The Project Gutenberg EBook of Romanzero, by Heinrich Heine (#5 in our series by Heinrich Heine) Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the copyright laws for your country before downloading or redistributing this or any other Project Gutenberg eBook. This header should be the first thing seen when viewing this Project Gutenberg file. Please do not remove it. Do not change or edit the header without written permission. Please read the "legal small print," and other information about the eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file. Included is important information about your specific rights and restrictions in how the file may be used. 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Rhampsenit Als der Koenig Rhampsenit Eintrat in die goldne Halle Seiner Tochter, lachte diese, Lachten ihre Zofen alle. Auch die Schwarzen, die Eunuchen, Stimmten lachend ein, es lachten Selbst die Mumien, selbst die Sphinxe, Dass sie schier zu bersten dachten. Die Prinzessin sprach: Ich glaubte Schon den Schatzdieb zu erfassen, Der hat aber einen toten Arm in meiner Hand gelassen. Jetzt begreif ich, wie der Schatzdieb Dringt in deine Schatzhauskammern Und die Schaetze dir entwendet, Trotz den Schloessern, Riegeln, Klammern. Einen Zauberschluessel hat er, Der erschliesset allerorten Jede Tuere, widerstehen Koennen nicht die staerksten Pforten. Ich bin keine starke Pforte Und ich hab nicht widerstanden, Schaetzehuetend diese Nacht Kam ein Schaetzlein mir abhanden. So sprach lachend die Prinzessin Und sie taenzelt im Gemache, Und die Zofen und Eunuchen Hoben wieder ihre Lache. An demselben Tag ganz Memphis Lachte, selbst die Krokodile Reckten lachend ihre Haeupter Aus dem schlammig gelben Nile, Als sie Trommelschlag vernahmen Und sie hoerten an dem Ufer Folgendes Reskript verlesen Von dem Kanzelei-Ausrufer: Rhampsenit von Gottes Gnaden Koenig zu und in Aegypten, Wir entbieten Gruss und Freundschaft Unsern Vielgetreun und Liebden. In der Nacht vom dritten zu dem Vierten Junius des Jahres Dreizehnhundertvierundzwanzig Vor Christi Geburt, da war es, Dass ein Dieb aus unserm Schatzhaus Eine Menge von Juwelen Uns entwendet; es gelang ihm Uns auch spaeter zu bestehlen. Zur Ermittelung des Taeters Liessen schlafen wir die Tochter Bei den Schaetzen - doch auch jene Zu bestehlen schlau vermocht er. Um zu steuern solchem Diebstahl Und zu gleicher Zeit dem Diebe Unsre Sympathie zu zeigen, Unsre Ehrfurcht, unsre Liebe, Wollen wir ihm zur Gemahlin Unsre einzge Tochter geben Und ihn auch als Thronnachfolger In den Fuerstenstand erheben. Sintemal uns die Adresse Unsres Eidams noch zur Stunde Unbekannt, soll dies Reskript ihm Bringen Unsrer Gnade Kunde. So geschehn den dritten Jenner Dreizehnhundert zwanzig sechs Vor Christi Geburt. - Signieret Von Uns: Rhampsenitus Rex. Rhampsenit hat Wort gehalten, Nahm den Dieb zum Schwiegersohne, Und nach seinem Tode erbte Auch der Dieb Aegyptens Krone. Er regierte wie die Andern, Schuetzte Handel und Talente; Wenig, heisst es, ward gestohlen Unter seinem Regimente. Der weisse Elefant Der Koenig von Siam, Mahawasant, Beherrscht das halbe Indienland, Zwoelf Koenge, der grosse Mogul sogar, Sind seinem Szepter tributar. Alljaehrlich mit Trommeln,"Posauneo und Falnen Ziehen nach Siam die Zinskarawanen; Viel tausend Kamele, hochberuckte, Schleppen die kostbarsten Landesprodukte. Sieht er die schwerbepackten Kamele, So schmunzelt heimlich des Koenigs Seele; Oeffentlich freilich pflegt er zu jammern, Es fehle an Raum in seinen Schatzkammern. Doch diese Schatzkammern sind so weit, So gross und voller Herrlichkeit; Hier ueberfluegelt der Wirklichkeit Pracht Die Maerchen von Tausend und Eine Nacht. "Die Burg des Indra" heisst die Halle, Wo aufgestellt die Goetter alle, Bildsaeulen von Gold, fein ziselieret, Mit Edelsteinen inkrustieret. Sind an der Zahl wohl dreissig Tausend, Figuren abenteuerlich grausend, Mischlinge von Menschen- und Tiergeschoepfen, Mit vielen Haenden und vielen Koepfen. Im "Purpursaale" sieht man verwundert Korallenbaeume dreizehnhundert, Wie Palmen gross, seltsamer Gestalt, Geschnoerkelt die Aeste, ein roter Wald. Das Estrich ist vom reinsten Kristalle Und widerspiegelt die Baeume alle. Fasanen vom buntesten Glanzgefieder Gehn gravitaetisch dort auf und nieder. Der Lieblingsaffe des Mahawasant Traegt an dem Hals ein seidenes Band, Dran haengt der Schluessel, welcher erschleusst Die Halle, die man den Schlafsaal heisst. Die Edelsteine vom hoechsten Wert Die liegen wie Erbsen hier auf der Erd Hochaufgeschuettet; man findet dabei Diamanten so gross wie ein Huehnerei. Auf grauen, mit Perlen gefuellten Saecken Pflegt hier der Koenig sich hinzustrecken; Der Affe legt sich zum Monarchen, Und beide schlafen ein und schnarchen. Das Kostbarste aber von allen Schaetzen Des Koenigs, sein Glueck, sein Seelenergoetzen, Die Lust und der Stolz von Mahawasant, Das ist sein weisser Elefant. Als Wohnung fuer diesen erhabenen Gast Liess bauen der Koenig den schoensten Palast; Es wird das Dach, mit Goldblech beschlagen, Von lotosknaeufigen Saeulen getragen. Am Tore stehen dreihundert Trabanten Als Ehrenwache des Elefanten, Und knieend, mit gekruemmtem Rucken, Bedienen ihn hundert schwarze Eunucken. Man bringt auf einer gueldnen Schuessel Die leckersten Bissen fuer seinen Ruessel; Er schluerft aus silbernen Eimern den Wein, Gewuerzt mit den suessesten Spezerein. Man salbt ihn mit Ambra und Rosenessenzen, Man schmueckt sein Haupt mit Blumenkraenzen; Als Fussdecke dienen dem edlen Tier Die kostbarsten Schals aus Kaschimir. Das gluecklichste Leben ist ihm beschieden, Doch Niemand auf Erden ist zufrieden. Das edle Tier, man weiss nicht wie, Versinkt in tiefe Melancholie. Der weisse Melancholikus Steht traurig mitten im Ueberfluss. Man will ihn ermuntern, man will ihn erheitern, Jedoch die kluegsten Versuche scheitern. Vergebens kommen mit Springen und Singen Die Bajaderen; vergebens erklingen Die Zinken und Pauken der Musikanten, Doch nichts erlustigt den Elefanten. Da taeglich sich der Zustand verschlimmert, Wird Mahawasantes Herz bekuemmert; Er laesst vor seines Thrones Stufen Den kluegsten Astrologen rufen. "Sterngucker, ich lass dir das Haupt abschlagen", Herrscht er ihn an, "kannst du mir nicht sagen, Was meinem Elefanten fehle, Warum so verduestert seine Seele?" Doch jener wirft sich dreimal zur Erde, Und endlich spricht er mit ernster Gebaerde: "O Koenig, ich will dir die Wahrheit verkuenden, Du kannst dann handeln nach Gutbefinden. "Es lebt im Norden ein schoenes Weib Von hohem Wuchs und weissem Leib, Dein Elefant ist herrlich, unleugbar, Doch ist er nicht mit ihr vergleichbar. "Mit ihr verglichen, erscheint er nur Ein weisses Maeuschen. Es mahnt die Statur An Bimha, die Riesin, im Ramajana, Und an der Epheser grosse Diana. "Wie sich die Gliedermassen woelben Zum schoensten Bau! Es tragen dieselben Anmutig und stolz zwei hohe Pilaster Von blendend weissem Alabaster. "Das ist Gott Amors kolossale Domkirche, der Liebe Kathedrale; Als Lampe brennt im Tabernakel Ein Herz, das ohne Falsch und Makel. "Die Dichter jagen vergebens nach Bildern, Um ihre weisse Haut zu schildern; Selbst Gautier ist dessen nicht kapabel, - O diese Weisse ist implacable! "Des Himalaya Gipfelschnee Erscheint aschgrau in ihrer Naeh; Die Lilje, die ihre Hand erfasst, Vergilbt durch Eifersucht oder Kontrast. "Graefin Bianka ist der Name Von dieser grossen weissen Dame; Sie wohnt zu Paris im Frankenland, Und diese liebt der Elefant. "Durch wunderbare Wahlverwandtschaft, Im Traume machte er ihre Bekanntschaft, Und traeumend in sein Herze stahl Sich dieses hohe Ideal. "Sehnsucht verzehrt ihn seit jener Stund, Und er, der vormals so froh und gesund, Er ist ein vierfuessiger Werther geworden, Und traeumt von einer Lotte im Norden. "Geheimnisvolle Sympathie! Er sah sie nie und denkt an sie. Er trampelt oft im Mondschein umher Und seufzet: wenn ich ein Voeglein waer! "In Siam ist nur der Leib, die Gedanken Sind bei Bianka im Lande der Franken; Doch diese Trennung von Leib und Seele Schwaecht sehr den Magen, vertrocknet die Kehle. "Die leckersten Braten widern ihn an, Er liebt nur Dampfnudeln und Ossian, Er huestelt schon, er magert ab, Die Sehnsucht schaufelt sein fruehes Grab. "Willst du ihn retten, erhalten sein Leben, Der Saeugetierwelt ihn wiedergeben, O Koenig, so schicke den hohen Kranken Direkt nach Paris, der Hauptstadt der Franken. "Wenn ihn alldort in der Wirklichkeit Der Anblick der schoenen Frau erfreut, Die seiner Traeume Urbild gewesen, Dann wird er von seinem Truebsinn genesen. "Wo seiner Schoenen Augen strahlen, Da schwinden seiner Seele Qualen; Ihr Laecheln verscheucht die letzten Schatten, Die hier sich eingenistet hatten; "Und ihre Stimme, wie'n Zauberlied, Loest sie den Zwiespalt in seinem Gemuet; Froh hebt er wieder die Lappen der Ohren, Er fuehlt sich verjuengt, wie neugeboren. "Es lebt sich so lieblich, es lebt sich so suess Am Seinestrand, in der Stadt Paris! Wie wird sich dorten zivilisieren Dein Elefant und amuesieren! "Vor allem aber, o Koenig, lasse Ihm reichlich fuellen die Reisekasse, Und gib ihm einen Kreditbrief mit Auf Rothschild freres in der rue Lafitte. "Ja, einen Kreditbrief von einer Million Dukaten etwa; - der Herr Baron Von Rothschild sagt von ihm alsdann: Der Elefant ist ein braver Mann!" So sprach der Astrolog, und wieder Warf er sich dreimal zur Erde nieder. Der Koenig entliess ihn mit reichen Geschenken, Und streckte sich aus, um nachzudenken. Er dachte hin, er dachte her; Das Denken wird den Koenigen schwer. Sein Affe sich zu ihm niedersetzt, Und beide schlafen ein zuletzt. Was er beschlossen, das kann ich erzaehlen Erst spaeter; die indischen Mall'posten fehlen. Die letzte, welche uns zugekommen, Die hat den Weg ueber Suez genommen. Schelm von Bergen Im Schloss zu Duesseldorf am Rhein wird Mummenschanz gehalten; Da flimmern die Kerzen, da rauscht die Musik, Da tanzen die bunten Gestalten. Da tanzt die schoene Herzogin, Sie lacht laut auf bestaendig; Ihr Taenzer ist ein schlanker Fant, Gar hoefisch und behendig. Er traegt eine Maske von schwarzem Samt, Daraus gar freudig blicket Ein Auge, wie ein blanker Dolch, Halb aus der Scheide gezuecket. Es jubelt die Fastnachtsgeckenschar, Wenn jene vorueberwalzen. Der Drickes und die Marizzebill Gruessen mit Schnarren und Schnalzen. Und die Trompeten schmettern drein, Der naerrische Brummbass brummet, Bis endlich der Tanz ein Ende nimmt Und die Musik verstummet. "Durchlauchtigste Frau, gebt Urlaub mir, Ich muss nach Hause gehen -" Die Herzogin lacht: Ich lass dich nicht fort, Bevor ich dein Antlitz gesehen. "Durchlauchtigste Frau, gebt Urlaub mir, Mein Anblick bringt Schrecken und Grauen -" Die Herzogin lacht: Ich fuerchte mich nicht, Ich will dein Antlitz schauen. "Durchlauchtigste Frau, gebt Urlaub mir, Der Nacht und dem Tode gehoer ich -" Die Herzogin lacht: Ich lasse dich nicht, Dein Antlitz zu schauen begehr ich. Wohl straeubt sich der Mann mit finsterm Wort, Das Weib nicht zaehmen kunnt er; Sie riss zuletzt ihm mit Gewalt Die Maske vom Antlitz herunter. Das ist der Scharfrichter von Bergen! so schreit Entsetzt die Menge im Saale Und weichet scheusam - die Herzogin Stuerzt fort zu ihrem Gemahle. Der Herzog ist klug, er tilgte die Schmach Der Gattin auf der Stelle. Er zog sein blankes Schwert und sprach: Knie vor mir nieder, Geselle! Mit diesem Schwertschlag mach ich dich Jetzt ehrlich und ritterzuenftig, Und weil du ein Schelm, so nenne dich Herr Schelm von Bergen kuenftig. So ward der Henker ein Edelmann Und Ahnherr der Schelme von Bergen. Ein stolzes Geschlecht! es bluehte am Rhein. Jetzt schlaeft es in steinernen Saergen. Valkyren Unten Schlacht. Doch oben schossen Durch die Luft auf Wolkenrossen Drei Valkyren, und es klang Schilderklirrend ihr Gesang: Fuersten hadern, Voelker streiten, Jeder will die Macht erbeuten; Herrschaft ist das hoechste Gut, Hoechste Tugend ist der Mut. Heisa! vor dem Tod beschuetzen Keine stolzen Eisenmuetzen, Und das Heldenblut zerrinnt Und der schlechtre Mann gewinnt. Lorbeerkraenze, Siegesbogen! Morgen kommt er eingezogen, Der den Bessern ueberwand Und gewonnen Leut und Land. Buergermeister und Senator Holen ein den Triumphator, Tragen ihm die Schluessel vor, Und der Zug geht durch das Tor. Hei! da boellerts von den Waellen, Zinken und Trompeten gellen, Glockenklang erfuellt die Luft, Und der Poebel Vivat! ruft. Laechelnd stehen auf Balkonen Schoene Fraun, und Blumenkronen Werfen sie dem Sieger zu. Dieser gruesst mit stolzer Ruh. Schlachtfeld bei Hastings Der Abt von Waltham seufzte tief, Als er die Kunde vernommen, Dass Koenig Harold elendiglich Bei Hastings umgekommen. Zwei Moenche, Asgod und Ailrik genannt, Die schickt' er aus als Boten, Sie sollten suchen die Leiche Harolds Bei Hastings unter den Toten. Die Moenche gingen traurig fort Und kehrten traurig zuruecke: "Hochwuerdiger Vater, die Welt ist uns gram, Wir sind verlassen vom Gluecke. "Gefallen ist der bessre Mann, Es siegte der Bankert, der schlechte, Gewappnete Diebe verteilen das Land Und machen den Freiling zum Knechte. "Der lausigste Lump aus der Normandie Wird Lord auf der Insel der Britten; Ich sah einen Schneider aus Bayeux, er kam Mit goldnen Sporen geritten. "Weh dem, der jetzt ein Sachse ist! Ihr Sachsenheilige droben Im Himmelreich, nehmt euch in Acht, Ihr seid der Schmach nicht enthoben. "Jetzt wissen wir, was bedeutet hat Der grosse Komet, der heuer Blutrot am naechtlichen Himmel ritt Auf einem Besen von Feuer. "Bei Hastings in Erfuellung ging Des Unsterns boeses Zeichen, Wir waren auf dem Schlachtfeld dort Und suchten unter den Leichen. "Wir suchten hin, wir suchten her, Bis alle Hoffnung verschwunden Den Leichnam des toten Koenigs Harold, Wir haben ihn nicht gefunden." Asgod und Ailrik sprachen also; Der Abt rang jammernd die Haende, Versank in tiefe Nachdenklichkeit Und sprach mit Seufzen am Ende: "Zu Grendelfield am Bardenstein, Just in des Waldes Mitte, Da wohnet Edith Schwanenhals In einer duerftgen Huette. "Man hiess sie Edith Schwanenhals, Weil wie der Hals der Schwaene Ihr Nacken war; der Koenig Harold, Er liebte die junge Schoene. "Er hat sie geliebt, gekuesst und geherzt, Und endlich verlassen, vergessen. Die Zeit verfliesst; wohl sechzehn Jahr Verflossen unterdessen. "Begebt euch, Brueder, zu diesem Weib Und lasst sie mit euch gehen Zurueck nach Hastings, der Blick des Weibs Wird dort den Koenig erspaehen. "Nach Waltham-Abtei hierher alsdann Sollt ihr die Leiche bringen, Damit wir christlich bestatten den Leib Und fuer die Seele singen." Um Mitternacht gelangten schon Die Boten zur Huette im Walde: "Erwache, Edith Schwanenhals, Und folge uns alsbalde. "Der Herzog der Normannen hat Den Sieg davongetragen, Und auf dem Feld bei Hastings liegt Der Koenig Harold erschlagen. "Kommt mit nach Hastings, wir suchen dort Den Leichnam unter den Toten, Und bringen ihn nach Waltham-Abtei, Wie uns der Abt geboten." Kein Wort sprach Edith Schwanenhals, Sie schuerzte sich geschwinde Und folgte den Moenchen; ihr greisendes Haar Das flatterte wild im Winde. Es folgte barfuss das arme Weib Durch Suempfe und Baumgestrueppe. Bei Tagesanbruch gewahrten sie schon Zu Hastings die kreidige Klippe. Der Nebel, der das Schlachtfeld bedeckt Als wie ein weisses Lailich, Zerfloss allmaehlig; es flatterten auf Die Dohlen und kraechzten abscheulich. Viel tausend Leichen lagen dort Erbaermlich auf blutiger Erde, Nackt ausgepluendert, verstuemmelt, zerfleischt, Daneben die Aeser der Pferde. Es wadete Edith Schwanenhals Im Blute mit nackten Fuessen; Wie Pfeile aus ihrem stieren Aug Die forschenden Blicke schiessen. Sie suchte hin, sie suchte her, Oft musste sie muehsam verscheuchen Die frassbegierige Rabenschar; Die Moenche hinter ihr keuchen. Sie suchte schon den ganzen Tag, Es ward schon Abend - ploetzlich Bricht aus der Brust des armen Weibs Ein geller Schrei, entsetzlich. Gefunden hat Edith Schwanenhals Des toten Koenigs Leiche. Sie sprach kein Wort, sie weinte nicht, Sie kuesste das Antlitz, das bleiche. Sie kuesste die Stirne, sie kuesste den Mund, Sie hielt ihn fest umschlossen; Sie kuesste auf des Koenigs Brust Die Wunde blutumflossen. Auf seiner Schulter erblickt sie auch - Und sie bedeckt sie mit Kuessen - Drei kleine Narben, Denkmaeler der Lust, Die sie einst hinein gebissen. Die Moenche konnten mittlerweil Baumstaemme zusammenfugen; Das war die Bahre, worauf sie alsdann Den toten Koenig trugen. Sie trugen ihn nach Waltham-Abtei, Dass man ihn dort begruebe; Es folgte Edith Schwanenhals Der Leiche ihrer Liebe. Sie sang die Totenlitanein In kindisch frommer Weise; Das klang so schauerlich in der Nacht - Die Moenche beteten leise. - Karl I. Im Wald, in der Koehlerhuette, sitzt Truebsinnig allein der Koenig; Er sitzt an der Wiege des Koehlerkinds Und wiegt und singt eintoenig: Eiapopeia, was raschelt im Stroh? Es bloeken im Stalle die Schafe - Du traegst das Zeichen an der Stirn Und laechelst so furchtbar im Schlafe. Eiapopeia, das Kaetzchen ist tot - Du traegst auf der Stirne das Zeichen - Du wirst ein Mann und schwingst das Beil, Schon zittern im Walde die Eichen. Der alte Koehlerglaube verschwand, Es glauben die Koehlerkinder - Eiapopeia - nicht mehr an Gott, Und an den Koenig noch minder. Das Kaetzchen ist tot, die Maeuschen sind froh - Wir muessen zu Schanden werden - Eiapopeia - im Himmel der Gott Und ich, der Koenig auf Erden. Mein Mut erlischt, mein Herz ist krank, Und taeglich wird es kraenker - Eiapopeia - du Koehlerkind, Ich weiss es, du bist mein Henker. Mein Todesgesang ist dein Wiegenlied - Eiapopeia - die greisen Haarlocken schneidest du ab zuvor - Im Nacken klirrt mir das Eisen. Eiapopeia, was raschelt im Stroh? Du hast das Reich erworben, Und schlaegst mir das Haupt vom Rumpf herab - Das Kaetzchen ist gestorben. Eiapopeia, was raschelt im Stroh? Es bloeken im Stalle die Schafe. Das Kaetzchen ist tot, die Maeuschen sind froh - Schlafe, mein Henkerchen, schlafe! Maria Antoinette Wie heiter im Tuilerienschloss Blinken die Spiegelfenster, Und dennoch dort am hellen Tag Gehn um die alten Gespenster. Es spukt im Pavillon de Flor' Maria Antoinette; Sie haelt dort Morgens ihr Lever Mit strenger Etikette. Geputzte Hofdamen. Die meisten stehn, Auf Tabourets andre sitzen; Die Kleider von Atlas und Goldbrokat, Behaengt mit Juwelen und Spitzen. Die Taille ist schmal, der Reifrock bauscht, Darunter lauschen die netten Hochhackigen Fuesschen so klug hervor - Ach, wenn sie nur Koepfe haetten! Sie haben alle keinen Kopf, Der Koenigin selbst manquieret Der Kopf, und Ihro Majestaet Ist deshalb nicht frisieret. Ja, Sie, die mit turmhohem Toupet So stolz sich konnte gebaren, Die Tochter Maria Theresias, Die Enkelin deutscher Caesaren, Sie muss jetzt spuken ohne Frisur Und ohne Kopf, im Kreise Von unfrisierten Edelfraun, Die kopflos gleicherweise. Das sind die Folgen der Revolution Und ihrer fatalen Doktrine; An Allem ist Schuld Jean Jacques Rousseau, Voltaire und die Guillotine. Doch sonderbar! es duenkt mich schier, Als haetten die armen Geschoepfe Gar nicht bemerkt, wie tot sie sind Und dass sie verloren die Koepfe. Ein leeres Gespreize, ganz wie sonst, Ein abgeschmacktes Scherwenzen - Possierlich sind und schauderhaft Die kopflosen Reverenzen. Es knixt die erste Dame d'atour Und bringt ein Hemd von Linnen; Die zweite reicht es der Koenigin, Und beide knixen von hinnen. Die dritte Dam und die vierte Dam Knixen und niederknieen Vor Ihrer Majestaet, um Ihr Die Struempfe anzuziehen. Ein Ehrenfraeulein kommt und knixt Und bringt das Morgenjaeckchen; Ein andres Fraeulein knixt und bringt Der Koenigin Unterroeckchen. Die Oberhofmeisterin steht dabei, Sie faechert die Brust, die weisse, Und in Ermanglung eines Kopfs Laechelt sie mit dem Steisse. Wohl durch die verhaengten Fenster wirft Die Sonne neugierige Blicke, Doch wie sie gewahrt den alten Spuk, Prallt sie erschrocken zuruecke. Pomare I Alle Liebesgoetter jauchzen Mir im Herzen, und Fanfare Blasen sie und rufen: Heil! Heil der Koenigin Pomare! Jene nicht von Otahaiti - Missionaerisiert ist jene - Die ich meine, die ist wild, Eine ungezaehmte Schoene. Zweimal in der Woche zeigt sie Oeffentlich sich ihrem Volke In dem Garten Mabill, tanzt Dort den Cancan, auch die Polke. Majestaet in jedem Schritte, Jede Beugung Huld und Gnade, Eine Fuerstin jeder Zoll Von der Huefte bis zur Wade - Also tanzt sie - und es blasen Liebesgoetter die Fanfare Mir im Herzen, rufen: Heil! Heil der Koenigin Pomare! II Sie tanzt. Wie sie das Leibchen wiegt! Wie jedes Glied sich zierlich biegt! Das ist ein Flattern und ein Schwingen, Um wahrlich aus der Haut zu springen. Sie tanzt. Wenn sie sich wirbelnd dreht Auf einem Fuss, und stille steht Am End mit ausgestreckten Armen, Mag Gott sich meiner Vernunft erbarmen! Sie tanzt. Derselbe Tanz ist das, Den einst die Tochter Herodias' Getanzt vor dem Judenkoenig Herodes. Ihr Auge sprueht wie Blitze des Todes. Sie tanzt mich rasend - ich werde toll - Sprich, Weib, was ich dir schenken soll? Du laechelst? Heda! Trabanten! Laeufer! Man schlage ab das Haupt dem Taeufer! III Gestern