also find out about how to make a donation to Project Gutenberg, and how to get involved. **Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts** **eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971** *****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!***** Title: Shakespeare und die Bacon-Mythen Author: Kuno Fischer Release Date: October, 2004 [EBook #6736] [Yes, we are more than one year ahead of schedule] [This file was first posted on January 20, 2003] Edition: 10 Language: German Character set encoding: ASCII *** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK SHAKESPEARE UND DIE BACON-MYTHEN *** Produced by Delphine Lettau, David Starner and the Online Distributed Proofreading Team. SHAKESPEARE UND DIE BACON-MYTHEN. Festvortrag gehalten auf der General-Versammlung der deutschen Shakespeare- Gesellschaft zu Weimar am 23. April 1895 von Kuno Fischer. VORWORT Dieser Vortrag ist gleich, nachdem er gehalten war, in der "Beilage zur Allgemeinen Zeitung", Nummer 105-107, veroeffentlicht worden. Die muendliche Rede ist in der gedruckten wortgetreu wiedergegeben, aber diese enthaelt einige Ausfuehrungen (darunter saemmtliche unter dem Text befindliche Bemerkungen), die in jener um der Kuerze willen weggeblieben sind. Ich habe eine falsche Vorstellungsart darzuthun, zu erklaeren und zu entkraeften gehabt und diese Aufgabe mit voelliger Sachlichkeit, ohne jede persoenliche Polemik erfuellt, sogar in der muendlichen Rede geflissentlich keinen der Namen genannt, welche der deutschen Gegenwart angehoeren. Der juengste und in gewissem Sinn gruendlichste Vertreter der "Bacon- Theorie" hat am Schlusse seines Buchs erklaert, dass ich zwar ein ruehmliches Werk ueber Bacon geschrieben, aber "ohne eine Ahnung zu haben, dass 'die Vermehrungen der Wissenschaften' im 'Shakespeare' zu finden sind". Durch ein solches Urteil durfte ich mich wohl herausgefordert fuehlen, entweder diese "Ahnungen" mir anzueignen oder nachzuweisen, dass sie nichts sind als eitle Traeumereien. Dies ist in einem der letzten Theile meines Vortrags geschehen. Heidelberg, im Mai 1895. K. F. INHALT I. Das Shakespeare-Geheimniss und der Shakespeare-Mythus II. Das Bacon-Geheimniss 1. Der Beweis aus dem Mangel aller Beweise 2. Bacon und Shakespeare 3. Unparteiische Stimmen fuer und wider III. Die erste Art der Bacon-Mythen 1. Bacon als Quelle des Northumberland-Manuscripts 2. Bacon als geheimnissvoller Dichter. Das Sonett 3. Bacon als staatsgefaehrlicher Dichter 4. Bacon "unter anderem Namen" IV. Bacon als Dramatischer Geschichtschreiber V. Die zweite Art der Bacon-Mythen 1. Bacon als der Kaufmann von Venedig 2. Der Schluss der drei Taugenichtse 3. Bacon als Othello 4. Bacon als Katharina von Aragonien, Wolsey und andere gefallene Groessen VI. Die dritte Art der Bacon-Mythen 1. Bacon als Verfasser des Promus 2. Der Promus als Quelle von Romeo und Julia 3. Die Vergleichung der Werke VII. Bacons grosse Geheimschrift: Mythus oder Humbug? VIII. Der Gipfel der Bacon-Mythen 1. Bacon als philosophischer Dichter 2. Bacon als Erfinder des parabolischen Dramas 3. Der Anfang des ersten Hamlet-Monologs als das non plus ultra naturwissenschaftlicher Dichtung 4. Prospero und Pan IX. Der Gipfel der Unkritik X. Bacons Urtheil ueber Shakespeare 1. Bacon und das Theater seiner Zeit 2. Die Schule Bacons. Voltaire XI. Die deutsche Shakespeare-Kritik 1. Lessing und Voltaire 2. Goethe 3. Goethe und Schiller I. DAS SHAKESPEARE-GEHEIMNISS UND DER SHAKESPEARE-MYTHUS. Als mir die ehrenvolle Aufforderung zu Theil wurde, in der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft zu Weimar am heutigen Tage die Festrede zu halten, war juengst ein stattliches, bilderreiches, kostbares Werk erschienen, das unter den litterarischen Tagesereignissen viel von sich reden machte und, obwohl seitdem fast ein Jahr verflossen ist, doch in unserer raschlebigen Zeit noch keineswegs zu den Verschollenen gehoert. Es trug die Aufschrift "Das Shakespeare-Geheimniss" und darunter das Brustbild eines Mannes, das allen Lesern sogleich das Geheimniss verkuenden und zurufen sollte: "Ich bin es! So sah der Mann aus, der Romeo und Julia, Hamlet, Lear und Othello, Julius Caesar, Coriolan u. s. w. gedichtet hat!" Das Bild aber war der Kopf Bacons nach einem Portrait, welches ein niederlaendischer Maler im Jahre 1618 von dem damaligen Grosskanzler Englands gemalt hat. [Fussnote: Edwin Bormann. Das Shakespeare-Geheimniss. Leipzig, E. Bormanns Selbstverlag. 1894.] Wie die Wahrheiten, so muessen auch die menschlichen Irrthuemer, sobald sie einmal die oeffentliche Bahn betreten haben, alle Stadien der Begruendung durchlaufen, bis jene ihre Sache voellig gewonnen, diese aber die ihrige voellig verloren haben. Die sogenannte "Bacon- Theorie", naemlich die Ansicht, dass der Verfasser der nach Shakespeare genannten weltberuehmten Dichtungen nicht William Shakespeare, sondern Francis Bacon sei, blickt heute auf eine fast vierzigjaehrige litterarische Laufbahn zurueck. Keine litterarische Controverse hat in der zweiten Haelfte dieses Jahrhunderts ein breiteres Aufsehen erregt und mehr Federn in Bewegung gesetzt, als diese Streitfrage, von der frueher wohl niemand geglaubt haette, dass sie jemals ernstlich gestellt werden koennte. Freilich soll A. Gfroerer, damals Bibliothekar in Stuttgart, schon vor mehr als fuenfzig Jahren muendlich geaeussert haben, dass nach einem halben Jahrhundert von William Shakespeare die Rede sein werde, wie in der neueren Geschichtsforschung von Wilhelm Tell. Indessen war Gfroerer kein Prophet und ein Mann von aeusserst wandelbaren Meinungen. Aus einem sehr unglaeubigen Protestanten, wie er damals war, wurde er zehn Jahre spaeter ein sehr fanatischer Katholik (1853). Schon im Jahre 1884 hatte sich ueber die Bacon-Shakespeare-Controverse eine solche Masse von Litteratur in groesseren und kleineren Schriften angehaeuft, dass ihre Zahl auf 255 gestiegen war. Davon waren 161 amerikanischen, 69 englischen Ursprungs; 117 hatten sich fuer die Autorschaft Shakespeares erklaert, 73 dawider. Im Jahre vorher (1883) waren allein 61 Schriften ueber die Frage erschienen [Fussnote: Bibliography of the Bacon-Shakespeare Controversy. By _W. H. Wyman_. Cincinnati, P. G. Thomson. 1884.]. Es ist kein uninteressantes, auch kein der Aufmerksamkeit der Shakespeare-Freunde und -Forscher unwuerdiges Thema, den Ursprung, die Art der Entstehung und Fortpflanzung einer so seltsamen, so irrigen und gegenwaertig so verbreiteten Vorstellungsweise naeher ins Auge zu fassen und auf ihren Grund, ihre Beweisarten und ihre Resultate zu pruefen. Wie ist es gekommen, dass in der zweiten Haelfte des 19. Jahrhunderts, dieses Jahrhunderts der Kritik, wie man das unsrige mit Recht genannt hat, mit einem Male die Idee von einem "Shakespeare- Mysterium" auftaucht, dass man Buecher ueber den "Shakespeare-Mythus" schreibt, welche beweisen wollen, dass der Dichter William Shakespeare eine mythische Figur sei, die als "den suessen Schwan vom Avon" Ben Jonson nur zum Schein besungen und verherrlicht habe? In Wahrheit sei dieser William Shakespeare ein Bauernjunge aus Warwickshire, ein roher und gemeiner Fleischergeselle in Stratford gewesen, der nach einer Reihe thoerichter und schlechter Jugendstreiche, nach einer eiligen und ungluecklichen Heirath, nach Wilddiebereien und boshaften Pamphleten gezwungen war, seine Vaterstadt zu verlassen; fluechtig, arm und verlumpt sei er nach London gekommen, bei den Theatern an der Themse erst Pferdejunge, dann Theaterdiener, Statist, Schauspieler, zuletzt Theaterdirector oder Unternehmer geworden und habe als solcher die Stuecke anderer bearbeitet, in Scene gesetzt und aufgefuehrt. Als ein kluger und betriebsamer Geschaeftsmann, der er war, habe er auf diesem Wege viel Geld verdient, seinem heruntergekommenen Vater und dadurch sich selbst ein Wappen erworben, seine Capitalien in Grundbesitz, namentlich in Stratforder Haeusern, Laendereien und Renten angelegt. Der Name Shakespeare bedeute demnach nicht den Autor, sondern den Buehnenbearbeiter und Regisseur, den Eigenthuemer und Herausgeber, gewissermassen die Firma jener hochberuehmten Schauspiele, welche die Shakespeare-Dramen heissen, und deren erste Gesammtausgabe sieben Jahre nach dem Tode Shakespeares erschien. Dies ist kurz gefasst der Kern des sogenannten Shakespeare-Mythus, wie denselben Appleton Morgan, ein amerikanischer Advocat, in seinem Buche darueber auszufuehren gesucht hat (1881). Wer waren nun die Verfasser der Stuecke? Einer oder Viele? Bekannte oder unbekannte Maenner? Nach Morgans Ansicht waren es viele, bekannte und unbekannte. Es mag manche dunkel gebliebene Gelehrte gegeben haben, deren Feder der findige Unternehmer gebraucht hat. Wer weiss, wie sie hiessen und in welchen Dachstuebchen Londons sie verkuemmern mussten! Einer der Verfasser von bekannter Groesse sei Bacon gewesen. Weil aber ein Orchester die Symphonie nicht macht, sondern das Werk ausfuehrt, welches ein Einziger erzeugt hat, so koenne der Verfasser der Shakespeare-Dramen auch nur einer gewesen sein. Dieser eine war Bacon: so lautet die ausgemachte Bacon-Theorie. II. DAS BACON-GEHEIMNISS. 1. Der Beweis aus dem Mangel aller Beweise. Da nun alle urkundlichen Zeugnisse irgend eines Zusammenhanges zwischen Bacon und Shakespeare gaenzlich fehlen, so haben die Baconianer, wie man sie nennt, aus der Noth eine Tugend gemacht und den voelligen Mangel aller sachlichen Beweise fuer den Beweis der Sache ausgegeben: so geflissentlich und so gruendlich habe Bacon alle Spuren vertilgt, die seine Autorschaft haetten verrathen koennen! Da er von einer gleichzeitigen Groesse, wie Shakespeare, haette reden muessen, nirgends aber geredet hat, so habe er absichtlich aus tief versteckten Gruenden geschwiegen, welche letztere sich der eindringenden Nachforschung daraus erklaeren, aber auch nur daraus: dass er selbst Shakespeare war! Alle urkundlichen Gegenbeweise aber: deren es viele und unumstoessliche giebt, gelten fuer Schliche und Machinationen, um die Autorschaft Bacons zu verbergen und die Welt zu dupiren. Niemals, solange es eine historische Kritik giebt, hat man dem Mangel aller Urkunden und Zeugnisse eine solche Beweiskraft zugeschrieben. Ueber Bacon, den Dichter der Shakespeare-Dramen, herrscht ein absolutes Schweigen, er ist in den Schleier des tiefsten Geheimnisses gehuellt: darin besteht das Bacon-Geheimniss. Wo sich aber ein Mysterium findet, da werden wohl auch die Mythen nicht ausbleiben. 2. Bacon und Shakespeare. Auf den ersten Blick mag es ja auffallend genug sein, dass die beiden beruehmtesten Maenner aus dem Zeitalter der Elisabeth und Jakobs I. einige Jahrzehnte in London zugleich gelebt haben und einander fremd geblieben sind, obwohl es nicht zweifelhaft sein kann, dass jeder vom andern gewusst hat. Indessen wie weit auch die Charaktere und Schicksale, die Stellungen und Laufbahnen beider Maenner von einander entfernt waren, und wie grundverschieden ihre Ansichten vom Werthe des Lebens und der Welt sein mochten, so hat sich doch der Genius eines grossen Zeitalters, dessen maechtigste Soehne sie waren, in beiden wirksam erwiesen und gewisse uebereinstimmende Auffassungen vom Wesen und der Natur des Menschen hervorgerufen. Bacon verlangt eine Sittenlehre, die nicht auf abstracte Vorschriften, sondern auf wirkliche Menschenkenntniss, auf das Studium menschlicher Charaktere und Leidenschaften gegruendet sein soll; die Sittenlehrer sollen nicht Kalligraphen sein, wie die Schreiblehrer: er fordert eine Naturgeschichte der Affecte, die man uns nach dem Leben schildern moege, wie sie entstehen und wachsen, wie sie erregt und gesteigert, wie sie gemaessigt und bemeistert werden; wie man sie faengt, den Affect durch den Affect, wie auf der Jagd Thiere durch Thiere. Um die menschlichen Charaktere und Leidenschaften zu studiren, verweist Bacon die Sittenlehre auf die Geschichtschreiber und Dichter. Er haette statt aller einen einzigen nennen sollen, der in seinen dramatischen Werken die mannichfaltigsten, gehaltvollsten und wahrsten Menschenbilder geschaffen hat: seinen Landsmann und Zeitgenossen William Shakespeare. Wie Bacon den Menschen von Seiten der Sittenlehre studirt und erkannt wissen will, so hat ihn Shakespeare dargestellt und gedichtet. Wie man den Affect durch den Affect faengt, so wie auf der Jagd Thiere durch Thiere! Ich meine in Shakespeares "Caesar" den Decius Brutus zu hoeren, wie er im Rathe der Verschworenen sich anheischig macht, den Herrscher in den Senat zu locken: "Ich uebermeist're ihn. Er hoert es gern, Das Einhorn lasse sich mit Baeumen fangen, Der Loew' im Netz, der Elephant in Gruben, Der Baer mit Spiegeln und der Mensch durch Schmeichler. Doch sag' ich ihm, dass er die Schmeichler hasst, Bejaht er es, am meisten dann geschmeichelt. Lasst mich gewaehren, Denn ich verstehe, sein Gemueth zu lenken, Und will ihn bringen auf das Capitol." [Fussnote: Mein Werk "Francis Bacon und seine Nachfolger". (Leipzig, Brockhaus. 