The Project Gutenberg EBook of Richard III, by William Shakespeare (#4 in our series by William Shakespeare) Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the copyright laws for your country before downloading or redistributing this or any other Project Gutenberg eBook. This header should be the first thing seen when viewing this Project Gutenberg file. Please do not remove it. Do not change or edit the header without written permission. Please read the "legal small print," and other information about the eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file. Included is important information about your specific rights and restrictions in how the file may be used. 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RICHARD III William Shakespeare Entstanden wahrscheinlich 1592/93 Uebersetzt von August Wilhelm von Schlegel PERSONEN: Koenig Eduard der Vierte Eduard, Prinz von Wales, nachmals Koenig Eduard der Fuenfte Soehne des Koenigs George, Herzog von Clarence Richard, Herzog von Gloster, nachmals Koenig Richard der Dritte Brueder des Koenigs Eduard Plantagenet, ein junger Sohn des Clarence Heinrich, Graf von Richmond, nachmals Koenig Heinrich der Siebente Kardinal Bourchier, Erzbischof von Canterbury Thomas Rotherham, Erzbischof von York John Morton, Bischof von Ely Herzog von Buckingham Herzog John von Norfolk Graf Thomas von Surrey, sein Sohn Graf Rivers, vormals Sir Anton Woodville, Bruder der Gemahlin Koenig Eduards Marquis von Dorset und Lord Grey, ihre Soehne aus erster Ehe Lord Scales, des Grafen Rivers aeltester Sohn Graf von Oxford Sir William Brandon Lord William Hastings Lord Stanley Lord Lovel Sir Thomas Vaughan Sir Richard Ratcliff Sir William Catesby Sir James Tyrrel Sir James Blunt Sir Walter Herbert Sir Robert Brakenbury, Kommandant des Towers Tressel und Berkeley, Edelleute im Gefolge der Prinzessin Anna Christopher Urswick und Sir John, Priester Zwei Bischoefe Der Lord Mayor von London Der Sheriff von Wiltshire Elisabeth, Gemahlin Koenig Eduards des Vierten Margaretha, Witwe Koenig Heinrichs des Sechsten Herzogin von York, Mutter Koenig Eduards des Vierten, Clarences und Glosters Anna, Witwe Eduards, des Prinzen von Wales, Sohnes Koenig Heinrich des Sechsten; nachmals mit Gloster vermaehlt Margaretha Plantagenet, eine junge Tochter des Clarence ERSTER AUFZUG ERSTE SZENE London. Eine Strasse. (Gloster tritt auf.) Gloster. Nun ward der Winter unsers Missvergnuegens Glorreicher Sommer durch die Sonne Yorks; Die Wolken all, die unser Haus bedraeut, Sind in des Weltmeers tiefem Schoss begraben. Nun zieren unsre Brauen Siegeskraenze, Die schart'gen Waffen haengen als Trophae'n; Aus rauhem Feldlaerm wurden muntre Feste, Aus furchtbarn Maerschen holde Tanzmusiken. Der grimm'ge Krieg hat seine Stirn entrunzelt, Und statt zu reiten das geharn'schte Ross, Um drohnder Gegner Seelen zu erschrecken, Huepft er behend in einer Dame Zimmer Nach ueppigem Gefallen einer Laute. Doch ich, zu Possenspielen nicht gemacht, Noch um zu buhlen mit verliebten Spiegeln; Ich, roh gepraegt, entbloesst von Liebesmajestaet Vor leicht sich dreh'nden Nymphen mich zu bruesten; Ich, um dies schoene Ebenmass verkuerzt, Von der Natur um Bildung falsch betrogen, Entstellt, verwahrlost, vor der Zeit gesandt