noch fuers liebe Brot Waelzte sie sich tief im Kot, Aber heute schon mit Vieren Faehrt das stolze Weib spazieren. In die seidnen Kissen drueckt Sie das Lockenhaupt, und blickt Vornehm auf den grossen Haufen Derer, die zu Fusse laufen. Wenn ich dich so fahren seh, Tut es mir im Herzen weh! Ach, es wird dich dieser Wagen Nach dem Hospitale tragen, Wo der grausenhafte Tod Endlich endigt deine Not, Und der Carabin mit schmierig Plumper Hand und lernbegierig Deinen schoenen Leib zerfetzt, Anatomisch ihn zersetzt - Deine Rosse trifft nicht minder Einst zu Montfaucon der Schinder. IV Besser hat es sich gewendet, Das Geschick, das dich bedroht' - Gott sei Dank, du hast geendet, Gott sei Dank, und du bist tot. In der Dachstub deiner armen Alten Mutter starbest du, Und sie schloss dir mit Erbarmen Deine schoenen Augen zu. Kaufte dir ein gutes Lailich, Einen Sarg, ein Grab sogar. Die Begraebnisfeier freilich Etwas kahl und aermlich war. Keinen Pfaffen hoert' man singen, Keine Glocke klagte schwer; Hinter deiner Bahre gingen Nur dein Hund und dein Friseur. "Ach, ich habe der Pomare", Seufzte dieser, "oft gekaemmt Ihr langen schwarzen Haare, Wenn sie vor mir sass im Hemd." Was den Hund betrifft, so rannt er Schon am Kirchhofstor davon, Und ein Unterkommen fand er Spaeterhin bei Ros' Pompon, Ros' Pompon, der Provenzalin, Die den Namen Koenigin Dir missgoennt und als Rivalin Dich verklatscht mit niederm Sinn. Arme Koenigin des Spottes, Mit dem Diadem von Kot, Bist gerettet jetzt durch Gottes Ewge Guete, du bist tot. Wie die Mutter, so der Vater Hat Barmherzigkeit geuebt, Und ich glaube, dieses tat er, Weil auch du so viel geliebt. Der Apollogott I Das Kloster ist hoch auf Felsen gebaut, Der Rhein vorueberrauschet; Wohl durch das Gitterfenster schaut Die junge Nonne und lauschet. Da faehrt ein Schifflein, maerchenhaft Vom Abendrot beglaenzet; Es ist bewimpelt von buntem Taft, Von Lorbeern und Blumen bekraenzet. Ein schoener blondgelockter Fant Steht in des Schiffes Mitte; Sein goldgesticktes Purpurgewand Ist von antikem Schnitte. Zu seinen Fuessen liegen da Neun marmorschoene Weiber; Die hochgeschuerzte Tunika Umschliesst die schlanken Leiber. Der Goldgelockte lieblich singt Und spielt dazu die Leier; Ins Herz der armen Nonne dringt Das Lied und brennt wie Feuer. Sie schlaegt ein Kreuz, und noch einmal Schlaegt sie ein Kreuz, die Nonne; Nicht scheucht das Kreuz die suesse Qual, Nicht bannt es die bittre Wonne. II Ich bin der Gott der Musika, Verehrt in allen Landen; Mein Tempel hat in Graecia, Auf Mont-Parnass gestanden. Auf Mont-Parnass in Graecia, Da hab ich oft gesessen Am holden Quell Kastalia, Im Schatten der Zypressen. Vokalisierend sassen da Um mich herum die Toechter, Das sang und klang la-la, la-la! Geplauder und Gelaechter. Mitunter rief tra-ra, tra-ra! Ein Waldhorn aus dem Holze; Dort jagte Artemisia, Mein Schwesterlein, die Stolze. Ich weiss es nicht, wie mir geschah: Ich brauchte nur zu nippen Vom Wasser der Kastalia, Da toenten meine Lippen. Ich sang - und wie von selbst beinah Die Leier klang, berauschend; Mir war, als ob ich Daphne sah, Aus Lorbeerbueschen lauschend. Ich sang - und wie Ambrosia Wohlrueche sich ergossen, Es war von einer Gloria Die ganze Welt umflossen. Wohl tausend Jahr aus Graecia Bin ich verbannt, vertrieben Doch ist mein Herz in Graecia, In Graecia geblieben. III In der Tracht der Beguinen, In dem Mantel mit der Kappe Von der groebsten schwarzen Sersche, Ist vermummt die junge Nonne. Hastig laengs des Rheines Ufern Schreitet sie hinab die Landstrass, Die nach Holland faehrt, und hastig Fragt sie jeden, der vorbeikommt: "Habt ihr nicht gesehn Apollo? Einen roten Mantel traegt er, Lieblich singt er, spielt die Leier, Und er ist mein holder Abgott." Keiner will ihr Rede stehen, Mancher dreht ihr stumm den Ruecken, Mancher glotzt sie an und laechelt, Mancher seufzet: Armes Kind! Doch des Wegs herangetrottelt Kommt ein schlottrig alter Mensch, Fingert in der Luft, wie rechnend, Naeselnd singt er vor sich hin. Einen schlappen Quersack traegt er, Auch ein klein dreieckig Huetchen; Und mit schmunzelnd klugen Aeuglein Hoert er an den Spruch der Nonne: "Habt ihr nicht gesehn Apollo? Einen roten Mantel traegt er, Lieblich singt er, spielt die Leier, Und er ist mein holder Abgott." Jener aber gab zur Antwort, Waehrend er sein Koepfchen wiegte Hin und her, und gar possierlich Zupfte an dem spitzen Baertchen: Ob ich ihn gesehen habe? Ja, ich habe ihn gesehen Oft genug zu Amsterdam, In der deutschen Synagoge. Denn er war Vorsaenger dorten, Und da hiess er Rabbi Faibisch, Was auf Hochdeutsch heisst Apollo - Doch mein Abgott ist er nicht. Roter Mantel? Auch den roten Mantel kenn ich. Echter Scharlach, Kostet acht Florin die Elle, Und ist noch nicht ganz bezahlt. Seinen Vater Moses Jitscher Kenn ich gut. Vorhautabschneider Ist er bei den Portugiesen. Er beschnitt auch Souveraene. Seine Mutter ist Cousine Meines Schwagers, und sie handelt Auf der Gracht mit sauern Gurken Und mit abgelebten Hosen. Haben kein Plaesier am Sohne. Dieser spielt sehr gut die Leier, Aber leider noch viel besser Spielt er oft Tarock und L'hombre. Auch ein Freigeist ist er, ass Schweinefleisch, verlor sein Amt, Und er zog herum im Lande Mit geschminkten Komoedianten. In den Buden, auf den Maerkten, Spielte er den Pickelhering, Holofernes, Koenig David, Diesen mit dem besten Beifall. Denn des Koenigs eigne Lieder Sang er in des Koenigs eigner Muttersprache, tremulierend In des Nigens alter Weise. Aus dem Amsterdamer Spielhuis Zog er juengst etwelche Dirnen, Und mit diesen Musen zieht er Jetzt herum als ein Apollo. Eine dicke ist darunter, Die vorzueglich quiekt und gruenzelt; Ob dem grossen Lorbeerkopfputz Nennt man sie die gruene Sau. Kleines Volk In einem Pisspott kam er geschwommen, Hochzeitlich geputzt, hinab den Rhein. Und als er nach Rotterdam gekommen, Da sprach er: "Juffraeuken, willst du mich frein? "Ich fuehre dich, geliebte Schoene, Nach meinem Schloss, ins Brautgemach; Die Waende sind eitel Hobelspaene, Aus Haeckerling besteht das Dach. "Da ist es so puppenniedlich und nette, Da lebst du wie eine Koenigin! Die Schale der Walnuss ist unser Bette, Von Spinnweb sind die Laken drin. "Ameiseneier, gebraten in Butter, Essen wir taeglich, auch Wuermchengemues, Und spaeter erb ich von meiner Frau Mutter Drei Nonnenfuerzchen, die schmecken so suess. "Ich habe Speck, ich habe Schwarten, Ich habe Fingerhuete voll Wein, Auch waechst eine Ruebe in meinem Garten, Du wirst wahrhaftig gluecklich sein!" Das war ein Locken und ein Werben! Wohl seufzte die Braut: ach Gott! ach Gott! Sie war wehmuetig, wie zum Sterben - Doch endlich stieg sie hinab in den Pott. * Sind Christenleute oder Maeuse Die Helden des Lieds? Ich weiss es nicht mehr. Im Beverland hoert ich die schnurrige Weise, Es sind nun dreissig Jahre her. Zwei Ritter Crapuelinski und Waschlapski, Polen aus der Polackei, Fochten fuer die Freiheit, gegen Moskowiter-Tyrannei. Fochten tapfer und entkamen Endlich gluecklich nach Paris - Leben bleiben, wie das Sterben Fuer das Vaterland, ist suess. Wie Achilles und Patroklus, David und sein Jonathan, Liebten sich die beiden Polen, Kuessten sich: "Kochan! Kochan!" Keiner je verriet den Andern, Blieben Freunde, ehrlich, treu, Ob sie gleich zwei edle Polen, Polen aus der Polackei. Wohnten in derselben Stube, Schliefen in demselben Bette; Eine Laus und eine Seele, Kratzten sie sich um die Wette. Speisten in derselben Kneipe, Und da keiner wollte leiden, Dass der Andre fuer ihn zahle, Zahlte keiner von den Beiden. Auch dieselbe Henriette Waescht fuer beide edle Polen; Traellernd kommt sie jeden Monat, Um die Waesche abzuholen. Ja, sie haben wirklich Waesche, Jeder hat der Hemden zwei, Ob sie gleich zwei edle Polen, Polen aus der Polackei. Sitzen heute am Kamine, Wo die Flammen traulich flackern; Draussen Nacht und Schneegestoeber Und das Rollen von Fiakern. Eine grosse Bowle Punsch (Es versteht sich, unverzueckert, Unversaeuert, unverwaessert) Haben sie bereits geschlueckert. Und von Wehmut wird beschlichen Ihr Gemuete; ihr Gesicht Wird befeuchtet schon von Zaehren, Und der Crapuelinski spricht: "Haett ich doch hier in Paris Meinen Baerenpelz, den lieben Schlafrock und die Katzfell-Nachtmuetz, Die im Vaterland geblieben!" Ihm erwiderte Waschlapski: "O du bist ein treuer Schlachzitz, Denkest immer an der Heimat Baerenpelz und Katzfell-Nachtmuetz. "Polen ist noch nicht verloren, Unsre Weiber, sie gebaeren, Unsre Jungfraun tun dasselbe, Werden Helden uns bescheren, "Helden, wie der Held Sobieski, Wie Schelmufski und Uminski, Eskrokewitsch, Schubiakski, Und der grosse Eselinski." Das goldne Kalb Doppelfloeten, Hoerner, Geigen Spielen auf zum Goetzenreigen, Und es tanzen Jakobs Toechter Um das goldne Kalb herum - Brum - brum - brum - Paukenschlaege und Gelaechter! Hochgeschuerzt bis zu den Lenden Und sich fassend an den Haenden, Jungfraun edelster Geschlechter Kreisen wie ein Wirbelwind Um das Rind - Paukenschlaege und Gelaechter! Aron selbst wird fortgezogen Von des Tanzes Wahnsinnwogen, Und er selbst, der Glaubenswaechter, Tanzt im Hohenpriesterrock, Wie ein Bock - Paukenschlaege und Gelaechter! Koenig David Laechelnd scheidet der Despot, Denn er weiss, nach seinem Tod Wechselt Willkuer nur die Haende, Und die Knechtschaft hat kein Ende. Armes Volk! wie Pferd und Farrn Bleibt es angeschirrt am Karrn, Und der Nacken wird gebrochen, Der sich nicht bequemt den Jochen. Sterbend spricht zu Salomo Koenig David: Apropos, Dass ich Joab dir empfehle, Einen meiner Generaele. Dieser tapfre General Ist seit Jahren mir fatal, Doch ich wagte den Verhassten Niemals ernstlich anzutasten. Du, mein Sohn, bist fromm und klug, Gottesfuerchtig, stark genug, Und es wird dir leicht gelingen, Jenen Joab umzubringen. Koenig Richard Wohl durch der Waelder einoedige Pracht Jagt ungestuem ein Reiter; Er blaest ins Horn, er singt und lacht Gar seelenvergnuegt und heiter. Sein Harnisch ist von starkem Erz, Noch staerker ist sein Gemuete, Das ist Herr Richard Loewenherz, Der christlichen Ritterschaft Bluete. Willkommen in England! rufen ihm zu Die Baeume mit gruenen Zungen Wir freuen uns, o Koenig, dass du Oestreichischer Haft entsprungen. Dem Koenig ist wohl in der freien Luft, Er fuehlt sich wie neugeboren, Er denkt an Oestreichs Festungsduft - Und gibt seinem Pferde die Sporen. Der Asra Taeglich ging die wunderschoene Sultanstochter auf und nieder Um die Abendzeit am Springbrunn, Wo die weissen Wasser plaetschern. Taeglich stand der junge Sklave Um die Abendzeit am Springbrunn, Wo die weissen Wasser plaetschern; Taeglich ward er bleich und bleicher. Eines Abends trat die Fuerstin Auf ihn zu mit raschen Worten: Deinen Namen will ich wissen, Deine Heimat, deine Sippschaft! Und der Sklave sprach: Ich heisse Mohamet, ich bin aus Yemmen, Und mein Stamm sind jene Asra, Welche sterben, wenn sie lieben. Himmelsbraeute Wer dem Kloster geht vorbei Mitternaechtlich, sieht die Fenster Hell erleuchtet. Ihren Umgang Halten dorten die Gespenster. Eine duestre Prozession Toter Ursulinerinnen; Junge, huebsche Angesichter Lauschen aus Kapuz und Linnen. Tragen Kerzen in der Hand, Die unheimlich blutrot schimmern; Seltsam widerhallt im Kreuzgang Ein Gewisper und ein Wimmern. Nach der Kirche geht der Zug, Und sie setzen dort sich nieder Auf des Chores Buchsbaumstuehle Und beginnen ihre Lieder. Litaneienfromme Weisen, Aber wahnsinnswueste Worte; Arme Seelen sind es, welche Pochen an des Himmels Pforte. "Braeute Christi waren wir, Doch die Weltlust uns betoerte, Und da gaben wir dem Caesar, Was dem lieben Gott gehoerte. "Reizend ist die Uniform Und des Schnurrbarts Glanz und Glaette; Doch verlockend sind am meisten Caesars goldne Epaulette. "Ach, der Stirne, welche trug Eine Dornenkrone weiland, Gaben wir ein Hirschgeweihe Wir betrogen unsern Heiland. "Jesus, der die Guete selbst, Weinte sanft ob unsrer Fehle, Und er sprach: Vermaledeit Und verdammt sei eure Seele! "Grabentstiegner Spuk der Nacht, Muessen buessend wir nunmehre Irre gehn in diesen Mauern Miserere! Miserere! "Ach, im Grabe ist es gut, Ob es gleich viel besser waere In dem warmen Himmelreiche - Miserere! Miserere!" "Suesser Jesus, o vergib Endlich uns die Schuld, die schwere, Schliess uns auf den warmen Himmel - Miserere! Miserere!" Also singt die Nonnenschar, Und ein laengst verstorbner Kuester Spielt die Orgel. Schattenhaende Stuermen toll durch die Register. Pfalzgraefin Jutta Pfalzgraefin Jutta fuhr ueber den Rhein, Im leichten Kahn, bei Mondenschein. Die Zofe rudert, die Graefin spricht: "Siehst du die sieben Leichen nicht, Die hinter uns kommen Einhergeschwommen - So traurig schwimmen die Toten! "Das waren Ritter voll Jugendlust - Sie sanken zaertlich an meine Brust Und schwuren mir Treue - Zur Sicherheit, Dass sie nicht braechen ihren Eid, Liess ich sie ergreifen Sogleich und ersaeufen - So traurig schwimmen die Toten!" Die Zofe rudert, die Graefin lacht. Das hallt so hoehnisch durch die Nacht! Bis an die Huefte tauchen hervor Die Leichen und strecken die Finger empor, Wie schwoerend - Sie nicken Mit glaesernen Blicken - So traurig schwimmen die Toten! Der Mohrenkoenig Ins Exil der Alpuxarren Zog der junge Mohrenkoenig; Schweigsam und das Herz voll Kummer Ritt er an des Zuges Spitze. Hinter ihm auf hohen Zeltern Oder auch in gueldnen Saenften Sassen seines Hauses Frauen; Schwarze Maegde traegt das Maultier. Hundert treue Diener folgen Auf arabisch edlen Rappen; Stolze Gaeule, doch die Reiter Haengen schlottrig in den Saetteln. Keine Zymbel, keine Pauke, Kein Gesangeslaut ertoente; Nur des Maultiers Silbergloeckchen Wimmern schmerzlich in der Stille. Auf der Hoehe, wo der Blick Ins Duero-Tal hinabschweift, Und die Zinnen von Granada Sichtbar sind zum letzten Male: Dorten stieg vom Pferd der Koenig Und betrachtete die Stadt, Die im Abendlichte glaenzte, Wie geschmueckt mit Gold und Purpur. Aber, Allah! Welch ein Anblick! Statt des vielgeliebten Halbmonds, Prangen Spaniens Kreuz und Fahnen Auf den Tuermen der Alhambra. Ach, bei diesem Anblick brachen Aus des Koenigs Brust die Seufzer, Traenen ueberstroemten ploetzlich Wie ein Sturzbach seine Wangen. Duester von dem hohen Zelter Schaut' herab des Koenigs Mutter, Schaut' auf ihres Sohnes Jammer, Und sie schalt ihn stolz und bitter. "Boabdil el Chico", sprach sie, "Wie ein Weib beweinst du jetzo Jene Stadt, die du nicht wusstest Zu verteidgen wie ein Mann." Als des Koenigs liebste Kebsin Solche harte Rede hoerte, Stuerzte sie aus ihrer Saenfte Und umhalste den Gebieter. "Boabdil el Chico," sprach sie, "Troeste dich, mein Heissgeliebter, Aus dem Abgrund deines Elends Blueht hervor ein schoener Lorbeer. "Nicht allein der Triumphator, Nicht allein der sieggekroente Guenstling jener blinden Goettin, Auch der blutge Sohn des Ungluecks, "Auch der heldenmuetge Kaempfer, Der dem ungeheuren Schicksal Unterlag, wird ewig leben In der Menschen Angedenken." "Berg des letzten Mohrenseufzers" Heisst bis auf den heutgen Tag Jene Hoehe, wo der Koenig Sah zum letzten Mal Granada. Lieblich hat die Zeit erfuellet Seiner Liebsten Prophezeiung, Und des Mohrenkoenigs Name Ward verherrlicht und gefeiert. Nimmer wird sein Ruhm verhallen, Ehe nicht die letzte Saite Schnarrend losspringt von der letzten Andalusischen Gitarre. Geoffroy Rudel und Melisande von Tripoli In dem Schlosse Blay erblickt man Die Tapete an den Waenden, So die Graefin Tripolis Einst gestickt mit klugen Haenden. Ihre ganze Seele stickte Sie hinein, und Liebestraene Hat gefeit das seidne Bildwerk, Welches darstellt jene Szene: Wie die Graefin den Rudel Sterbend sah am Strande liegen, Und das Urbild ihrer Sehnsucht Gleich erkannt' in seinen Zuegen. Auch Rudel hat hier zum ersten Und zum letzten Mal erblicket In der Wirklichkeit die Dame, Die ihn oft im Traum entzuecket. Ueber ihn beugt sich die Graefin, Haelt ihn liebevoll umschlungen, Kuesst den todesbleichen Mund, Der so schoen ihr Lob gesungen! Ach! der Kuss des Willkomms wurde Auch zugleich der Kuss des Scheidens, Und so leerten sie den Kelch Hoechster Lust und tiefsten Leidens. In dem Schlosse Blay allnaechtlich Gibts ein Rauschen, Knistern, Beben, Die Figuren der Tapete Fangen ploetzlich an zu leben. Troubadour und Dame schuetteln Die verschlafnen Schattenglieder, Treten aus der Wand und wandeln Durch die Saele auf und nieder. Trautes Fluestern, sanftes Taendeln, Wehmutsuesse Heimlichkeiten, Und posthume Galantrie Aus des Minnesanges Zeiten: "Geoffroy! Mein totes Herz Wird erwaermt von deiner Stimme, In den laengst erloschnen Kohlen Fuehl ich wieder ein Geglimme!" "Melisande! Glueck und Blume! Wenn ich dir ins Auge sehe, Leb ich auf - gestorben ist Nur mein Erdenleid und -Wehe." "Geoffroy! Wir liebten uns Einst im Traume, und jetzunder Lieben wir uns gar im Tode Gott Amour tat dieses Wunder!" "Melisande! Was ist Traum? Was ist Tod? Nur eitel Toene. In der Liebe nur ist Wahrheit, Und dich lieb ich, ewig Schoene." "Geoffroy! Wie traulich ist es Hier im stillen Mondscheinsaale, Moechte nicht mehr draussen wandeln In des Tages Sonnenstrahle." "Melisande! teure Naerrin, Du bist selber Licht und Sonne, Wo du wandelst, blueht der Fruehling, Sprossen Lieb und Maienwonne!" Also kosen, also wandeln Jene zaertlichen Gespenster Auf und ab, derweil das Mondlicht Lauschet durch die Bogenfenster. Doch den holden Spuk vertreibend, Kommt am End die Morgenroete - Jene huschen scheu zurueck In die Wand, in die Tapete. Der Dichter Firdusi I Goldne Menschen, Silbermenschen! Spricht ein Lump von einem Thoman, Ist die Rede nur von Silber, Ist gemeint ein Silberthoman. Doch im Munde eines Fuersten, Eines Schaches, ist ein Thoman Guelden stets; ein Schach empfaengt Und er gibt nur goldne Thoman. Also denken brave Leute, Also dachte auch Firdusi, Der Verfasser des beruehmten Und vergoetterten Schach Nameh. Dieses grosse Heldenlied Schrieb er auf Geheiss des Schaches, Der fuer jeden seiner Verse Einen Thoman ihm versprochen. Siebzehnmal die Rose bluehte, Siebzehnmal ist sie verwelket, Und die Nachtigall besang sie Und verstummte siebzehnmal - Unterdessen sass der Dichter An dem Webstuhl des Gedankens, Tag und Nacht, und webte emsig Seines Liedes Riesenteppich - Riesenteppich, wo der Dichter Wunderbar hineingewebt Seiner Heimat Fabelchronik, Farsistans uralte Koenge, Lieblingshelden seines Volkes, Rittertaten, Aventueren, Zauberwesen und Daemonen, Keck umrankt von Maerchenblumen - Alles bluehend und lebendig, Farbenglaenzend, gluehend, brennend, Und wie himmlisch angestrahlt Von dem heilgen Lichte Irans, Von dem goettlich reinen Urlicht, Dessen letzter Feuertempel, Trotz dem Koran und dem Mufti, In des Dichters Herzen flammte. Als vollendet war das Lied, Ueberschickte seinem Goenner Der Poet das Manuskript, Zweimalhunderttausend Verse. In der Badestube war es, In der Badestub zu Gasna, Wo des Schaches schwarze Boten Den Firdusi angetroffen - Jeder schleppte einen Geldsack, Den er zu des Dichters Fuessen Knieend legte, als den hohen Ehrensold fuer seine Dichtung. Der Poet riss auf die Saecke Hastig, um am lang entbehrten Goldesanblick sich zu laben - Da gewahrt er mit Bestuerzung, Dass der Inhalt dieser Saecke Bleiches Silber, Silberthomans, Zweimalhunderttausend etwa - Und der Dichter lachte bitter. Bitter lachend hat er jene Summe abgeteilt in drei Gleiche Teile, und jedwedem Von den beiden schwarzen Boten Schenkte er als Botenlohn Solch ein Drittel, und das dritte Gab er einem Badeknechte, Der sein Bad besorgt, als Trinkgeld. Seinen Wanderstab ergriff er Jetzo und verliess die Hauptstadt; Vor dem Tor hat er den Staub Abgefegt von seinen Schuhen. II "Haett er menschlich ordinaer Nicht gehalten, was versprochen, Haett er nur sein Wort gebrochen, Zuernen wollt ich nimmermehr. "Aber unverzeihlich ist, Dass er mich getaeuscht so schnoede Durch den Doppelsinn der Rede Und des Schweigens groesste List. "Stattlich war er, wuerdevoll Von Gestalt und von Gebaerden, Wen'ge glichen ihm auf Erden, War ein Koenig jeder Zoll. "Wie die Sonn am Himmelsbogen, Feuerblicks, sah er mich an, Er, der Wahrheit stolzer Mann - Und er hat mich doch belogen." III Schach Mahomet hat gut gespeist, Und gut gelaunet ist sein Geist. Im daemmernden Garten, auf purpurnem Pfuehl, Am Springbrunnen sitzt er. Das plaetschert so kuehl! Die Diener stehen mit Ehrfurchtsmienen; Sein Liebling Ansari ist unter ihnen. Aus Marmorvasen quillt hervor Ein ueppig brennender Blumenflor. Gleich Odalisken anmutiglich Die schlanken Palmen faechern sich. Es stehen regungslos die Zypressen, Wie himmeltraeumend, wie weltvergessen. Doch ploetzlich erklingt bei Lautenklang Ein sanft geheimnisvoller Gesang. Der Schach faehrt auf, als wie behext - Von wem ist dieses Liedes Text? Ansari, an welchen die Frage gerichtet, Gab Antwort: Das hat Firdusi gedichtet. Firdusi? - rief der Fuerst betreten - Wo ist er? Wie geht es dem grossen Poeten? Ansari gab Antwort: In Duerftigkeit Und Elend lebt er seit langer Zeit Zu Thus, des Dichters Vaterstadt, Wo er ein kleines Gaertchen hat. Schach Mahomet schwieg, eine gute Weile, Dann sprach er: Ansari, mein Auftrag hat Eile - Geh nach meinen Staellen und erwaehle Dort hundert Maultiere und funfzig Kamele. Die sollst du belasten mit allen Schaetzen, Die eines Menschen Herz ergoetzen, Mit Herrlichkeiten und Raritaeten, Kostbaren Kleidern und Hausgeraeten Von Sandelholz, von Elfenbein, Mit gueldnen und silbernen Schnurrpfeiferein, Kannen und Kelchen, zierlich gehenkelt, Lepardenfellen, gross gesprenkelt, Mit Teppichen, Schals und reichen Brokaten, Die fabriziert in meinen Staaten - Vergiss nicht, auch hinzuzupacken Glaenzende Waffen und Schabracken, Nicht minder Getraenke jeder Art Und Speisen, die man in Toepfen bewahrt, Auch Konfitueren und Mandeltorten, Und Pfefferkuchen von allen Sorten. Fuege hinzu ein Dutzend Gaeule, Arabischer Zucht, geschwind wie Pfeile, Und schwarze Sklaven, gleichfalls ein Dutzend, Leiber von Erz, strapazentrutzend. Ansari, mit diesen schoenen Sachen Sollst du dich gleich auf die Reise machen. Du sollst sie bringen nebst meinem Gruss Dem grossen Dichter Firdusi zu Thus. Ansari erfuellte des Herrschers Befehle, Belud die Maeuler und Kamele Mit Ehrengeschenken, die wohl den Zins Gekostet von einer ganzen Provinz. Nach dreien Tagen verliess er schon Die Residenz, und in eigner Person, Mit einer roten Fuehrerfahne, Ritt er voran der Karawane. Am achten Tage erreichten sie Thus; Die Stadt liegt an des Berges Fuss. Wohl durch das Westtor zog herein Die Karawane mit Laermen und Schrein. Die Trommel scholl, das Kuhhorn klang, Und laut aufjubelt Triumphgesang. La Illa Il Allah! aus voller Kehle Jauchzten die Treiber der Kamele. Doch durch das Osttor, am andern End Von Thus, zog in demselben Moment Zur Stadt hinaus der Leichenzug, Der den toten Firdusi zu Grabe trug. Naechtliche Fahrt Es wogte das Meer, aus dem dunklen Gewoelk Der Halbmond lugte scheu; Und als wir stiegen in den Kahn, Wir waren unsrer drei. Es plaetschert' im Wasser des Ruderschlags Verdrossenes Einerlei; Weissschaeumende Wellen rauschten heran, Bespritzten uns alle drei. Sie stand im Kahn so blass, so schlank, Und unbeweglich dabei, Als waer sie ein welsches Marmorbild, Dianens Konterfei. Der Mond verbirgt sich ganz. Es pfeift Der Nachtwind kalt vorbei; Hoch ueber unsern Haeuptern ertoent Ploetzlich ein gellender Schrei. Die weisse, gespenstische Moewe wars, Und ob dem boesen Schrei, Der schauerlich klang wie Warnungsruf, Erschraken wir alle drei. Bin ich im Fieber? Ist das ein Spuk Der naechtlichen Phantasei? Aefft mich ein Traum? Es traeumet mir Grausame Narretei. Grausame Narretei! Mir traeumt, Dass ich ein Heiland sei, Und dass ich truege das grosse Kreuz Geduldig und getreu. Die arme Schoenheit ist schwer bedraengt, Ich aber mache sie frei Von Schmach und Suende, von Qual und Not, Von der Welt Unflaeterei. Du arme Schoenheit, schaudre nicht Wohl ob der bittern Arznei; Ich selber kredenze dir den Tod, Bricht auch mein Herz entzwei. O Narretei, grausamer Traum, Wahnsinn und Raserei! Es gaehnt die Nacht, es kreischt das Meer, O Gott! o steh mir bei! O steh mir bei, barmherziger Gott! Barmherziger Gott Schaddey! Da schollerts hinab ins Meer - O Weh - Schaddey! Schaddey! Adonay! - Die Sonne ging auf, wir fuhren ans Land, Da bluehte und gluehte der Mai! Und als wir stiegen aus dem Kahn, Da waren wir unsrer _zwei_. Vitzliputzli Praeludium Dieses ist Amerika! Dieses ist die neue Welt! Nicht die heutige, die schon Europaeisieret abwelkt. - Dieses ist die neue Welt! Wie sie Christoval Kolumbus Aus dem Ozean hervorzog. Glaenzet noch in Flutenfrische, Traeufelt noch von Wasserperlen, Die zerstieben, farbenspruehend, Wenn sie kuesst das Licht der Sonne. Wie gesund ist diese Welt! Ist kein Kirchhof der Romantik, Ist kein alter Scherbenberg Von verschimmelten Symbolen Und versteinerten Perucken. Aus gesundem Boden sprossen Auch gesunde Baeume - keiner Ist blasiert und keiner hat In dem Rueckgratmark die Schwindsucht. Auf den Baumesaesten schaukeln Grosse Voegel. Ihr Gefieder Farbenschillernd. Mit den ernsthaft Langen Schnaebeln und mit Augen, Brillenartig schwarz umraendert, Schaun sie auf dich nieder, schweigsam - Bis sie ploetzlich schrillend aufschrein Und wie Kaffeeschwestern schnattern. Doch ich weiss nicht, was sie sagen, Ob ich gleich der Voegel Sprachen Kundig bin wie Salomo, Welcher tausend Weiber hatte Und die Voegelsprachen kannte, Die modernen nicht allein, Sondern auch die toten, alten, Ausgestopften Dialekte. Neuer Boden, neue Blumen! Neue Blumen, neue Duefte! Unerhoerte, wilde Duefte, Die mir in die Nase dringen, Neckend, prickelnd, leidenschaftlich - Und mein gruebelnder Geruchsinn Quaelt sich ab: Wo hab ich denn Je dergleichen schon gerochen? Wars vielleicht auf Regentstreet, In den sonnig gelben Armen Jener schlanken Javanesin, Die bestaendig Blumen kaute? Oder wars zu Rotterdam, Neben des Erasmi Bildsaeul, In der weissen Waffelbude Mit geheimnisvollem Vorhang? Waehrend ich die neue Welt Solcher Art verdutzt betrachte, Schein ich selbst ihr einzufloessen Noch viel groessre Scheu - Ein Affe, Der erschreckt ins Buschwerk forthuscht, Schlaegt ein Kreuz bei meinem Anblick, Angstvoll rufend: "Ein Gespenst! Ein Gespenst der alten Welt!" Affe! fuercht dich nicht, ich bin Kein Gespenst, ich bin kein Spuk; Leben kocht in meinen Adern, Bin des Lebens treuster Sohn. Doch durch jahrelangen Umgang Mit den Toten, nahm ich an Der Verstorbenen Manieren Und geheime Seltsamkeiten. Meine schoensten Lebensjahre, Die verbracht ich im Kyffhaeuser, Auch im Venusberg und andern Katakomben der Romantik. Fuercht dich nicht vor mir, mein Affe! Bin dir hold, denn auf dem haarlos Ledern abgeschabten Hintern Traegst du Farben, die ich liebe. Teure Farben! Schwarz-rot-goldgelb! Diese Affensteisscouleuren Sie erinnern mich mit Wehmut An das Banner Barbarossas. I Auf dem Haupt trug er den Lorbeer, Und an seinen Stiefeln glaenzten Goldne Sporen - dennoch war er Nicht ein Held und auch kein Ritter. Nur ein Raeuberhauptmann war er, Der ins Buch des Ruhmes einschrieb, Mit der eignen frechen Faust, Seinen frechen Namen: Cortez. Unter des Kolumbus Namen Schrieb er ihn, ja dicht darunter, Und der Schulbub auf der Schulbank Lernt auswendig beide Namen - Nach dem Christoval Kolumbus, Nennt er jetzt Fernando Cortez Als den zweiten grossen Mann In dem Pantheon der Neuwelt. Heldenschicksals letzte Tuecke: Unser Name wird verkoppelt Mit dem Namen eines Schaechers In der Menschen Angedenken. Waers nicht besser, ganz verhallen Unbekannt, als mit sich schleppen Durch die langen Ewigkeiten Solche Namenskameradschaft? Messer Christoval Kolumbus War ein Held, und sein Gemuete, Das so lauter wie die Sonne, War freigebig auch wie diese. Mancher hat schon viel gegeben, Aber jener hat der Welt Eine ganze Welt geschenket, Und sie heisst Amerika. Nicht befreien konnt er uns Aus dem oeden Erdenkerker, Doch er wusst ihn zu erweitern Und die Kette zu verlaengern. Dankbar huldigt ihm die Menschheit, Die nicht bloss europamuede, Sondern Afrikas und Asiens Endlich gleichfalls muede worden - - Einer nur, ein einzger Held, Gab uns mehr und gab uns Bessres Als Kolumbus, das ist jener, Der uns einen Gott gegeben. Sein Herr Vater, der hiess Amram, Seine Mutter hiess Jochebeth, Und er selber, Moses heisst er, Und er ist mein bester Heros. Doch, mein Pegasus, du weilest Viel zu lang bei dem Kolumbus - Wisse, unser heutger Flugritt Gilt dem gringern Mann, dem Cortez. Breite aus den bunten Fittig, Fluegelross! und trage mich Nach der Neuwelt schoenem Lande, Welches Mexiko geheissen. Trage mich nach jener Burg, Die der Koenig Montezuma Gastlich seinen spanschen Gaesten Angewiesen zur Behausung. Doch nicht Obdach bloss und Atzung, In verschwenderischer Fuelle, Gab der Fuerst den fremden Strolchen - Auch Geschenke reich und praechtig, Kostbarkeiten kluggedrechselt, Von massivem Gold, Juwelen, Zeugten glaenzend von der Huld Und der Grossmut des Monarchen. Dieser unzivilisierte, Aberglaeubisch blinde Heide Glaubte noch an Treu und Ehre Und an Heiligkeit des Gastrechts. Er willfahrte dem Gesuche, Beizuwohnen einem Feste, Das in ihrer Burg die Spanier Ihm zu Ehren geben wollten - Und mit seinem Hofgesinde, Arglos, huldreich, kam der Koenig In das spanische Quartier, Wo Fanfaren ihn begruessten. Wie das Festspiel war betitelt, Weiss ich nicht. Es hiess vielleicht: "Spansche Treue!" doch der Autor Nannt sich Don Fernando Cortez. Dieser gab das Stichwort - ploetzlich Ward der Koenig ueberfallen, Und man band ihn und behielt ihn In der Burg als eine Geisel. Aber Montezuma starb, Und da war der Damm gebrochen, Der die kecken Abenteurer Schuetzte vor dem Zorn des Volkes. Schrecklich jetzt begann die Brandung - Wie ein wild empoertes Meer Tosten, rasten immer naeher Die erzuernten Menschenwellen. Tapfer schlugen zwar die Spanier Jeden Sturm zurueck. Doch taeglich Ward berennt die Burg aufs neue, Und ermuedend war das Kampfspiel. Nach dem Tod des Koenigs stockte Auch der Lebensmittel Zufuhr; Kuerzer wurden die Rationen, Die Gesichter wurden laenger. Und mit langen Angesichtern Sahn sich an Hispaniens Soehne, Und sie seufzten und sie dachten An die traute Christenheimat, An das teure Vaterland, Wo die frommen Glocken laeuten Und am Herde friedlich brodelt Eine Ollea-Potrida, Dick verschmoret mit Garbanzos, Unter welchen, schalkhaft duftend, Auch wohl kichernd, sich verbergen Die geliebten Knoblauchwuerstchen. Einen Kriegsrat hielt der Feldherr, Und der Rueckzug ward beschlossen; In der naechsten Tagesfruehe Soll das Heer die Stadt verlassen. Leicht gelangs hineinzukommen Einst durch List dem klugen Cortez, Doch die Rueckkehr nach dem Festland Bot fatale Schwierigkeiten. Mexiko, die Inselstadt, Liegt in einem grossen See, Inder Mitte, flutumrauscht: Eine stolze Wasserfestung, Mit dem Uferland verkehrend Nur durch Schiffe, Floesse, Bruecken, Die auf Riesenpfaehlen ruhen; Kleine Inseln bilden Furten. Noch bevor die Sonne aufging, Setzten sich in Marsch die Spanier; Keine Trommel ward geruehret, Kein Trompeter blies Reveille. Wollten ihre Wirte nicht Aus dem suessen Schlafe wecken - (Hunderttausend Indianer Lagerten in Mexiko). Doch der Spanier machte diesmal Ohne seinen Wirt die Rechnung; Noch fruehzeitger aufgestanden Waren heut die Mexikaner. Auf den Bruecken, auf den Floessen, Auf den Furten harrten sie, Um den Abschiedstrunk alldorten Ihren Gaesten zu kredenzen. Auf den Bruecken, Floessen, Furten, Hei! da gabs ein toll Gelage! Rot in Stroemen floss das Blut, Und die kecken Zecher rangen - Rangen Leib an Leib gepresst, Und wir sehn auf mancher nackten Indianerbrust den Abdruck Spanscher Ruestungsarabesken. Ein Erdrosseln wars, ein Wuergen, Ein Gemetzel, das sich langsam, Schaurig langsam, weiter waelzte, Ueber Bruecken, Floesse, Furten. Die Indianer sangen, bruellten, Doch die Spanier fochten schweigend; Mussten Schritt fuer Schritt erobern Einen Boden fuer die Flucht. In gedraengten Engpasskaempfen Boten gringen Vorteil heute Alteuropas strenge Kriegskunst, Feuerschluende, Harnisch, Pferde. Viele Spanier waren gleichfalls Schwer bepackt mit jenem Golde, Das sie juengst erpresst, erbeutet - Ach, die gelbe Suendenlast Laehmte, hemmte sie im Kampfe, Und das teuflische Metall Ward nicht bloss der armen Seele, Sondern auch dem Leib verderblich. Mittlerweile ward der See Ganz bedeckt von Kaehnen, Barken; Schuetzen sassen drin und schossen Nach den Bruecken, Floessen, Furten. Trafen freilich im Getuemmel Viele ihrer eignen Brueder, Doch sie trafen auch gar manchen Hochvortrefflichen Hidalgo. Auf der dritten Bruecke fiel Junker Gaston, der an jenem Tag die Fahne trug, worauf Konterfeit die heilge Jungfrau. Dieses Bildnis selber trafen Die Geschosse der Indianer; Sechs Geschosse blieben stecken Just im Herzen - blanke Pfeile, Aehnlich jenen gueldnen Schwertern, Die der Mater dolorosa Schmerzenreiche Brust durchbohren Bei Karfreitagsprozessionen. Sterbend uebergab Don Gaston Seine Fahne dem Gonzalvo, Der zu Tod getroffen gleichfalls Bald dahinsank. - Jetzt ergriff Cortez selbst das teure Banner, Er, der Feldherr, und er trug es Hoch zu Ross bis gegen Abend, Wo die Schlacht ein Ende nahm. Hundertsechzig Spanier fanden Ihren Tod an jenem Tage; Ueber achtzig fielen lebend In die Haende der Indianer. Schwer verwundet wurden viele, Die erst spaeter unterlagen. Schier ein Dutzend Pferde wurde Teils getoetet, teils erbeutet. Gegen Abend erst erreichten Cortez und sein Heer das sichre Uferland, ein Seegestade, Karg bepflanzt mit Trauerweiden. II Nach des Kampfes Schreckenstag Kommt die Spuknacht des Triumphes; Hunderttausend Freudenlampen Lodern auf in Mexiko. Hunderttausend Freudenlampen, Waldharzfackeln, Pechkranzfeuer Werfen grell ihr Tageslicht Auf Palaeste, Goetterhallen, Gildenhaeuser und zumal Auf den Tempel Vitzliputzlis, Goetzenburg von rotem Backstein, Seltsam mahnend an aegyptisch, Babylonisch und assyrisch Kolossalen Bauwerk-Monstren, Die wir schauen auf den Bildern Unsers Britten Henri Martin. Ja, das sind dieselben breiten Rampentreppen, also breit, Dass dort auf und nieder wallen Viele tausend Mexikaner, Waehrend auf den Stufen lagern Rottenweis die wilden Krieger, Welche lustig bankettieren, Hochberauscht von Sieg und Palmwein. Diese Rampentreppen leiten, Wie ein Zickzack, nach der Plattform, Einem balustradenartgen Ungeheuern Tempeldach. Dort auf seinem Thronaltar Sitzt der grosse Vitzliputzli, Mexikos blutduerstger Kriegsgott. Ist ein boeses Ungestuem, Doch sein Aeussres ist so putzig, So verschnoerkelt und so kindisch, Dass er trotz des innern Grausens Dennoch unsre Lachlust kitzelt - Und bei seinem Anblick denken Wir zu gleicher Zeit etwa An den blassen Tod von Basel Und an Bruessels Mannke-Piss. An des Gottes Seite stehen Rechts die Laien, links die Pfaffen; Im Ornat von bunten Federn Spreizt sich heut die Klerisei. Auf des Altars Marmorstufen Hockt ein hundertjaehrig Maennlein, Ohne Haar an Kinn und Schaedel; Traegt ein scharlach Kamisoelchen. Dieses ist der Opferpriester, Und er wetzet seine Messer, Wetzt sie laechelnd, und er schielet Manchmal nach dem Gott hinauf. Vitzliputzli scheint den Blick Seines Dieners zu verstehen, Zwinkert mit den Augenwimpern Und bewegt sogar die Lippen. Auf des Altars Stufen kauern Auch die Tempelmusici, Paukenschlaeger, Kuhhornblaeser - Ein Gerassel und Getute - Ein Gerassel und Getute, Und es stimmet ein des Chores Mexikanisches Tedeum - Ein Miaulen wie von Katzen - Ein Miaulen wie von Katzen, Doch von jener grossen Sorte, Welche Tigerkatzen heissen Und statt Maeuse Menschen fressen! Wenn der Nachtwind diese Toene Hinwirft nach dem Seegestade, Wird den Spaniern, die dort lagern, Katzenjaemmerlich zu Mute. Traurig unter Trauerweiden, Stehen diese dort noch immer Und sie starren nach der Stadt, Die im dunkeln Seegewaesser Widerspiegelt, schier verhoehnend, Alle Flammen ihrer Freude - Stehen dort wie im Parterre Eines grossen Schauspielhauses, Und des Vitzliputzli-Tempels Helle Plattform ist die Buehne, Wo zur Siegesfeier jetzt Ein Mysterium tragiert wird. "Menschenopfer" heisst das Stueck. Uralt ist der Stoff, die Fabel; In der christlichen Behandlung Ist das Schauspiel nicht so graesslich. Denn dem Blute wurde Rotwein, Und dem Leichnam, welcher vorkam, Wurde eine harmlos duenne Mehlbreispeis transsubstituieret - Diesmal aber, bei den Wilden, War der Spass sehr roh und ernsthaft Aufgefasst: man speiste Fleisch, Und das Blut war Menschenblut. Diesmal war es gar das Vollblut Von Altchristen, das sich nie, Nie vermischt hat mit dem Blute Der Moresken und der Juden. Freu dich, Vitzliputzli, freu dich, Heute gibt es Spanierblut, Und am warmen Dufte wirst du Gierig laben deine Nase. Heute werden dir geschlachtet Achtzig Spanier, stolze Braten Fuer die Tafel deiner Priester, Die sich an dem Fleisch erquicken. Denn der Priester ist ein Mensch, Und der Mensch, der arme Fresser, Kann nicht bloss vom Riechen leben Und vom Dufte, wie die Goetter. Horch! die Todespauke droehnt schon, Und es kreischt das boese Kuhhorn! Sie verkuenden, dass heraufsteigt Jetzt der Zug der Sterbemaenner. Achtzig Spanier, schmaehlich nackend, Ihre Haende auf dem Ruecken Festgebunden, schleppt und schleift man Hoch hinauf die Tempeltreppe. Vor dem Vitzliputzli-Bilde Zwingt man sie das Knie zu beugen Und zu tanzen Possentaenze, Und man zwingt sie durch Torturen, Die so grausam und entsetzlich, Dass der Angstschrei der Gequaelten Ueberheulet das gesamte Kannibalen-Charivari. - Armes Publikum am See! Cortez und die Kriegsgefaehrten Sie vernahmen und erkannten Ihrer Freunde Angstrufstimmen - Auf der Buehne, grellbeleuchtet, Sahen sie auch ganz genau Die Gestalten und die Mienen - Sahn das Messer, sahn das Blut - Und sie nahmen ab die Helme Von den Haeuptern, knieten nieder, Stimmten an den Psalm der Toten, Und sie sangen: De profundis! Unter jenen, welche starben, War auch Raimond de Mendoza, Sohn der schoenen Abbatissin, Cortez' erste Jugendliebe. Als er auf der Brust des Juenglings Jenes Medaillon gewahrte, Das der Mutter Bildnis einschloss, Weinte Cortez helle Traenen - Doch er wischt' sie ab vom Auge Mit dem harten Bueffelhandschuh, Seufzte tief und sang im Chore Mit den Andern: miserere! III Blasser schimmern schon die Sterne, Und die Morgennebel steigen Aus der Seeflut, wie Gespenster, Mit hinschleppend weissen Laken. Fest und Lichter sind erloschen Auf dem Dach des Goetzentempels, Wo am blutgetraenkten Estrich Schnarchend liegen Pfaff und Laie. Nur die rote Jacke wacht. Bei dem Schein der letzten Lampe, Suesslich grinsend, grimmig schaekernd, Spricht der Priester zu dem Gotte: "Vitzliputzli, Putzlivitzli, Liebstes Goettchen Vitzliputzli! Hast dich heute amuesieret, Hast gerochen Wohlgerueche! "Heute gab es Spanierblut - O, das dampfte so apptitlich, Und dein feines Leckernaeschen Sog den Duft ein, wollustglaenzend. "Morgen opfern wir die Pferde, Wiehernd edle Ungetueme, Die des Windes Geister zeugten, Buhlschaft treibend mit der Seekuh. "Willst du artig sein, so schlacht ich Dir auch meine beiden Enkel, Huebsche Buebchen, suesses Blut, Meines Alters einzge Freude. "Aber artig musst du sein, Musst uns neue Siege schenken - Lass uns siegen, liebes Goettchen, Putzlivitzli, Vitzliputzli! "O verderbe unsre Feinde, Diese Fremden, die aus fernen Und noch unentdeckten Laendern Zu uns kamen uebers Weltmeer - "Warum liessen sie die Heimat? Trieb sie Hunger oder Blutschuld? Bleib im Land und naehr dich redlich, Ist ein sinnig altes Spruechwort. "Was ist ihr Begehr? Sie stecken Unser Gold in ihre Taschen, Und sie wollen, dass wir droben Einst im Himmel gluecklich werden! "Anfangs glaubten wir, sie waeren Wesen von der hoechsten Gattung, Sonnensoehne, die unsterblich Und bewehrt mit Blitz und Donner. "Aber Menschen sind sie, toetbar Wie wir Andre, und mein Messer Hat erprobet heute Nacht Ihre Menschensterblichkeit. "Menschen sind sie und nicht schoener Als wir Andre, manche drunter Sind so haesslich wie die Affen; Wie bei diesen sind behaart "Die Gesichter, und es heisst, Manche truegen in den Hosen Auch verborgne Affenschwaenze - Wer kein Aff, braucht keine Hosen. "Auch moralisch haesslich sind sie, Wissen nichts von Pietaet, Und es heisst, dass sie sogar Ihre eignen Goetter fraessen! "O vertilge diese ruchlos Boese Brut, die Goetterfresser - Vitzliputzli, Putzlivitzli, Lass uns siegen, Vitzliputzli!" - Also sprach zum Gott der Priester, Und des Gottes Antwort toent Seufzend, roechelnd, wie der Nachtwind, Welcher koset mit dem Seeschilf: Rotjack, Rotjack, blutger Schlaechter, Hast geschlachtet viele Tausend, Bohre jetzt das Opfermesser In den eignen alten Leib. Aus dem aufgeschlitzten Leib Schluepft alsdann hervor die Seele; Ueber Kiesel, ueber Wurzel Trippelt sie zum Laubfroschteiche. Dorten hocket meine Muhme Rattenkoenigin - sie wird sagen: "Guten Morgen, nackte Seele, Wie ergeht es meinem Neffen? "Vitzliputzlelt er vergnuegt In dem honigsuessen Goldlicht? Wedelt ihm das Glueck die Fliegen Und die Sorgen von der Stirne? "Oder kratzt ihn Katzlagara, Die verhasste Unheilsgoettin Mit den schwarzen Eisenpfoten, Die in Otterngift getraenket?" Nackte Seele, gib zur Antwort: Vitzliputzli laesst dich gruessen, Und er wuenscht dir Pestilenz In den Bauch, Vermaledeite! Denn du rietest ihm zum Kriege, Und dein Rat, es war ein Abgrund - In Erfuellung geht die boese, Uralt boese Prophezeiung Von des Reiches Untergang Durch die furchtbar baertgen Maenner, Die auf hoelzernem Gevoegel Hergeflogen aus dem Osten. Auch ein altes Spruechwort gibt es: Weiberwille, Gotteswille - Doppelt ist der Gotteswille, Wenn das Weib die Mutter Gottes. Diese ist es, die mir zuernet, Sie, die stolze Himmelsfuerstin, Eine Jungfrau sonder Makel, Zauberkundig, wundertaetig. Sie beschuetzt das Spaniervolk, Und wir muessen untergehen, Ich, der aermste aller Goetter, Und mein armes Mexiko. Nach vollbrachtem Auftrag, Rotjack, Krieche deine nackte Seele In ein Sandloch - Schlafe wohl! Dass du nicht mein Unglueck schauest! Dieser Tempel stuerzt zusammen, Und ich selber, ich versinke In dem Qualm - nur Rauch und Truemmer - Keiner wird mich wiedersehen. Doch ich sterbe nicht; wir Goetter Werden alt wie Papageien, Und wir mausern nur und wechseln Auch wie diese das