2. Aufl. 1875.) S. 283-292, 383 bis 384; vgl. _Bacon_: Ess. of friendship. Works VI, p. 437 bis 443.] Zu der Sittenlehre gehoert auch die Pflichtenlehre, die uns vorschreibt, was wir thun sollen. Hier vermisst Bacon die Lehre von den entgegengesetzten Lastern, die uns zeigen moege, was die Menschen wirklich thun, wie sie jene boesen Kuenste der Falschheit und Taeuschung ausueben, klug wie die Schlangen, aber keineswegs ohne Falsch wie die Tauben. Diese boesen Kuenste gleichen dem gefaehrlichen Basilisken, bei dem, wie die Fabel sagt, alles darauf ankomme, wer den ersten Blick hat. Erkennen wir den Basilisken, bevor er uns anblickt, dann sind wir gerettet; im andern Fall sind wir gebannt und verloren. Daher empfiehlt Bacon, den Macchiavelli zu studiren, der in seinem Buche vom Fuersten diese Kuenste der Falschheit und Taeuschung unuebertrefflich geschildert habe. Genau so hat Shakespeare diese "_malae artes_" personificirt in seinem "Richard III.": "Ich will mehr Schiffer als die Nix ersaeufen, Mehr Gaffer toedten als der Basilisk, Ich will den Redner gut wie Nestor spielen, Verschmitzter taeuschen, als Ulyss gekonnt, Und Sinon gleich ein zweites Troja nehmen. Ich leihe Farben dem Chamaeleon, Verwandle mehr wie Proteus mich Und nehme den moerderischen Machiavell in Lehr'." [Fussnote: Mein Werk "Fr. Bacon &c." S. 389-390.] Solche und eine Reihe aehnlicher Uebereinstimmungen zwischen Bacon und Shakespeare habe ich stets mit hohem Interesse verfolgt, aber nie etwas anderes daraus hergeleitet als ein Zeugniss jener Ideenverwandtschaft, die zwischen den fuehrenden Geistern einer Weltepoche zu herrschen pflegt. Der groesste Philosoph und der groesste Dichter des Elisabethanischen Zeitalters! Ich bin so oft bei dem Studium des Einen an gleichartige Anschauungen des Andern erinnert worden, dass ich lebhaft wuenschte, es moechten sich von den persoenlichen Eindruecken, welche der Eine von dem Andern gehabt hat, insbesondere Bacon von Shakespeare, einige sichere Spuren auffinden lassen. Als daher die Bacon-Shakespeare-Controverse so viele Federn zu beschaeftigen anfing, habe ich zwar niemals gezweifelt, dass die "Baconianer" einer in die Luft gebauten Hypothese nachtrachteten, aber ich habe mit einem ihrer amerikanischen Gegner gehofft, dass diese Untersuchungen ueber manche am Wege gelegenen Punkte ein unerwartetes Licht verbreiten koennten: interessante "side-lights" und "collateral information", wie John Weiss solche beilaeufige Gewinne genannt hat. Aber meine Hoffnungen sind weniger erfuellt worden als die seinigen. Die Baconianer sind von ihrem Dogma zu sehr besessen und verhalten sich zu der Frage nicht als Kritiker und Forscher, sondern wie Advokaten, die immer bestrebt sind, die Gegengruende, auch die solidesten, wegzureden aber zu ignoriren, die Scheingruende dagegen, auch die losesten, durch alle moeglichen superlativen Verstaerkungen einzureden und zu verdichten; sie beweisen nicht, sondern plaidiren: sie plaidiren pro Bacon contra Shakespeare und behandeln die ganze Controverse als "plea". Es ist nicht zufaellig, dass unter den Wortfuehrern der Baconianer sich einige Advokaten besonders hervorgethan haben. Sobald sie auf William Shakespeare zu sprechen kommen, reden sie wie von einer Gegenpartei, deren Verurtheilung auf alle Art zu betreiben sei. Unwillkuerlich gerathen sie daher in den Ton der Schmaehung. Da heisst es: "dieser Bauernjunge, dieser Fleischerlehrling, dieser Wilddieb, dieser Taugenichts" u.s.f. Wenn es sich darum handelte, W. Shakespeare heilig zu sprechen, so wuerde Hr. A. Morgan nicht uebel zum advocatus diaboli taugen, vorausgesetzt, dass er noch heute so denkt, wie vor fuenfzehn Jahren. Waehrend nun die Baconianer unaufhoerlich von einem "Shakespeare- Mythus" neben, der zu Gunsten Bacons von Grund aus zerstoert werden muesse, haeufen sie selbst Mythen ueber Mythen auf Bacon, d. h. sie lassen denselben eine Menge Dinge sagen und thun, die er nie gesagt und nie gethan hat. Von diesen Bacon-Mythen will ich reden, indem ich ihren Gang, gleichsam ihre Etappen verfolge von den vermeintlichen aeusseren und aeusserlichen bis zu den vermeintlichen inneren und innersten Gruenden, auf welche sich die Behauptung stuetzt: dass Bacon den Dichter Shakespeare gewesen sei. 3. Unparteiische Stimmen fuer und wider. Hoeren wir zuvor noch einige Stimmen von England her, die sich ueber die Frage geaeussert haben, ohne darueber zu streiten. Nach dem Tode des Lord Palmerston (1865) hat man unter anderen Merkwuerdigkeiten von diesem Staatsmann erzaehlt, dass er gern mit litterarischen Dingen Staat gemacht und oefter die paradoxe Meinung hingeworfen habe: nicht Shakespeare, sondern Bacon sei der Verfasser der nach jenem genannten Stuecke gewesen; gelegentlich habe der Lord das Buch einer amerikanischen Dame herbeigeholt, worin die Sache bewiesen sei. Es war die Schrift der Ms. Delia Bacon, die, wohl von ihrem Namen geblendet, die fixe Idee gefasst hatte, dass Lord Bacon das System feiner politischen Philosophie in einer Reihe von Schauspielen, die der Hand Shakespeares anvertraut waren, der Zukunft offenbart habe. Der "Hamlet" habe gleichsam das Programm der ganzen Serie enthalten. Um ihre Idee zu beweisen und auszufuehren, ist Ms. Delia Bacon nach England gegangen und hat nach vielen Leiden und Entbehrungen ihre Irrfahrten im Irrenhause geendet. Wenn es Maertyrer des Irrthums giebt, so war diese unglueckliche Frau ein solcher Maertyrer. Sie ist durch ihre Schriften aus den Jahren 1856 und 1857 die Anfaengerin, wenn nicht die Begruenderin der Bacon-Theorie geworden. Weit gewichtiger und interessanter als die Spaesse des Lord Palmerston sind die Aussprueche eines Mannes, wie Thomas Carlyle, der die Heroen des Geistes zu wuerdigen wusste und dazu den Ernst und die Tiefe der Einsicht wie der Kenntnisse besass. Er hat sich von Ms. Delia Bacon besuchen lassen, ihre Ansichten angehoert und darauf gesagt: "Ihr Bacon haette ebenso gut die Erde erschaffen koennen, wie den Hamlet!" Einem gleichzeitigen Briefe an einen amerikanischen Freund hat er die Nachschrift hinzugefuegt: "Ihre Landsmaennin ist verrueckt". Viele Jahre vorher, in seinen Vorlesungen ueber die Heroen und deren Verehrung, hatte Carlyle auch von Bacon und Shakespeare gesprochen und hier erklaert: dass jener mit allem Geist, den er gehabt und in seinen Werken dargelegt habe, diesem gegenueber nur secundaer sei, denn Shakespeare war ein Schoepfer, was Bacon nicht war. Seit den Tagen Shakespeares sei nur Einer erschienen, der an ihn erinnere: dieser Eine und Einzige sei Goethe. [Fussnote: Wymann, Nr. 73 und 131. Vergl. Carlyle: "On Heroes" (1889), p. 97. "The hero as poet."] Der juengste Herausgeber der Gesammtwerke Bacons und sein Biograph, James Spedding in Cambridge, gegenwaertig wohl die erste Autoritaet in Sachen Bacons, ist wiederholt nach seiner Ansicht gefragt worden und hat sich gegen die Bacon-Theorie voellig ablehnend verhalten. Er hat einem ihrer Hauptvertreter geantwortet: wer auch die Stuecke Shakespeares geschrieben haben moege, einer gewiss nicht, naemlich Bacon. III. DIE ERSTE ART DER BACON-MYTHEN. 1. Bacon als Quelle des Northumberland-Manuscripts. Im Jahre 1867 ist in der Bibliothek des Grafen Northumberland zu London ein altes handschriftliches Buch aufgefunden worden, verstuemmelt, defect, angebrannt, welches Abschriften baconischer, shakespearischer und anderer Werke enthalten hat. Es enthaelt noch vier Reden Bacons vollstaendig (wenn auch etwas beschaedigt), von denen bisher nur ein Theil bekannt war. Diese Reden hatten den Zweck, die Koenigin am Queensday, dem Jahrestage ihrer Kroenung, zu feiern. Es galt die Feier des 17. November 1592, als Elisabeth 34 Jahre glorreich regiert hatte. Bacon componirt das aufzufuehrende Festspiel. Vier Personen berathen die Feier: die erste Rede gilt dem Preise der Tapferkeit, die zweite dem der Liebe, die dritte dem der Erkenntniss, die vierte der Koenigin selbst, die alle diese Tugenden in sich vereinige. Die Rede "_The praise of knowledge_" ist hoechst interessant. Man erkennt darin den neuerungslustigen Philosophen, den Verfasser des "Neuen Organon", das erst 28 Jahre spaeter erschien. Das Festspiel heisst "_A conference of pleasure_". Unter diesem Namen hat Spedding das Northumberland-Manuscript herausgegeben (1870). [Fussnote: _Works_ VIII (1862), p. 119-126. Vgl. XIV (1874), _preface_. Diese Sonderausgabe ist gegenwaertig vergriffen.] Auf dem ersten Blatte dieses paper book steht die Angabe des Inhalts, worunter sich auch die Titel: "Richard II." und "Richard III." befinden. Aus demselben Blatte stehen gekritzelt einigemale der Name "Francis Bacon" und acht- bis neunmal der Name "William Shakespeare", offenbar von der Hand des Abschreibers, der nach Speddings positiver Erklaerung Bacon nicht war. Stammt das Manuscript, wie Spedding meint, aus dem Zeitalter der Elisabeth, so ist dies vielleicht die einzige handschriftliche Stelle aus jenen Tagen, wo die beiden Namen Bacon und Shakespeare unmittelbar neben einander gestellt sind. Das ist recht interessant, beweist aber fuer die Bacon-Theorie nicht das Mindeste. Von "Richard II." und "Richard III." findet sich nichts als die Namen im Inhaltsverzeichniss. Nun meinen die Baconianer, dass dieses Manuscript unmittelbar oder mittelbar von Bacon selbst herruehre, dass es den handschriftlichen Text jener beiden Historien enthalten habe, noch bevor dieselben gedruckt waren, ja sogar, wie einige zu glauben scheinen, nicht bloss enthalten habe, sondern noch enthalte! Wenn man diese Fictionen addirt, so ergiebt sich als Totalsumme der Mythus: dass Bacon die Shakespearischen Historien verfasst habe, denn wer die erste und letzte vor dem Drucke aufgezeichnet hat, wird wohl den ganzen Cyklus geschrieben haben. 2. Bacon als geheimnissvoller Dichter. Das Sonett. "Richard II" war gedruckt und "Heinrich V." so gut wie vollendet, als die Koenigin im Maerz 1599 ihren Liebling, den Grafen Essex (keineswegs wider seinen Willen, sondern auf seinen dringenden Wunsch), als Statthalter nach Irland schickte, um die dortige Rebellion schnell niederzuwerfen. Alle Welt erwartet seine baldige siegreiche Rueckkehr. Shakespeare hat dem letzten Act "Heinrichs V." einen Prolog vorausgeschickt, worin er den Grafen schon als Triumphator begruesst und mit dem Sieger von Agincourt vergleicht. Ploetzlich kehrt Essex unverrichteter Dinge und eigenmaechtig nach London zurueck (Sept. 1599) und ueberrascht die Koenigin in ihrem Palaste Nonsuch. Die ihm zaertlich gesinnte, aber mit Recht erzuernte Herrscherin beschliesst, ihn richten und strafen zu lassen nicht "_ad ruinam_", wie sie sagt, sondern "_ad correctionem_" und "_ad reparationem_". Sie hat damals mit Bacon, einem ihrer ausserordentlichen juristischen Raethe, dem Freunde und Guenstlinge des Grafen Essex, oefter ueber diese Angelegenheit gesprochen. Eines Tages (im September 1600) kuendigt ihm die Koenigin an, dass sie in seiner Sommerwohnung zu Twickenham-Park zu Mittag essen wolle. Auf diese Veranlassung verfasst Bacon ein Sonett, um die Koenigin zu feiern und fuer den damals verbannten Essex guenstig zu stimmen. Er selbst erzaehlt diese Begebenheit in seiner spaeteren Vertheidigungsschrift wegen seines Verhaltens zu und gegen Essex. "Ich hatte", so schreibt er, "ein Sonett verfertigt, obgleich ich mich nicht fuer einen Dichter ausgebe (_though I profess not to be a poet_)." [Fussnote: _Sir Francis Bacon his apology, in certain imputations concerning the Late Earl of Essex etc. London 1604. Works X, pag. 139-162_.] Die Baconianer aber lassen ihn sagen: "obwohl ich nicht bekenne, dass ich ein Dichter bin". Er ist also nach seinem eigenen Gestaendniss ein heimlicher Dichter, ein Dichter incognito, d. h. Shakespeare! Aus einem heimlichen Dichter, d. i. aus einem Manne, der sich nicht fuer einen Dichter haelt und ausgiebt, aber in gelegener Stunde sein Sonett macht, auch wohl ein Festspiel componirt, wird ein geheimnissvoller Dichter, von dem man nach drei Jahrhunderten entdeckt, dass er Shakespeare war. Niemals ist ein Gedicht so ergiebig, so fruchtbar gewesen, wie dieses Sonett, denn es hat in den Koepfen der Baconianer 36 Dramen und 154 Sonette geboren! 