In diese Welt des Atmens, halb kaum fertig Gemacht, und zwar so lahm und ungeziemend, Dass Hunde bellen, hink ich wo vorbei; Ich nun, in dieser schlaffen Friedenszeit, Weiss keine Lust, die Zeit mir zu vertreiben, Als meinen Schatten in der Sonne spaehn Und meine eigne Missgestalt eroertern; Und darum, weil ich nicht als ein Verliebter Kann kuerzen diese fein beredten Tage, Bin ich gewillt, ein Boesewicht zu werden Und feind den eitlen Freuden dieser Tage. Anschlaege macht' ich, schlimme Einleitungen, Durch trunkne Weissagungen, Schriften, Traeume, Um meinen Bruder Clarence und den Koenig In Todfeindschaft einander zu verhetzen. Und ist nur Koenig Eduard treu und echt, Wie ich verschmitzt, falsch und verraeterisch, So muss heut Clarence eng verhaftet werden, Fuer eine Weissagung, die sagt, dass G Den Erben Eduards nach dem Leben steh'. Taucht unter, ihr Gedanken! Clarence kommt. (Clarence kommt mit Wache und Brakenbury.) Mein Bruder, guten Tag! Was soll die Wache Bei Euer Gnaden? Clarence. Seine Majestaet, Besorgt um meine Sicherheit, verordnet Mir dies Geleit, mich nach dem Turm zu schaffen. Gloster. Aus welchem Grund? Clarence. Weil man mich George nennt. Gloster. Ach, Mylord, das ist Euer Fehler nicht, Verhaften sollt' er darum Eure Paten. Oh, vielleicht hat Seine Majestaet im Sinn, Umtaufen Euch zu lassen dort im Turm. Doch was bedeutet's, Clarence? Darf ich's wissen? Clarence. Ja, Richard, wann ich's weiss: denn ich beteure, Noch weiss ich's nicht; nur dies hab ich gehoert, Er horcht auf Weissagungen und auf Traeume, Streicht aus dem Alphabet den Buchstab G Und spricht, ein Deuter sagt' ihm, dass durch G Enterbung ueber seinen Stamm ergeh'; Und weil mein Name George anfaengt mit G, So denkt er, folgt, dass es durch mich gescheh'. Dies, wie ich hoer, und Grillen, diesen gleich, Bewogen Seine Hoheit zum Verhaft. Gloster. So geht's, wenn Weiber einen Mann regieren. 's ist Eduard nicht, der in den Turm Euch schickt; Mylady Grey, sein Weib, Clarence, nur sie Reizt ihn zu diesem harten Aeussersten. War sie es nicht und jener Mann der Ehren, Ihr guter Bruder, Anton Wondeville, Die in den Turm Lord Hastings schicken liessen, Von wo er eben heute losgekommen? Wir sind nicht sicher, Clarence, sind nicht sicher. Clarence. Beim Himmel, niemand ist es, als die Sippschaft Der Koenigin und naechtliche Herolde, Des Koenigs Botenlaeufer zu Frau Shore. Hoertet Ihr nicht, wie sich demuetig flehend Lord Hastings um Befreiung an sie wandte? Gloster. Demuetig klagend ihrer Goettlichkeit Ward der Herr Oberkaemmerer befreit. Hoert an, ich denk, es waer' die beste Art, Wenn wir in Gunst beim Koenig bleiben wollen, Bei ihr zu dienen und Livrei zu tragen. Die eifersuecht'ge abgenutzte Witwe Und jene, seit mein Bruder sie geadelt, Sind maechtige Gevatterfrau'n im Reich. Brakenbury. Ich ersuch Eu'r Gnaden beide zu verzeihn, Doch Seine Majestaet hat streng befohlen, Dass niemand, welches Standes er auch sei, Soll sprechen insgeheim mit seinem Bruder. Gloster. Ja so! Beliebt's Eu'r Edeln, Brakenbury, So hoert nur allem, was wir sagen, zu: Es ist kein Hochverrat, mein Freund. Wir sagen, Der Koenig sei so weis' als tugendsam, Und sein verehrtes Ehgemahl an Jahren Ansehnlich, schoen und ohne Eifersucht; Wir sagen, Shores