Gefieder. Nach der Heimat meiner Feinde, Die Europa ist geheissen, Will ich fluechten, dort beginn ich Eine neue Karriere. Ich verteufle mich, der Gott Wird jetzund ein Gottseibeiuns; Als der Feinde boeser Feind, Kann ich dorten wirken, schaffen. Quaelen will ich dort die Feinde, Mit Phantomen sie erschrecken - Vorgeschmack der Hoelle, Schwefel Sollen sie bestaendig riechen. Ihre Weisen, ihre Narren Will ich koedern und verlocken; Ihre Tugend will ich kitzeln, Bis sie lacht wie eine Metze. Ja, ein Teufel will ich werden, Und als Kameraden gruess ich Satanas und Belial, Astaroth und Belzebub. Dich zumal begruess ich, Lilis, Suendenmutter, glatte Schlange! Lehr mich deine Grausamkeiten Und die schoene Kunst der Luege! Mein geliebtes Mexiko, Nimmermehr kann ich es retten, Aber raechen will ich furchtbar Mein geliebtes Mexiko. Zweites Buch Lamentationen Das Glueck ist eine leichte Dirne, Und weilt nicht gern am selben Ort; Sie streicht das Haar dir von der Stirne Und kuesst dich rasch und flattert fort. Frau Unglueck hat im Gegenteile Dich liebefest ans Herz gedrueckt; Sie sagt, sie habe keine Eile, Setzt sich zu dir ans Bett und strickt. Waldeinsamkeit Ich hab in meinen Jugendtagen Wohl auf dem Haupt einen Kranz getragen; Die Blumen glaenzten wunderbar, Ein Zauber in dem Kranze war. Der schoene Kranz gefiel wohl Allen, Doch der ihn trug hat Manchem missfallen; Ich floh den gelben Menschenneid, Ich floh in die gruene Waldeinsamkeit. Im Wald, im Wald! da konnt ich fuehren Ein freies Leben mit Geistern und Tieren; Feen und Hochwild von stolzem Geweih, Sie nahten sich mir ganz ohne Scheu. Sie nahten sich mir ganz ohne Zagnis, Sie wussten, das sei kein schreckliches Wagnis; Dass ich kein Jaeger, wusste das Reh, Dass ich kein Vernunftmensch, wusste die Fee. Von Feenbeguenstigung plaudern nur Toren - Doch wie die uebrigen Honoratioren Des Waldes mir huldreich gewesen, fuerwahr Ich darf es bekennen offenbar. Wie haben mich lieblich die Elfen umflattert! Ein luftiges Voelkchen! das plaudert und schnattert! Ein bisschen stechend ist der Blick, Verheissend ein suesses, doch toedliches Glueck. Ergoetzten mich mit Maitanz und Maispiel, Erzaehlten mir Hofgeschichten, zum Beispiel: Die skandalose Chronika Der Koenigin Titania. Sass ich am Bache, so tauchten und sprangen Hervor aus der Flut, mit ihrem langen Silberschleier und flatterndem Haar, Die Wasserbacchanten, die Nixenschar. Sie schlugen die Zither, sie spielten auf Geigen, Das war der famose Nixenreigen; Die Posituren, die Melodei, War klingende, springende Raserei. Jedoch zu Zeiten waren sie minder Tobsuechtig gelaunt, die schoenen Kinder; Zu meinen Fuessen lagerten sie, Das Koepfchen gestuetzt auf meinem Knie. Traellerten, trillerten welsche Romanzen, Zum Beispiel das Lied von den drei Pomeranzen, Sangen auch wohl ein Lobgedicht Auf mich und mein nobeles Menschengesicht. Sie unterbrachen manchmal das Gesinge Lautlachend, und frugen bedenkliche Dinge, Zum Beispiel: "Sag uns, zu welchem Behuf Der liebe Gott den Menschen schuf? "Hat eine unsterbliche Seele ein Jeder Von euch? Ist diese Seele von Leder Oder von steifer Leinwand? Warum Sind eure Leute meistens so dumm?" Was ich zur Antwort gab, verhehle Ich hier, doch meine unsterbliche Seele, Glaubt mirs, ward nie davon verletzt, Was eine kleine Nixe geschwaetzt. Anmutig und schalkhaft sind Nixen und Elfen; Nicht so die Erdgeister, sie dienen und helfen Treuherzig den Menschen. Ich liebte zumeist Die, welche man Wichtelmaennchen heisst. Sie tragen Rotmaentelchen, lang und bauschig, Die Miene ist ehrlich, doch bang und lauschig; Ich liess nicht merken, dass ich entdeckt, Warum sie so aengstlich die Fuesse versteckt. Sie haben naemlich Entenfuesse Und bilden sich ein, dass Niemand es wisse. Das ist eine tiefgeheime Wund, Worueber ich nimmermehr spoetteln kunnt. Ach Himmel! wir Alle, gleich jenen Zwergen, Wir haben ja Alle etwas zu verbergen; Kein Christenmensch, waehnen wir, haette entdeckt, Wo unser Entenfuesschen steckt. Niemals verkehrt ich mit Salamandern, Und ueber ihr Treiben erfuhr ich von andern Waldgeistern sehr wenig. Sie huschten mir scheu Des Nachts wie leuchtende Schatten vorbei. Sind spindelduerre, von Kindeslaenge, Hoeschen und Waemschen anliegend enge, Von Scharlachfarbe, goldgestickt; Das Antlitz kraenklich, vergilbt und bedrueckt. Ein gueldnes Kroenlein, gespickt mit Rubinen, Traegt auf dem Koepfchen ein jeder von ihnen; Ein jeder von ihnen bildet sich ein, Ein absoluter Koenig zu sein. Dass sie im Feuer nicht verbrennen, Ist freilich ein Kunststueck, ich will es bekennen; Jedoch der unentzuendbare Wicht, Ein wahrer Feuergeist ist er nicht. Die kluegsten Waldgeister sind die Alraeunchen, Langbaertige Maennlein mit kurzen Beinchen, Ein fingerlanges Greisengeschlecht; Woher sie stammen, man weiss es nicht recht. Wenn sie im Mondschein kopfueber purzeln, Das mahnt bedenklich an Pissewurzeln; Doch da sie mir nur Gutes getan, So geht mich nichts ihr Ursprung an. Sie lehrten mir kleine Hexereien, Feuer besprechen, Voegel beschreien, Auch pfluecken in der Johannisnacht Das Kraeutlein, das unsichtbar macht. Sie lehrten mich Sterne und Zeichen deuten, Sattellos auf dem Winde reiten, Auch Runensprueche, womit man ruft Die Toten hervor aus ihrer Gruft. Sie haben mir auch den Pfiff gelehrt, Wie man den Vogel Specht betoert Und ihm die Springwurz abgewinnt, Die anzeigt, wo Schaetze verborgen sind. Die Worte, die man beim Schaetzegraben Hinmurmelt, lehrten sie mich, sie haben Mir alles expliziert - umsunst! Hab nie begriffen die Schatzgraeberkunst. Wohl hatt ich derselben nicht noetig dermalen, Ich brauchte wenig, und konnt es bezahlen, Besass auch in Spanien manch luftiges Schloss, Wovon ich die Revenueen genoss. O, schoene Zeit! wo voller Geigen Der Himmel hing, wo Elfenreigen Und Nixentanz und Koboldscherz Umgaukelt mein maerchentrunkenes Herz! O, schoene Zeit! wo sich zu gruenen Triumphespforten zu woelben schienen Die Baeume des Waldes - ich ging einher, Bekraenzt, als ob ich der Sieger waer! Die schoene Zeit, sie ist verschlendert, Und Alles hat sich seitdem veraendert, Und ach! mir ist der Kranz geraubt, Den ich getragen auf meinem Haupt. Der Kranz ist mir vom Haupt genommen, Ich weiss es nicht, wie es gekommen; Doch seit der schoene Kranz mir fehlt, Ist meine Seele wie entseelt. Es glotzen mich an unheimlich bloede Die Larven der Welt! Der Himmel ist oede, Ein blauer Kirchhof, entgoettert und stumm. Ich gehe gebueckt im Wald herum. Im Walde sind die Elfen verschwunden, Jagdhoerner hoer ich, Geklaeffe von Hunden; Im Dickicht ist das Reh versteckt, Das traenend seine Wunden leckt. Wo sind die Alraeunchen? Ich glaube, sie halten Sich aengstlich verborgen in Felsenspalten. Ihr kleinen Freunde, ich komme zurueck, Doch ohne Kranz und ohne Glueck. Wo ist die Fee mit dem langen Goldhaar, Die erste Schoenheit, die mir hold war? Der Eichenbaum, worin sie gehaust, Steht traurig entlaubt, vom Winde zerzaust. Der Bach rauscht trostlos gleich dem Styxe; Am einsamen Ufer sitzt eine Nixe, Todblass und stumm, wie 'n Bild von Stein, Scheint tief in Kummer versunken zu sein. Mitleidig tret ich zu ihr heran - Da faehrt sie auf und schaut mich an, Und sie entflieht mit entsetzten Mienen, Als sei ihr ein Gespenst erschienen. Spanische Atriden Am Hubertustag des Jahres Dreizehnhundert drei und achtzig Gab der Koenig uns ein Gastmahl Zu Segovia im Schlosse. Hofgastmaehler sind dieselben Ueberall, es gaehnt dieselbe Souveraene Langeweile An der Tafel aller Fuersten. Prunkgeschirr von Gold und Silber, Leckerbissen aller Zonen, Und derselbe Bleigeschmack, Mahnend an Lokustes Kueche. Auch derselbe seidne Poebel, Buntgeputzt und vornehm nickend, Wie ein Beet von Tulipanen; Nur die Saucen sind verschieden. Und das ist ein Wispern, Sumsen, Das wie Mohn den Sinn einschlaefert, Bis Trompetenstoesse wecken Aus der kauenden Betaeubnis. Neben mir, zum Gluecke, sass Don Diego Albuquerque, Dem die Rede unterhaltsam Von den klugen Lippen floss. Ganz vorzueglich gut erzaehlte Er die blutgen Hofgeschichten Aus den Tagen des Don Pedro, Den man "Koenig Grausam" nannte. Als ich frug, warum Don Pedro Seinen Bruder Don Fredrego Insgeheim enthaupten liess, Sprach mein Tischgenosse seufzend: Sennor! glaubt nicht was sie klimpern Auf den schlottrigen Gitarren, Baenkelsaenger, Maultiertreiber, In Posaden, Kneipen, Schenken. Glaubet nimmer, was sie faseln Von der Liebe Don Fredregos Und Don Pedros schoener Gattin, Donna Blanka von Bourbon. Nicht der Eifersucht des Gatten, Nur der Missgunst eines Neidharts Fiel als Opfer Don Fredrego, Calatravas Ordensmeister. Das Verbrechen, das Don Pedro Nicht verzieh, das war sein Ruhm, Jener Ruhm, den Donna Fama Mit Entzuecken ausposaunte. Auch verzieh ihm nicht Don Pedro Seiner Seele Hochgefuehle Und die Wohlgestalt des Leibes, Die ein Abbild solcher Seele. Bluehend blieb mir im Gedaechtnis Diese schlanke Heldenblume; Nie vergess ich dieses schoene Traeumerische Juenglingsantlitz. Das war eben jene Sorte, Die geliebt wird von den Feen, Und ein maerchenhaft Geheimnis Sprach aus allen diesen Zuegen. Blaue Augen, deren Schmelz Blendend wie ein Edelstein, - Aber auch der stieren Haerte Eines Edelsteins teilhaftig. Seine Haare waren schwarz, Blaeulichschwarz, von seltnem Glanze, Und in ueppig schoenen Locken Auf die Schulter niederfallend. In der schoenen Stadt Coimbra, Die er abgewann den Mohren, Sah ich ihn zum letzten Male Lebend - unglueckselger Prinz! Eben kam er vom Alkanzor, Durch die engen Strassen reitend; Manche junge Mohrin lauschte Hinterm Gitter ihres Fensters. Seines Hauptes Helmbusch wehte Frei galant, jedoch des Mantels Strenges Calatrava-Kreuz Scheuchte jeden Buhlgedanken. Ihm zur Seite, freudewedelnd, Sprang sein Liebling, Allan hiess er, Eine Bestie stolzer Rasse, Deren Heimat die Sierra. Trotz der ungeheuern Groesse War er wie ein Reh gelenkig, Nobel war des Kopfes Bildung, Ob sie gleich dem Fuchse aehnlich. Schneeweiss und so weich wie Seide Flockten lang herab die Haare; Mit Rubinen inkrustieret War das breite goldne Halsband. Dieses Halsband, sagt man, barg Einen Talisman der Treue; Niemals wich er von der Seite Seines Herrn, der treue Hund. O der schauerlichen Treue! Mir erbebet das Gemuete, Denk ich dran, wie sie sich hier Offenbart vor unsern Augen. O des schreckenvollen Tages! Hier in diesem Saale war es, Und wie heute sass ich hier An der koeniglichen Tafel. An dem obern Tafelende, Dort, wo heute Don Henrico Froehlich bechert mit der Blume Kastilianscher Ritterschaft - Jenes Tags sass dort Don Pedro Finster stumm, und neben ihm, Strahlend stolz wie eine Goettin, Sass Maria de Padilla. Hier am untern End der Tafel, Wo wir heut die Dame sehen, Deren grosse Linnenkrause Wie ein weisser Teller aussieht - Waehrend ihr vergilbt Gesichtchen Mit dem saeuerlichen Laecheln Der Zitrone gleichet, welche Auf besagtem Teller ruht: Hier am untern End der Tafel War ein leerer Platz geblieben; Eines Gasts von hohem Range Schien der goldne Stuhl zu harren. Don Fredrego war der Gast, Dem der goldne Stuhl bestimmt war - Doch er kam nicht -ach, wir wissen Jetzt den Grund der Zoegerung. Ach, zur selben Stunde wurde Sie vollbracht, die dunkle Untat, Und der arglos junge Held Wurde von Don Pedros Schergen Hinterlistig ueberfallen Und gebunden fortgeschleppt In ein oedes Schlossgewoelbe, Nur von Fackelschein beleuchtet. Dorten standen Henkersknechte, Dorten stand der rote Meister, Der, gestuetzt auf seinem Richtbeil, Mit schwermuetger Miene sprach: Jetzt, Grossmeister von San Jago, Muesst Ihr Euch zum Tod bereiten, Eine Viertelstunde sei Euch bewilligt zum Gebete. Don Fredrego kniete nieder, Betete mit frommer Ruhe, Sprach sodann: ich hab vollendet, Und empfing den Todesstreich. In demselben Augenblicke, Als der Kopf zu Boden rollte, Sprang drauf zu der treue Allan, Welcher unbemerkt gefolgt war. Er erfasste, mit den Zaehnen, Bei dem Lockenhaar das Haupt, Und mit dieser teuern Beute Schoss er zauberschnell von dannen. Jammer und Geschrei erscholl Ueberall auf seinem Wege, Durch die Gaenge und Gemaecher, Treppen auf und Treppen ab. Seit dem Gastmahl des Belsazar Gab es keine Tischgesellschaft, Welche so verstoeret aussah Wie die unsre in dem Saale, Als das Ungetuem hereinsprang Mit dem Haupte Don Fredregos, Das er mit den Zaehnen schleppte An den traeufend blutgen Haaren. Auf den leer gebliebnen Stuhl, Welcher seinem Herrn bestimmt war, Sprang der Hund und, wie ein Klaeger, Hielt er uns das Haupt entgegen. Ach, es war das wohlbekannte Heldenantlitz, aber blaesser, Aber ernster, durch den Tod, Und umringelt gar entsetzlich Von der Fuelle schwarzer Locken, Die sich baeumten wie der wilde Schlangenkopfputz der Meduse, Auch wie dieser schreckversteinernd. Ja, wir waren wie versteinert, Sahn uns an mit starrer Miene, Und gelaehmt war jede Zunge Von der Angst und Etikette. Nur Maria de Padilla Brach das allgemeine Schweigen; Haenderingend, laut aufschluchzend, Jammerte sie ahndungsvoll: "Heissen wird es jetzt, ich haette Angestiftet solche Mordtat, Und der Groll trifft meine Kinder, Meine schuldlos armen Kinder!" Don Diego unterbrach hier Seine Rede, denn wir sahen, Dass die Tafel aufgehoben Und der Hof den Saal verlassen. Hoefisch fein von Sitten, gab Mir der Ritter das Geleite, Und wir wandelten selbander Durch das alte Gotenschloss. Indem Kreuzgang, welcher leitet Nach des Koenigs Hundestaellen, Die durch Knurren und Geklaeffe Schon von fernher sich verkuendgen, Dorten sah ich, in der Wand Eingemauert und nach aussen Fest mit Eisenwerk vergattert, Eine Zelle wie ein Kaefig. Menschliche Gestalten zwo Sassen drin, zwei junge Knaben; Angefesselt bei den Beinen, Hockten sie auf fauler Streu. Kaum zwoelfjaehrig schien der Eine, Wenig aelter war der Andre; Die Gesichter schoen und edel, Aber fahl und welk von Siechtum. Waren ganz zerlumpt, fast nackend, Und die magern Leibchen trugen Wunde Spuren der Misshandlung; Beide schuettelte das Fieber. Aus der Tiefe ihres Elends Schauten sie zu mir empor, Wie mit weissen Geisteraugen, Dass ich schier darob erschrocken. Wer sind diese Jammerbilder? Rief ich aus, indem ich hastig Don Diegos Hand ergriff, Die gezittert, wie ich fuehlte. Don Diego schien verlegen, Sah sich um, ob Niemand lausche, Seufzte tief und sprach am Ende, Heitern Weltmannston erkuenstelnd: Dieses sind zwei Koenigskinder, Frueh verwaiset, Koenig Pedro Hiess der Vater, und die Mutter War Maria de Padilla. Nach der grossen Schlacht bei Narvas, Wo Henrico Transtamare Seinen Bruder, Koenig Pedro, Von der grossen Last der Krone Und zugleich von jener groessern Last, die Leben heisst, befreite: Da traf auch die Bruderskinder Don Henricos Siegergrossmut. Hat sich ihrer angenommen, Wie es einem Oheim ziemet, Und im eignen Schlosse gab er Ihnen freie Kost und Wohnung. Enge freilich ist das Stuebchen, Das er ihnen angewiesen, Doch im Sommer ist es kuehlig, Und nicht gar zu kalt im Winter. Ihre Speis ist Roggenbrot, Das so schmackhaft ist, als haett es Goettin Ceres selbst gebacken Fuer ihr liebes Proserpinchen. Manchmal schickt er ihnen auch Eine Kumpe mit Garbanzos, Und die Jungen merken dann, Dass es Sonntag ist in Spanien. Doch nicht immer ist es Sonntag, Und nicht immer gibts Garbanzos, Und der Oberkoppelmeister Regaliert sie mit der Peitsche. Denn der Oberkoppelmeister, Der die Staelle mit der Meute Sowie auch den Neffenkaefig Unter seiner Aufsicht hat, Ist der unglueckselge Gatte Jener sauren Zitronella Mit der weissen Tellerkrause, Die wir heut bei Tisch bewundert, Und sie keift so frech, dass oft Ihr Gemahl zur Peitsche greift - Und hierher eilt und die Hunde Und die armen Knaben zuechtigt. Doch der Koenig hat missbilligt Solch Verfahren und befahl, Dass man kuenftig seine Neffen Nicht behandle wie die Hunde. Keiner fremden Mietlingsfaust Wird er ferner anvertrauen Ihre Zucht, die er hinfuero Eigenhaendig leiten will. Don Diego stockte ploetzlich, Denn der Seneschall des Schlosses Kam zu uns und frug uns Hoeflich: ob wir wohlgespeist? - - Der Ex-Lebendige Brutus, wo ist dein Cassius, Der Waechter, der naechtliche Rufer, Der einst mit dir, im Seelenerguss, Gewandelt am Seineufer? Ihr schautet manchmal in die Hoeh, Wo die dunklen Wolken jagen - Viel dunklere Wolke war die Idee, Die Ihr im Herzen getragen. Brutus, wo ist dein Cassius? Er denkt nicht mehr ans Morden! Es heisst, er sei am Neckarfluss Tyrannenvorleser geworden. Doch Brutus erwidert: Du bist ein Tor, Kurzsichtig wie alle Poeten - Mein Cassius liest dem Tyrannen vor, Jedoch um ihn zu toeten. Er liest ihm Gedichte von Matzerath - Ein Dolch ist jede Zeile! Der arme Tyrann, frueh oder spat Stirbt er vor Langeweile. Der Ex-Nachtwaechter Missgelaunt, sagt man, verliess er Stuttgart an dem Neckarstrand, Und zu Muenchen an der Isar Ward er Schauspielintendant. Das ist eine schoene Gegend Ebenfalls, es schaeumet hier, Geist- und phantasieerregend, Holder Bock, das beste Bier. Doch der arme Intendante, Heisst es, gehet dort herum Melancholisch wie ein Dante, Wie Lord Byron gloomy, stumm. Ihn ergoetzen nicht Komoedien, Nicht das schlechteste Gedicht, Selbst die traurigsten Tragoedien Liest er - doch er laechelt nicht. Manche Schoene moecht erheitern Dieses gramumflorte Herz, Doch die Liebesblicke scheitern An dem Panzer, der von Erz. Nannerl mit dem Riegelhaeubchen Girrt ihn an so muntern Sinns - Geh ins Kloster, armes Taeubchen, Spricht er wie ein Daenenprinz. Seine Freunde sind vergebens Zu erlustgen ihn bemueht, Singen: Freue dich des Lebens, Weil dir noch dein Laempchen glueht! Kann dich nichts zum Frohsinn reizen Hier in dieser huebschen Stadt, Die an amuesanten Kaeuzen Wahrlich keinen Mangel hat? Zwar hat sie in juengsten Tagen Eingebuesst so manchen Mann, Manchen trefflichen Choragen, Den man schwer entbehren kann. Waer der Massmann nur geblieben! Dieser haette wohl am End Jeden Truebsinn dir vertrieben Durch sein Burzelbaumtalent. Schelling, der ist unersetzlich! Ein Verlust vom hoechsten Wert! War als Philosoph ergoetzlich Und als Mime hochgeehrt. Dass der Gruender der Walhalla Fortging und zuruecke liess Seine Manuskripte alle, Gleichfalls ein Verlust war dies! Mit Corneljus ging verloren Auch des Meisters Juengerschaft; Hat das Haar sich abgeschoren, Und im Haar war ihre Kraft. Denn der kluge Meister legte Einen Zauber in das Haar, Drin sich sichtbar oft bewegte Etwas das lebendig war. Tot ist Goerres, die Hyaene. Ob des heiligen Offiz Umsturz quoll ihm einst die Traene Aus des Auges rotem Schlitz. Dieses Raubtier hat ein Suehnchen Hinterlassen, doch es ist Nur ein giftiges Kaninchen, Welches Nonnenfuerzchen frisst. Apropos! Der erzinfame Pfaffe Dollingerius - Das ist ungefaehr sein Name - Lebt er noch am Isarfluss? Dieser bleibt mir unvergesslich! Bei dem reinen Sonnenlicht! Niemals schaut ich solch ein haesslich Armesuenderangesicht. Wie es heisst, ist er gekommen Auf die Welt gar wundersam, Hat den Afterweg genommen, Zu der Mutter Schreck und Scham. Sah ihn am Karfreitag wallen In dem Zug der Prozession, Von den dunkeln Maennern allen Wohl die dunkelste Person. Ja, Monacho Monachorum Ist in unsrer Zeit der Sitz Der Virorum obscurorum, Die verherrlicht Huttens Witz. Wie du zuckst beim Namen Hutten! Ex-Nachtwaechter, wache auf! Hier die Pritsche, dort die Kutten, Und wie ehmals schlage drauf!. Geissle ihre Ruecken blutig, Wie einst tat der Ullerich; Dieser schlug so rittermutig, Jene heulten fuerchterlich. Der Erasmus musste lachen So gewaltig ob dem Spass, Dass ihm platzte in dem Rachen Sein Geschwuer und er genas. Auf der Ebersburg desgleichen Lachte Sickingen wie toll, Und in allen deutschen Reichen Das Gelaechter widerscholl. Alte lachten wie die Jungen - Eine einzge Lache nur War ganz Wittenberg, sie sungen Gaudeamus igitur! Freilich, klopft man faule Kutten, Faengt man Floeh im Ueberfluss, Und es musste sich der Hutten Manchmal kratzen vor Verdruss. Aber alea est jacta! War des Ritters Schlachtgeschrei, Und er knickte und er knackte Pulices und Klerisei. Ex-Nachtwaechter, Stundenrufer, Fuehlst du nicht dein Herz ergluehn? Rege dich am Isarufer, Schuettle ab den kranken Spleen. Deine langen Fortschrittsbeine, Heb sie auf zu neuem Lauf - Kutten grobe, Kutten feine, Sind es Kutten, schlage drauf! Jener aber seufzt, und seine Haende ringend er versetzt: Meine langen Fortschrittsbeine Sind europamuede jetzt. Meine Huehneraugen juecken, Habe deutsche enge Schuh, Und wo mich die Schuhe druecken, Weiss ich wohl - lass mich in Ruh! Plateniden Iliaden, Odysseen Kuendigst du uns prahlend an, Und wir wollen in dir sehen Deutscher Zukunft groessten Mann. Eine grosse Tat in Worten, Die du einst zu tun gedenkst! - O, ich kenne solche Sorten Geistger Schuldenmacher laengst. Hier ist Rhodus, komm und zeige Deine Kunst, hier wird getanzt! Oder trolle dich und schweige, Wenn du heut nicht tanzen kannst. Wahre Prinzen aus Genieland Zahlen bar was sie verzehrt, Schiller, Goethe, Lessing, Wieland Haben nie Kredit begehrt. Wollten keine Ovationen Von dem Publiko auf Pump, Keine Vorschuss-Lorbeerkronen, Ruehmten sich nicht keck und plump. Tot ist laengst der alte Junker, Doch sein Same lebt noch heut - O, ich kenne das Geflunker Kuenftiger Unsterblichkeit. Das sind Platens echte Kinder, Echtes Platenidenblut - Meine teuern Hallermuender, O, ich kenn euch gar zu gut! Mythologie Ja, Europa ist erlegen - Wer kann Ochsen widerstehen? Wir verzeihen auch Danaeen - Sie erlag dem goldnen Regen! Semele liess sich verfuehren - Denn sie dachte: eine Wolke, Ideale Himmelswolke, Kann uns nicht kompromittieren. Aber tief muss uns empoeren Was wir von der Leda lesen - Welche Gans bist du gewesen, Dass ein Schwan dich konnt betoeren! In Mathildens Stammbuch Hier, auf gewalzten Lumpen, soll ich Mit einer Spule von der Gans Hinkritzeln ernsthaft halb, halb drollig, Versifizierten Firlefanz - Ich, der gewohnt mich auszusprechen Auf deinem schoenen Rosenmund, Mit Kuessen, die wie Flammen brechen Hervor aus tiefstem Herzensgrund! O Modewut! Ist man ein Dichter, Quaelt uns die eigne Frau zuletzt, Bis man, wie andre Sangeslichter, Ihr einen Reim ins Album setzt. An die Jungen Lass dich nicht kirren, lass dich nicht wirren Durch goldne Aepfel in deinem Lauf! Die Schwerter klirren, die Pfeile schwirren, Doch halten sie nicht den Helden auf. Ein kuehnes Beginnen ist halbes Gewinnen, Ein Alexander erbeutet die Welt! Kein langes Besinnen! Die Koeniginnen Erwarten schon knieend den Sieger im Zelt. Wir wagen, wir werben! besteigen als Erben Des alten Darius Bett und Thron. O suesses Verderben! o bluehendes Sterben! Berauschter Triumphtod zu Babylon! Der Unglaeubige Du wirst in meinen Armen ruhn! Von Wonnen sonder Schranken Erbebt und schwillt mein ganzes Herz Bei diesem Zaubergedanken. Du wirst in meinen Armen ruhn! Ich spiele mit den schoenen Goldlocken! Dein holdes Koepfchen wird An meine Schulter lehnen. Du wirst in meinen Armen ruhn! Der Traum will Wahrheit werden, Ich soll des Himmels hoechste Lust Hier schon geniessen auf Erden. O, heilger Thomas! Ich glaub es kaum! Ich zweifle bis zur Stunde, Wo ich den Finger legen kann In meines Glueckes Wunde. K.