3. Bacon als staatsgefaehrlicher Dichter. Kaum hat Bacon in seiner eben erwaehnten Apologie, beilaeufig gesagt, dem Muster- und Meisterstueck einer Denkschrift, die Geschichte von jenem Sonette erzaehlt, so macht er unseren heutigen Baconianern alsbald noch ein zweites hoechst merkwuerdiges und folgenreiches Gestaendniss. Ich will vorausschicken, dass Bacon, einer der beruehmtesten und bewaehrtesten Parlamentsredner Englands, die Kunst der kurzen, treffenden, bildlich einleuchtenden Rede in hohem Masse besass und geflissentlich auszubilden bedacht war. Antworten solcher Art gehoerten zu seinen Specialitaeten. Es waren, wie man heute sagt, "gefluegelte Worte", die von seinem Munde weg- und anderen zuflogen, die sie weitertrugen, wohl auch selbst gesagt haben wollten. Die Koenigin liebte solche Reden und Antworten und wusste sie zu erwidern. Nun hatte ein _Dr_. Hayward dem Grafen Essex eine Schrift gewidmet, die von dem ersten Regierungsjahre Heinrichs IV., also von der Entthronung Richards II. handelte. Die Koenigin hegte den schlimmsten Verdacht, sie witterte hochverraetherische Absichten und wollte den angeblichen Verfasser einsperren und foltern lassen, um den wirklichen zu erfahren. Bacon suchte die Herrscherin zu beguetigen und ihr die Schrift als unverfaenglich darzustellen; es sei nicht Verrath darin enthalten, sondern Felonie, der Verfasser habe nicht den Thron gefaehrdet, sondern den Tacitus bestohlen; die Koenigin moege nicht den Mann, sondern seine Feder auf die peinliche Frage stellen, d.h. den Verfasser in der Clausur die Schrift da fortsetzen lassen, wo er dieselbe abgebrochen habe; dann wolle er (Bacon) schon erkennen, ob Hayward der Verfasser sei oben nicht. In seiner Erzaehlung, die von jenem Sonette herkommt, faehrt Bacon so fort: "Um dieselbe Zeit, in einer Sache, die mit dem Processe des Grafen Essex einige Verwandtschaft hatte, gedenke ich einer meiner Antworten, die, obwohl sie von mir ausging, spaeter in anderer Namen umlief". [Fussnote: _Apology, pag. 149-150_.] So hat er gesagt. Nun aber laesst man ihn sagen (indem die Uebersetzung ein Woertchen einfuegt, welches nicht im Text steht): "Um dieselbe Zeit erinnere ich mich einer Antwort von mir in einer Sache, die einige Verwandtschaft mit des Lords Angelegenheit hatte, und die, obgleich sie von mir ausging, dann in anderer Namen umlief". [Fussnote: E. Bormann, S. 278- 282.] Demnach waere, was von Bacon ausging, nicht jene Antwort gewesen, die er der Koenigin gab, sondern die Sache, die mit dem Process des Grafen zusammenhing, d. h. die Darstellung der Entthronung Richards II.; die Anderen aber, in deren Namen die Sache spaeter umlief, seien _Dr._ Hayward und William Shakespeare. Hier also habe Bacon selbst bekannt, dass er "Richard II." verfasst und aus Furcht vor dem Zorn der Koenigin sich hinter Shakespeare als seinen Strohmann versteckt habe. Die offene Empoerung des Grafen, die er mit seinem Tode als Hochverraether gebuesst hat, geschah am 8. Februar 1601. Am Nachmittag des 7. wurde vor den Verschworenen "Richard II." aufgefuehrt, um sie sehen zu lassen, wie man einen Koenig entthrone. Dieses Stueck war aber nicht, wie man vielfach angenommen hat--auch ich habe mich darin geirrt--, Shakespeares gleichnamige Historie, die auch zu dem revolutionaeren Zweck schlecht gepasst haette, sondern nach gerichtlicher Aussage und Feststellung ein altes Stueck (_old play_), das seine Zugkraft verloren hatte, weshalb den Schauspielern ein hoeherer Preis fuer die Auffuehrung gezahlt wurde. [Fussnote: _A declaration of the practices and treasons attempted and committed by Robert late Earl of Essex and his complices etc. 1601. Works IX. p. 289-290_.] Shakespeares "Richard II." war 1597 erschienen. Es ist schon deshalb unmoeglich, dass Bacon aus Beweggruenden der Furcht, wozu die Anlaesse erst in den Jahren 1599 bis 1601 eintreten konnten, schon drei Jahre vorher sich hinter Shakespeare versteckt haben soll. Dies ist der Mythus von Bacon als dem Verfasser "Richards II.", noch dazu in staatsgefaehrlicher Absicht, die nie einem Menschen ferner lag, vielmehr so sehr zuwiderlief als ihm. Hier ist ein ganzes Nest von Bacon-Mythen, verworrener Chronologie und falschen Interpretationen! Essex und seine Freunde, darunter der auch durch Shakespeare beruehmte Graf Southampton, die Bacon gerichtlich hatte verfolgen muessen, waren am Hofe zu Edinburg bei Jakob VI., dem Sohne der Maria Stuart, dem Thronfolger der Elisabeth, wohl angesehen. Gleich nach dem Tode der Koenigin verfasste Bacon jene Denkschrift, in der seiner dem Grafen Essex erwiesenen guten Gesinnungen und Dienste ausfuehrlich gedacht war, namentlich auch jenes Sonetts, das er zu Essex' Gunsten in der Stille von Twickenham Park gedichtet hatte. Jetzt war Zeit, daran zu erinnern. Er hatte im Interesse und Dienste des Grafen Essex auch Festspiele componirt, ohne sich als deren Verfasser zu ruehmen. Dies alles mochte dem Dichter John Davies bekannt sein, der ihm befreundet, bei Koenig Jakob beliebt und zu demselben gereist war. An diesen seinen Freund schrieb Bacon am 28. Maerz 1603 (gleich nach dem Tode der Koenigin) und empfahl sich ihm mit dem Wunsche, er moege heimlichen Dichtern gut sein (_desiring you to be good to concealed poets_). [Fussnote: _Works X, p. 65._ Vgl. den Brief an den Lord Southampton, _p. 75_.] Dieses Schlusswort des Briefchens erscheint unsern Baconianern ausserordentlich bedeutsam. Hier nennt sich Bacon selbst einen heimlichen Dichter, er lueftet auf einen Augenblick den Schleier seines grossen Geheimnisses, und man erkennt sogleich--die Zuege Shakespeares! 4. Bacon "unter anderem Namen". Die Wuerden und Titel, welche Bacon auf der Hoehe seiner Laufbahn empfing, haben seinen Namen in gewisser Weise veraendert. Als er im Jahre 1618 "Bacon von Verulam" geworden war, schrieb er sich "Francis Verulam". Nachdem ihn der Koenig in den ersten Tagen des Jahres 1621, kurz vor seinem schmaehlichen Sturz, vor feierlich versammeltem Hofe zum "Viscount von St. Alban" erhoben hatte, hiess er und schrieb sich "Francis St. Alban". Der Name Bacon verschwindet hinter dem Titel und der Wuerde des Pairs: derselbe verhaelt sich zu Verulam oder St. Alban, wie Cecil zu Salisbury, Pitt zu Chatham, Disraeli zu Beaconsfield. Niemand sagt "Pitt von Chatham", niemand sollte sagen "Bacon von Verulam", aber alle Welt braucht diese incorrecte Bezeichnung, selbst die Geschichte der Philosophie. Unter dem Namen "Bacon" oder "Bacon von Verulam" ist er weltberuehmt, unter dem Namen "St. Alban" kennt ihn so gut wie niemand. Nun schreibt Toby Matthew, einer seiner vieljaehrigen und vertrautesten Freunde, der zur roemischen Kirche bekehrte Sohn eines englischen Bischofs, im Jahre 1623 an ihn als "Viscount von St. Alban" und sagt (wahrscheinlich im Hinblick auf das eben damals in lateinischer Sprache in neun Buechern erschienene Hauptwerk) in der Nachschrift seines Briefes: "Der wunderbarste Geist, den ich in meiner Nation und diesseits der See kennen gelernt habe, ist von Eurer Lordschaft Namen, aber bekannt ist er unter einem andern". Hier sehen unsre Baconianer den Schleier des grossen Geheimnisses nicht bloss gelueftet, sondern gefallen, und es erscheint--Shakespeare in Lebensgroesse! "Ein hoechst mysterioeses Postscript (_most mysterious_)", sagt Mrs. Henry Pott. Wen anderen koennte "der andere Namen" bedeuten als Shakespeare? Das Raethsel loest sich, wie mir scheint, weit einfacher. Der Mann, dessen Werke die Welt kennt und bewundert, heisst nicht Viscount von St. Alban, sondern Bacon. IV. BACON ALS DRAMATISCHER GESCHICHTSSCHREIBER. Zwischen den beiden Tetralogien von "Richard II." bis "Richard III." auf der einen Seite und "Heinrich VIII." auf der anderen liegt in der Reihenfolge der Koenige die Regierung Heinrichs VII., in der Reihenfolge der Dramen eine Luecke. Nun meinen die Baconianer, dass zur Ausfuellung der letzteren Bacons "Geschichte der Regierung Heinrichs VII." geschrieben und dramatisch stilisirt war. Diese Ansicht ist von vornherein verfehlt und mit den urkundlichen Thatsachen in Widerstreit. Als Bacon unmittelbar nach seinem Sturz, von London verbannt, fern von den historischen Quellen und Huelfsmitteln, binnen wenigen Monaten das genannte Werk verfasste, hatte er nicht die Absicht, eine Luecke zu ergaenzen, sondern die Geschichte Englands von der Vereinigung der Rosen bis zur Vereinigung der Reiche, d. h. von Heinrich VII. bis Jakob I., zu schreiben. Er hat dieses Werk, wie viele andere, nicht ausgefuehrt, aber noch den Anfang der Geschichte Heinrichs VIII. hinterlassen: Beweises genug, dass sein Werk nicht eine Luecke zwischen Richard III. und Heinrich VIII. auszufuellen bestimmt war. Der Erste, der auf den dramatischen Stil dieses Werkes hingewiesen und daraus Schluesse gezogen hat, welche die Bacon-Theorie stuetzen sollten, war wohl Villeman mit seinem Schriftchen '_Un probleme litteraire_' (1878) [Fussnote: Wyman scheint die Schrift nicht gekannt zu haben, da er den Verfasser "Villemain" und den Titel '_Un proces_' nennt. Nr. 109.], einer der wenigen Franzosen, die etwas zur Bacon-Theorie beigesteuert haben: ein Mangel oder eine Enthaltung, die der franzoesischen Litteratur keineswegs zum Vorwurf gereicht. Wenn Bacon in seinem "Heinrich VII." erzaehlt, dass die Ursachen der Buergerkriege wie schweres, dichtes Gewoelk ueber England hingen, so vernimmt Villeman die Sprache Richards III.: "Die Wolken all', die unser Haus bedroht" u.s.f. Wenn es in "Heinrich VII." heisst, dass eine Person sich entfernt oder die Scene gewechselt habe, dass die Schicksale der Wittwe Eduards IV. Gegenstand einer Tragoedie haetten sein koennen, dass Perkin Warbeck (der falsche Richard) die Kunst eines vollendeten Schauspielers besessen, dass in einem Moment politischer Spannung sich der Adel Englands versammelt habe, wie die Personen eines Dramas bei der Loesung des Knotens u.s.f., so ruft Villeman seinen Lesern zu: "Hoert! Er redet von Scene, Tragoedie, Rolle, Schauspieler, dramatischem Knoten" u.s.f. Der Verfasser der Geschichte Heinrichs VII. sei ein dramatischer Schriftsteller; dieselbe Feder habe auch "Richard III.", die Historien, mit einem Worte Shakespeare geschrieben. Wenn die juengste Bacon-Theorie sich ruehmt, die Entdeckungen des dramatischen Stils in Bacons "Heinrich VII." zuerst gemacht zu haben, so ist sie im Irrthum. Ob der theatralischen Bilder und Gleichnisse ein Dutzend oben einige Dutzende hergezaehlt werden, thut nichts zur Sache. Da ihre Beweiskraft gleich Null ist, so kann sie durch die Zahl der Beispiele nicht vermehrt werden. Bacon hatte das Drama die Geschichte in sichtbarer Gegenwart (_historia spectabilis_) genannt, wir nennen die Schaubuehne "die Bretter, welche die Welt bedeuten", daher ist nichts natuerlicher, als dass ein Geschichtschreiber seine Sprache oefter durch Bilder belebt, die an die Buehne erinnern. Daraus folgt nicht, dass der Historiker ein dramatischer Schriftsteller ist. Auch die vielen Blankverse, die in Bacons "Heinrich VII." sich moegen auffinden lassen, beweisen nicht, dass er Shakespeare war. Zur Niederschlagung solcher Argumente hat es gedient, dass man sogleich eine Reihe theatralischer Gleichnisse aus Mommsen und eine Reihe Blankverse aus Macaulay angefuehrt hat: ein ebenso treffender wie amuesanter Gegenbeweis. [Fussnote: W. Brandes in Westermanns Ill. Monatshefte. Okt 1894. S. 130-131.] Was aber die parallelen Ausdrucksweisen (insbesondere in Bacons "Heinrich VII." und Shakespeares "Richard III."), diese sogenannten Parallelismen und deren Beweiskraft betrifft, die bei allen Vertretern der Bacon-Theorie eine so ueberaus wichtige Rolle spielt, so werde ich diese Schlussart gleich in dem folgenden Abschnitt etwas naeher beleuchten. V. DIE ZWEITE ART DER BACON-MYTHEN. 