Weib hab' ein huebsches Fuesschen, Ein Kirschenmuendchen, Aeugelein und wundersuesse Zunge, Und dass der Koen'gin Sippschaft adlig worden. Was sagt Ihr, Herr? ist alles das nicht wahr? Brakenbury. Mylord, ich bin bei allem dem nichts nutz. Gloster. Nichtsnutzig bei Frau Shore? Hoer an, Gesell: Ist wer bei ihr nichtsnutzig, als der eine, Der taet' es besser insgeheim, alleine. Brakenbury. Als welcher eine, Mylord? Gloster. Ihr Mann, du Schuft; willst du mich fangen? Brakenbury. Ich ersuch Eu'r Gnaden zu verzeihn, wie auch Nicht mehr zu sprechen mit dem edlen Herzog. Clarence. Wir kennen deinen Auftrag, Brakenbury, Und wolln gehorchen. Gloster. Wir sind die Verworfnen Der Koenigin und muessen schon gehorchen. Bruder, lebt wohl! Ich will zum Koenig gehn, Und wozu irgend Ihr mich brauchen wollt, Muesst' ich auch Eduards Witwe Schwester nennen, Ich will's vollbringen, um Euch zu befrein. Doch diese tiefe Schmach der Bruederschaft Ruehrt tiefer mich, als Ihr Euch denken koennt. Clarence. Ich weiss es, sie gefaellt uns beiden nicht. Gloster. Wohl, Eu'r Verhaft wird nicht von Dauer sein: Ich mach Euch frei, sonst lieg ich selbst fuer Euch. Indessen habt Geduld. Clarence. Ich muss; leb wohl! (Clarence mit Brakenbury und der Wache ab.) Gloster. Geh nur des Wegs, den du nie wiederkehrst, Einfaelt'ger Clarence! So sehr lieb ich dich, Ich sende bald dem Himmel deine Seele, Wenn er die Gab' aus unsrer Hand will nehmen. Doch wer kommt da? der neubefreite Hastings? (Hastings tritt auf.) Hastings. Vergnuegten Morgen meinem gnaed'gen Herrn! Gloster. Das gleiche meinem lieben Kaemmerer! Seid sehr willkommen in der freien Luft. Wie fand Eu'r Gnaden sich in den Verhaft? Hastings. Geduldig, edler Herr, wie man wohl muss; Doch hoff ich denen Dank einst abzustatten, Die schuld gewesen sind an dem Verhaft. Gloster. Gewiss, gewiss! und das wird Clarence auch: Die Eure Feinde waren, sind die seinen Und haben Gleiches wider ihn vermocht. Hastings. Ja, leider wird der Adler eingesperrt, Und Gei'r und Habicht rauben frei indes. Gloster. Was gibt es Neues draussen? Hastings. So Schlimmes draussen nichts, als hier zu Haus. Der Fuerst ist kraenklich, schwach und melancholisch, Und seine Aerzte fuerchten ungemein. Gloster. Nun, bei Sankt Paul! die Neuigkeit ist schlimm. Oh, er hat lange schlecht Diaet gehalten Und seine fuerstliche Person verzehrt. Es ist ein Herzeleid, wenn man's bedenkt. Sagt, huetet er das Bett? Hastings. Er tut's. Gloster. Geht nur voran, ich folge bald Euch nach. (Hastings ab.) Er kann nicht leben, hoff ich; darf nicht sterben, Eh' George mit Extrapost gen Himmel faehrt. Ich will hinein und ihn auf Clarence hetzen Mit wohlgestaehlten Luegen, trift'gen Gruenden; Und wenn mein tiefer Plan mir nicht misslingt, Hat Clarence weiter keinen Tag zu leben. Dann nehme Gott in Gnaden Koenig Eduard Und lasse mir die Welt zu hausen drin. Denn dann heirat ich Warwicks juengste Tochter. Ermordet' ich schon ihren Mann und Vater, Der schnellste Weg, der Dirne g'nugzutun, Ist, dass ich selber werd ihr Mann und Vater. Das will ich denn, aus Liebe nicht sowohl Als andrer tief versteckter Zwecke halb, Die diese Heirat mir erreichen muss. Doch mach ich noch die Rechnung ohne Wirt; Noch atmet Clarence, Eduard herrscht und thront: Sind sie erst hin, dann wird die Mueh' belohnt. (Ab.) ZWEITE SZENE London. Eine andre Strasse. (Koenig Heinrichs des Sechsten Leiche wird in einem offnen Sarge hereingetragen, Tressel, Berkeley und Edelleute mit Hellebarden begleiten sie; hierauf Prinzessin Anna als Leidtraegerin.) Anna. Setzt nieder eure ehrenwerte Last-- Wofern sich Ehre senkt in einen Sarg--, Indessen ich zur Leichenfeier klage Den fruehen Fall des frommen Lancaster. Du eiskalt Bildnis eines heil'gen Koenigs! Des Hauses Lancaster erblichne Asche! Blutloser Rest des koeniglichen Bluts! Vergoennt sei's, aufzurufen deinen Geist, Dass er der armen Anna Jammer hoere, Die Eduards Weib war, deines Sohns, erwuergt Von jener Hand, die diese Wunden schlug. In diese Fenster, die sich aufgetan, Dein Leben zu entlassen, traeufl' ich, sieh! Hilflosen Balsam meiner armen Augen. Verflucht die Hand, die diese Risse machte! Verflucht das Herz, das Herz hatt', es zu tun! Verflucht das Blut, das dieses Blut entliess! Heilloser Schicksal treffe den Elenden, Der elend uns gemacht durch deinen Tod, Als ich kann wuenschen Nattern, Spinnen, Kroeten Und allem giftigen Gewuerm, das lebt. Hat er ein Kind je, so sei's missgeboren, Verwahrlost und zu frueh ans Licht gebracht, Des greulich unnatuerliche Gestalt Den Blick der hoffnungsvollen Mutter schrecke; Und das sei Erbe seines Missgeschicks! Hat er ein Weib je, nun, so moege sie Sein Tod um vieles noch elender machen, Als mich mein junger Ehgemahl und du!-- Kommt nun nach Chertsey mit der heil'gen Last, Die von Sankt Paul wir zur Bestattung holten, Und immer, wenn ihr muede seid, ruht aus, Derweil ich klag um Koenig Heinrichs Leiche. (Die Traeger nehmen die Leiche auf und gehen weiter.) (Gloster tritt auf.) Gloster. Halt! ihr der Leiche Traeger, setzt sie nieder! Anna. Welch schwarzer Zaubrer bannte diesen Boesen Zur Stoerung frommer Liebesdienste her? Gloster. Schurken, die Leiche nieder! Bei Sankt Paul, Zur Leiche mach ich den, der nicht gehorcht! ErsterEdelmann. Mylord, weicht aus und lasst den Sarg vorbei. Gloster. Schamloser Hund! steh du, wenn ich's befehle; Senk die Hellbarde nicht mir vor die Brust, Sonst, bei Sankt Paul, streck ich zu Boden dich Und trete, Bettler, dich fuer deine Keckheit. (Die Traeger setzen den Sarg nieder.) Anna. Wie nun? ihr zittert, ihr seid all erschreckt? Doch ach! ich tadl' euch nicht: ihr seid ja sterblich, Und es ertraegt kein sterblich Aug' den Teufel.-- Heb dich hinweg, du grauser Hoellenbote! Du hattest Macht nur ueber seinen Leib, Die Seel' erlangst du nicht: drum mach dich fort. Gloster. Sei christlich, suesse Heil'ge! fluche nicht--! Anna. Um Gottes Willen, schnoeder Teufel, fort, Und stoer uns ferner nicht! Du machtest ja Zu deiner Hoelle die beglueckte Erde, Erfuellt mit Fluchgeschrei und tiefem Weh. Wenn deine grimm'gen Taten dich ergoetzen, Sieh diese Probe deiner Metzgerei'n.--. Ihr Herrn, seht, seht! des toten Heinrichs Wunden Oeffnen den starren Mund und bluten frisch.-- Erroete, Klumpe schnoeder Missgestalt! Denn deine Gegenwart haucht dieses Blut Aus Adern, kalt und leer, wo kein Blut wohnt; Ja deine Tat, unmenschlich, unnatuerlich, Ruft diese Flut hervor, so unnatuerlich.