-Jammer Diese graue Wolkenschar Stieg aus einem Meer von Freuden; Heute muss ich dafuer leiden, Dass ich gestern gluecklich war. Ach, in Wermut hat verkehrt Sich der Nektar! Ach, wie quaelend Katzenjammer, Hundeelend Herz und Magen mir beschwert! Zum Hausfrieden Viele Weiber, viele Floehe, Viele Floehe, vieles Jucken - Tun sie heimlich dir ein Wehe, Darfst du dennoch dich nicht mucken. Denn sie raechen, schelmisch laechelnd, Sich zur Nachtzeit - Willst du druecken Sie ans Herze, lieberoechelnd, Ach, da drehn sie dir den Ruecken. Jetzt wohin? Jetzt wohin? Der dumme Fuss Will mich gern nach Deutschland tragen; Doch es schuettelt klug das Haupt Mein Verstand und scheint zu sagen: Zwar beendigt ist der Krieg, Doch die Kriegsgerichte blieben, Und es heisst, du habest einst Viel Erschiessliches geschrieben. Das ist wahr, unangenehm Waer mir das Erschossenwerden. Bin kein Held, es fehlen mir Die pathetischen Gebaerden. Gern wuerd ich nach England gehn, Waeren dort nicht Kohlendaempfe Und Englaender - schon ihr Duft Gibt Erbrechen mir und Kraempfe. Manchmal kommt mir in den Sinn Nach Amerika zu segeln, Nach dem grossen Freiheitstall, Der bewohnt von Gleichheitsflegeln - Doch es aengstet mich ein Land, Wo die Menschen Tabak kaeuen, Wo sie ohne Koenig kegeln, Wo sie ohne Spucknapf speien. Russland, dieses schoene Reich, Wuerde mir vielleicht behagen, Doch im Winter koennte ich Dort die Knute nicht ertragen. Traurig schau ich in die Hoeh, Wo viel tausend Sterne nicken - Aber meinen eignen Stern Kann ich nirgends dort erblicken. Hat im gueldnen Labyrinth Sich vielleicht verirrt am Himmel, Wie ich selber mich verirrt In dem irdischen Getuemmel. - Altes Lied Du bist gestorben und weisst es nicht, Erloschen ist dein Augenlicht, Erblichen ist dein rotes Muendchen, Und du bist tot, mein totes Kindchen. In einer schaurigen Sommernacht Hab ich dich selber zu Grabe gebracht; Klaglieder die Nachtigallen sangen, Die Sterne sind mit zur Leiche gegangen. Der Zug, der zog den Wald vorbei, Dort widerhallt die Litanei; Die Tannen, in Trauermaenteln vermummt, Sie haben Totengebete gebrummt. Am Weidensee vorueber gings, Die Elfen tanzten inmitten des Rings; Sie blieben ploetzlich stehn und schienen Uns anzuschaun mit Beileidsmienen. Und als wir kamen zu deinem Grab, Da stieg der Mond vom Himmel herab. Er hielt eine Rede. Ein Schluchzen und Stoehnen, Und in der Ferne die Glocken toenen. Soliditaet Liebe sprach zum Gott der Lieder, Sie verlange Sicherheiten, Ehe sie sich ganz ergebe, Denn es waeren schlechte Zeiten. Lachend gab der Gott zur Antwort: Ja, die Zeiten sich veraendern, Und du sprichst jetzt wie ein alter Wuchrer, welcher leiht auf Pfaendern. Ach, ich hab nur eine Leier, Doch sie ist von gutem Golde. Wieviel Kuesse willst du borgen Mir darauf, o meine Holde? Alte Rose Eine Rosenknospe war Sie, fuer die mein Herze gluehte; Doch sie wuchs, und wunderbar Schoss sie auf in voller Bluete. Ward die schoenste Ros im Land, Und ich wollt die Rose brechen, Doch sie wusste mich pikant Mit den Dornen fortzustechen. Jetzt, wo sie verwelkt, zerfetzt Und verklatscht von Wind und Regen - Liebster Heinrich bin ich jetzt, Liebend kommt sie mir entgegen. Heinrich hinten, Heinrich vorn, Klingt es jetzt mit suessen Toenen; Sticht mich jetzt etwa ein Dorn, Ist es an dem Kinn der Schoenen. Allzu hart die Borsten sind, Die des Kinnes Waerzchen zieren - Geh ins Kloster, liebes Kind, Oder lasse dich rasieren. Auto-da-fe Welke Veilchen, staeubge Locken, ein verblichen blaues Band, Halb zerrissene Billette, Laengst vergessner Herzenstand - In die Flammen des Kamines Werf ich sie verdrossnen Blicks; Aengstlich knistern diese Truemmer Meines Gluecks und Missgeschicks. Liebeschwuere, flatterhafte Falsche Eide, in den Schlot Fliegen sie hinauf - es kichert Unsichtbar der kleine Gott. Bei den Flammen des Kamines Sitz ich traeumend, und ich seh, Wie die Fuenkchen in der Asche Still vergluehn - Gut Nacht - Ade! Lazarus I. Weltlauf Hat man viel, so wird man bald Noch viel mehr dazu bekommen. Wer nur wenig hat, dem wird Auch das Wenige genommen. Wenn du aber gar nichts hast, Ach, so lasse dich begraben - Denn ein Recht zum Leben, Lump, Haben nur die etwas haben. II. Rueckschau Ich habe gerochen alle Gerueche In dieser holden Erdenkueche; Was man geniessen kann in der Welt, Das hab ich genossen wie je ein Held! Hab Kaffee getrunken, hab Kuchen gegessen. Hab manche schoene Puppe besessen; Trug seidne Westen, den feinsten Frack, Mir klingelten auch Dukaten im Sack. Wie Gellert ritt ich auf hohem Ross; Ich hatte ein Haus, ich hatte ein Schloss. Ich lag auf der gruenen Wiese des Gluecks, Die Sonne gruesste goldigsten Blicks; Ein Lorbeerkranz umschloss die Stirn, Er duftete Traeume mir ins Gehirn, Traeume von Rosen und ewigem Mai - Es ward mir so selig zu Sinne dabei, So daemmersuechtig, so sterbefaul - Mir flogen gebratne Tauben ins Maul, Und Englein kamen, und aus den Taschen Sie zogen hervor Champagnerflaschen - Das waren Visionen, Seifenblasen - Sie platzten - Jetzt lieg ich auf feuchtem Rasen, Die Glieder sind mir rheumatisch gelaehmt, Und meine Seele ist tief beschaemt. Ach, jede Lust, ach, jeden Genuss Hab ich erkauft durch herben Verdruss; Ich ward getraenkt mit Bitternissen Und grausam von den Wanzen gebissen; Ich ward bedraengt von schwarzen Sorgen, Ich musste luegen, ich musste borgen Bei reichen Buben und alten Vetteln - Ich glaube sogar, ich musste betteln. Jetzt bin ich mued vom Rennen und Laufen, Jetzt will ich mich im Grabe verschnaufen. Lebt wohl! Dort oben, ihr christlichen Brueder, Ja, das versteht sich, dort sehn wir uns wieder. III. Auferstehung Posaunenruf erfuellt die Luft, Und furchtbar schallt es wider; Die Toten steigen aus der Gruft, Und schuetteln und ruetteln die Glieder. Was Beine hat, das trollt sich fort, Es wallen die weissen Gestalten Nach Josaphat, dem Sammelort, Dort wird Gericht gehalten. Als Freigraf sitzet Christus dort In seiner Apostel Kreise. Sie sind die Schoeppen, ihr Spruch und Wort Ist minniglich und weise. Sie urteln nicht vermummten Gesichts; Die Maske laesst jeder fallen Am hellen Tage des juengsten Gerichts, Wenn die Posaunen schallen. Das ist zu Josaphat im Tal, Da stehn die geladenen Scharen, Und weil zu gross der Beklagten Zahl, Wird hier summarisch verfahren. Das Boecklein zur Linken, zur Rechten das Schaf, Geschieden sind sie schnelle; Der Himmel dem Schaefchen fromm und brav, Dem geilen Bock die Hoelle! IV. Sterbende Flogest aus nach Sonn und Glueck, Nackt und schlecht kommst du zurueck. Deutsche Treue, deutsche Hemde, Die verschleisst man in der Fremde. Siehst sehr sterbeblaesslich aus, Doch getrost, du bist zu Haus. Warm wie an dem Flackerherde Liegt man in der deutschen Erde. Mancher leider wurde lahm Und nicht mehr nach Hause kam - Streckt verlangend aus die Arme, Dass der Herr sich sein erbarme! V. Lumpentum Die reichen Leute, die gewinnt Man nur durch platte Schmeichelein - Das Geld ist platt, mein liebes Kind, Und will auch platt geschmeichelt sein. Das Weihrauchfass, das schwinge keck Vor jedem goettlich goldnen Kalb; Bet an im Staub, bet an im Dreck, Vor allem aber lob nicht halb. Das Brot ist teuer dieses Jahr, Jedoch die schoensten Worte hat Man noch umsonst - Besinge gar Maecenas' Hund, und friss dich satt! VI. Erinnerung Dem Einen die Perle, dem Andern die Truhe, O Wilhelm Wisetzki, du starbest so fruhe - Doch die Katze, die Katz ist gerettet. Der Balken brach, worauf er gekommen, Da ist er im Wasser umgekommen - Doch die Katze, die Katz ist gerettet. Wir folgten der Leiche, dem lieblichen Knaben, Sie haben ihn unter Maiblumen begraben, - Doch die Katze, die Katz ist gerettet. Bist klug gewesen, du bist entronnen Den Stuermen, hast frueh ein Obdach gewonnen - Doch die Katze, die Katz ist gerettet. Bist frueh entronnen, bist klug gewesen, Noch eh du erkranktest, bist du genesen - Doch die Katze, die Katz ist gerettet. Seit langen Jahren, wie oft, o Kleiner, Mit Neid und Wehmut gedenk ich deiner - Doch die Katze, die Katz ist gerettet. VII. Unvollkommenheit Nichts ist vollkommen hier auf dieser Welt. Der Rose ist der Stachel beigesellt; Ich glaube gar, die lieben holden Engel Im Himmel droben sind nicht ohne Maengel. Der Tulpe fehlt der Duft. Es heisst am Rhein: Auch Ehrlich stahl einmal ein Ferkelschwein. Haette Lucretia sich nicht erstochen, Sie waer vielleicht gekommen in die Wochen. Haessliche Fuesse hat der stolze Pfau. Uns kann die amuesant geistreichste Frau Manchmal langweilen wie die Henriade Voltaires, sogar wie Klopstocks Messiade. Die bravste, kluegste Kuh kein Spanisch weiss, Wie Massmann kein Latein - Der Marmorsteiss Der Venus von Canova ist zu glatte, Wie Massmanns Nase viel zu aerschig platte. Im suessen Lied ist oft ein saurer Reim, Wie Bienenstachel steckt im Honigseim. Am Fuss verwundbar war der Sohn der Thetis, Und Alexander Dumas ist ein Metis. Der strahlenreinste Stern am Himmelzelt Wenn er den Schnupfen kriegt, herunterfaellt. Der beste Aepfelwein schmeckt nach der Tonne, Und schwarze Flecken sieht man in der Sonne. Du bist, verehrte Frau, du selbst sogar Nicht fehlerfrei, nicht aller Maengel bar. Du schaust mich an - du fragst mich, was dir fehle? Ein Busen, und im Busen eine Seele. VIII. Fromme Warnung Unsterbliche Seele, nimm dich in Acht, Dass du nicht Schaden leidest, Wenn du aus dem Irdischen scheidest; Es geht der Weg durch Tod und Nacht. Am goldnen Tore der Hauptstadt des Lichts, Da stehen die Gottessoldaten; Sie fragen nach Werken und Taten, Nach Namen und Amt fragt man hier nichts. Am Eingang laesst der Pilger zurueck Die staubigen, drueckenden Schuhe - Kehr ein, hier findest du Ruhe, Und weiche Pantoffeln und schoene Musik. IX. Der Abgekuehlte Und ist man tot, so muss man lang Im Grabe liegen; ich bin bang, Ja, ich bin bang, das Auferstehen Wird nicht so schnell von Statten gehen. Noch einmal, eh mein Lebenslicht Erloeschet, eh mein Herze bricht - Noch einmal moecht ich vor dem Sterben Um Frauenhuld beseligt werben. Und eine Blonde muesst es sein, Mit Augen sanft wie Mondenschein - Denn schlecht bekommen mir am Ende Die wild bruenetten Sonnenbraende. Das junge Volk, voll Lebenskraft Will den Tumult der Leidenschaft, Das ist ein Rasen, Schwoeren, Poltern Und wechselseitges Seelenfoltern! Unjung und nicht mehr ganz gesund, Wie ich es bin zu dieser Stund, Moegt ich noch einmal lieben, schwaermen Und gluecklich sein - doch ohne Laermen. X. Salomo Verstummt sind Pauken, Posaunen und Zinken. An Salomos Lager Wache halten Die schwertgeguerteten Engelgestalten, Sechstausend zur Rechten, sechstausend zur Linken. Sie schuetzen den Koenig vor traeumendem Leide, Und zieht er finster die Brauen zusammen, Da fahren sogleich die staehlernen Flammen, Zwoelftausend Schwerter, hervor aus der Scheide. Doch wieder zurueck in die Scheide fallen Die Schwerter der Engel. Das naechtliche Grauen Verschwindet, es glaetten sich wieder die Brauen Des Schlaefers, und seine Lippen lallen: O Sulamith! das Reich ist mein Erbe, Die Lande sind mir untertaenig, Bin ueber Juda und Israel Koenig - Doch liebst du mich nicht, so welk ich und sterbe. XI. Verlorene Wuensche Von der Gleichheit der Gemuetsart Wechselseitig angezogen, Waren wir einander immer Mehr als uns bewusst gewogen. Beide ehrlich und bescheiden, Konnten wir uns leicht verstehen; Worte waren ueberfluessig, Brauchten uns nur anzusehen. O wie sehnlich wuenscht ich immer, Dass ich bei dir bleiben koennte Als der tapfre Waffenbruder Eines dolce far niente. Ja, mein liebster Wunsch war immer, Dass ich immer bei dir bliebe! Alles was dir wohlgefiele, Alles taet ich dir zu Liebe. Wuerde essen was dir schmeckte Und die Schuessel gleich entfernen, Die dir nicht behagt. Ich wuerde Auch Zigarren rauchen lernen. Manche polnische Geschichte, Die dein Lachen immer weckte, Wollt ich wieder dir erzaehlen In Judaeas Dialekte. Ja, ich wollte zu dir kommen, Nicht mehr in der Fremde schwaermen - An dem Herde deines Glueckes Wollt ich meine Kniee waermen. - - Goldne Wuensche! Seifenblasen! Sie zerrinnen wie mein Leben - Ach, ich liege jetzt am Boden, Kann mich nimmermehr erheben. Und Ade! sie sind zerronnen, Goldne Wuensche, suesses Hoffen! Ach, zu toedlich war der Faustschlag, Der mich just ins Herz getroffen. XII. Gedaechtnisfeier Keine Messe wird man singen, Keinen Kadosch wird man sagen, Nichts gesagt und nichts gesungen Wird an meinen Sterbetagen. Doch vielleicht an solchem Tage, Wenn das Wetter schoen und milde, Geht spazieren auf Montmartre Mit Paulinen Frau Mathilde. Mit dem Kranz von Immortellen Kommt sie mir das Grab zu schmuecken, Und sie seufzet: Pauvre homme! Feuchte Wehmut in den Blicken. Leider wohn ich viel zu hoch, Und ich habe meiner Suessen Keinen Stuhl hier anzubieten; Ach! sie schwankt mit mueden Fuessen. Suesses, dickes Kind, du darfst Nicht zu Fuss nach Hause gehen; An dem Barrieregitter Siehst du die Fiaker stehen. XIII. Wiedersehen Die Geissblattlaube - Ein Sommerabend - Wir sassen wieder wie ehmals am Fenster - Der Mond ging auf, belebend und labend - Wir aber waren wie zwei Gespenster. Zwoelf Jahre schwanden, seitdem wir beisammen Zum letzten Male hier gesessen; Die zaertlichen Gluten, die grossen Flammen, Sie waren erloschen unterdessen. Einsilbig sass ich. Die Plaudertasche, Das Weib hingegen schuerte bestaendig Herum in der alten Liebesasche. Jedoch kein Fuenkchen ward wieder lebendig. Und sie erzaehlte: wie sie die boesen Gedanken bekaempft, eine lange Geschichte, Wie wackelig schon ihre Tugend gewesen - Ich machte dazu ein dummes Gesichte. Als ich nach Hause ritt, da liefen Die Baeume vorbei in der Mondenhelle, Wie Geister. Wehmuetige Stimmen riefen - Doch ich und die Toten, wir ritten schnelle. XIV. Frau Sorge In meines Glueckes Sonnenglanz, Da gaukelte froehlich der Mueckentanz. Die lieben Freunde liebten mich Und teilten mit mir bruederlich Wohl meinen besten Braten Und meinen letzten Dukaten. Das Glueck ist fort, der Beutel leer, Und hab auch keine Freunde mehr; Erloschen ist der Sonnenglanz, Zerstoben ist der Mueckentanz, Die Freunde, so wie die Muecke, Verschwinden mit dem Gluecke. An meinem Bett in der Winternacht Als Waerterin die Sorge wacht. Sie traegt eine weisse Unterjack, Ein schwarzes Muetzchen, und schnupft Tabak. Die Dose knarrt so graesslich, Die Alte nickt so haesslich. Mir traeumt manchmal, gekommen sei Zurueck das Glueck und der junge Mai Und die Freundschaft und der Mueckenschwarm - Da knarrt die Dose - dass Gott erbarm, Es platzt die Seifenblase - Die Alte schneuzt die Nase. XV. An die Engel Das ist der boese Thanatos, Er kommt auf einem fahlen Ross, Ich hoer den Hufschlag, hoer den Trab, Der dunkle Reiter holt mich ab - Er reisst mich fort, Mathilden soll ich lassen, O, den Gedanken kann mein Herz nicht fassen! Sie war mir Weib und Kind zugleich, Und geh ich in das Schattenreich, Wird Witwe sie und Waise sein! Ich lass in dieser Welt allein Das Weib, das Kind, das, trauend meinem Mute, Sorglos und treu an meinem Herzen ruhte. Ihr Engel in den Himmelshoehn, Vernehmt mein Schluchzen und mein Flehn: Beschuetzt, wenn ich im oeden Grab, Das Weib, das ich geliebet hab; Seid Schild und Voegte eurem Ebenbilde, Beschuetzt, beschirmt mein armes Kind, Mathilde. Bei allen Traenen, die ihr je Geweint um unser Menschenweh, Beim Wort, das nur der Priester kennt Und niemals ohne Schauder nennt, Bei eurer eignen Schoenheit, Huld und Milde, Beschwoer ich euch, ihr Engel, schuetzt Mathilde. XVI. Im Oktober 1849 Gelegt hat sich der starke Wind, Und wieder stille wirds daheime; Germania, das grosse Kind, Erfreut sich wieder seiner Weihnachtsbaeume. Wir treiben jetzt Familienglueck - Was hoeher lockt, das ist vom Uebel - Die Friedensschwalbe kehrt zurueck, Die einst genistet in des Hauses Giebel. Gemuetlich ruhen Wald und Fluss, Von sanftem Mondlicht uebergossen; Nur manchmal knallts - Ist das ein Schuss? - Es ist vielleicht ein Freund, den man erschossen. Vielleicht mit Waffen in der Hand Hat man den Tollkopf angetroffen (Nicht jeder hat so viel Verstand Wie Flaccus, der so kuehn davongeloffen). Es knallt. Es ist ein Fest vielleicht, Ein Feuerwerk zur Goethefeier! - Die Sontag, die dem Grab entsteigt, Begruesst Raketenlaerm - die alte Leier. Auch Liszt taucht wieder auf, der Franz, Er lebt, er liegt nicht blutgeroetet Auf einem Schlachtfeld Ungarlands; Kein Russe, noch Kroat hat ihn getoetet. Es fiel der Freiheit letzte Schanz, Und Ungarn blutet sich zu Tode - Doch unversehrt blieb Ritter Franz, Sein Saebel auch - er liegt in der Kommode. Er lebt, der Franz, und wird als Greis Vom Ungarkriege Wunderdinge Erzaehlen in der Enkel Kreis - "So lag ich und so fuehrt ich meine Klinge!" Wenn ich den Namen Ungarn hoer, Wird mir das deutsche Wams zu enge, Es braust darunter wie ein Meer, Mir ist als gruessten mich Trompetenklaenge! Es klirrt mir wieder im Gemuet Die Heldensage, laengst verklungen, Das eisern wilde Kaempenlied - Das Lied vom Untergang der Nibelungen. Es ist dasselbe Heldenlos, Es sind dieselben alten Maeren, Die Namen sind veraendert bloss, Doch sinds dieselben "Helden lobebaeren". Es ist dasselbe Schicksal auch - Wie stolz und frei die Fahnen fliegen, Es muss der Held, nach altem Brauch, Den tierisch rohen Maechten unterliegen. Und diesmal hat der Ochse gar Mit Baeren einen Bund geschlossen - Du faellst; doch troeste dich, Magyar, Wir Andre haben schlimmre Schmach genossen. Anstaendige Bestien sind es doch, Die ganz honett dich ueberwunden; Doch wir geraten in das Joch Von Woelfen, Schweinen und gemeinen Hunden. Das heult und bellt und grunzt -ich kann Ertragen kaum den Duft der Sieger. Doch still, Poet, das greift dich an - Du bist so krank, und schweigen waere klueger. XVII. Boeses Getraeume Im Traume war ich wieder jung und munter - Es war das Landhaus hoch am Bergesrand, Wettlaufend lief ich dort den Pfad hinunter, Wettlaufend mit Ottiljen Hand in Hand. Wie das Persoenchen fein formiert! Die suessen Meergruenen Augen zwinkern nixenhaft. Sie steht so fest auf ihren kleinen Fuessen, Ein Bild von Zierlichkeit, vereint mit Kraft. Der Ton der Stimme ist so treu und innig, Man glaubt zu schaun bis in der Seele Grund; Und alles was sie spricht ist klug und sinnig; Wie eine Rosenknospe ist der Mund. Es ist nicht Liebesweh, was mich beschleichet, Ich schwaerme nicht, ich bleibe bei Verstand; - Doch wunderbar ihr Wesen mich erweichet, Und heimlich bebend kuess ich ihre Hand. Ich glaub, am Ende brach ich eine Lilje, Die gab ich ihr und sprach ganz laut dabei: Heirate mich und sei mein Weib, Ottilje, Damit ich fromm wie du und gluecklich sei. Was sie zur Antwort gab, das weiss ich nimmer, Denn ich erwachte jaehlings - und ich war Wieder ein Kranker, der im Krankenzimmer Trostlos daniederliegt seit manchem Jahr. - - XVIII. Sie erlischt Der Vorhang faellt, das Stueck ist aus, Und Herrn und Damen gehn nach Haus. Ob ihnen auch das Stueck gefallen? Ich glaub, ich hoerte Beifall schallen. Ein hochverehrtes Publikum Beklatschte dankbar seinen Dichter. Jetzt aber ist das Haus so stumm, Und sind verschwunden Lust und Lichter. Doch horch! ein schollernd schnoeder Klang Ertoent unfern der