1. Bacon als der Kaufmann von Venedig. Zu den verhaengnisvollen Charakterschwaechen Bacons gehoerte der Hang, ueber seine Verhaeltnisse zu leben, mehr Geld auszugeben, als er hatte, und sich immer von neuem in Schulden zu stuerzen. Oft und gern half ihm sein Bruder Anthony. [Fussnote: _Works_ VIII. S. 322. (Zahlungen aus den Jahren Sept. 1593 bis Jan. 1595.)] Aber der Goldschmied Sympson in der Lombardstreet, dem er einen Wechsel von 300 Pfund schuldete, war ein ungeduldiger Glaeubiger und liess Bacon eines Tages, als dieser in wichtigen Geschaeften aus dem Tower kam, auf offener Strasse verhaften; auch waere er sicherlich eingesperrt worden, wenn nicht schleunige Huelfe zur Hand gewesen waere. Sie kam diesmal nicht von Bruder Anthony, sondern, wie es scheint, von amtlicher Seite. [Fussnote: _Works_ IX, p. 106-108. (Die Sache begiebt sich am 24. Sept. 1598.)] Hier entdeckt sich nun unsern Baconianern ploetzlich die schoenste Uebereinstimmung zwischen diesem widerwaertigen Erlebniss Bacons im September des Jahres 1598 und dem "Kaufmann von Venedig", der bald nachher erschien. Der grossmuethige und freigebige Kaufmann heisst Antonio, Bacons grossmuethiger und freigebiger Bruder heisst Anthony: also ist Anthony gleich Antonio, Bacon mithin gleich Bassanio; der Goldschmied Sympson aber ist der Jude Shylock, beide haben denselben Anfangsconsonanten und dieselben Vocale. Wie merkwuerdig! Wie ueberzeugend! Die Verhaftung Bacons als insolventen Schuldners ist das Original, der "Kaufmann von Venedig" ist das dramatische Abbild, das von ihm selbst verfasste. Eine nette Art von Bacon-Mythen, nach welchen Bacon seine eigenen Lebensschicksale dramatisirt und durch Shakespeare auf die Buehne gebracht hat. [Fussnote: Bormann, S. 301 ff.] 2. Der Schluss der drei Taugenichtse. Hier ist nun die fuer die ganze Bacon-Theorie so charakteristische Schlussart, dass sie eine naehere Beleuchtung verdient. Anthony und Antonio haben denselben Namen, also ist Anthony gleich Antonio; Sympson und Shylock sind beide Wucherer, also ist Sympson gleich Shylock; Bacon wird verhaftet, der Kaufmann von Venedig wird auch verhaftet, also ist Bacon der Kaufmann von Venedig. Da aber Anthony schon Antonio ist und ausserdem mit dem ganzen Handel nichts zu thun hat, so ist Bacon nicht Antonio, sondern muss Bassanio sein, der aber nicht verhaftet wird, und so dreht sich die Sache im sinnlosen Kreise. [Fussnote: Ebendaselbst S. 302.] Diese Art zu schliessen ist bekanntlich eine der allerverpoentesten. Die Logiker nach Aristoteles nennen sie den positiven Schluss in der zweiten Figur. Um aber nicht schulmaessig zu reden, erlaube ich mir, dieselbe Sache etwas anschaulicher und concreter zu bezeichnen. Ich erinnere mich, dass eines unsrer lustigen Blaetter einmal zum Spass drei Taugenichtse beweisen lassen wollte, dass sie gute Leute seien; ihr Beweis lautete: "Aller guten Dinge sind drei, wir sind unser drei, also sind wir gute Dinge". Ich will diesen Schluss, um die Schulsprache zu vermeiden, den der drei Taugenichtse nennen, indem ich den Ausdruck lediglich im logischen und bildlichen, keineswegs aber im moralischen Sinne gebrauche. Doch muss ich hinzufuegen, dass nicht blos in dem angefuegten Falle, sondern durchgaengig die gesammte Bacon-Theorie sich die Facon dieses verpoenten Schlusses angeeignet hat: es ist gleichsam der Tact, nach welchem sie marschirt. 3. Bacon als Othello. In seinem Testament vom Jahre 1621 hatte Bacon seine Frau reichlich bedacht, auch in dem spaeteren Testamente vom December 1625 diese guenstigen Bestimmungen wiederholt, aber nachtraeglich widerrufen aus gerechten und schwerwiegenden Gruenden (_for just and great causes_). Der Grund war die inzwischen entdeckte Untreue der Frau. Hier haben einige Baconianer das Motiv zum Othello gewittert. Freilich erschien dieser 1622, waehrend die Enterbung vom December 1625 datirt; freilich war der Othello schon gedichtet und aufgefuehrt, ehe Bacon geheirathet hat, aber das thut den Rechnungen der Mrs. Henry Pott keinen Eintrag. 4. Bacon als Katharina von Aragonien, Wolsey und andere gefallene Groessen. Bacon habe seinen Sturz, der ihm bekanntlich zur Schuld und Schande gereicht hat, "still und stolz" ertragen und diese Gesinnungsart in Personen wie Katharina von Aragonien, Buckingham, Wolsey u. a. dramatisch dargestellt. In Wahrheit hat Bacon seine Richter um Barmherzigkeit angefleht und sich ein gebrochenes Rohr genannt: das war nicht "stolz". In Wahrheit ist er nicht muede geworden, um seine volle Wiederherstellung zu bitten: das war nicht "still". "Still und stolz!" Das klingt ja fast wie "edle Einfalt" und "stille Groesse", wie Winckelmann die griechischen Kunstwerke charakterisirt hat. [Fussnote: Ebendaselbst S. 298-300.] VI. DIE DRITTE ART DER BACON-MYTHEN. 1. Bacon als Verfasser des Promus. In einer Sammlung von Manuscripten, die im Brittischen Museum aufbewahrt werden, finden sich etwa 50 Folioseiten unter dem Titel "Vorrath musterhafter und anmuthiger Redewendungen (_Promus of formularies and elegancies_)", in Gruppen gesondert, als da sind Begruessungsformen, Gleichnisse, Metaphern, Sprichwoerter &c. Ein Theil dieses Promus ist nach Speddings Ansicht, der dem Ganzen keinen irgendwie bedeutsamen Werth zuschreibt, von Bacons Hand, weshalb er einige wenige Auszuege daraus in seine Gesammtausgabe der Werke aufgenommen hat. Dies geschah schon 1861. [Fussnote: _Works_ VII, p. 187-213.] Einige Jahrzehnte spaeter hat eine englische Dame, Mrs. Henry Pott, den Promus vollstaendig herausgegeben (1883) und nach einer angeblichen Durchmusterung von mehreren tausend Buechern an 1655 Redewendungen nachweisen wollen, dass sie in der vorbaconischen Litteratur nicht, in der gleichzeitigen aber nur bei Shakespeare sich finden, welche sprachgeschichtliche Behauptung von sachkundiger Seite bestritten und widerlegt worden ist. Sie hat im "Promus" die Keime zu entdecken gemeint, woraus sowohl die Sonette, als auch die Dramen Shakespeares erwachsen seien, weshalb diese Dichtungen insgesammt nicht von Shakespeare, sondern nur von Bacon herruehren koennen. Diesen Beweis der Bacon-Theorie nennt sie den ersten aus einleuchtenden inneren Gruenden (_internal evidence_). [Fussnote: _The promus of formularies and elegancies [being private notes, circ. 1594, hitherto unpublished] by _Francis Bacon_, illustrated and elucidated by passages from _Shakespeare_ by Mrs. Henry Pott with preface by E. A. Abbot, London 1883._ Mit Appendix und Index zaehlt das Buch 658 Seiten, waehrend Speddings Auszuege nur 13 Seiten betragen und von den auf Romeo und Julia bezogenen nichts enthalten.] 2. Der Promus als Quelle von Romeo und Julia. Ich will nur diejenigen Blaetter beachten, welche die Keime, gleichsam den Rohstoff und die Vorbereitung zu "Romeo und Julia" enthalten sollen und deshalb von Mrs. Henry Pott selbst fuer vorzueglich geeignet erklaert werden, ihre Ansicht zu beweisen. Mit gespannter Erwartung nehme ich die Blaetter zur Hand, mit einer Enttaeuschung ohne gleichen lege ich sie beiseite. Da steht: "guten Morgen", "guten Abend", "gute Nacht", "Amen", "der Hahn," "die Lerche", ein lateinischer Vers, welcher die Knaben ermahnt, frueh aufzustehen, aber nicht umsonst, '_mane_' nicht '_vane_'; ein lateinischer Vers, welcher den Schlaf ein falsches Bild des eisigen Todes nennt u.s.f. Diese Brocken sollen unter den Haenden Bacons sich in die Quellen verwandelt haben, denen die groesste aller Liebestragoedien entstroemt ist! Erst muss im Promus "guten Morgen" und '_bon jour_' gestanden haben, bevor Mercutio sagen konnte: '_Signor Romeo, bon jour!_' (II. 4). Erst wurde im Promus notirt: "Gute Nacht!", um den Mercutio sagen zu lassen: "Gute Nacht, Freund Romeo!" Nun erst konnte Julia sagen: "Und tausendmal gute Nacht!" (II. 2). Im Promus steht "Amen", um den Romeo auszuruesten und den Segenswunsch des Bruders Lorenzo bekraeftigen zu lassen: "Amen! So sei's!" (II. 6). Im Promus lesen wir nichts als das Wort "Lerche". Das soll der Keim sein, woraus das wundervollste aller Liebesgespraeche hervorging: die Worte Julias: "Es war die Nachtigall und nicht die Lerche!" die Worte Romeos: "Die Lerche war's, die Tagverkuenderin!" Im Promus lesen wir den lateinischen Vers, welcher den Schlaf ein falsches Bild des eisigen Todes nennt. Dieser Vers sei der Text zu der Rede Lorenzos, worin er Julien die erstarrenden Wirkungen seines Schlaftrunkes schildert (IV. 1), der Text zu den Worten des alten Capulet, als er die Tochter in der Erstarrung vor sich sieht: "Der Tod liegt auf ihr, wie ein Maienfrost auf des Gefildes schoenster Blume liegt!" Nichts waere erwuenschter gewesen, als wenn auf diesen so ergiebigen Blaettern einmal der Name "Romeo" gestanden haette. Wirklich hat Mrs. Henry Pott ihn zu finden geglaubt: sie las '_rome_' und hielt es fuer die Abkuerzung von Romeo. In Wahrheit aber stand nicht '_rome_' da, sondern '_vane_', wie von sachkundiger Seite nachgewiesen worden. [Fussnote: Eduard Engel, in Nr. 480 der "Nationalzeitung" vom 25. August 1894.--Ueber den Promus s. Bormann, S. 271-76.] Wenn die Erinnerung der Amme an das Erdbeben vor elf Jahren auf die Entstehung der Dichtung zu beziehen ist, wie Delius gemeint hat, so wuerde die letztere in das Jahr 1592 fallen und also einige Jahre frueher entstanden sein als der Promus, der am 5. December 1594 beginnt. 3. Die Vergleichung der Werke. Wie dem auch sei, Mrs. Henry Pott hat eine neue Art Bacon-Mythen auf das Tapet gebracht: sie laesst Bacon Vorrathskammern anlegen und mit Worten und Woertern fuellen, um die Personen seiner Dramen damit zu speisen. In ihrer naechsten Schrift: "Hat Francis Bacon Shakespeare geschrieben?" [Fussnote: _Did Francis Bacon write Shakespeare? The lives of Bacon and Shakespeare compared with the dates and subject matter of the plays. By the editor of Bacons promus etc. 'Look an this picture and on this.' W. H. Guest a. Co. 1885._--Ueber den Sturm und Othello vgl. S. 48, S. 61-62.] (1885) hat sie bereits angefangen, die Werke Bacons mit den Werken Shakespeares zu vergleichen, z. B. die naturgeschichtliche Abhandlung ueber die Winde mit dem Lustspiel "Der Sturm", um deren innere Uebereinstimmung und Einheit zu erweisen; sie hat damit den Weg betreten und angebahnt, welchen die juengste Bacon- Theorie auszubauen sich zur Aufgabe gesetzt hat. Im uebrigen befolgt ihre Beweisart genau jenen Tact, nach welchem der Marsch der Bacon-Theorie sich richtet. Da der Promus und "Romeo und Julia" eine Anzahl gleicher Worte und Woerter enthalten, so steht Romeo und Julia im Promus. VII. BACONS GROSSE GEHEIMSCHRIFT: MYTHUS ODER HUMBUG? Die ganze Bacon-Theorie wuerde mit einem Schlage feststehen, wenn sich irgendwo eine verborgene oder versteckte Urkunde aufspueren liesse, worin Bacon selbst berichtet hat: dass er der Dichter war, William Shakespeare aber sein Werkzeug und ein Mensch von der Art, wie unsere Baconianer ihn vorstellen. Und da Bacon, wie aus seiner Lehre ersichtlich, sich mit der Kunst des Chiffrirens und Dechiffrirens beschaeftigt hat, so wird er diese Urkunde wohl chiffrirt und der Nachwelt ueberlassen haben, den Schluessel zu finden. Das grosse Bacongeheimniss in Chiffern! Eine solche Urkunde duerfte man fueglich "die grosse Geheimschrift" nennen: _great kryptogramm_. Aber wo sie finden? Am Ende hat sie Bacon in seinen eigenen Werken versteckt und zwar in denjenigen, welche den Inhalt seines grossen Geheimnisses ausmachen, in seinen Shakespeare-Dramen, in deren erster Gesammtausgabe, hauptsaechlich in den beiden Theilen Heinrichs IV. Nirgends steht hier der Name "Stratford", oefter dagegen der Name "St. Alban", noch oefter der Name "Francis". "Franz! Franz!" "Gleich, Herr, gleich!"--Wie Falstaff die Kaufleute pluendert, schreit er: "Nieder mit euch, ihr Speckfresser (_bacon-knaves_)!" Da haben wir schon "Francis" und "Bacon", also "Francis Bacon"! Wie leicht sind die Worte schuetteln (_shake_) und Speer (_speare_) anzutreffen: da haben wir Shakespeare. In einer Scene der "Lustigen Weiber" spielt der Knabe William seine Rolle. Also F r a n c i s B a c o n und W i l l i a m S h a k e s p e a r e waeren da, die beiden Hauptagenten jener tief verborgenen Geschichte, die das Bacon-Geheimniss ausmacht! Nun wird es nicht schwer halten, in der Folio-Ausgabe Worte und Wortklaenge genug ausfindig zu machen, daraus die ganze Legende von Bacon als dem Verfasser "Richards II.", von "Richard II." als einem staatsgefaehrlichen Stueck, von Hayward und dem Zorne der Koenigin, von Shakespeare als dem Stratforder Taugenichts und dem Londoner Schauspieler und Regisseur zu construiren und so zusammenzusetzen, wie es die _fable convenue_ der Baconianer verlangt. Diese Geschichte soll dann Bacon selbst als Denkschrift verfasst und die letztere mit seinen dramatischen Dichtungen dergestalt umwoben und durchsetzt haben, dass sie im Dickicht derselben tief verborgen ruht. Die einzelnen Worte und Wortklaenge, woraus sie besteht, haben in den Dramen eine andere Bedeutung als in der Denkschrift. In dieser sind sie Chiffern, nach rueckwaerts und vorwaerts durch Abstaende getrennt, die arithmetisch berechnet und durch Rechnung erkennbar sind oder sein sollen. Die Rechnung enthaelt den Schluessel zur Dechiffrirung. So ist die grosse Geheimschrift entstanden, welche der Amerikaner Ignatius Donnelly entdeckt haben will (1888), nachdem sie 265 Jahre lang dem Auge der Welt verborgen geblieben. [Fussnote: Das Werk in zwei Baenden hat viel Glueck gemacht; es ist alsbald in 20000 Exemplaren verkauft worden und hat 800000 Mark eingebracht. So heisst es.] Er hat sie aufgefunden, nachdem er sie zuvor e r f u n d e n und nach der Richtschnur der Legende, wie sie die Bacon-Theorie vorschreibt, aus den Worten der Dramen zu componiren sich abgemueht hat; er hat eine Anzahl incohaerenter Bruchstuecke mitgetheilt, den Schluessel aber fuer sich behalten. Seit sieben Jahren wartet man vergeblich auf die Vollendung und die Loesung. Donnelly kann nicht geben, was er selbst nicht hat. Wo keine Chiffern sind, da