-- Du schufst dies Blut, Gott: raeche seinen Tod! Du trinkst es, Erde: raeche seinen Tod! Lass, Himmel, deinen Blitz den Moerder schlagen! Gaehn, Erde, weit, und schling ihn lebend ein, Wie jetzo dieses guten Koenigs Blut, Den sein der Hoell' ergebner Arm gewuergt! Gloster. Herrin, Ihr kennt der Liebe Vorschrift nicht, Mit Gutem Boeses, Fluch mit Segen lohnen. Anna. Bube, du kennst kein goettlich, menschlich Recht; Das wildste Tier kennt doch des Mitleids Regung. Gloster. Ich kenne keins, und bin daher kein Tier. Anna. O Wunder, wenn ein Teufel Wahrheit spricht! Gloster. Mehr Wunder, wenn ein Engel zornig ist!-- Geruhe, goettlich Urbild eines Weibes, Von der vermeinten Schuld mir zu erlauben, Gelegentlich bei dir mich zu befrein. Anna. Geruhe, gift'ger Abschaum eines Manns, Fuer die bekannte Schuld mir zu erlauben, Gelegentlich zu fluchen dir Verfluchtem. Gloster. Du, schoener als ein Mund dich nennen kann! Verleih geduld'ge Frist, mich zu entschuld'gen. Anna. Du, schnoeder als ein Herz dich denken kann! Fuer dich gilt kein Entschuld'gen, als dich haengen. Gloster. Verzweifelnd so, verklagt' ich ja mich selbst. Anna. Und im Verzweifeln waerest du entschuldigt, Durch Uebung wuerd'ger Rache an dir selbst, Der du unwuerd'gen Mord an andern uebtest. Gloster. Setz, ich erschlug sie nicht. Anna. So waeren sie nicht tot; Doch tot sind sie und, Hoellenknecht, durch dich. Gloster. Ich schlug nicht Euren Gatten. Anna. Nun wohl, so lebt er noch. Gloster. Nein, er ist tot, und ihn schlug Eduards Hand. Anna. Du luegst in deinen Hals; Margretha sah In seinem Blut dein moerdrisch Messer dampfen, Das du einst wandtest gegen ihre Brust, Nur deine Brueder schlugen es beiseit. Gloster. Ich war gereizt von ihrer Laesterzunge, Die jener Schuld legt' auf mein schuldlos Haupt. Anna. Du warst gereizt von deinem blut'gen Sinn, Der nie von anderm traeumt' als Metzgerein. Hast du nicht diesen Koenig umgebracht? Gloster. Ich geb es zu. Anna. Zu gibst du's, Igel? Nun, so geb' auch Gott, Dass du verdammt seist fuer die boese Tat! Oh, er war guetig, mild und tugendsam. Gloster. So taugt er, bei des Himmels Herrn zu wohnen. Anna. Er ist im Himmel, wo du niemals hinkommst. Gloster. Er danke mir, der ihm dahin verholfen: Er taugte fuer den Ort, nicht fuer die Erde. Anna. Du taugst fuer keinen Ort als fuer die Hoelle. Gloster. Ja, einen noch, wenn ich ihn nennen darf. Anna. Ein Kerker. Gloster. Euer Schlafzimmer. Anna. Verbannt sei Ruh' vom Zimmer, wo du liegst. Gloster. Das ist sie, Herrin, bis ich bei Euch liege. Anna. Ich hoff es. Gloster. Ich weiss es.--Doch, liebe Lady Anna, Um aus dem raschen Anlauf unsres Witzes In einen mehr gesetzten Ton zu fallen: Ist, wer verursacht den zu fruehen Tod Der zwei Plantagenets, Heinrich und Eduard, So tadelnswert als der Vollzieher nicht? Anna. Du warst die Ursach' und verfluchte Wirkung. Gloster. Eu'r Reiz allein war Ursach' dieser Wirkung, Eu'r Reiz, der heim mich sucht' in meinem Schlaf, Von aller Welt den Tod zu unternehmen Fuer eine Stund' an Eurem suessen Busen. Anna. Daecht' ich das, Moerder, diese Naegel sollten Von meinen Wangen reissen diesen Reiz. Gloster. Dies Auge kann den Reiz nicht tilgen sehn; Ihr taetet ihm kein Leid, staend' ich dabei. Wie alle Welt sich an der Sonne labt, So ich an ihm: er ist mein Tag, mein Leben. Anna. Nacht schwaerze deinen Tag und Tod