oeden Buehne; - Vielleicht dass eine Saite sprang An einer alten Violine. Verdriesslich rascheln im Parterr Etwelche Ratten hin und her, Und Alles riecht nach ranzgem Oele. Die letzte Lampe aechzt und zischt Verzweiflungsvoll, und sie erlischt. Das arme Licht war meine Seele. XIX. Vermaechtnis Nun mein Leben geht zu End, Mach ich auch mein Testament; Christlich will ich drin bedenken Meine Feinde mit Geschenken. Diese wuerdgen, tugendfesten Widersacher sollen erben All mein Siechtum und Verderben, Meine saemtlichen Gebresten. Ich vermach euch die Koliken, Die den Bauch wie Zangen zwicken, Harnbeschwerden, die perfiden Preussischen Haemorrhoiden. Meine Kraempfe sollt ihr haben, Speichelfluss und Gliederzucken, Knochendarre in dem Rucken, Lauter schoene Gottesgaben. Kodizill zu dem Vermaechtnis: In Vergessenheit versenken Soll der Herr eur Angedenken, Er vertilge eur Gedaechtnis. XX. Enfant perdu Verlorener Posten in dem Freiheitskriege, Hielt ich seit dreissig Jahren treulich aus. Ich kaempfe ohne Hoffnung, dass ich siege, Ich wusste, nie komm ich gesund nach Haus. Ich wachte Tag und Nacht - Ich konnt nicht schlafen, Wie in dem Lagerzelt der Freunde Schar (Auch hielt das laute Schnarchen dieser Braven Mich wach, wenn ich ein bisschen schlummrig war). In jenen Naechten hat Langweil ergriffen Mich oft, auch Furcht - (nur Narren fuerchten nichts) - Sie zu verscheuchen, hab ich dann gepfiffen Die frechen Reime eines Spottgedichts. Ja, wachsam stand ich, das Gewehr im Arme, Und nahte irgend ein verdaechtger Gauch, So schoss ich gut und jagt ihm eine warme, Bruehwarme Kugel in den schnoeden Bauch. Mitunter freilich mocht es sich ereignen, Dass solch ein schlechter Gauch gleichfalls sehr gut Zu schiessen wusste - ach, ich kanns nicht leugnen - Die Wunden klaffen - es verstroemt mein Blut. Ein Posten ist vakant! - Die Wunden klaffen - Der Eine faellt, die Andern ruecken nach - Doch fall ich unbesiegt, und meine Waffen Sind nicht gebrochen - Nur mein Herze brach. Drittes Buch Hebraeische Melodien O lass nicht ohne Lebensgenuss Dein Leben verfliessen! Und bist du sicher vor dem Schuss, So lass sie nur schiessen. Fliegt dir das Glueck vorbei einmal, So fass es am Zipfel. Auch rat ich dir, baue dein Huettchen im Tal Und nicht auf dem Gipfel. Prinzessin Sabbath In Arabiens Maerchenbuche Sehen wir verwuenschte Prinzen, Die zu Zeiten ihre schoene Urgestalt zurueckgewinnen: Das behaarte Ungeheuer Ist ein Koenigsohn geworden; Schmuckreich glaenzend angekleidet, Auch verliebt die Floete blasend. Doch die Zauberfrist zerrinnt, Und wir schauen ploetzlich wieder Seine koenigliche Hoheit In ein Ungetuem verzottelt. Einen Prinzen solchen Schicksals Singt mein Lied. Er ist geheissen Israel. Ihn hat verwandelt Hexenspruch in einen Hund. Hund mit huendischen Gedanken, Koetert er die ganze Woche Durch des Lebens Kot und Kehricht, Gassenbuben zum Gespoette. Aber jeden Freitag Abend, In der Daemmrungstunde, ploetzlich Weicht der Zauber, und der Hund Wird aufs Neu ein menschlich Wesen. Mensch mit menschlichen Gefuehlen, Mit erhobnem Haupt und Herzen, Festlich, reinlich schier gekleidet, Tritt er in des Vaters Halle. "Sei gegruesst, geliebte Halle Meines koeniglichen Vaters! Zelte Jakobs, eure heilgen Eingangspfosten kuesst mein Mund!" Durch das Haus geheimnisvoll Zieht ein Wispern und ein Weben, Und der unsichtbare Hausherr Atmet schaurig in der Stille. Stille! Nur der Seneschall (Vulgo Synagogendiener) Springt geschaeftig auf und nieder, Um die Lampen anzuzuenden. Trostverheissend goldne Lichter, Wie sie glaenzen, wie sie glimmern! Stolz aufflackern auch die Kerzen Auf der Bruestung des Almemors. Vor dem Schreine, der die Thora Aufbewahret und verhaengt ist Mit der kostbar seidnen Decke, Die von Edelsteinen funkelt - Dort an seinem Betpultstaender Steht schon der Gemeindesaenger; Schmuckes Maennchen, das sein schwarzes Maentelchen kokett geachselt. Um die weisse Hand zu zeigen, Haspelt er am Halse, seltsam An die Schlaef den Zeigefinger, An die Kehl den Daumen drueckend. Traellert vor sich hin ganz leise, Bis er endlich lautaufjubelnd Seine Stimm erhebt und singt: Lecho Daudi likras Kalle! Lecho Daudi likras Kalle - Komm, Geliebter, deiner harret Schon die Braut, die dir entschleiert Ihr verschaemtes Angesicht! Dieses huebsche Hochzeitkarmen Ist gedichtet von dem grossen, Hochberuehmten Minnesinger Don Jehuda ben Halevy. In dem Liede wird gefeiert Die Vermaehlung Israels Mit der Frau Prinzessin Sabbath, Die man nennt die stille Fuerstin. Perl und Blume aller Schoenheit Ist die Fuerstin. Schoener war Nicht die Koenigin von Saba, Salomonis Busenfreundin, Die, ein Blaustrumpf Aethiopiens, Durch Esprit brillieren wollte, Und mit ihren klugen Raetseln Auf die Laenge fatigant ward. Die Prinzessin Sabbath, welche Ja die personifizierte Ruhe ist, verabscheut alle Geisteskaempfe und Debatten. Gleich fatal ist ihr die trampelnd Deklamierende Passion, Jenes Pathos, das mit flatternd Aufgeloestem Haar einherstuermt. Sittsam birgt die stille Fuerstin In der Haube ihre Zoepfe; Blickt so sanft wie die Gazelle, Blueht so schlank wie eine Addas. Sie erlaubt dem Liebsten alles, Ausgenommen Tabakrauchen - "Liebster! Rauchen ist verboten, Weil es heute Sabbath ist. "Dafuer aber heute Mittag Soll dir dampfen, zum Ersatz, Ein Gericht, das wahrhaft goettlich - Heute sollst du Schalet essen!" Schalet, schoener Goetterfunken, Tochter aus Elysium! Also klaenge Schillers Hochlied, Haett er Schalet je gekostet. Schalet ist die Himmelspeise, Die der liebe Herrgott selber Einst den Moses kochen lehrte Auf dem Berge Sinai, Wo der Allerhoechste gleichfalls All die guten Glaubenslehren Und die heilgen zehn Gebote Wetterleuchtend offenbarte. Schalet ist des wahren Gottes Koscheres Ambrosia, Wonnebrot des Paradieses, Und mit solcher Kost verglichen Ist nur eitel Teufelsdreck Das Ambrosia der falschen Heidengoetter Griechenlands, Die verkappte Teufel waren. Speist der Prinz von solcher Speise, Glaenzt sein Auge wie verklaeret, Und er knoepfet auf die Weste, Und er spricht mit selgem Laecheln: "Hoer ich nicht den Jordan rauschen? Sind das nicht die Bruesselbrunnen In dem Palmental von Beth-El, Wo gelagert die Kamele? "Hoer ich nicht die Herdengloeckchen? Sind das nicht die fetten Haemmel, Die vom Gileathgebirge Abendlich der Hirt herabtreibt?" Doch der schoene Tag verflittert; Wie mit langen Schattenbeinen Kommt geschritten der Verwuenschung Boese Stund - Es seufzt der Prinz. Ist ihm doch als griffen eiskalt Hexenfinger in sein Herze. Schon durchrieseln ihn die Schauer Huendischer Metamorphose. Die Prinzessin reicht dem Prinzen Ihre gueldne Nardenbuechse. Langsam riecht er - Will sich laben Noch einmal an Wohlgeruechen. Es kredenzet die Prinzessin Auch den Abschiedstrunk dem Prinzen - Hastig trinkt er, und im Becher Bleiben wen'ge Tropfen nur. Er besprengt damit den Tisch, Nimmt alsdann ein kleines Wachslicht, Und er tunkt es in die Naesse, Dass es knistert und erlischt. Jehuda ben Halevy I Lechzend klebe mir die Zunge An dem Gaumen, und es welke Meine rechte Hand, vergaess ich Jemals dein, Jerusalem -" Wort und Weise, unaufhoerlich Schwirren sie mir heut im Kopfe, Und mir ist als hoert ich Stimmen, Psalmodierend, Maennerstimmen - Manchmal kommen auch zum Vorschein Baerte, schattig lange Baerte - Traumgestalten, wer von euch Ist Jehuda ben Halevy? Doch sie huschen rasch vorueber; Die Gespenster scheuen furchtsam Der Lebendgen plumpen Zuspruch - Aber ihn hab ich erkannt - Ich erkannt ihn an der bleichen Und gedankenstolzen Stirne, An der Augen suesser Starrheit - Sahn mich an so schmerzlich forschend - Doch zumeist erkannt ich ihn An dem raetselhaften Laecheln Jener schoen gereimten Lippen, Die man nur bei Dichtern findet. Jahre kommen und verfliessen. Seit Jehuda ben Halevy Ward geboren, sind verflossen Siebenhundert funfzig Jahre - Hat zuerst das Licht erblickt Zu Toledo in Kastilien, Und es hat der goldne Tajo Ihm sein Wiegenlied gelullet. Fuer Entwicklung seines Geistes Sorgte frueh der strenge Vater, Der den Unterricht begann Mit dem Gottesbuch, der Thora. Diese las er mit dem Sohne In dem Urtext, dessen schoene, Hieroglyphisch pittoreske, Altchaldaeische Quadratschrift Herstammt aus dem Kindesalter Unsrer Welt, und auch deswegen Jedem kindlichen Gemuete So vertraut entgegenlacht. Diesen echten alten Text Rezitierte auch der Knabe In der uralt hergebrachten Singsangweise, Tropp geheissen - Und er gurgelte gar lieblich Jene fetten Gutturalen, Und er schlug dabei den Triller, Den Schalscheleth, wie ein Vogel. Auch den Targum Onkelos, Der geschrieben ist in jenem Plattjudaeischen Idiom, Das wir Aramaeisch nennen Und zur Sprache der Propheten Sich verhalten mag etwa Wie das Schwaebische zum Deutschen - Dieses Gelbveiglein-Hebraeisch Lernte gleichfalls frueh der Knabe, Und es kam ihm solche Kenntnis Bald darauf sehr gut zu Statten Bei dem Studium des Talmuds. Ja, fruehzeitig hat der Vater Ihn geleitet zu dem Talmud, Und da hat er ihm erschlossen Die Halacha, diese grosse Fechterschule, wo die besten Dialektischen Athleten Babylons und Pumpedithas Ihre Kaempferspiele trieben. Lernen konnte hier der Knabe Alle Kuenste der Polemik; Seine Meisterschaft bezeugte Spaeterhin das Buch Cosari. Doch der Himmel giesst herunter Zwei verschiedne Sorten Lichtes: Grelles Tageslicht der Sonne Und das mildre Mondlicht - Also, Also leuchtet auch der Talmud Zwiefach, und man teilt ihn ein In Halacha und Hagada. Erstre nannt ich eine Fechtschul - Letztre aber, die Hagada, Will ich einen Garten nennen, Einen Garten, hochphantastisch Und vergleichbar jenem andern, Welcher ebenfalls dem Boden Babylons entsprossen weiland - Garten der Semiramis, Achtes Wunderwerk der Welt. Koenigin Semiramis, Die als Kind erzogen worden Von den Voegeln, und gar manche Voegeltuemlichkeit bewahrte, Wollte nicht auf platter Erde Promenieren wie wir andern Saeugetiere, und sie pflanzte Einen Garten in der Luft - Hoch auf kolossalen Saeulen Prangten Palmen und Zypressen, Goldorangen, Blumenbeete, Marmorbilder, auch Springbrunnen, Alles klug und fest verbunden Durch unzaehlge Haengebruecken, Die wie Schlingepflanzen aussahn Und worauf sich Voegel wiegten - Grosse, bunte, ernste Voegel, Tiefe Denker, die nicht singen, Waehrend sie umflattert kleines Zeisigvolk, das lustig trillert - Alle atmen ein, beseligt, Einen reinen Balsamduft, Welcher unvermischt mit schnoedem Erdendunst und Missgeruche. Die Hagada ist ein Garten Solcher Luftkindgrillenart, Und der junge Talmudschueler, Wenn sein Herze war bestaeubet Und betaeubet vom Gezaenke Der Halacha, vom Dispute Ueber das fatale Ei, Das ein Huhn gelegt am Festtag, Oder ueber eine Frage Gleicher Importanz - der Knabe Floh alsdann sich zu erfrischen In die bluehende Hagada, Wo die schoenen alten Sagen, Engelmaerchen und Legenden, Stille Maertyrerhistorien, Festgesaenge, Weisheitsprueche, Auch Hyperbeln, gar possierlich, Alles aber glaubenskraeftig, Glaubensgluehend - O, das glaenzte, Quoll und spross so ueberschwenglich - Und des Knaben edles Herze Ward ergriffen von der wilden, Abenteuerlichen Suesse, Von der wundersamen Schmerzlust Und den fabelhaften Schauern Jener seligen Geheimwelt, Jener grossen Offenbarung, Die wir nennen Poesie. Auch die Kunst der Poesie, Heitres Wissen, holdes Koennen, Welches wir die Dichtkunst heissen, Tat sich auf dem Sinn des Knaben. Und Jehuda ben Halevy Ward nicht bloss ein Schriftgelehrter, Sondern auch der Dichtkunst Meister, Sondern auch ein grosser Dichter. Ja, er ward ein grosser Dichter, Stern und Fackel seiner Zeit, Seines Volkes Licht und Leuchte, Eine wunderbare, grosse Feuersaeule des Gesanges, Die der Schmerzenskarawane Israels vorangezogen In der Wueste des Exils. Rein und wahrhaft, sonder Makel War sein Lied, wie seine Seele - Als der Schoepfer sie erschaffen, Diese Seele, selbstzufrieden Kuesste er die schoene Seele, Und des Kusses holder Nachklang Bebt in jedem Lied des Dichters, Das geweiht durch diese Gnade. Wie im Leben, so im Dichten Ist das hoechste Gut die Gnade - Wer sie hat, der kann nicht suendgen Nicht in Versen, noch in Prosa. Solchen Dichter von der Gnade Gottes nennen wir Genie: Unverantwortlicher Koenig Des Gedankenreiches ist er. Nur dem Gotte steht er Rede, Nicht dem Volke - In der Kunst, Wie im Leben, kann das Volk Toeten uns, doch niemals richten. - II Bei den Wassern Babels sassen Wir und weinten, unsre Harfen Lehnten an den Trauerweiden - Kennst du noch das alte Lied? Kennst du noch die alte Weise, Die im Anfang so elegisch Greint und sumset, wie ein Kessel, Welcher auf dem Herde kocht? Lange schon, jahrtausendlange Kochts in mir. Ein dunkles Wehe! Und die Zeit leckt meine Wunde, Wie der Hund die Schwaeren Hiobs. Dank dir, Hund, fuer deinen Speichel - Doch das kann nur kuehlend lindern - Heilen kann mich nur der Tod, Aber, ach, ich bin unsterblich! Jahre kommen und vergehen - In dem Webstuhl laeuft geschaeftig Schnurrend hin und her die Spule - Was er webt, das weiss kein Weber. Jahre kommen und vergehen, Menschentraenen traeufeln, rinnen Auf die Erde, und die Erde Saugt sie ein mit stiller Gier - Tolle Sud! Der Deckel springt - Heil dem Manne, dessen Hand Deine junge Brut ergreifet Und zerschmettert an der Felswand. Gott sei Dank! die Sud verdampfet In dem Kessel, der allmaehlig Ganz verstummt. Es weicht mein Spleen, Mein westoestlich dunkler Spleen - Auch mein Fluegelroesslein wiehert Wieder heiter, scheint den boesen Nachtalp von sich abzuschuetteln, Und die klugen Augen fragen: Reiten wir zurueck nach Spanien Zu dem kleinen Talmudisten, Der ein grosser Dichter worden, Zu Jehuda ben Halevy? Ja, er ward ein grosser Dichter, Absoluter Traumweltsherrscher Mit der Geisterkoenigskrone, Ein Poet von Gottes Gnade, Der in heiligen Sirventen, Madrigalen und Terzinen, Kanzonetten und Ghaselen Ausgegossen alle Flammen Seiner gottgekuessten Seele! Wahrlich ebenbuertig war Dieser Troubadour den besten Lautenschlaegern der Provence, Poitous und der Guienne, Roussillons und aller andern Suessen Pomeranzenlande Der galanten Christenheit. Der galanten Christenheit Suesse Pomeranzenlande! Wie sie duften, glaenzen, klingen In dem Zwielicht der Erinnrung! Schoene Nachtigallenwelt! Wo man statt des wahren Gottes Nur den falschen Gott der Liebe Und der Musen angebeten. Clerici mit Rosenkraenzen Auf der Glatze sangen Psalmen In der heitern Sprache d'oc; Und die Laien, edle Ritter, Stolz auf hohen Rossen trabend, Spintisierten Vers und Reime Zur Verherrlichung der Dame, Der ihr Herze froehlich diente. Ohne Dame keine Minne, Und es war dem Minnesaenger Unentbehrlich eine Dame, Wie dem Butterbrot die Butter. Auch der Held, den wir besingen, Auch Jehuda ben Halevy Hatte seine Herzensdame; Doch sie war besondrer Art. Sie war keine Laura, deren Augen, sterbliche Gestirne, In dem Dome am Karfreitag Den beruehmten Brand gestiftet - Sie war keine Chatelaine, Die im Bluetenschmuck der Jugend Bei Turnieren praesidierte Und den Lorbeerkranz erteilte - Keine Kussrechtskasuistin War sie, keine Doktrinaerrin, Die im Spruchkollegium Eines Minnehofs dozierte - Jene, die der Rabbi liebte, War ein traurig armes Liebchen, Der Zerstoerung Jammerbildnis, Und sie hiess Jerusalem. Schon in fruehen Kindestagen War sie seine ganze Liebe; Sein Gemuete machte beben Schon das Wort Jerusalem. Purpurflamme auf der Wange, Stand der Knabe, und er horchte, Wenn ein Pilger nach Toledo Kam aus fernem Morgenlande Und erzaehlte: wie veroedet Und verunreint jetzt die Staette, Wo am Boden noch die Lichtspur Von dem Fusse der Propheten - Wo die Luft noch balsamieret Von dem ewgen Odem Gottes - O des Jammeranblicks! rief Einst ein Pilger, dessen Bart Silberweiss hinabfloss, waehrend Sich das Barthaar an der Spitze Wieder schwaerzte und es aussah, Als ob sich der Bart verjuenge - Ein gar wunderlicher Pilger Mocht es sein, die Augen lugten Wie aus tausendjaehrgem Truebsinn, Und er seufzt': "Jerusalem! "Sie, die volkreich heilge Stadt Ist zur Wuestenei geworden, Wo Waldteufel, Werwolf, Schakal Ihr verruchtes Wesen treiben - "Schlangen, Nachtgevoegel nisten Im verwitterten Gemaeuer; Aus des Fensters luftgem Bogen Schaut der Fuchs mit Wohlbehagen. "Hier und da taucht auf zuweilen Ein zerlumpter Knecht der Wueste, Der sein hoeckriges Kamel In dem hohen Grase weidet. "Auf der edlen Hoehe Zions, Wo die goldne Feste ragte, Deren Herrlichkeiten zeugten Von der Pracht des grossen Koenigs: "Dort, von Unkraut ueberwuchert, Liegen nur noch graue Truemmer, Die uns ansehn schmerzhaft traurig, Dass man glauben muss, sie weinten. "Und es heisst, sie weinten wirklich Einmal in dem Jahr, an jenem Neunten Tag des Monats Ab - Und mit traenend eignen Augen "Schaute ich die dicken Tropfen Aus den grossen Steinen sickern, Und ich hoerte weheklagen Die gebrochnen Tempelsaeulen." - - Solche fromme Pilgersagen Weckten in der jungen Brust Des Jehuda ben Halevy Sehnsucht nach Jerusalem. Dichtersehnsucht! ahnend, traeumend Und fatal war sie, wie jene, Die auf seinem Schloss zu Blaye Einst empfand der alte Vidam, Messer Geoffroi Rudello, Als die Ritter, die zurueck Aus dem Morgenlande kehrten, Laut beim Becherklang beteuert: Ausbund aller Huld und Zuechten, Perl und Blume aller Frauen, Sei die schoene Melisande, Markgraefin von Tripolis. Jeder weiss, fuer diese Dame Schwaermte jetzt der Troubadour; Er besang sie, und es wurde Ihm zu eng im Schlosse Blaye. Und es trieb ihn fort. Zu Cette Schiffte er sich ein, erkrankte Aber auf dem Meer, und sterbend Kam er an zu Tripolis. Hier erblickt er Melisanden Endlich auch mit Leibesaugen, Die jedoch des Todes Schatten In derselben Stunde deckten. Seinen letzten Liebessang Singend, starb er zu den Fuessen Seiner Dame Melisande, Markgraefin von Tripolis. Wunderbare Aehnlichkeit In dem Schicksal beider Dichter! Nur dass jener erst im Alter Seine grosse Wallfahrt antrat. Auch Jehuda ben Halevy Starb zu Fuessen seiner Liebsten, Und sein sterbend Haupt, es ruhte Auf den Knien Jerusalems. III Nach der Schlacht bei Arabella Hat der grosse Alexander Land und Leute des Darius, Hof und Harem, Pferde, Weiber, Elefanten und Dariken, Kron und Szepter, goldnen Plunder, Eingesteckt in seine weiten Mazedonschen Pluderhosen. In dem Zelt des grossen Koenigs, Der entflohn, um nicht hoechstselbst Gleichfalls eingesteckt zu werden, Fand der junge Held ein Kaestchen, Eine kleine gueldne Truhe, Mit Miniaturbildwerken Und mit inkrustierten Steinen Und Kameen reich geschmueckt - Dieses Kaestchen, selbst ein Kleinod Unschaetzbaren Wertes, diente Zur Bewahrung von Kleinodien, Des Monarchen Leibjuwelen. Letztre schenkte Alexander An die Tapfern seines Heeres Darob laechelnd, dass sich Maenner Kindisch freun an bunten Steinchen. Eine kostbar schoenste Gemme Schickte er der lieben Mutter; War der Siegelring des Cyrus, Wurde jetzt zu einer Brosche. Seinem alten Weltarschpauker Aristoteles, dem sandt er Einen Onyx fuer sein grosses Naturalienkabinett. In dem Kaestchen waren Perlen, Eine wunderbare Schnur, Die der Koenigin Atossa Einst geschenkt der falsche Smerdis - Doch die Perlen waren echt - Und der heitre Sieger gab sie Einer schoenen Taenzerin Aus Korinth, mit Namen Thais. Diese trug sie in den Haaren, Die bacchantisch aufgeloest, In der Brandnacht, als sie tanzte Zu Persepolis und frech In die Koenigsburg geschleudert Ihre Fackel, dass laut prasselnd Bald die Flammenlohe aufschlug, Wie ein Feuerwerk zum Feste. Nach dem Tod der schoenen Thais, Die an einer babylonschen Krankheit starb zu Babylon, Wurden ihre Perlen dort Auf dem Boersensaal vergantert. Sie erstand ein Pfaff aus Memphis, Der sie nach Aegypten brachte, Wo sie spaeter auf dem Putztisch Der Kleopatra erschienen, Die die schoenste Perl zerstampft Und mit Wein vermischt verschluckte, Um Antonius zu foppen. Mit dem letzten Omayaden Kam die Perlenschnur nach Spanien, Und sie schlaengelte am Turban Des Chalifen zu Corduba. Abderam der Dritte trug sie Als Brustschleife beim Turnier, Wo er dreissig goldne Ringe Und das Herz Zuleimas stach. Nach dem Fall der Mohrenherrschaft Gingen zu den Christen ueber Auch die Perlen, und gerieten In den Kronschatz von Kastilien. Die katholischen Majestaeten Spanscher Koeniginnen schmueckten Sich damit bei Hoffestspielen, Stiergefechten, Prozessionen, So wie auch Autodafes, Wo sie, auf Balkonen sitzend, Sich erquickten am Geruche Von gebratnen alten Juden. Spaeterhin gab Mendizabel, Satansenkel, diese Perlen In Versatz, um der Finanzen Defizit damit zu decken. An dem Hof der Tuilerien Kam die Schnur zuletzt zum Vorschein, Und sie schimmerte am Halse Der Baronin Salomon. So ergings den schoenen Perlen. Minder abenteuerlich Gings dem Kaestchen, dies behielt Alexander fuer sich selber. Er verschloss darin die Lieder Des ambrosischen Homeros, Seines Lieblings, und zu Haeupten Seines Bettes in der Nacht Stand das Kaestchen - Schlief der Koenig, Stiegen draus hervor der Helden Lichte Bilder, und sie schlichen Gaukelnd sich in seine Traeume. Andre Zeiten, andre Voegel - Ich, ich liebte weiland gleichfalls Die Gesaenge von den Taten Des Peliden, des Odysseus. Damals war so sonnengoldig Und so purpurn mir