ist auch kein Schluessel! Die ganze Scheinentraethselung richtet sich selbst durch die Absurditaet ihrer Resultate. Diese Geheimschrift naemlich schildert William Shakespeare als einen Menschen, der mit zwanzig Jahren bei seinen Wilddiebereien einen Schuss in den Kopf bekommt und ein haessliches Loch in der Stirn davontraegt; der dreizehn Jahre spaeter, von Krankheiten entstellt und entkraeftet, unsicheren Ganges einherschwankt, zugleich aber stark, gross, wohlbeleibt ist und den Falstaff unuebertrefflich spielt. Ein solcher Mensch existirt nicht. Um die Industrie Donnellys richtiger zu bezeichnen, als das Wort "Mythus" besagt, lassen wir uns einen Ausdruck dienen, den das "Journal des Debats" schon zehn Jahre frueher auf die Bacon-Theorie ueberhaupt angewendet hat. "Man erlaube mir", schrieb damals Herr Varagnac, "die Bacon-Theorie fuer nichts anderes zu halten, als was die Leute da drueben mit einem charakteristischen Worte benennen, welches in dem Vaterlande Barnums ebenso ueblich ist, wie die Sache, die es bezeichnet: das Wort heisst 'Humbug'." [Fussnote: Nach der grossen Geheimschrift berichtet ein Buchhaendler aus Stratford ueber die dortigen Abenteuer und Jugendsuenden William Shakespeares aus dem Jahre 1584; der Bischof von Worcester, in dessen Sprengel Stratford liegt, berichtet dem Staatssecretaer Cecil ueber den Schauspieler W. Shakespeare aus dem Jahre 1597; Cecil aber berichtet der Koenigin ueber Bacon und Essex, ueber die staatsgefaehrlichen und gottlosen Dramen seines Vetters Bacon, den er St. Alban nennt, obwohl Bacon diesen Titel erst viele Jahre spaeter empfing. Wenn Bacon ueber die Wilddiebereien Shakespeares und dessen Haendel mit dem Ritter Thomas Lucy haette unterrichtet sein wollen, so stand ihm der naechste Weg offen, weil er mit der Familie des Ritters sehr gut, sogar verwandtschaftlich bekannt war, wie aus seinem Briefe an den juengeren Thomas Lucy auf Charlecote erhellt, den Spedding mitgetheilt hat (_Works_ IX, p. 369). Donnelly meint, dass Shakespeare den "Hamlet" schon deshalb nicht habe schreiben koennen, weil ihm die Quelle in der daenischen Geschichte des _Saxo Grammaticus_ verschlossen war, denn er habe kein Daenisch verstanden! Als ob Saxo seine _Historia Danica_ d a e n i s c h geschrieben! Als ob Bacon Daenisch verstanden, da er doch an Koenig Christian IV. von Daenemark l a t e i n i s c h geschrieben! (_Works_ XIV, p. 82.) Als ob es von der Hamletsage des Saxo nicht die franzoesische Bearbeitung des Belleforest gegeben!] VIII. DER GIPFEL DER BACON-MYTHEN. 1. Bacon als philosophischer Dichter. Die Bacon-Theorie hat noch einen Schritt zu thun, und der Gipfel ihrer Mythenbildung ist erstiegen: sie bedarf weder des Promus noch der grossen Geheimschrift, wenn sich nachweisen laesst, dass die Werke Shakespeares, die 36 Dramen der Folio, alle die Historien, Komoedien und Tragoedien philosophische Werke sind, insbesondere naturphilosophische, die als solche nicht William Shakespeare, sondern nur Francis Bacon, der erste Philosoph des Zeitalters, der Begruender der Naturphilosophie und des Empirismus, verfasst haben konnte. Dies zu beweisen, hat nun die allerjuengste Bacon-Theorie unternommen. Darnach habe Bacon das Hauptwerk seines Lebens, die grosse Erneuerung der Wissenschaften (_Magna instauratio_), welches in sechs Theile zerfaellt, nicht nur theilweise, sondern ganz und vollstaendig ausgefuehrt: die erste Haelfte in drei prosaischen Werken (der Encyklopaedie, dem Organon und der Naturgeschichte), die zweite in den 36 Dramen der Folio. Philosophische Dramen sind allegorischer Art und gehoeren als allegorische Dramen zu jenen Maskenspielen, ueber welche Bacon einen seiner Essays verfasst hat, der mit der Erklaerung beginnt und endet, dass solche Spiele blosser Tand (_toys_) seien. [Fussnote: _Works VII. Ess. XXVIII. Masques and triumphs, pag. 467-68_.] Und er sollte die Absicht gehabt haben, die Haelfte seines groessten Werkes in dieser Form auszufuehren? Wir vergessen das grosse Schweigen, das absichtliche Dupiren! Dieser Essay soll dazu dienen, ihn selbst als dramatischen Dichter zu verschleiern: er ist ja ein heimlicher Dichter, ein geheimnissvoller, er ist Shakespeare! Eben darin besteht ja das Bacon-Geheimniss! [Fussnote: Bormann, S. 293.] 2. Bacon als Erfinder des parabolischen Dramas. Nach der allerjuengsten Bacon-Theorie soll Bacon gelehrt haben: dass das parabolische oder allegorische, insbesondere naturphilosophische Drama die hoechste Gattung der Poesie sei. Diese Behauptung aber, in welcher die juengste Bacon-Theorie haengt, wie die Thuer in der Angel, ist von Grund aus falsch, und ich bin verwundert gewesen, dass unter der betraechtlichen Anzahl von Schriften darueber, die mir zu Gesicht gekommen sind, nur eine war, welche diese fundamentale Taeuschung gemerkt hat. [Fussnote: Ebendaselbst S. 4-7. W. Brandes: Ueber das Shakespeare-Geheimniss. Westermanns Illustr. deutsche Monatshefte. Oct. 1894. S. 123-125.] In Wahrheit hat Bacon gelehrt, dass der menschliche Geist in seinem Innern die Welt abbilde, und zwar kraft seiner Vermoegen (des Gedaechtnisses, der Einbildungskraft und der Vernunft) auf dreifache Art: das Abbild der Thatsachen oder Begebenheiten sei die Weltbeschreibung oder G e s c h i c h t e, das der Ursachen oder Gesetze sei die W i s s e n s c h a f t aber vernunftgemaesse Erfahrung (was man heute in Frankreich und England "positive Philosophie" nennt), das Abbild der Geschichte vermoege unserer Einbildungskraft, dieses imaginaere oder phantasiegemaesse Abbild sei die P o e s i e. Diese selbst ist wiederum dreifacher Art, da sie die Geschichte entweder in vergangenen Begebenheiten erzaehlt oder in gegenwaertigen Handlungen vorfuehrt oder endlich als bedeutungsvolle Vorgaenge darstellt: die erste Art der Poesie ist episch, die zweite dramatisch, die dritte parabolisch, wie die Gleichnisse, Fabeln und Mythen, die halb zur Veranschaulichung, halb zur Verhuellung moralischer und religioeser Wahrheiten dienen. Es ist, beilaeufig gesagt, hoechst charakteristisch, dass Bacon die Poesie nur als W e l t a b b i l d gelten liess, dass er die lyrische Gattung, die Darstellung des eigenen Innern, die Herzensergiessungen, die Sprache des Eros davon ausschloss und nicht zur Poesie, sondern zur Rhetorik gerechnet hat. Glaubt man wirklich, dass dieser Mann ein Dichter sein konnte, dass er der Dichter von "Romeo und Julia", dass er Shakespeare war!? Da wir im Traum Dinge fuer wirklich halten, die nur imaginaer sind, so hat Bacon von der Poesie, diesem imaginaeren Abbilde der Welt, einmal gesagt, dass sie gleichsam ein Traum der Wissenschaft sei (_tanquam scientiae somnium_); er hat die Poesie ganz im Sinne der Renaissance als eine Art weniger der Wissenschaft als der Gelehrsamkeit und der gelehrten Bildung (_genus doctrinae_) betrachtet, ohne welche poetische Werke weder zu machen noch zu verstehen sind. Das durchgaengige Thema aller Arten der Poesie ist nach Bacon die G e s c h i c h t e (_historia_). Wenn er von der parabolischen Poesie als einer sinnbildlichen Geschichte (_historia cum typo_) sagt, dass dieselbe unter den uebrigen Arten hervorrage (_inter reliquas eminet_), so hat er damit nicht den poetischen Werth, sondern den r e l i g i oe s e n Charakter der allegorischen Dichtung hervorheben wollen. [Fussnote: _De dignitate et augmentis scientiarum Lib. II, cp. XIII. Works I, p. 520_.] Es ist ihm nicht in den Sinn gekommen, die Arten der Poesie abzustufen oder dem Range nach zu ordnen: der epischen Poesie die dramatische, beiden aber die parabolische ueberzuordnen; es hat ihm noch weniger in den Sinn kommen koennen, nunmehr die dramatische und parabolische Poesie zu combiniren und das p a r a b o l i s c h e D r a m a fuer die hoechste Gattung der Poesie zu erklaeren. [Fussnote: Bormann, S. 7.] Eine solche Art der Anordnung und Abstufung kommt mir vor, als ob jemand das Militaer in Soldaten zu Fuss, zu Pferde und zur See eintheilen, dann seiner Liebhaberei gemaess den Soldaten zu Fuss die zu Pferde und zur See vorziehen oder ueberordnen, endlich die beiden hoeheren Arten combiniren und nunmehr d i e R e i t e r z u r S e e fuer die hoechste Gattung des Militaers erklaeren wollte! Genau so laesst die juengste Bacon-Theorie in der Lehre Bacons die parabolischen und naturphilosophischen Dramen entstehen. Der Begriff naturphilosophischer Dramen ist nicht bloss voellig unbaconisch, er ist auch in der Theorie und Geschichte der Dichtkunst voellig unbekannt. Was Erzaehlungen und Dramen, was Gleichnisse und Fabeln sind, weiss jeder; was naturphilosophische Dramen sind, weiss niemand. Die ersten Beispiele derselben hat auch zufolge der juengsten Bacon-Theorie erst Bacon in den 36 Dramen der Folio geliefert. Wenn eine Untersuchung zu Resultaten fuehrt, die ihre Unmoeglichkeit offen zur Schau tragen, so hat sie die Probe geliefert und abgelegt, dass sie falsch ist und in der Irre. Machen wir die Probe. 3. Der Anfang des ersten Hamlet-Monologs als das _non plus ultra_ naturwissenschaftlicher Dichtung. Der "Hamlet" repraesentirt ein naturphilosophisches Drama, worin Bacon seine Lehre vom menschlichen Koerper und dessen Lebensgeist, von Gesundheit und Krankheit, von Leben und Tod und noch vielem Anderen dargelegt haben soll. Hier hat die juengste Bacon-Theorie sogleich zwei Zeilen entdeckt, die nach ihrer woertlichen Aussage "zu den am meisten mit Naturwissenschaft durchtraenkten gehoeren, die je ein Dichter geschrieben habe". [Fussnote: Ebendaselbst S. 47.] Diese zwei Zeilen sind die Anfangsworte des ersten Hamlet-Monologs: "O, schmelze doch dies allzufeste Fleisch, zerging' und loest' in einen Thau sich auf!" In diesen Worten werden wir auf das anschaulichste ueber die drei Aggregatzustaende der Koerper belehrt: den festen, fluessigen und gasfoermigen, wobei der Thau (_dew_) zu den Gasen gerechnet wird! Hamlet wolle sich aufloesen und in das Weltall verfluechtigen. Gleich daraus nennt er die Welt "einen wuesten Garten, den Unkraut gaenzlich erfuellt". Und doch will er Luft werden, um das Unkraut zu naehren? Dies die allerneueste Art, die Raethsel des "Hamlet" zu loesen, nicht auf physiologischem, sondern nunmehr auf chemischem Wege! Nachdem ich diese Probe kennen gelernt, halte ich das naturphilosophische Drama nicht blos fuer unbaconisch und unerhoert, sondern auch fuer unvernuenftig und sinnlos. 4. Prospero und Pan. Das herrliche Lustspiel "Der Sturm" enthaelt nach der juengsten Bacon- Theorie ein Gemenge naturgeschichtlicher Lehren von den Winden, den Missgeburten und Anderem, wozu der naturphilosophische Mythus vom P a n kommt, wie Bacon denselben auffasst und deutet. Ein solches Gemenge zerstoert schon die erste Bedingung eines Dramas, naemlich die sinnvolle Einheit der Handlung. Man nimmt uns das Lustspiel und servirt uns ein Simmelsammelsurium, eine Hexensuppe, die kein dichterischer Kopf ersinnen und kein gesunder Geschmack vertragen kann. [Fussnote: Ebendaselbst S. 7-8. Bacon vermisst und fordert eine '_historia praetergenerationum_'. _Praetergenerationes_ sind nicht "Zwischenformen", sondern Missgeburten, d. h. Zeugungen, die nach Aristoteles nicht [griechisch: kata] sondern [griechisch: para physin] geschehen, was durch das lateinische oder unlateinische Wort '_praetergenerationes_' ausgedrueckt wird. Zwischenformen sind Uebergangsformen, aber nicht Monstra. Caliban und Ariel im Sturm sind keine "Zwischenformen", auch keine natuerlichen Missbildungen (_praetergenerationes_), denn sie gehoeren nicht in die Natur, sondern in die Maerchenwelt: Caliban als Ungeheuer, Ariel als Elementargeist. Ich benutze die Anmerkung, um Einiges anzufuehren, das in den Text aufzunehmen ich nicht fuer noethig gehalten. Der Vertreter der juengsten Bacon-Theorie hat von den "36 philosophischen Dramen" nur vier nach seiner Art eroertert: den "Sturm", "Hamlet", "Verlorene Liebesmueh'", worin die Lehre vom Licht und den Leuchtstoffen dramatisch vorgetragen sei, und die Tragoedie des "Lear", als in welcher Bacon die Lehre von den Geschaeften nach seinen Erlaeuterungen Salomonischer Sprueche dramatisirt habe. Das Thema der Historien oder Koenigsdramen seien astronomische und meteorologische Lehren; in den Gestalten der Koenige, Vasallen, gefallenen Groessen erscheinen die Sonnen, Planeten, Monde, Sternschnuppen u.s.f. In der Lehre von den Geschaeften wird auch der zerstreuten Mannichfaltigkeit der Anlaesse zu allerhand Geschaeften gedacht. Bacon bezeichnet diese zerstreute Mannichfaltigkeit als '_sparsae occasiones_' und erklaert seinen Ausdruck durch '_universa negotiorum varietas_'. Der Vertreter der juengsten Bacon-Theorie uebersetzt '_sparsae occasiones_' durch "Zerruettete Geschaefte" und erinnert auch daran, wie der naechtliche