dein Leben. Gloster. Fluch, hold Geschoepf, dir selbst nicht: du bist beides. Anna. Ich wollt', ich waer's, um mich an dir zu raechen. Gloster. Es ist ein Handel wider die Natur, Dich raechen an dem Manne, der dich liebt. Anna. Es ist ein Handel nach Vernunft und Recht, Mich raechen an dem Moerder meines Gatten. Gloster. Der dich beraubte, Herrin, deines Gatten, Tat's, dir zu schaffen einen bessern Gatten. Anna. Ein bessrer atmet auf der Erde nicht. Gloster. Es lebt wer, der Euch besser liebt als er. Anna. Nenn ihn. Gloster. Plantagenet. Anna. So hiess ja er. Gloster. Derselbe Name, doch bei bessrer Art. Anna. Wo ist er? Gloster. Hier. (Sie speit nach ihm.) Warum speist du mich an? Anna. Waer' es doch toedlich Gift, um deinethalb! Gloster. Niemals kam Gift aus solchem suessen Ort. Anna. Niemals hing Gift an einem schnoedern Molch. Aus meinen Augen fort! du steckst sie an. Gloster. Dein Auge, Herrin, hat meins angesteckt. Anna. O waer's ein Basilisk, dich totzublitzen! Gloster. Ich wollt' es selbst, so stuerb' ich auf einmal, Denn jetzo gibt es mir lebend'gen Tod. Dein Aug' erpresste meinen salze Traenen, Beschaemt' ihr Licht mit kind'scher Tropfen Fuelle, Die Augen, nie benetzt von Mitleidstraenen: Nicht als mein Vater York und Eduard weinten Bei Rutlands bangem Jammer, da sein Schwert Der schwarze Clifford zueckte wider ihn; Noch als dein tapfrer Vater wie ein Kind Klaeglich erzaehlte meines Vaters Tod Und zehnmal innehielt zu schluchzen, weinen, Dass, wer dabeistand, nass die Wangen hatte Wie Laub im Regen: in der traur'gen Zeit Verwarf mein maennlich Auge niedre Traenen, Und was dies Leid ihm nicht entsaugen konnte, Das tat dein Reiz und macht' es blind vom Weinen. Ich flehte niemals weder Freund noch Feind, Nie lernte meine Zunge Schmeichelworte: Doch nun dein Reiz mir ist gesetzt zum Preis, Da fleht mein stolzes Herz und lenkt die Zunge. (Sie sieht ihn veraechtlich an.) Nein, lehr nicht deine Lippen solchen Hohn: Zum Kuss geschaffen, Herrin, sind sie ja. Kann nicht verzeihn dein rachbegierig Herz, So biet ich, sieh! dies scharfgespitzte Schwert; Birg's, wenn du willst, in dieser treuen Brust Und lass die Seel' heraus, die dich vergoettert: Ich lege sie dem Todesstreiche bloss Und bitt, in Demut kniend, um den Tod. (Er entbloesst seine Brust, sie zielt mit dem Degen nach ihm.) Nein, zoegre nicht: ich schlug ja Koenig Heinrich, Doch deine Schoenheit reizte mich dazu. Nur zu! Denn ich erstach den jungen Eduard: (Sie zielt wieder nach seiner Brust.) Jedoch dein himmlisch Antlitz trieb mich an. (Sie laesst den Degen fallen.) Nimm auf den Degen, oder nimm mich auf. Anna. Steh, Heuchler, auf! Wuensch ich schon deinen Tod, So will ich doch nicht sein Vollstrecker sein. Gloster. So heiss mich selbst mich toeten, und ich will's. Anna. Ich tat es schon. Gloster. Das war in deiner Wut. Sag's noch einmal, und gleich soll diese Hand, Die deine Lieb' aus Lieb' erschlug zu dir, Weit treuere Liebe dir zulieb' erschlagen; Du wirst an beider Tod mitschuldig sein. Anna. Kennt' ich doch nur dein Herz! Gloster. Auf meiner Zunge wohnt's. Anna. Vielleicht sind beide falsch. Gloster. Dann meint es niemand treu. Anna. Nun wohl, steckt ein das Schwert. Gloster. Gewaehrst du Frieden mir? Anna. Das sollt Ihr kuenftig