zu Mute, Meine Stirn umkraenzte Weinlaub, Und es toenten die Fanfaren - Still davon - gebrochen liegt Jetzt mein stolzer Siegeswagen, Und die Panther, die ihn zogen, Sind verreckt, so wie die Weiber, Die mit Pauk und Zimbelklaengen Mich umtanzten, und ich selbst Waelze mich am Boden elend, Krueppelelend - still davon - Still davon - es ist die Rede Von dem Kaestchen des Darius, Und ich dacht in meinem Sinne: Kaem ich in Besitz des Kaestchens, Und mich zwaenge nicht Finanznot Gleich dasselbe zu versilbern, So verschloesse ich darin Die Gedichte unsres Rabbi - Des Jehuda ben Halevy Festgesaenge, Klagelieder, Die Ghaselen, Reisebilder Seiner Wallfahrt - alles liess ich Von dem besten Zophar schreiben Auf der reinsten Pergamenthaut, Und ich legte diese Handschrift In das kleine goldne Kaestchen. Dieses stellt ich auf den Tisch Neben meinem Bett, und kaemen Dann die Freunde und erstaunten Ob der Pracht der kleinen Truhe, Ob den seltnen Basrelieffen, Die so winzig, doch vollendet Sind zugleich, und ob den grossen Inkrustierten Edelsteinen - Laechelnd wuerd ich ihnen sagen: Das ist nur die rohe Schale, Die den bessern Schatz verschliesset - Hier in diesem Kaestchen liegen Diamanten, deren Lichter Abglanz, Widerschein des Himmels, Herzblutgluehende Rubinen, Fleckenlose Turkoasen, Auch Smaragde der Verheissung, Perlen, reiner noch als jene, Die der Koenigin Atossa Einst geschenkt der falsche Smerdis, Und die spaeterhin geschmuecket Alle Notabilitaeten Dieser mondumkreisten Erde, Thais und Kleopatra, Isispriester, Mohrenfuersten, Auch Hispaniens Koeniginnen, Und zuletzt die hochverehrte Frau Baronin Salomon - Diese weltberuehmten Perlen, Sie sind nur der bleiche Schleim Eines armen Austertiers, Das im Meergrund bloede kraenkelt: Doch die Perlen hier im Kaestchen Sind entquollen einer schoenen Menschenseele, die noch tiefer, Abgrundtiefer als das Weltmeer - Denn es sind die Traenenperlen Des Jehuda ben Halevy, Die er ob dem Untergang Von Jerusalem geweinet - Perlentraenen, die verbunden Durch des Reimes goldnen Faden, Aus der Dichtkunst gueldnen Schmiede Als ein Lied hervorgegangen. Dieses Perlentraenenlied Ist die vielberuehmte Klage, Die gesungen wird in allen Weltzerstreuten Zelten Jakobs An dem neunten Tag des Monats, Der geheissen Ab, dem Jahrstag Von Jerusalems Zerstoerung Durch den Titus Vespasianus. Ja, das ist das Zionslied, Das Jehuda ben Halevy Sterbend auf den heilgen Truemmern Von Jerusalem gesungen - Barfuss und im Buesserkittel Sass er dorten auf dem Bruchstueck Einer umgestuerzten Saeule; - Bis zur Brust herunter fiel Wie ein greiser Wald sein Haupthaar, Abenteuerlich beschattend Das bekuemmert bleiche Antlitz Mit den geisterhaften Augen - Also sass er und er sang, Wie ein Seher aus der Vorzeit Anzuschaun - dem Grab entstiegen Schien Jeremias, der Alte - Das Gevoegel der Ruinen Zaehmte schier der wilde Schmerzlaut Des Gesanges, und die Geier Nahten horchend, fast mitleidig - Doch ein frecher Sarazene Kam desselben Wegs geritten, Hoch zu Ross, im Bug sich wiegend Und die blanke Lanze schwingend - In die Brust des armen Saengers Stiess er diesen Todesspeer, Und er jagte rasch von dannen, Wie ein Schattenbild befluegelt. Ruhig floss das Blut des Rabbi, Ruhig seinen Sang zu Ende Sang er, und sein sterbeletzter Seufzer war Jerusalem! - - Eine alte Sage meldet, Jener Sarazene sei Gar kein boeser Mensch gewesen, Sondern ein verkappter Engel, Der vom Himmel ward gesendet, Gottes Liebling zu entruecken Dieser Erde und zu foerdern Ohne Qual ins Reich der Selgen. Droben, heisst es, harrte seiner Ein Empfang, der schmeichelhaft Ganz besonders fuer den Dichter, Eine himmlische Suerprise. Festlich kam das Chor der Engel Ihm entgegen mit Musik, Und als Hymne gruessten ihn Seine eignen Verse, jenes Synagogen-Hochzeitkarmen, Jene Sabbathhymenaeen, Mit den jauchzend wohlbekannten Melodieen - welche Toene! Englein bliesen auf Hoboen, Englein spielten Violine, Andre strichen auch die Bratsche Oder schlugen Pauk und Zimbel. Und das sang und klang so lieblich, Und so lieblich in den weiten Himmelsraeumen widerhallt es: Lecho Daudi likras Kalle. IV Meine Frau ist nicht zufrieden Mit dem vorigen Kapitel, Ganz besonders in Bezug Auf das Kaestchen des Darius. Fast mit Bitterkeit bemerkt sie: Dass ein Ehemann, der wahrhaft Religioese sei, das Kaestchen Gleich zu Gelde machen wuerde, Um damit fuer seine arme, Legitime Ehegattin Einen Kaschemir zu kaufen, Dessen sie so sehr beduerfe. Der Jehuda ben Halevy, Meinte sie, der sei hinlaenglich Ehrenvoll bewahrt in einem Schoenen Futteral von Pappe Mit chinesisch eleganten Arabesken, wie die huebschen Bonbonnieren von Marquis Im Passage Panorama. Sonderbar! - setzt sie hinzu - Dass ich niemals nennen hoerte Diesen grossen Dichternamen, Den Jehuda ben Halevy. Liebstes Kind, gab ich zur Antwort, Solche holde Ignoranz, Sie bekundet die Lakunen Der franzoesischen Erziehung, Der Pariser Pensionate, Wo die Maedchen, diese kuenftgen Muetter eines freien Volkes, Ihren Unterricht geniessen - Alte Mumien, ausgestopfte Pharaonen von Aegypten, Merovinger Schattenkoenge, Ungepuderte Peruecken, Auch die Zopfmonarchen Chinas, Porzellanpagodenkaiser - Alle lernen sie auswendig, Kluge Maedchen, aber Himmel - Fragt man sie nach grossen Namen Aus dem grossen Goldzeitalter Der arabisch-althispanisch Juedischen Poetenschule, Fragt man nach dem Dreigestirn, Nach Jehuda ben Halevy, Nach dem Salomon Gabirol Und dem Moses Iben Esra - Fragt man nach dergleichen Namen, Dann mit grossen Augen schaun Uns die Kleinen an - alsdann Stehn am Berge die Ochsinnen. Raten moecht ich dir, Geliebte, Nachzuholen das Versaeumte Und Hebraeisch zu erlernen - Lass Theater und Konzerte, Widme einge Jahre solchem Studium, du kannst alsdann Im Originale lesen Iben Esra und Gabirol Und versteht sich den Halevy, Das Triumvirat der Dichtkunst, Das dem Saitenspiel Davidis Einst entlockt die schoensten Laute. Alcharisi - der, ich wette, Dir nicht minder unbekannt ist, Ober gleich, franzoes'scher Witzbold, Den Hariri ueberwitzelt Im Gebiete der Makame, Und ein Voltairianer war Schon sechshundert Jahr vor Voltair' - Jener Alcharisi sagte: "Durch Gedanken glaenzt Gabirol Und gefaellt zumeist dem Denker, Iben Esra glaenzt durch Kunst Und behagt weit mehr dem Kuenstler - "Aber Beider Eigenschaften Hat Jehuda ben Halevy, Und er ist ein grosser Dichter Und ein Liebling aller Menschen." Iben Esra war ein Freund Und, ich glaube, auch ein Vetter Des Jehuda ben Halevy, Der in seinem Wanderbuche Schmerzlich klagt, wie er vergebens In Granada aufgesucht hat Seinen Freund, und nur den Bruder Dorten fand, den Medikus, Rabbi Meyer, auch ein Dichter Und der Vater jener Schoenen, Die mit hoffnungsloser Flamme Iben Esras Herz entzunden - Um das Muehmchen zu vergessen, Griff er nach dem Wanderstabe, Wie so mancher der Kollegen; Lebte unstet, heimatlos. Pilgernd nach Jerusalem, Ueberfielen ihn Tartaren, Die an einen Gaul gebunden Ihn nach ihren Steppen schleppten. Musste Dienste dort verrichten, Die nicht wuerdig eines Rabbi Und noch wenger eines Dichters, Musste naemlich Kuehe melken. Einstens, als er unterm Bauche Einer Kuh gekauert sass, Ihre Euter hastig fingernd, Dass die Milch floss in den Zuber - Eine Position, unwuerdig Eines Rabbis, eines Dichters - Da befiel ihn tiefe Wehmut, Und er fing zu singen an, Und er sang so schoen und lieblich, Dass der Chan, der Fuerst der Horde, Der vorbeiging, ward geruehret Und die Freiheit gab dem Sklaven. Auch Geschenke gab er ihm, Einen Fuchspelz, eine lange Sarazenenmandoline Und das Zehrgeld fuer die Heimkehr. Dichterschicksal! boeser Unstern, Der die Soehne des Apollo Toedlich nergelt, und sogar Ihren Vater nicht verschont hat, Als er, hinter Daphnen laufend, Statt des weissen Nymphenleibes Nur den Lorbeerbaum erfasste, Er. der goettliche Schlemihl! Ja, der hohe Delphier ist Ein Schlemihl, und gar der Lorbeer, Der so stolz die Stirne kroenet, Ist ein Zeichen des Schlemihltums. Was das Wort Schlemihl bedeutet, Wissen wir. Hat doch Chamisso Ihm das Buergerrecht in Deutschland Laengst verschafft, dem Worte naemlich. Aber unbekannt geblieben, Wie des heilgen Niles Quellen, Ist sein Ursprung; hab darueber Nachgegruebelt manche Nacht. Zu Berlin vor vielen Jahren Wandt ich mich deshalb an unsern Freund Chamisso, suchte Auskunft Beim Dekane der Schlemihle. Doch er konnt mich nicht befriedgen Und verwies mich drob an Hitzig, Der ihm den Familiennamen Seines schattenlosen Peters Einst verraten. Alsbald nahm ich Eine Droschke und ich rollte Zu dem Kriminalrat Hitzig, Welcher ehmals Itzig hiess - Als er noch ein Itzig war, Traeumte ihm, er saeh geschrieben An dem Himmel seinen Namen Und davor den Buchstab H. "Was bedeutet dieses H?" Frug er sich - "etwa Herr Itzig Oder Heilger Itzig? Heilger Ist ein schoener Titel - aber "In Berlin nicht passend" - Endlich Gruebelnsmued nannt er sich Hitzig, Und nur die Getreuen wussten: In dem Hitzig steckt ein Heilger. Heilger Hitzig! sprach ich also, Als ich zu ihm kam, Sie sollen Mir die Etymologie Von dem Wort Schlemihl erklaeren. Viel Umschweife nahm der Heilge, Konnte sich nicht recht erinnern, Eine Ausflucht nach der andern, Immer christlich - Bis mir endlich, Endlich alle Knoepfe rissen An der Hose der Geduld, Und ich anfing so zu fluchen, So gottlaesterlich zu fluchen, Dass der fromme Pietist, Leichenblass und beineschlotternd, Unverzueglich mir willfahrte Und mir Folgendes erzaehlte: "In der Bibel ist zu lesen, Als zur Zeit der Wuestenwandrung Israel sich oft erlustigt Mit den Toechtern Kanaans, "Da geschah es, dass der Pinhas Sahe, wieder edle Simri Buhlschaft trieb mit einem Weibsbild Aus dem Stamm der Kananiter, "Und alsbald ergriff er zornig Seinen Speer und hat den Simri Auf der Stelle totgestochen - Also heisst es in der Bibel. "Aber muendlich ueberliefert Hat im Volke sich die Sage, Dass es nicht der Simri war, Den des Pinhas Speer getroffen, "Sondern dass der Blinderzuernte, Statt des Suenders, unversehens Einen ganz Unschuldgen traf, Den Schlemihl ben Zuri Schadday." - Dieser nun, Schlemihl I., Ist der Ahnherr des Geschlechtes Derer von Schlemihl. Wir stammen Von Schlemihl ben Zuri Schadday. Freilich keine Heldentaten Meldet man von ihm, wir kennen Nur den Namen und wir wissen, Dass er ein Schlemihl gewesen. Doch geschaetzet wird ein Stammbaum Nicht ob seinen guten Fruechten, Sondern nur ob seinem Alter - Drei Jahrtausend zaehlt der unsre! Jahre kommen und vergehen - Drei Jahrtausende verflossen, Seit gestorben unser Ahnherr, Herr Schlemihl ben Zuri Schadday. Laengst ist auch der Pinhas tot - Doch sein Speer hat sich erhalten, Und wir hoeren ihn bestaendig Ueber unsre Haeupter schwirren. Und die besten Herzen trifft er - Wie Jehuda ben Halevy, Traf er Moses Iben Esra Und er traf auch den Gabirol - Den Gabirol, diesen treuen Gottgeweihten Minnesaenger, Diese fromme Nachtigall, Deren Rose Gott gewesen - Diese Nachtigall, die zaertlich Ihre Liebeslieder sang In der Dunkelheit der gotisch Mittelalterlichen Nacht! Unerschrocken, unbekuemmert Ob den Fratzen und Gespenstern, Ob dem Wust von Tod und Wahnsinn, Die gespukt in jener Nacht - Sie, die Nachtigall, sie dachte Nur an ihren goettlich Liebsten, Dem sie ihre Liebe schluchzte, Den ihr Lobgesang verherrlicht! - Dreissig Lenze sah Gabirol Hier auf Erden, aber Fama Ausposaunte seines Namens Herrlichkeit durch alle Lande. Zu Corduba, wo er wohnte, War ein Mohr sein naechster Nachbar, Welcher gleichfalls Verse machte Und des Dichters Ruhm beneidet'. Hoerte er den Dichter singen, Schwoll dem Mohren gleich die Galle, Und der Lieder Suesse wurde Bittre Wehmut fuer den Neidhart. Er verlockte den Verhassten Naechtlich in sein Haus, erschlug ihn Dorten und vergrub den Leichnam Hinterm Hause in dem Garten. Aber siehe! aus dem Boden, Wo die Leiche eingescharrt war, Wuchs hervor ein Feigenbaum Von der wunderbarsten Schoenheit. Seine Frucht war seltsam laenglich Und von seltsam wuerzger Suesse, Wer davon genoss, versank In ein traeumerisch Entzuecken. In dem Volke ging darueber Viel Gerede und Gemunkel, Das am End zu den erlauchten Ohren des Chalifen kam. Dieser pruefte eigenzuengig Jenes Feigenphaenomen, Und ernannte eine strenge Untersuchungskommission. Man verfuhr summarisch. Sechzig Bambushiebe auf die Sohlen Gab man gleich dem Herrn des Baumes, Welcher eingestand die Untat. Darauf riss man auch den Baum Mit den Wurzeln aus dem Boden, Und zum Vorschein kam die Leiche Des erschlagenen Gabirol. Diese ward mit Pomp bestattet Und betrauert von den Bruedern; An demselben Tage henkte Man den Mohren zu Corduba. (Fragment) Disputation In der Aula zu Toledo Klingen schmetternd die Fanfaren; Zu dem geistlichen Turnei Wallt das Volk in bunten Scharen. Das ist nicht ein weltlich Stechen, Keine Eisenwaffe blitzet - Eine Lanze ist das Wort, Das scholastisch scharf gespitzet. Nicht galante Paladins Fechten hier, nicht Damendiener - Dieses Kampfes Ritter sind Kapuziner und Rabbiner. Statt des Helmes tragen sie Schabbesdeckel und Kapuzen; Skapulier und Arbekanfess Sind der Harnisch, drob sie trutzen. Welches ist der wahre Gott? Ist es der Hebraeer starrer Grosser Eingott, dessen Kaempe Rabbi Juda. der Navarrer? Oder ist es der dreifaltge Liebegott der Christianer, Dessen Kaempe Frater Jose, Gardian der Franziskaner? Durch die Macht der Argumente, Durch der Logik Kettenschluesse Und Zitate von Autoren, Die man anerkennen muesse, Will ein jeder Kaempe seinen Gegner ad absurdum fuehren Und die wahre Goettlichkeit Seines Gottes demonstrieren. Festgestellt ist: dass derjenge, Der im Streit ward ueberwunden, Seines Gegners Religion Anzunehmen sei verbunden, Dass der Jude sich der Taufe Heilgem Sakramente fuege, Und im Gegenteil der Christ Der Beschneidung unterliege. Jedem von den beiden Kaempen Beigesellt sind elf Genossen, Die zu teilen sein Geschick Sind in Freud und Leid entschlossen. Glaubenssicher sind die Moenche Von des Gardians Geleitschaft, Halten schon Weihwasserkuebel Fuer die Taufe in Bereitschaft, Schwingen schon die Sprengelbesen Und die blanken Raeucherfaesser - Ihre Gegner unterdessen Wetzen die Beschneidungsmesser. Beide Rotten stehn schlagfertig Vor den Schranken in dem Saale, Und das Volk mit Ungeduld Harret draengend der Signale. Unterm gueldnen Baldachin Und umrauscht vom Hofgesinde Sitzt der Koenig und die Koengin; Diese gleichet einem Kinde. Ein franzoesisch stumpfes Naeschen, Schalkheit kichert in den Mienen, Doch bezaubernd sind des Mundes Immer laechelnde Rubinen. Schoene, flatterhafte Blume - Dass sich ihrer Gott erbarme - Von dem heitern Seineufer Wurde sie verpflanzt, die arme, Hierher in den steifen Boden Der hispanischen Grandezza; Weiland hiess sie Blanch' de Bourbon, Donna Blanka heisst sie jetzo. Pedro wird genannt der Koenig Mit dem Zusatz der Grausame; Aber heute, milden Sinnes, Ist er besser als sein Name. Unterhaelt sich gut gelaunt Mit des Hofes Edelleuten; Auch den Juden und den Mohren Sagt er viele Artigkeiten. Diese Ritter ohne Vorhaut Sind des Koenigs Lieblingsschranzen, Sie befehlgen seine Heere, Sie verwalten die Finanzen. Aber ploetzlich Paukenschlaege, Und es melden die Trompeten, Dass begonnen hat der Maulkampf, Der Disput der zwei Athleten. Der Gardian der Franziskaner Bricht hervor mit frommem Grimme; Polternd roh und widrig greinend Ist abwechselnd seine Stimme. In des Vaters und des Sohnes Und des heilgen Geistes Namen Exorzieret er den Rabbi, Jakobs maledeiten Samen. Denn bei solchen Kontroversen Sind oft Teufelchen verborgen In dem Juden, die mit Scharfsinn, Witz und Gruenden ihn versorgen. Nun die Teufel ausgetrieben Durch die Macht des Exorzismus, Kommt der Moench auch zur Dogmatik, Kugelt ab den Katechismus. Er erzaehlt, dass in der Gottheit Drei Personen sind enthalten, Die jedoch zu einer einzgen, Wenn es passend, sich gestalten - Ein Mysterium, das nur Von demjengen wird verstanden, Der entsprungen ist dem Kerker Der Vernunft und ihren Banden. Er erzaehlt: wie Gott der Herr Ward zu Bethlehem geboren Von der Jungfrau, welche niemals Ihre Jungferschaft verloren; Wie der Herr der Welt gelegen In der Krippe, und ein Kuehlein Und ein Oechslein bei ihm stunden, Schier andaechtig, zwei Rindviehlein. Er erzaehlte: wie der Herr Vor den Schergen des Herodes Nach Aegypten floh, und spaeter Litt die herbe Pein des Todes Unter Pontio Pilato, Der das Urteil unterschrieben, Von den harten Pharisaeern, Von den Juden angetrieben. Er erzaehlte: wie der Herr, Der entstiegen seinem Grabe Schon am dritten Tag, gen Himmel Seinen Flug genommen habe; Wie er aber, wenn es Zeit ist, Wiederkehren auf die Erde Und zu Josaphat die Toten Und Lebendgen richten werde. "Zittert, Juden!" rief der Moench, "Vor dem Gott, den ihr mit Hieben Und mit Dornen habt gemartert, Den ihr in den Tod getrieben. "Seine Moerder, Volk der Rachsucht, Juden, das seid ihr gewesen - Immer meuchelt ihr den Heiland, Welcher kommt, euch zu erloesen. "Judenvolk, du bist ein Aas, Worin hausen die Daemonen; Eure Leiber sind Kasernen Fuer des Teufels Legionen. "Thomas von Aquino sagt es, Den man nennt den grossen Ochsen Der Gelehrsamkeit, er ist Licht und Lust der Orthodoxen. "Judenvolk, ihr seid Hyaenen, Woelfe, Schakals, die in Graebern Wuehlen, um der Toten Leichnam' Blutfrassgierig aufzustoebern. "Juden, Juden, ihr seid Saeue, Paviane, Nashorntiere, Die man nennt Rhinozerosse, Krokodile und Vampire. "Ihr seid Raben, Eulen, Uhus, Fledermaeuse, Wiedehoepfe, Leichenhuehner, Basilisken, Galgenvoegel, Nachtgeschoepfe. "Ihr seid Vipern und Blindschleichen, Klapperschlangen, giftge Kroeten, Ottern, Nattern - Christus wird Eur verfluchtes Haupt zertreten. "Oder wollt ihr, Maledeiten, Eure armen Seelen retten? Aus der Bosheit Synagoge Fluechtet nach den frommen Staetten, "Nach der Liebe lichtem Dome, Wo im benedeiten Becken Euch der Quell der Gnade sprudelt - Drin sollt ihr die Koepfe stecken - "Wascht dort ab den alten Adam Und die Laster, die ihn schwaerzen; Des verjaehrten Grolles Schimmel, Wascht ihn ab von euren Herzen! "Hoert ihr nicht des Heilands Stimme? Euren neuen Namen rief er - Lauset euch an Christi Brust Von der Suende Ungeziefer! "Unser Gott, der ist die Liebe, Und er gleichet einem Lamme; Um zu suehnen unsre Schuld, Starb er an des Kreuzes Stamme. "Unser Gott, der ist die Liebe, Jesus Christus ist sein Name; Seine Duldsamkeit und Demut Suchen wir stets nachzuahmen. "Deshalb sind wir auch so sanft, So leutselig, ruhig, milde, Hadern niemals, nach des Lammes, Des Versoehners, Musterbilde. "Einst im Himmel werden wir Ganz verklaert zu frommen Englein, Und wir wandeln dort gottselig, In den Haenden Liljenstenglein. "Statt der groben Kutten tragen Wir die reinlichsten Gewaender Von Mousslin, Brokat und Seide, Goldne Troddeln, bunte Baender. "Keine Glatze mehr! Goldlocken Flattern dort um unsre Koepfe; Allerliebste Jungfraun flechten Uns das Haar in huebsche Zoepfe. "Weinpokale wird es droben Von viel weiterm Umfang geben Als die Becher sind hier unten, Worin schaeumt der Saft der Reben. "Doch im Gegenteil viel enger Als ein Weibermund hienieden, Wird das Frauenmuendchen sein, Das dort oben uns beschieden. "Trinkend, kuessend, lachend wollen Wir die Ewigkeit verbringen, Und verzueckt Halleluja, Kyrie Eleison singen." Also schloss der Christ. Die Moenchlein Glaubten schon, Erleuchtung traete In die Herzen, und sie schleppten Flink herbei das Taufgeraete. Doch die wasserscheuen Juden Schuetteln sich und grinsen schnoede. Rabbi Juda, der Navarrer, Hub jetzt an die Gegenrede: "Um fuer deine Saat zu duengen Meines Geistes duerren Acker, Mit Mistkarren voll Schimpfwoerter Hast du mich beschmissen wacker. "So folgt jeder der Methode, Dran er nun einmal gewoehnet, Und anstatt dich drob zu schelten, Sag ich Dank dir, wohlversoehnet. "Die Dreieinigkeitsdoktrin Kann fuer unsre Leut nicht passen, Die mit Regula-de-tri Sich von Jugend aufbefassen. "Dass in deinem Gotte drei, Drei Personen sind enthalten, Ist bescheiden noch, sechstausend Goetter gab es bei den Alten. "Unbekannt ist mir der Gott, Den ihr Christum pflegt zu nennen; Seine Jungfer Mutter gleichfalls Hab ich nicht die Ehr zu kennen. "Ich bedaure, dass er einst, Vor etwa zwoelfhundert Jahren, Einge Unannehmlichkeiten Zu Jerusalem erfahren. "Ob die Juden ihn getoetet, Das ist schwer jetzt zu erkunden, Da ja das Corpus Delicti Schon am dritten Tag verschwunden. "Dass er ein Verwandter sei Unsres Gottes, ist nicht minder Zweifelhaft; so viel wir wissen, Hat der letztre keine Kinder. "Unser Gott ist nicht gestorben Als ein armes Laemmerschwaenzchen Fuer die Menschheit, ist kein suesses Philantroepfchen, Faselhaenschen. "Unser Gott ist nicht die Liebe; Schnaebeln ist nicht seine Sache, Denn er ist ein Donnergott Und er ist ein Gott der Rache. "Seines Zornes Blitze treffen Unerbittlich jeden Suender, Und des Vaters Schulden buessen Oft die spaeten Enkelkinder. "Unser Gott, der ist lebendig, Und in seiner Himmelshalle Existieret er drauf los Durch die Ewigkeiten alle. "Unser Gott, und der ist auch Ein gesunder Gott, kein Mythos Bleich und duenne wie Oblaten Oder Schatten am Cocytos. "Unser Gott ist stark. In