Sturm die Haare Lears auseinanderwehe und zerstreue (_crines sparsi_)! S. Bormann, S. 111, 155 (Anmerkung).] In Prospero habe Bacon den Mythus um Pan dramatisirt: Pan repraesentire das All, Prospero sei in allen Dingen wohlerfahren; jener ist behaart, dieser hat einen langen Bart; der eine trage einen Koenigsmantel, der andere einen Zaubermantel, Pan sei der Fuehrer, also der Herzog tanzender Nymphen, Prospero sei der Herzog von Mailand, jener errege ploetzlichen Schrecken, dieser Sturm u.s.f. Dazu kommt noch, dass in der Folio der Sturm an e r s t e r Stelle steht, und in dem zweiten Buch der Baconischen Encyklopaedie, wo beispielsweise drei Mythen eroertert werden sollen, der Mythus vom Pan auch an e r s t e r Stelle steht. Welcher tiefe innere Zusammenhang! Man braucht nur den "Schluss der drei Taugenichtse" auf Prospero und Pan anzuwenden, so ist ihre Identitaet einleuchtend, denn beide sind behaart, beide haben Maentel u.s.f. [Fussnote: Vgl. oben die Parallelstellen zwischen Bacons Heinrich VII. und Shakespeares Richard III., zwischen Bacon und dem Kaufmann von Venedig, zwischen dem Promus und Romeo und Julia.] IX. DER GIPFEL DER UNKRITIK. Mit der zunehmenden Wuerdigung der Werke Shakespeares ist in der begeisterten Anerkennung der Welt die Groesse und Herrlichkeit dieses Dichters ins Unermessliche gewachsen und hat eine Hoehe erreicht, die ueber das Mass der litterarischen Vergleichungen weit hinausragt. Sobald aber einmal die superlativen Schaetzungen Mode werden, bleiben auch die masslosen Ueberschaetzungen nicht aus. Die Grenze zwischen dem Enthusiasmus und der Manie, ich meine zwischen der Begeisterung und der Narrheit, wird ueberschritten, und der Kritik gegenueber erhebt sich nun die U n k r i t i k, die auch ihren Gipfel haben will. Darf ich es offen sagen, dass von diesen Ueberschaetzungen ins Blaue, von diesen Steigerungen Shakespeares ins Uebermenschliche und Absolute auch die deutsche Betrachtungsart nicht immer frei geblieben ist, auch nicht in einigen ihrer bedeutenden und nennenswerthen Repraesentanten; habe ich doch noch juengst aus schaetzenswerther Feder lesen muessen, dass ein einziger Vers in "Romeo und Julia" mehr werth sei, als alle Philosophie der Welt, nach welcher Schaetzung man der Amme Juliettas einen Altar errichten muesste, um die Werke Platos und Kants darauf zu opfern! Aber der eigentliche Typus und Gipfel der Unkritik ist nicht in Deutschland, sondern jenseits des Oceans ausgemacht worden: diesem Gipfel ist die Bacon-Theorie mit allen ihr zugehoerigen Mythen entquollen. Man muss nur hoeren, was in den Buechern der Nathanael Holmes, Appelton Morgan u. a. zu lesen steht, um sich diesen Chimborasso von Dunst vorzustellen, in den sie die Werke Shakespeares verwandelt haben. Da heisst es: "Wir scheuen uns nicht, mit unserer Verehrung des Verfassers der Werke Shakespeares die Grenzen des Goetzendienstes zu ueberschreiten.--Er war im vollsten Besitz sowohl aller vor seiner Zeit vorhandenen Gelehrsamkeit, als auch alles seitdem angesammelten Wissens; die ganze Kunde der Vergangenheit, wie der unbeschraenkte Zugang zu den Geheimnissen, die noch im Schosse der Zeit verschlossen waren, stand ihm zu Gebot; er besass alles philosophische, astronomische, physikalische, chemische, geologische, historische, classische und sonstige Wissen. Dieser unermesslich begabte Geist (_myriad-minded genius_), vertraut, wie er war, mit der ganzen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, ist aus die Erde gekommen, um der Fuehrer und das zweite Evangelium der Menschheit zu werden." So sagt woertlich der Richter Nath. Holmes, der in die Fussstapfen der Ms. Delia Bacon trat und der eigentliche Begruender der Bacon-Theorie wurde. "Wenn alle Kuenste und Wissenschaften verloren gingen und nichts uebrig bliebe als die Werke Shakespeares, so wuerde man jene aus diesen wiederherstellen koennen." So sagt woertlich der Advocat A. Morgan. [Fussnote: A. Morgan: Der Shakespeare-Mythus und die Autorschaft der Shakespeare-Dramen. Autorisirte deutsche Bearbeitung von Karl Mueller-Mylius. (Brockhaus 1885), S. 17-18, 37 bis 38, 40, S. 59, 64, S. 133, 136, 166, 168-171, 198, 208.] Demnach war der Verfasser der Werke Shakespeares nicht blos das ausbuendigste aller Genies, nicht blos ein nie dagewesener Uebermensch, sondern ein absolutes Wunder, eine unerklaerliche, geheimnissvolle, mysterioese Erscheinung in der Geschichte der Menschheit. Siehe da das Shakespeare-Mysterium! Und eine solche universelle Weisheit in voller Ruestung, wie die Minerva aus dem Haupte Jupiters, soll aus dem Gehirn des Warwickshirer Bauern, des Stratforder Fleischers geboren sein? Je ungeheuerlicher das Shakespeare-Mysterium, um so unbegreiflicher die Autorschaft des William Shakespeare. Siehe da der Shakespeare-Mythus! "Ich bin einer von den vielen", sagt Dr. Furness, "welche nie im Stande gewesen sind, das Leben William Shakespeares und die Dramen Shakespeares innerhalb des Raumes einer Planetenbahn einander nahe zu bringen. Es giebt in der Welt nicht zwei mit einander weniger vertraegliche Dinge." Wenn man den Verfasser der Werke Shakespeares zum Gott heraufschraubt und den William Shakespeare aus Stratford zu einem Menschen herabwuerdigt, der in seiner Jugend nicht viel besser war als ein S t r o l c h, in seinen spaeteren Jahren aber ein geriebener Theateragent, ein schnoeder Geldmensch, ein harter Glaeubiger und Wucherer wurde,--nun ja, dann sind alle die natuerlichen Faeden zerrissen, die den Verfasser mit seinen Werken verknuepfen; dann schweben die Werke Shakespeares in der Luft, dann sind sie vacant, ihr Verfasser wird gesucht, die Erfinder der Bacon-Theorie geben sich fuer die ehrlichen Finder und verlangen ihren Lohn. Sie haben einen allwissenden und allmaechtigen Bacon erfunden, der nicht blos den Shakespeare, sondern nach Donnellys Geheimschrift auch den Marlowe und nach Mrs. Windle auch den Montaigne geschrieben hat. Nun ist Auction! Wer bietet mehr? Ein juengst erschienenes englisches Buch bietet, wohl um die Auction zu parodiren, das meiste: es laesst Bacon seinem Entzifferer bekennen, dass er nicht blos Shakespeare und Marlowe, sondern auch Robert Green, George Peel und alle Werke von Edmund Spenser verfasst habe. Dieser allwissende Verfasser der Shakespeare-Werke habe unter anderem schon die Entdeckungen gekannt, die erst nach seinem Tode gemacht wurden. So versichert A. Morgan und nennt als die beiden vorzueglichsten Beispiele Harveys Lehre von der Herzthaetigkeit und Newtons Lehre von der Gravitation: er habe jene durch den Menenius im "Coriolan", diese durch die Cressida in "Troilus und Cressida" verkuendet. Aber die Fabel des Menenius steht schon im Livius, und handelt ja nicht von der Thaetigkeit des Herzens, sondern von der des Magens. Und wenn die treulose Cressida ihre Anziehungskraft auf alle Maenner mit dem festen Mittelpunkt der Erde vergleicht, so muss man eine sonderbare Vorstellung von Newtons Astronomie und Gravitationslehre haben, um sie in "dem f e s t e n Mittelpunkt der Erde" wiederzuerkennen. Und jener allwissende Mann sollte Bacon sein, dem es zum Vorwurfe gereicht, dass er den koeniglichen Leibarzt Harvey nicht zu wuerdigen gewusst, den deutschen Astronomen Kepler, seinen Zeitgenossen, und dessen Entdeckungen nicht gekannt, die Entdeckungen aber des Kopernikus und des Galilei verworfen und zu jenen Idolen oder Irrthuemern gerechnet habe, die aus dem Bestreben nach falschen Vereinfachungen hervorgehen? Wie kommt der allwissende Bacon zu allen jenen groben geographischen und historischen Irrthuemern, die man von jeher dem unwissenden Shakespeare zur Last gelegt hat? Was die bekannten, zum Ueberdruss aufgezaehlten Anachronismen betrifft, die Anfuehrung des Aristoteles im Trojanischen Krieg, die Trommeln im Coriolan, die Schlaguhr im Caesar, die Kanonen im Koenig Johann, die Loewen und Schlangen in den Ardennen u.s.f., so bleiben sie auf der Rechnung Shakespeares stehen, der als Regisseur aus Unwissenheit und Effecthascherei solche Dinge in die Stuecke hineinprakticirt habe; wogegen die Reise zu Schiff von Verona nach Mailand in den "Beiden Edelleuten von Verona" und die Meereskuesten Boehmens im "Wintermaerchen" zu jenen wunderbaren Einsichten gehoeren, die den Verfasser der Werke Shakespeares vor allen andern Sterblichen auszeichnen; denn es habe vor Zeiten einen Canal zwischen Verona und Mailand und boehmische Besitzungen am Adriatischen Meere gegeben, welche wiederzuentdecken nur der Magus vermocht habe, der die Shakespeare-Dramen gedichtet. Dass der Verfasser dieser Werke ein Gott war, ist das erste Phantom; dass William Shakespeare ein unwissendes und schlechtes Subject war, ist das zweite; dass Bacon ein allwissender Philosoph und ein allmaechtiger Dichter war, ist das dritte: die Summe dieser drei Phantome heisst "Bacon-Theorie": sie besteht, wie ein amerikanisches Blatt schon vor Jahren gesagt hat, indem es auf einen schoenen Ausspruch Prosperos anspielt, aus dem Zeug, woraus unsere Traeume gemacht sind. X. BACONS URTHEIL UEBER SHAKESPEARE. 1. Bacon und das Theater seiner Zeit. Die Dinge mit wachen Augen gesehen, so ist Bacon wieder der Philosoph und der Kanzler, Shakespeare wieder der Schauspieler und der Dichter. Und nun komme ich auf die Frage zurueck: wie mag jener von diesem gedacht haben? Eines wissen wir genau: wie Bacon ueber die Schaubuehne seiner Zeit gedacht hat. Dies ist die bekannte Groesse. Suchen wir daraus die unbekannte zu gewinnen: sein Urtheil ueber Shakespeare. Die Welt der dramatischen Dichtung sei das Theater, und nach dem Masse ihrer eigenen Bildung koenne jene auf das Volksleben ebenso wohlthaetig wie verderblich einwirken, beides um so gewaltiger, als ihre Eindruecke durch die Menge der Zuschauer vervielfaeltigt und dadurch ausserordentlich verstaerkt werden. Gross, wie der Nutzen, sei auch der Schaden, den das Theater stifte. Im Alterthum habe man die bildenden und veredelnden Einfluesse der Schaubuehne gepflegt, in unsern Zeiten dagegen voellig vernachlaessigt. Dort habe die '_disciplina theatri_' geherrscht, hier dagegen, herrsche die '_corruptela theatri_': '_disciplina theatri plane nostris temporibus neglecta_'. Dieses Urtheil ueber die Schaubuehne seiner Zeit steht in seinem grossen Werk ueber den Werth und die Vermehrung der Wissenschaften, welches in demselben Jahre erschien als die erste Gesammtausgabe der Werke Shakespeares; es stand noch nicht in der ersten Ausgabe des Werks vom Jahre 1605, sondern erst in der vom Jahre 1623 [Fussnote: _Works_ 1, p. 519.], nachdem die englische Schaubuehne die Werke Shakespeares in ihrer ganzen Groesse, in ihrem vollen Umfange erlebt hatte. Daher kann es nicht zweifelhaft sein, dass Bacon die Schauspiele Shakespeares nicht zu wuerdigen gewusst und, wie die Schaubuehne selbst, _en bloc_ gering geschaetzt hat. [Fussnote: Spedding macht unter dem Text der eben angefuehrten Stelle dieselbe Bemerkung. Man moege ja nicht glauben, dass Shakespeare damals besonders angesehen und in der grossen Welt gekannt worden sei. In einem Briefwechsel zwischen John Chamberlain und Dudley Carleton, der sich durch das Vierteljahrhundert erstreckt (1598-1623), in welches Shakespeares Hoehenlaufbahn faellt, sei die Rede von allen Tages-, Hof- und Stadtneuigkeiten, von allem, was sich auf den Rednerbuehnen und in der Litteratur Neues begeben, von den Maskenspielen am Hofe bis in die kleinsten Details, von ihren Verfassern und Schauspielern, von ihrem Plan, ihrer Ausfuehrung und Aufnahme, aber auch nicht mit einer einzigen Silbe von S h a k e s p e a r e, dem Dichter des "Hamlet", "Was Ihr wollt", "Othello", "Mass fuer Mass", "Kaufmann von Venedig", "Macbeth", "Lear", "Sturm", "Wintermaerchen" u.s.w.--Im Jahre 1608 habe der Lord Southampton an den Lordkanzler Ellesmere geschrieben, um eine Bittschrift der beiden Schauspieler Burbadge und Shakespeare zu befuerworten, er bezeichnet Shakespeare als seinen besonderen Freund und den Verfasser einiger der besten Schauspiele, beide Maenner seien recht beruehmt in ihrem Fach, aber es wuerde Seiner Lordschaft nicht ziemen, sich an die Orte zu begeben, wo sie das Ohr der Menge ergoetzen. Und doch hatte derselbe Lordkanzler sechs Jahre vorher die Koenigin in Harewood empfangen und zu ihrer Unterhaltung den "Othello" auffuehren lassen. Das Volk kannte die Schauspiele, aber kuemmerte sich wenig um deren Verfasser, es verhielt sich zu den Theaterstuecken, wie die Kinder zu den Geschichten, die sie mit so vielem Vergnuegen anhoeren, sie fragen nicht darnach, wer diese Geschichten ueberliefert oder ersonnen hat. Die Schauspiele als Gegenstaende der Schaulust gehoerten in die Theater, wo man sie sah und hoerte, nicht aber in die Litteratur und die Buecher, die man las. So war es zu Shakespeares Zeit und noch lange nachher in England. _Works_ 1, p. 519-520 Anmerkung.] 