sehn. Gloster. Darf ich in Hoffnung leben? Anna. Ich hoffe, jeder tut's. Gloster. Tragt diesen Ring von mir. Anna. Annehmen ist nicht geben. (Sie steckt den Ring an.) Gloster. Sieh, wie der Ring umfasset deinen Finger, So schliesst dein Busen ein mein armes Herz; Trag beide, denn sie sind ja beide dein. Und wenn dein treuster Diener eine Gunst Erbitten darf von deiner gnaed'gen Hand, So sicherst du sein Glueck ihm zu fuer immer. Anna. Was ist es? Gloster. Dass Ihr dies traur'ge Werk dem ueberlasst, Der groessre Ursach' leidzutragen hat, Und Euch sogleich nach Crosby-Hof begebt; Wo ich, nachdem ich feierlich bestattet In Chertsey-Muenster diesen edlen Koenig Und reuevoll sein Grab genetzt mit Traenen, Mit aller schuld'gen Ehr' Euch will besuchen. Aus mancherlei geheimen Gruenden bitt ich, Gewaehrt mir dies. Anna. Von ganzem Herzen, und es freut mich sehr, Zu sehn, dass Ihr so reuig worden seid.-- Wessel und Berkeley, kommt, begleitet mich. Gloster. Sagt mir Lebwohl. Anna. 's ist mehr als Ihr verdient, Doch weil Ihr, Euch zu schmeicheln, mich gelehrt, So denkt, ich sagte schon Euch Lebewohl. (Prinzessin Anna mit den beiden Edelleuten ab.) Gloster. Nehmt auf die Leich', ihr Herrn. ZweiterEdelmann. Nach Chertsey, edler Lord? Gloster. Nein, zu den Karmelitern; dort erwartet mich. (Der Zug mit der Leiche ab.) Ward je in dieser Laun' ein Weib gefreit? Ward je in dieser Laun' ein Weib gewonnen? Ich will sie haben, doch nicht lang behalten. Wie? ich, der Moerder ihres Manns und Vaters, In ihres Herzens Abscheu sie zu fangen, Im Munde Flueche, Traenen in den Augen, Der Zeuge ihres Hasses blutend da; Gott, ihr Gewissen, all dies wider mich, Kein Freund, um mein Gesuch zu unterstuetzen, Als Heuchlerblicke und der bare Teufel, Und doch sie zu gewinnen! Alles gegen nichts! Ha! Entfiel so bald ihr jener wackre Prinz, Eduard, ihr Gatte, den ich vor drei Monden Zu Tewkesbury in meinem Grimm erstach? Solch einen holden liebenswuerd'gen Herrn, In der Verschwendung der Natur gebildet, Jung, tapfer, weis' und sicher koeniglich, Hat nicht die weite Welt mehr aufzuweisen: Und will sie doch ihr Aug' auf mich erniedern, Der dieses Prinzen goldne Bluete brach Und sie verwitwet im betruebten Bett? Auf mich, der nicht dem halben Eduard gleichkommt? Auf mich, der hinkt und missgeschaffen ist? Mein Herzogtum fuer einen Bettlerpfennig, Ich irre mich in mir die ganze Zeit: So wahr ich lebe, kann ich's gleich nicht finden, Sie find't, ich sei ein wunderhuebscher Mann. Ich will auf einen Spiegel was verwenden Und ein paar Dutzend Schneider unterhalten, Um Trachten auszusinnen, die mir stehn. Da ich bei mir in Gunst gekommen bin, So will ich's auch mich etwas kosten lassen. Doch schaff ich den Gesellen erst ins Grab Und kehre jammernd dann zur Liebsten um. Komm, holde Sonn', als Spiegel mir zustatten Und zeige, wenn ich geh, mir meinen Schatten. (Ab.) DRITTE SZENE Ebendaselbst. Ein Zimmer im Palast. (Koenigin Elisabeth, Lord Rivers, Marquis von Dorset und Lord Grey treten auf.) Rivers. Seid ruhig, Fuerstin: bald wird Seine Majestaet Sich wieder im erwuenschten Wohlsein finden. Grey. Es macht ihn schlimmer, dass Ihr's uebel tragt: Um Gottes willen also, seid getrost Und muntert ihn mit frohen Worten auf. Elisabeth. Was wuerde mir