Haenden Traegt er Sonne, Mond, Gestirne; Throne brechen, Voelker schwinden, Wenn er runzelt seine Stirne. "Und er ist ein grosser Gott. David singt: Ermessen liesse Sich die Groesse nicht, die Erde Sei der Schemel seiner Fuesse. "Unser Gott liebt die Musik, Saitenspiel und Festgesaenge; Doch wie Ferkelgrunzen sind Ihm zuwider Glockenklaenge. "Leviathan heisst der Fisch, Welcher haust im Meeresgrunde; Mit ihm spielet Gott der Herr Alle Tage eine Stunde - "Ausgenommen an dem neunten Tag des Monats Ab, wo naemlich Eingeaeschert ward sein Tempel; An dem Tag ist er zu graemlich. "Des Leviathans Laenge ist Hundert Meilen, hat Flossfedern Gross wie Koenig Ok von Basan, Und sein Schwanz ist wie ein Zedern. "Doch sein Fleisch ist delikat, Delikater als Schildkroeten, Und am Tag der Auferstehung Wird der Herr zu Tische beten. "Alle frommen Auserwaehlten, Die Gerechten und die Weisen - Unsres Herrgotts Lieblingsfisch Werden sie alsdann verspeisen, "Teils mit weisser Knoblauchbruehe, Teils auch braun in Wein gesotten, Mit Gewuerzen und Rosinen, Ungefaehr wie Matelotten. "In der weissen Knoblauchbruehe Schwimmen kleine Schaebchen Rettich - So bereitet, Frater Jose, Mundet dir das Fischlein, wett ich! "Auch die braune ist so lecker, Naemlich die Rosinensauce, Sie wird himmlisch wohl behagen Deinem Baeuchlein, Frater Jose. "Was Gott kocht, ist gut gekocht! Moenchlein, nimm jetzt meinen Rat an, Opfre hin die alte Vorhaut Und erquick dich am Leviathan." Also lockend sprach der Rabbi, Lockend, koedernd, heimlich schmunzelnd, Und die Juden schwangen schon Ihre Messer wonnegrunzelnd, Um als Sieger zu skalpieren Die verfallenen Vorhaeute, Wahre spolia opima In dem wunderlichen Streite. Doch die Moenche hielten fest An dem vaeterlichen Glauben Und an ihrer Vorhaut, liessen Sich derselben nicht berauben. Nach dem Juden sprach aufs neue Der katholische Bekehrer; Wieder schimpft er, jedes Wort Ist ein Nachttopf, und kein leerer. Darauf repliziert der Rabbi Mit zurueckgehaltnem Eifer; Wie sein Herz auch ueberkocht, Doch verschluckt er seinen Geifer. Er beruft sich auf die Mischna, Kommentare und Traktate; Bringt auch aus dem Tausves-Jontof Viel beweisende Zitate. Aber welche Blasphemie Musst er von dem Moenche hoeren! Dieser sprach: der Tausves-Jontof Moege sich zum Teufel scheren. "Da hoert alles auf, o Gott!" Kreischt der Rabbi jetzt entsetzlich; Und es reisst ihm die Geduld, Rappelkoepfig wird er ploetzlich. "Gilt nichts mehr der Tausves-Jontof, Was soll gelten? Zeter! Zeter! Raeche, Herr, die Missetat, Strafe, Herr, den Uebeltaeter! "Denn der Tausves-Jontof, Gott, Das bist du! Und an dem frechen Tausvesjontof-Leugner musst du Deines Namens Ehre raechen. "Lass den Abgrund ihn verschlingen, Wie des Korah boese Rotte, Die sich wider dich empoert Durch Emeute und Komplotte. "Donnre deinen besten Donner! Strafe, o mein Gott, den Frevel - Hattest du doch zu Sodoma Und Gomorrha Pech und Schwefel! "Treffe, Herr, die Kapuziner, Wie du Pharaon getroffen, Der uns nachgesetzt, als wir Wohl bepackt davongeloffen. "Hunderttausend Ritter folgten Diesem Koenig von Mizrayim, Stahlbepanzert, blanke Schwerter In den schrecklichen Jadayim. "Gott! da hast du ausgestreckt Deine Jad, und samt dem Heere Ward ertraenkt, wie junge Katzen, Pharao im roten Meere. "Treffe, Herr, die Kapuziner, Zeige den infamen Schuften, Dass die Blitze deines Zorns Nicht verrauchten und verpufften. "Deines Sieges Ruhm und Preis Will ich singen dann und sagen, Und dabei, wie Mirjam tat, Tanzen und die Pauke schlagen." In die Rede grimmig fiel Jetzt der Moench dem Zornentflammten: "Mag dich selbst der Herr verderben, Dich Verfluchten und Verdammten! "Trotzen kann ich deinen Teufeln, Deinem schmutzgen Fliegengotte, Luzifer und Belzebube, Belial und Astarothe. "Trotzen kann ich deinen Geistern, Deinen dunkeln Hoellenpossen, Denn in mir ist Jesus Christus, Habe seinen Leib genossen. "Christus ist mein Leibgericht, Schmeckt viel besser als Leviathan Mit der weissen Knoblauchsauce, Die vielleicht gekocht der Satan. "Ach! anstatt zu disputieren, Lieber moecht ich schmoren, braten Auf dem waermsten Scheiterhaufen Dich und deine Kameraden." Also tost in Schimpf und Ernst Das Turnei fuer Gott und Glauben, Doch die Kaempen ganz vergeblich Kreischen, schelten, wueten, schnauben. Schon zwoelf Stunden waehrt der Kampf, Dem kein End ist abzuschauen; Muede wird das Publikum, Und es schwitzen stark die Frauen. Auch der Hof wird ungeduldig, Manche Zofe gaehnt ein wenig. Zu der schoenen Koenigin Wendet fragend sich der Koenig: "Sagt mir, was ist Eure Meinung? Wer hat Recht von diesen beiden? Wollt Ihr fuer den Rabbi Euch Oder fuer den Moench entscheiden?" Donna Blanka schaut ihn an, Und wie sinnend ihre Haende Mit verschraenkten Fingern drueckt sie An die Stirn und spricht am Ende: "Welcher Recht hat, weiss ich nicht - Doch es will mich schier beduenken, Dass der Rabbi und der Moench, Dass sie alle beide stinken." Nachwort zum "Romanzero" Ich habe dieses Buch Romanzero genannt, weil der Romanzenton vorherrschend in den Gedichten, die hier gesammelt. Mit wenigen Ausnahmen schrieb ich sie waehrend der letzten drei Jahre, unter mancherlei koerperlichen Hindernissen und Qualen. Gleichzeitig mit dem Romanzero lasse ich in derselben Verlagshandlung ein Buechlein erscheinen, welches "Der Doktor Faust, ein Tanzpoem, nebst kuriosen Berichten ueber Teufel, Hexen und Dichtkunst" betitelt ist. Ich empfehle solches einem verehrungswuerdigen Publiko, das sich gern ohne Kopfanstrengung ueber dergleichen Dinge belehren lassen moechte; es ist eine leichte Goldarbeit, worueber gewiss mancher Grobschmied den Kopf schuetteln wird. Ich hegte urspruenglich die Absicht, dieses Produkt dem Romanzero einzuverleiben, was ich aber unterliess, um nicht die Einheit der Stimmung, die in letzterem waltet und gleichsam sein Kolorit bildet, zu stoeren. Jenes Tanzpoem schrieb ich naemlich im Jahre 1847, zu einer Zeit, wo mein boeses Siechtum bereits bedenklich vorgeschritten war, aber doch noch nicht seine graemlichen Schatten ueber mein Gemuet warf. Ich hatte damals noch etwas Fleisch und Heidentum an mir, und ich war noch nicht zu dem spiritualistischen Skelette abgemagert, das jetzt seiner gaenzlichen Aufloesung entgegenharrt. Aber existiere ich wirklich noch? Mein Leib ist so sehr in die Kruempe gegangen, dass schier nichts uebrig geblieben als die Stimme, und mein Bett mahnt mich an das toenende Grab des Zauberers Merlinus, welches sich im Walde Brozeliand in der Bretagne befindet, unter hohen Eichen, deren Wipfel wie gruene Flammen gen Himmel lodern. Ach, um diese Baeume und ihr frisches Wehen beneide ich dich, Kollege Merlinus, denn kein gruenes Blatt rauscht herein in meine Matratzengruft zu Paris, wo ich frueh und spat nur Wagengerassel, Gehaemmer, Gekeife und Klaviergeklimper vernehme. Ein Grab ohne Ruhe, der Tod ohne die Privilegien der Verstorbenen, die kein Geld auszugeben und keine Briefe oder gar Buecher zu schreiben brauchen - das ist ein trauriger Zustand. Man hat mir laengst das Mass genommen zum Sarg, auch zum Nekrolog, aber ich sterbe so langsam, dass solches nachgerade langweilig wird fuer mich, wie fuer meine Freunde. Doch Geduld, alles hat sein Ende. Ihr werdet eines Morgens die Bude geschlossen finden, wo euch die Puppenspiele meines Humors so oft ergoetzten. Was soll aber, wenn ich tot bin, aus den armen Hauswuersten werden, die ich seit Jahren bei jenen Darstellungen employiert hatte? Was soll z. B. aus Massmann werden? Ungern verlass ich ihn, und es erfasst mich schier eine tiefe Wehmut, wenn ich denke an die Verse: Ich sehe die kurzen Beinchen nicht mehr, Nicht mehr die platte Nase; Er schlug wie ein Pudel frisch, fromm, froehlich, frei, Die Purzelbaeume im Grase. Und er versteht Latein. Ich habe freilich in meinen Schriften so oft das Gegenteil behauptet, dass Niemand mehr meine Behauptung bezweifelte, und der Aermste ein Stichblatt der allgemeinen Verhoehnung ward. Die Schulbuben frugen ihn, in welcher Sprache der Don Quixote geschrieben sei? und wenn mein armer Massmann antwortete: in spanischer Sprache - erwiderten sie, er irre sich, derselbe sei lateinisch geschrieben und das kaeme ihm so spanisch vor. Sogar die eigene Gattin war grausam genug, bei haeuslichen Missverstaendnissen auszurufen, sie wundere sich, dass ihr Mann sie nicht verstehe, da sie doch Deutsch und kein Latein gesprochen habe. Die Massmaennische Grossmutter, eine Waescherin von unbescholtener Sittlichkeit und die einst fuer Friedrich den Grossen gewaschen, hat sich ueber die Schmach ihres Enkels zu Tode gegraemt; der Onkel, ein wackerer altpreussischer Schuhflicker, bildete sich ein, die ganze Familie sei schimpfiert, und vor Verdruss ergab er sich dem Trunk. Ich bedaure, dass meine jugendliche Unbesonnenheit solches Unheil angerichtet. Die wuerdige Waschfrau kann ich leider nicht wieder ins Leben zurueckrufen, und den zartfuehlenden Oheim, der jetzt zu Berlin in der Gosse liegt, kann ich nicht mehr des Schnapses entwoehnen; aber ihn selbst, meinen armen Hanswurst Massmann, will ich in der oeffentlichen Meinung wieder rehabilitieren, indem ich alles was ich ueber seine Lateinlosigkeit, seine lateinische Impotenz, seine magna linguae romanae ignorantia jemals geaeussert habe, feierlich widerrufe. So haette ich denn mein Gewissen erleichtert. Wenn man auf dem Sterbebette liegt, wird man sehr empfindsam und weichselig, und moechte Frieden machen mit Gott und der Welt. Ich gestehe es, ich habe Manchen gekratzt, Manchen gebissen, und war kein Lamm. Aber glaubt mir, jene gepriesenen Laemmer der Sanftmut wuerden sich minder froemmig gebaerden, besaessen sie die Zaehne und die Tatzen des Tigers. Ich kann mich ruehmen, dass ich mich solcher angebornen Waffen nur selten bedient habe. Seit ich selbst der Barmherzigkeit Gottes beduerftig, habe ich allen meinen Feinden Amnestie erteilt; manche schoene Gedichte, die gegen sehr hohe und sehr niedrige Personen gerichtet waren, wurden deshalb in vorliegender Sammlung nicht aufgenommen. Gedichte, die nur halbweg Anzueglichkeiten gegen den lieben Gott selbst enthielten, habe ich mit aengstlichstem Eifer den Flammen ueberliefert. Es ist besser, dass die Verse brennen als der Versifex. Ja, wie mit der Kreatur, habe ich auch mit dem Schoepfer Frieden gemacht, zum groessten Aergernis meiner aufgeklaerten Freunde, die mir Vorwuerfe machten ueber dieses Zurueckfallen in den alten Aberglauben, wie sie meine Heimkehr zu Gott zu nennen beliebten. Andere, in ihrer Intoleranz, aeusserten sich noch herber. Der gesamte hohe Klerus des Atheismus hat sein Anathema ueber mich ausgesprochen, und es gibt fanatische Pfaffen des Unglaubens, die mich gerne auf die Folter spannten, damit ich meine Ketzereien bekenne. Zum Glueck stehen ihnen keine andern Folterinstrumente zu Gebote als ihre Schriften. Aber ich will auch ohne Tortur alles bekennen. Ja, ich bin zurueckgekehrt zu Gott, wie der verlorene Sohn, nachdem ich lange Zeit bei den Hegelianern die Schweine gehuetet. War es die Misere, die mich zuruecktrieb? Vielleicht ein minder miserabler Grund. Das himmlische Heimweh ueberfiel mich und trieb mich fort durch Waelder und Schluchten, ueber die schwindlichsten Bergpfade der Dialektik. Auf meinem Wege fand ich den Gott der Pantheisten, aber ich konnte ihn nicht gebrauchen. Dies arme traeumerische Wesen ist mit der Welt verwebt und verwachsen, gleichsam in ihr eingekerkert, und gaehnt dich an, willenlos und ohnmaechtig. Um einen Willen zu haben, muss man eine Person sein, und, um ihn zu manifestieren, muss man die Ellbogen frei haben. Wenn man nun einen Gott begehrt, der zu helfen vermag - und das ist doch die Hauptsache - so muss man auch seine Persoenlichkeit, seine Ausserweltlichkeit und seine heiligen Attribute, die Allguete, die Allweisheit, die Allgerechtigkeit u.s.w. annehmen. Die Unsterblichkeit der Seele, unsre Fortdauer nach dem Tode, wird uns alsdann gleichsam mit in den Kauf gegeben, wie der schoene Markknochen, den der Fleischer, wenn er mit seinen Kunden zufrieden ist, ihnen unentgeltlich in den Korb schiebt. Ein solcher schoener Markknochen wird in der franzoesischen Kuechensprache la rejouissance genannt, und man kocht damit ganz vorzuegliche Kraftbruehen, die fuer einen armen schmachtenden Kranken sehr staerkend und labend sind. Dass ich eine solche rejouissance nicht ablehnte und sie mir vielmehr mit Behagen zu Gemuete fuehrte, wird jeder fuehlende Mensch billigen. Ich habe vom Gott der Pantheisten geredet, aber ich kann nicht umhin zu bemerken, dass er im Grunde gar kein Gott ist, so wie ueberhaupt die Pantheisten eigentlich nur verschaemte Atheisten sind, die sich weniger vor der Sache als vor dem Schatten, den sie an die Wand wirft, vor dem Namen, fuerchten. Auch haben die meisten in Deutschland waehrend der Restaurationszeit mit dem lieben Gotte dieselbe funfzehnjaehrige Komoedie gespielt, welche hier in Frankreich die konstitutionellen Royalisten, die groesstenteils im Herzen Republikaner waren, mit dem Koenigtume spielten. Nach der Juliusrevolution liess man jenseits wie diesseits des Rheines die Maske fallen. Seitdem, besonders aber nach dem Sturz Ludwig Philipps, des besten Monarchen, der jemals die konstitutionelle Dornenkrone trug, bildete sich hier in Frankreich die Meinung: dass nur zwei Regierungsformen, das absolute Koenigtum und die Republik, die Kritik der Vernunft oder der Erfahrung aushielten, dass man Eins von Beiden waehlen muesse, dass alles dazwischen liegende Mischwerk unwahr, unhaltbar und verderblich sei. In derselben Weise tauchte in Deutschland die Ansicht auf, dass man waehlen muesse zwischen der Religion und der Philosophie, zwischen dem geoffenbarten Dogma des Glaubens und der letzten Konsequenz des Denkens, zwischen dem absoluten Bibelgott und dem Atheismus. Je entschiedener die Gemueter, desto leichter werden sie das Opfer solcher Dilemmen. Was mich betrifft, so kann ich mich in der Politik keines sonderlichen Fortschritts ruehmen; ich verharrte bei denselben demokratischen Prinzipien, denen meine frueheste Jugend huldigte und fuer die ich seitdem immer flammender ergluehte. In der Theologie hingegen muss ich mich des Rueckschreitens beschuldigen, indem ich, was ich bereits oben gestanden, zu dem alten Aberglauben, zu einem persoenlichen Gotte, zurueckkehrte. Das laesst sich nun einmal nicht vertuschen, wie es mancher aufgeklaerte und wohlmeinende Freund versuchte. Ausdruecklich widersprechen muss ich jedoch dem Geruechte, als haetten mich meine Rueckschritte bis zur Schwelle irgend einer Kirche oder gar in ihren Schoss gefuehrt. Nein, meine religioesen Ueberzeugungen und Ansichten sind frei geblieben von jeder Kirchlichkeit; kein Glockenklang hat mich verlockt, keine Altarkerze hat mich geblendet. Ich habe mit keiner Symbolik gespielt und meiner Vernunft nicht ganz entsagt. Ich habe nichts abgeschworen, nicht einmal meine alten Heidengoetter, von denen ich mich zwar abgewendet, aber scheidend in Liebe und Freundschaft. Es war im Mai 1848, an dem Tage, wo ich zum letzten Male ausging, als ich Abschied nahm von den holden Idolen, die ich angebetet in den Zeiten meines Gluecks. Nur mit Muehe schleppte ich mich bis zum Louvre, und ich brach fast zusammen, als ich in den erhabenen Saal trat, wo die hochgebenedeite Goettin der Schoenheit, Unsere liebe Frau von Milo, auf ihrem Postamente steht. Zu ihren Fuessen lag ich lange, und ich weinte so heftig, dass sich dessen ein Stein erbarmen musste. Auch schaute die Goettin mitleidig auf mich herab, doch zugleich so trostlos, als wollte sie sagen: siehst du denn nicht, dass ich keine Arme habe und also nicht helfen kann? Ich breche hier ab, denn ich gerate in einen larmoyanten Ton, der vielleicht ueberhandnehmen kann, wenn ich bedenke, dass ich jetzt auch von Dir, teurer Leser, Abschied nehmen soll. Eine gewisse Ruehrung beschleicht mich bei diesem Gedanken; denn ungern trenne ich mich von Dir. Der Autor gewoehnt sich am Ende an sein Publikum, als waere es ein vernuenftiges Wesen. Auch dich scheint es zu betrueben, dass ich Dir Valet sagen muss; du bist geruehrt, mein teurer Leser, und kostbare Perlen fallen aus deinen Traenensaeckchen. Doch beruhige Dich, wir werden uns wiedersehen in einer besseren Welt, wo ich dir auch bessere Buecher zu schreiben gedenke. Ich setze voraus, dass sich dort auch meine Gesundheit bessert und dass mich Swedenborg nicht belogen hat. Dieser erzaehlt naemlich mit grosser Zuversicht, dass wir in der andern Welt das alte Treiben, ganz wie wir es in dieser Welt getrieben, ruhig fortsetzen, dass wir dort unsere Individualitaet unveraendert bewahren und dass der Tod in unserer organischen Entwickelung gar keine sonderliche Stoerung hervorbringe. Swedenborg ist eine grundehrliche Haut, und glaubwuerdig sind seine Berichte ueber die andere Welt, wo er mit eigenen Augen die Personen sah, die auf unserer Erde eine Rolle gespielt. Die meisten, sagt er, blieben unveraendert und beschaeftigen sich mit denselben Dingen, mit denen sie sich auch vormals beschaeftigt; sie blieben stationaer, waren veraltet, rokoko, was sich mitunter sehr laecherlich ausnahm. So z. B. unser teurer Doktor Martinus Luther war stehen geblieben bei seiner Lehre von der Gnade, ueber die er waehrend dreihundert Jahren tagtaeglich dieselben verschimmelten Argumente niederschrieb - ganz in derselben Weise wie der verstorbene Baron Eckstein, der waehrend zwanzig Jahren in der Allgemeinen Zeitung einen und denselben Artikel drucken liess, den alten jesuitischen Sauerteig bestaendig wiederkaeuend. Aber, wie gesagt, nicht alle Personen, die hienieden eine Rolle gespielt, fand Swedenborg in solcher fossilen Erstarrung; sie hatten im Guten wie im Boesen ihren Charakter weidlich ausgebildet in der anderen Welt, und da gab es sehr wunderliche Erscheinungen. Helden und Heilige dieser Erde waren dort zu Lumpen und Taugenichtsen herabgesunken, waehrend auch das Gegenteil stattfand. So z. B. stieg dem heiligen Antonius der Hochmut in den Kopf, als er erfuhr, welche ungeheure Verehrung und Anbetung ihm die ganze Christenheit zollt, und er, der hienieden den furchtbarsten Versuchungen widerstanden, ward jetzt ein ganz impertinenter Schlingel und liederlicher Galgenstrick, der sich mit seinem Schweine um die Wette in den Kot waelzt. Die keusche Susanne brachte der Duenkel ihrer Sittlichkeit, die sie unbesiegbar glaubte, gar schmaehlich zu Falle, und sie, die einst den Greisen so glorreich widerstanden, erlag der Verlockung des jungen Absalon, Sohn Davids. Die Toechter Lots hingegen hatten sich im Verlauf der Zeit sehr vertugendhaftet und gelten in der andern Welt fuer Muster der Anstaendigkeit; der Alte verharrte leider bei der Weinflasche. So naerrisch sie auch klingen, so sind doch diese Nachrichten eben so bedeutsam wie scharfsinnig. Der grosse skandinavische Seher begriff die Einheit und Unteilbarkeit unserer Existenz, so wie er auch die unveraeusserlichen Individualitaetsrechte des Menschen ganz richtig erkannte und anerkannte. Die Fortdauer nach dem Tode ist bei ihm kein idealer Mummenschanz, wo wir neue Jacken und einen neuen Menschen anziehen; Mensch und Kostuem bleiben bei ihm unveraendert. In der anderen Welt des Swedenborg werden sich auch die armen Groenlaender behaglich fuehlen, die einst, als die daenischen Missionaere sie bekehren wollten, an diese die Frage richteten: ob es im christlichen Himmel auch Seehunde gaebe? Auf die verneinende Antwort erwiderten sie betruebt: der christliche Himmel passe alsdann nicht fuer Groenlaender, die nicht ohne Seehunde existieren koennten. Wie straeubt sich unsere Seele gegen den Gedanken des Aufhoerens unserer Persoenlichkeit, der ewigen Vernichtung! Der horror vacui, den man der Natur zuschreibt, ist vielmehr dem menschlichen Gemuete angeboren. Sei getrost, teurer Leser, es gibt eine Fortdauer nach dem Tode, und in der anderen Welt werden wir auch unsere Seehunde wiederfinden. Und nun, lebe wohl, und wenn ich Dir etwas schuldig bin, so schicke mir Deine Rechnung. - Geschrieben zu Paris, den 30. September 1851. Heinrich Heine. *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, ROMANZERO *** This file should be named 7rmnz10.txt or 7rmnz10.zip Corrected EDITIONS of our eBooks get a new NUMBER, 7rmnz11.txt VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 7rmnz10a.txt Project Gutenberg eBooks are often created from several printed editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not keep eBooks in compliance with any particular paper edition. We are now trying to release all our eBooks one year in advance of the official release dates, leaving time for better editing. Please be encouraged to tell us about any error or corrections, even years after the official publication date. Please note neither this listing nor its contents are final til midnight of the last day of the month of any such announcement. The official release date of all Project Gutenberg eBooks is at Midnight, Central Time, of the last day of the stated month. 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