2. Die Schule Bacons. Voltaire. Wie Bacons Urtheil ueber Shakespeare ausgefallen sein wuerde, wenn er ihn litterarisch beachtet haette, ist mir nunmehr, nach genauerer Erwaegung, einleuchtend genug: er sah in ihm ein Beispiel, wohl auch eine der wirksamsten Ursachen der '_corruptela theatri_'. Auch von den Philosophen, die in seiner Richtung fortgeschritten sind, wie Hobbes und Locke, ist Shakespeare ungewuerdigt und unbeachtet geblieben. Bacon aber ist durch Locke, dessen Lehre in Frankreich zur Herrschaft gelangte, der Vater des franzoesischen Sensualismus und der Encyklopaedisten geworden, die seine Buecher ueber den Werth und die Vermehrung der Wissenschaften als ihre grosse Erbschaft gepriesen haben. Ein Jahrhundert nach Bacons Tod erschien Zuflucht suchend der jugendliche V o l t a i r e in England (1726), um hier einige Jahre zu bleiben, Sprache und Sitten, Denker und Dichter des Landes zu studiren und seinen Landsleuten bekannt zu machen. Als der groesste Naturforscher galt ihm Newton mit Recht, als der groesste Philosoph John Locke, er nannte ihn "den einzigen vernuenftigen Metaphysiker, der ueberhaupt je auf Erden erschienen sei"; unter den Dichtern, mit denen er lesend und uebersetzend sich beschaeftigte, war ausser Milton, Dryden und Pope auch Shakespeare. Er will der erste Franzose gewesen sein, der die Originalwerke Shakespeares gelesen, theilweise uebersetzt und in Frankreich eingefuehrt hat. Ueber das englische Theater zur Zeit der Elisabeth hat Voltaire genau so gedacht wie Bacon: _corruptela theatri, disciplina theatri plane neglecta!_ Er hat, was Bacon nicht gethan, dieses Urtheil ausdruecklich auf Shakespeare angewendet: unter den weltberuehmten Schriftstellern er zuerst. Die Epoche der Elisabeth war in seinen Augen die Bluethe Englands, nicht die des Geschmacks. Die Epoche Richelieus kam und mit ihr der grosse Corneille, die Epoche Ludwigs XIV. und mit ihr Moliere und Racine; dagegen in dem Zeitalter der Elisabeth erschien Shakespeare: er traegt die Schuld, dass die Buehne so verwahrlost, das Theater so verwildert war, die Tragoedie voller Ungeschmack und Unsitten, voller Possen und Obscoenitaeten, das Ernsthafte mit dem Laecherlichen, das Possenhafte mit dem Schauderhaften in unmittelbarer Verbindung: '_la bouffonnerie jointe a l'horreur!_' Der Geist dieses Shakespeare erschien ihm wie "ein dunkles Chaos", worin einige Funken von Genie spruehten und leuchteten, aber auch nicht die leiseste Spur von Geschmack sich regte. Dies ist der Typus, dem Voltaire in seinem Urtheil ueber Shakespeare treu blieb. Als aber fuenfzig Jahre, nachdem er den englischen Dichter kennen gelernt und seinen Landsleuten kennen gelehrt hatte, Shakespeare in Frankreich Mode zu werden anfing, als die Jugend in Paris fuer ihn zu schwaermen begann, als Letourneur eine Uebersetzung veranstaltete, die er dem Koenig und der Koenigin widmen durfte, in deren Vorrede Shakespeare als der Genius des Theaters und der Tragoedie gepriesen, Corneille dagegen mit keiner Silbe genannt war und ebensowenig ein anderer der grossen franzoesischen Schriftsteller,--da gerieth der greise Voltaire ausser sich und beschwor in seinem Sendschreiben vom 25. August 1776 die franzoesische Akademie, den Skandal zu verhueten und nicht zu dulden, dass die Grazien Frankreichs auf dem Altare Englands geopfert wuerden. [Fussnote: _Oeuvres de Voltaire_ (1785). T. LXIV, p. 366 bis 398.] Die franzoesische Litteratur verhalte sich zur englischen, wie der Hof Ludwigs XIV. zu dem Karls II. "Ich sterbe", schrieb Voltaire kurz vor seinem Tode, "und hinterlasse mein Land dem Einbruch eines barbarischen Geschmacks." "Und ich bin Schuld daran!" rief er trostlos, "denn ich habe diesen '_Gille-Shakespeare_' in Frankreich bekannt gemacht." Hatte er frueher Shakespeare einen trunkenen Wilden genannt, so hiess er jetzt "der rohe Possenreisser" ('_l'histrion barbare_'). XI. DIE DEUTSCHE SHAKESPEARE-KRITIK. 1. Lessing und Voltaire. Voltaires Erbitterung war so niedergeschlagen und ohnmaechtig, dass hier selbst der Witz und die Satire ihren Meister in Stich liessen. Er ahnte nicht, dass ueber Shakespeare und ihn schon seit einem Jahrzehnt in Deutschland ein Gericht ergangen war, welches die Stimme der Nachwelt geredet und deren Urtheil in der Hauptsache entschieden hat. In den Jahren 1762-1766 war Wielands Shakespeare-Uebersetzung erschienen. Lessings "Hamburgische Dramaturgie" folgte ihr auf dem Fusse (1767-1769). Hier wurde Voltaire mit Shakespeare verglichen, gerade in den Stuecken, wo er mit ihm hatte wetteifern wollen: das Gespenst des Ninus mit dem des Hamlet, die Eifersucht des Orosman mit bei des Othello: das qualmende Scheit Holz mit dem flammenden Scheiterhaufen; die Liebestragoedie der Zaire mit Romeo und Julia: Voltaire verstehe sich wohl auf den Kanzleistil der Liebe, aber in der Kanzlei wisse man nicht immer die eigentlichen Geheimnisse der Regierung. Und als Weisse in seinem "Richard III." sich dagegen verwahrte, an Shakespeare ein Plagium begangen zu haben, so bemerkte Lessing: "Vorausgesetzt, dass man eines an ihm begehen kann. Aber was man von dem Homer gesagt hat, es lasse sich dem Herkules eher seine Keule als ihm ein Vers abringen, das laesst sich vollkommen auch von Shakespeare sagen. Auf die geringste seiner Schoenheiten ist ein Stempel gedrueckt, welcher gleich der ganzen Welt zuruft: 'Ich bin Shakespeares!' Und wehe der fremden Schoenheit, die das Herz hat, sich neben ihr zu stellen! Shakespeare will studirt, nicht gepluendert sein." "Alle, auch die kleinsten Theile beim Shakespeare sind nach den grossen Massen des historischen Schauspiels zugeschnitten, und dieses verhaelt sich zu der Tragoedie franzoesischen Geschmacks, ungefaehr wie ein weitlaeufiges Frescogemaelde gegen ein Miniaturbildchen fuer einen Ring. Was kann man zu diesem aus jenem nehmen, als etwa ein Gesicht, eine einzelne Figur, hoechstens eine kleine Gruppe, die man sodann als ein eigenes Ganzes ausfuehren muss. Ebenso wuerden aus einzelnen Gedanken Shakespeares ganze Scenen und aus einzelnen Scenen ganze Aufzuege werden muessen. Denn wenn man den Aermel aus dem Kleide eines Riesen fuer einen Zwerg recht nutzen will, so muss man ihm nicht wieder einen Aermel, sondern einen ganzen Rock daraus machen." Dass in den Dichtungen Shakespeares Funken und Blitze des Genies zu sehen sind, die oft auf das wunderbarste die Naturwahrheit der Dinge erleuchten, dies hatte auch Voltaire nicht verkannt; das Ganze aber erschien ihm wie "ein dunkles Chaos". Nun, dieses Chaos klaerte sich auf, und es zeigte sich ein wohlgeordnetes, wundervolles Gemaelde, als Lessing hineinschaute. "Shakespeare", sagte er, "will studirt, nicht gepluendert sein. Haben wir Genie, so muss uns Shakespeare das sein, was dem Landschaftsmaler die _camera obscura_ ist: er sehe fleissig hinein, um zu lernen, wie sich die Natur in allen Faellen auf Eine Flaeche projectiret, aber er borge nichts daraus." [Fussnote: "Hamburgische Dramaturgie." I, S. 10, 15, II, S. 73.] Wo Voltaire ein '_c h a o s o b s c u r_' gefunden hatte, entdeckte Lessing eine '_c a m e r a o b s c u r a_'. Der Unterschied beider in Ansehung ihrer Schaetzung und Beurtheilung Shakespeares laesst sich nicht kuerzer und treffender bezeichnen als mit diesen Ausdruecken, welche sie selbst gebraucht haben. 2. Goethe. Indessen war es nicht genug, anzuerkennen, dass Shakespeare nicht blos ein gewaltiges Genie, sondern auch ein grosser K ue n s t l e r gewesen sei; dass er nicht blos zu blitzen und zu donnern vermocht, sondern auch seine Werke kuenstlerisch gestaltet, geordnet und componirt habe: es musste im einzelnen an einer seiner grossen Dichtungen nachschaffend gezeigt werden, wie tiefsinnig angelegt, durchdacht, in allen seinen Theilen berechnet das Ganze sei. Dies ist in eminenter und vorbildlicher Weise zuerst durch G o e t h e geschehen in seiner Analyse des Hamlet im vierten und fuenften Buche der Lehrjahre Wilhelm Meisters. Dieses Werk erschien 1795. Ein Jahrhundert ist seitdem vergangen, und es geziemt sich wohl, an dem heutigen Tage diese schoene saekulare Erinnerung zu feiern. 3. Goethe und Schiller. Schon im naechsten Jahre vereinigten sich beide Dichter gegen die niedere, feindlich gesinnte Litteratur zu dem Feldzuge in den "Xenien": hier liessen sie auch "Shakespeares Schatten" erscheinen, dem Herakles in der Unterwelt vergleichbar, wie Homer ihn beschrieben, riesig, Schrecken erregend, stets seine Ziele treffend und durchbohrend mit dem nie fehlenden Pfeil, umstuermt und umtobt von dem laermenden Gefolge der Nachahmer: "Schrecklich stand das Ungethuem da, die Hand an dem Bogen, Und der Pfeil auf der Senn' traf noch bestaendig das Herz! Rings um ihn schrie, wie Voegelgeschrei, das Geschrei der Tragoeden, Und das Hundegebell der Dramaturgen um ihn." Das Studium Shakespeares hatte Lessing empfohlen, nicht die Entlehnung oder die Nachahmung, die so leicht in die Wildbahn des rohen und gemeinen Naturalismus entartet. Es musste die echte Nachfolge Shakespeares von der unechten wohl unterschieden werden. Wenn Voltaire wider die heranstuermenden Geister eines wilden und wuesten Naturalismus sich und seine Kunst, den Geschmack und die Regel, mit einem Worte die Grazien Frankreichs vertheidigt hatte, so war er keineswegs nur im Unrecht. Auch hatte diesem Rechte Lessing nicht widersprochen, er hatte in dem eigenen Vaterlande schon das Geschrei der Stuermer und Draenger vernommen und ueber die Genies gelacht, die aller Regel den Krieg erklaeren wollten, waehrend doch das wahre Genie selbst die Regel giebt. Aber erst nachdem die deutsche Kunst ihrem Fuehrer gefolgt war und in der echten Nachfolge der Alten und Shakespeares ihre volle Selbstaendigkeit und Hoehe erreicht hatte, war der Zeitpunkt gekommen, auch Voltaire gerecht zu werden. Ein denkwuerdiger und hoechst interessanter Moment in der Geschichte der Weltlitteratur, als Goethe den "Mahomet" Voltaires im Januar 1800 hier in Weimar auf die Buehne brachte und Schiller ein Gedicht voller Beistimmung und Huldigung an ihn richtete. Er blickte zurueck auf die Bahn, welche Lessing zur Originalitaet gewiesen hatte: "S e l b s t in der Kuenste Heiligthum zu steigen, Hat sich der deutsche Genius erkuehnt, Und auf der Spur der Griechen und des Britten Ist er dem besseren Ruhme nachgeschritten." Nunmehr hat die dramatische Kunst der Deutschen die Welt zum Theater, und es gilt von ihr in Wahrheit das Wort Bacons '_theatrum pro mundo habet_': "Erweitert jetzt ist des Theaters Enge, In seinem Raume draengt sich eine Welt, Nicht mehr der Worte rednerisch' Gepraenge, Nur der Natur getreues Bild gefaellt. Verbannet ist der Sitten falsche Strenge, Und menschlich redet, menschlich fuehlt der Held; Die Leidenschaft erhebt die freien Toene, Und in der Wahrheit findet man das Schoene." Wir sind zu einer Reihe glaenzender Erinnerungen gelangt, die auf das Weimarische Doppelgestirn und einige der Werke hinschauen, die das Ende des vorigen Jahrhunderts gekroent haben. Glorreiche '_fin de siecle!_' Am Ende des neunzehnten Jahrhunderts scheint unsere dramatische Kunst die Mahnung vergessen zu haben oder verachten zu wollen, die sie im letzten Jahre des achtzehnten in jenem Gedichte empfing: "Doch leicht gezimmert nur ist Thespis' Wagen, Und er ist gleich dem acheront'schen Kahn, Nur Schatten, nur Idole kann er tragen, Und draengt das rohe Leben sich heran, So droht das leichte Fahrzeug umzuschlagen, Das nur die fluecht'gen Geister fassen kann. Der Schein soll nie die Wirklichkeit erreichen, Und siegt Natur, so muss die Kunst entweichen." Das Gedicht enthaelt zwei scheinbar widersprechende Saetze: "Nur der Natur getreues Bild gefaellt". "Und siegt Natur, so muss die Kunst entweichen." Wer diese beiden Saetze richtig versteht und darum zu vereinigen weiss, erkennt den Genius der Goethe-Schiller-Epoche und der goldenen Zeit der Weimarischen Kunst, deren fortwirkender Kraft wir es danken, dass in dem juengsten Menschenalter hier in Weimar unter dem Schutz und Schirm des erhabenen Fuerstenpaares die Deutsche Shakespeare-Gesellschaft und die Weimarische Goethe-Gesellschaft entstanden und fortgediehen sind. End of Project Gutenberg's Shakespeare und die Bacon-Mythen, by Kuno Fischer *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK SHAKESPEARE UND DIE BACON-MYTHEN *** This file should be named 7shbn10.txt or 7shbn10.zip Corrected EDITIONS of our eBooks get a new NUMBER, 7shbn11.txt VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 7shbn10a.txt Produced by Delphine Lettau, David Starner and the Online Distributed Proofreading Team. Project Gutenberg eBooks are often created from several printed editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not keep eBooks in compliance with any particular paper edition. We are now trying to release all our eBooks one year in advance of the official release dates, leaving time for better editing. Please be encouraged to tell us about any error or corrections, even years after the official publication date. Please note neither this listing nor its contents are final til midnight of the last day of the month of any such announcement. The official release date of all Project Gutenberg eBooks is at Midnight, Central Time, of the last day of the stated month. A preliminary version may often be posted for suggestion, comment and editing by those who wish to do so. Most people start at our Web sites at: http://gutenberg.net or http://promo.net/pg These Web sites include award-winning information about Project Gutenberg, including how to donate, how to help produce our new eBooks, and how to subscribe to our email newsletter (free!). Those of you who want to download any eBook before announcement can get to them as follows, and just download by date. This is also a good way to get them instantly upon announcement, as the indexes our cataloguers produce obviously take a while after an announcement goes out in the Project Gutenberg Newsletter. http://www.ibiblio.org/gutenberg/etext03 or ftp://ftp.ibiblio.org/pub/docs/books/gutenberg/etext03 Or /etext02, 01, 00, 99, 98, 97, 96, 95, 94, 93, 92, 92, 91 or 90 Just search by the first five letters of the filename you want, as it appears in our Newsletters. Information about Project Gutenberg (one page) We produce about two million dollars for each hour we work. The time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours to get any eBook selected, entered, proofread, edited, copyright searched and analyzed, the copyright letters written, etc. Our projected audience is one hundred million readers. If the value per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2 million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text files per month: 1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+ We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002 If they reach just 1-2% of the world's population then the total will reach over half a trillion eBooks given away by year's end. The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks! This is ten thousand titles each to one hundred million readers, which is only about 4% of the present number of computer users. Here is the briefest record of our progress (* means estimated): eBooks Year Month 1 1971 July 10 1991 January 100 1994 January 1000 1997 August 1500 1998 October 2000 1999 December 2500 2000 December 3000 2001 November 4000 2001 October/November 6000 2002 December* 9000 2003 November* 10000 2004 January* The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium. We need your donations more than ever! As of February, 2002, contributions are being solicited from people and organizations in: Alabama, Alaska, Arkansas, Connecticut, Delaware, District of Columbia, Florida, Georgia, Hawaii, Illinois, Indiana, Iowa, Kansas, Kentucky, Louisiana, Maine, Massachusetts, Michigan, Mississippi, Missouri, Montana, Nebraska, Nevada, New Hampshire, New Jersey, New Mexico, New York, North Carolina, Ohio, Oklahoma, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, South Carolina, South Dakota, Tennessee, Texas, Utah, Vermont, Virginia, Washington, West Virginia, Wisconsin, and Wyoming. We have filed in all 50 states now, but these are the only ones that have responded. As the requirements for other states are met, additions to this list will be made and fund raising will begin in the additional states. Please feel free to ask to check the status of your state. In answer to various questions we have received on this: We are constantly working on finishing the paperwork to legally request donations in all 50 states. If your state is not listed and you would like to know if we have added it since the list you have, just ask. While we cannot solicit donations from people in states where we are not yet registered, we know of no prohibition against accepting donations from donors in these states who approach us with an offer to donate. International donations are accepted, but we don't know ANYTHING about how to make them tax-deductible, or even if they CAN be made deductible, and don't have the staff to handle it even if there are ways. Donations by check or money order may be sent to: Project Gutenberg Literary Archive Foundation PMB 113 1739 University Ave. Oxford, MS 38655-4109 Contact us if you want to arrange for a wire transfer or payment method other than by check or money order. The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been approved by the US Internal Revenue Service as a 501(c)(3) organization with EIN [Employee Identification Number] 64-622154. Donations are tax-deductible to the maximum extent permitted by law. As fund-raising requirements for other states are met, additions to this list will be made and fund-raising will begin in the additional states. We need your donations more than ever! You can get up to date donation information online at: http://www.gutenberg.net/donation.html *** If you can't reach Project Gutenberg, you can always email directly to: Michael S. Hart Prof. Hart will answer or forward your message. We would prefer to send you information by email. **The Legal Small Print** (Three Pages) ***START**THE SMALL PRINT!**FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS**START*** Why is this "Small Print!" statement here? You know: lawyers. They tell us you might sue us if there is something wrong with your copy of this eBook, even if you got it for free from someone other than us, and even if what's wrong is not our fault. So, among other things, this "Small Print!" statement disclaims most of our liability to you. It also tells you how you may distribute copies of this eBook if you want to. *BEFORE!* YOU USE OR READ THIS EBOOK By using or reading any part of this PROJECT GUTENBERG-tm eBook, you indicate that you understand, agree to and accept this "Small Print!" statement. If you do not, you can receive a refund of the money (if any) you paid for this eBook by sending a request within 30 days of receiving it to the person you got it from. If you received this eBook on a physical medium (such as a disk), you must return it with your request. ABOUT PROJECT GUTENBERG-TM EBOOKS This PROJECT GUTENBERG-tm eBook, like most PROJECT GUTENBERG-tm eBooks, is a "public domain" work distributed by Professor Michael S. Hart through the Project Gutenberg Association (the "Project"). Among other things, this means that no one owns a United States copyright on or for this work, so the Project (and you!) can copy and distribute it in the United States without permission and without paying copyright royalties. Special rules, set forth below, apply if you wish to copy and distribute this eBook under the "PROJECT GUTENBERG" trademark. Please do not use the "PROJECT GUTENBERG" trademark to market any commercial products without permission. To create these eBooks, the Project expends considerable efforts to identify, transcribe and proofread public domain works. Despite these efforts, the Project's eBooks and any medium they may be on may contain "Defects". Among other things, Defects may take the form of incomplete, inaccurate or corrupt data, transcription errors, a copyright or other intellectual property infringement, a defective or damaged disk or other eBook medium, a computer virus, or computer codes that damage or cannot be read by your equipment. LIMITED WARRANTY; DISCLAIMER OF DAMAGES But for the "Right of Replacement or Refund" described below, [1] Michael Hart and the Foundation (and any other party you may receive this eBook from as a PROJECT GUTENBERG-tm eBook) disclaims all liability to you for damages, costs and expenses, including legal fees, and [2] YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE OR UNDER STRICT LIABILITY, OR FOR BREACH OF WARRANTY OR CONTRACT, INCLUDING BUT NOT LIMITED TO INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE OR INCIDENTAL DAMAGES, EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE POSSIBILITY OF SUCH DAMAGES. If you discover a Defect in this eBook within 90 days of receiving it, you can receive a refund of the money (if any) you paid for it by sending an explanatory note within that time to the person you received it from. If you received it on a physical medium, you must return it with your note, and such person may choose to alternatively give you a replacement copy. If you received it electronically, such person may choose to alternatively give you a second opportunity to receive it electronically. THIS EBOOK IS OTHERWISE PROVIDED TO YOU "AS-IS". NO OTHER WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, ARE MADE TO YOU AS TO THE EBOOK OR ANY MEDIUM IT MAY BE ON, INCLUDING BUT NOT LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR A PARTICULAR PURPOSE. Some states do not allow disclaimers of implied warranties or the exclusion or limitation of consequential damages, so the above disclaimers and exclusions may not apply to you, and you may have other legal rights. INDEMNITY You will indemnify and hold Michael Hart, the Foundation, and its trustees and agents, and any volunteers associated with the production and distribution of Project Gutenberg-tm texts harmless, from all liability, cost and expense, including legal fees, that arise directly or indirectly from any of the following that you do or cause: [1] distribution of this eBook, [2] alteration, modification, or addition to the eBook, or [3] any Defect. DISTRIBUTION UNDER "PROJECT GUTENBERG-tm" You may distribute copies of this eBook electronically, or by disk, book or any other medium if you either delete this "Small Print!" and all other references to Project Gutenberg, or: [1] Only give exact copies of it. Among other things, this requires that you do not remove, alter or modify the eBook or this "small print!" statement. You may however, if you wish, distribute this eBook in machine readable binary, compressed, mark-up, or proprietary form, including any form resulting from conversion by word processing or hypertext software, but only so long as *EITHER*: [*] The eBook, when displayed, is clearly readable, and does *not* contain characters other than those intended by the author of the work, although tilde (~), asterisk (*) and underline (_) characters may be used to convey punctuation intended by the author, and additional characters may be used to indicate hypertext links; OR [*] The eBook may be readily converted by the reader at no expense into plain ASCII, EBCDIC or equivalent form by the program that displays the eBook (as is the case, for instance, with most word processors); OR [*] You provide, or agree to also provide on request at no additional cost, fee or expense, a copy of the eBook in its original plain ASCII form (or in EBCDIC or other equivalent proprietary form). [2] Honor the eBook refund and replacement provisions of this "Small Print!" statement. [3] Pay a trademark license fee to the Foundation of 20% of the gross profits you derive calculated using the method you already use to calculate your applicable taxes. If you don't derive profits, no royalty is due. Royalties are payable to "Project Gutenberg Literary Archive Foundation" the 60 days following each date you prepare (or were legally required to prepare) your annual (or equivalent periodic) tax return. Please contact us beforehand to let us know your plans and to work out the details. WHAT IF YOU *WANT* TO SEND MONEY EVEN IF YOU DON'T HAVE TO? Project Gutenberg is dedicated to increasing the number of public domain and licensed works that can be freely distributed in machine readable form. The Project gratefully accepts contributions of money, time, public domain materials, or royalty free copyright licenses. Money should be paid to the: "Project Gutenberg Literary Archive Foundation." If you are interested in contributing scanning equipment or software or other items, please contact Michael Hart at: hart@pobox.com [Portions of this eBook's header and trailer may be reprinted only when distributed free of all fees. Copyright (C) 2001, 2002 by Michael S. Hart. Project Gutenberg is a TradeMark and may not be used in any sales of Project Gutenberg eBooks or other materials be they hardware or software or any other related product without express permission.] *END THE SMALL PRINT! FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS*Ver.02/11/02*END*