begegnen, waer' er tot? Grey. Kein ander Leid, als solches Herrn Verlust. Elisabeth. Solch eines Herrn Verlust schliesst jedes ein. Grey. Der Himmel schenkt' Euch einen wackern Sohn, Wenn er dahin ist, Troester Euch zu sein. Elisabeth. Ach! er ist jung, und bis zur Muendigkeit Fuehrt ueber ihn die Sorge Richard Gloster, Ein Mann, der mich nicht liebt, noch wen von euch. Rivers. Ist's ausgemacht, dass er Protektor wird? Elisabeth. Es ist beschlossen, noch nicht ausgemacht: Allein es muss sein, wenn der Koenig abgeht. (Buckingham und Stanley treten auf.) Grey. Da sind die Lords von Buckingham und Stanley. Buckingham. Eu'r koeniglichen Gnaden Heil und Glueck! Stanley. Gott moeg' Eu'r Majestaet erfreun wie ehmals! Elisabeth. Die Graefin Richmond, lieber Mylord Stanley, Sagt auf Eu'r gut Gebet wohl schwerlich Amen. Doch, Stanley, ob sie Euer Weib schon ist Und mich nicht liebt, seid, bester Lord, versichert, Ich hass Euch nicht um ihren Uebermut. Stanley. Messt, ich ersuch Euch, keinen Glauben bei Den Laesterungen ihrer falschen Klaeger; Und wuerde sie auf guelt'gen Grund verklagt, Tragt ihre Schwaeche, die gewiss entsteht Aus kranken Grillen, nicht bedachter Bosheit. Elisabeth. Saht Ihr den Koenig heute, Mylord Stanley? Stanley. Wir kommen, Herzog Buckingham und ich, Nur eben jetzt von Seiner Majestaet. Elisabeth. Was ist fuer Anschein seiner Bessrung, Lords? Buckingham. Die beste Hoffnung, Eu'r Gemahl spricht munter. Elisabeth. Gott geb' ihm Heil! Bespracht Ihr Euch mit ihm? Buckingham. Ja, gnaed'ge Frau: er wuenscht den Herzog Gloster Mit Euren Bruedern wieder auszusoehnen Und diese mit dem Oberkaemmerer Und hiess vor Seiner Hoheit sie erscheinen. Elisabeth. Waer' alles gut! Doch das wird nimmer sein: Ich fuerchte, unser Glueck hat seine Hoeh'. (Gloster und Hastings.) Gloster. Sie tun mir Unrecht, und ich will's nicht dulden. Wer sind sie, die beim Koenig sich beklagen, Ich sei, man denke, hart und lieb' sie nicht? Beim heil'gen Paul, der liebt ihn obenhin, Wer so sein Ohr mit Zankgeruechten anfuellt. Weil ich nicht schmeicheln und beschwatzen kann, Zulachen, streicheln, hintergehn und kriechen, Fuchsschwaenzend wie ein Franzmann und ein Aff', So haelt man mich fuer einen haem'schen Feind. Kann denn ein schlichter Mann nicht harmlos leben, Dass nicht sein redlich Herz misshandelt wuerde Von seidnen, schlauen, schmeichlerischen Gecken? Grey. Mit wem in diesem Kreis spricht Euer Gnaden? Gloster. Mit dir, der weder Tugend hat noch Gnade. Wann kraenkt' ich dich? wann tat ich dir zu nah? Und dir? und dir? Wann einem eurer Rotte? Die Pest euch allen! Unser gnaed'ger Fuerst-- Den Gott erhalte, besser als ihr wuenscht!-- Kann kaum ein Atemholen ruhig sein, Dass ihr ihn nicht mit wuesten Klagen stoert. Elisabeth. Bruder von Gloster, Ihr missnehmt die Sache. Der Koenig hat, auf eignen hoechsten Antrieb Und nicht bewogen durch ein fremd Gesuch, Vielleicht vermutend Euren innern Hass, Der sich in Eurem aeussern Tun verraet, Auf meine Kinder, Brueder und mich selbst, Zu Euch gesandt, damit er so erfahre Die Ursach' Eures Grolls und weg sie schaffe. Gloster. Ich weiss es nicht--die Welt ist so verderbt, Zaunkoen'ge hausen, wo's kein Adler wagt. Seit jeder Hans zum Edelmanne ward, So wurde mancher edle Mann zum Hans. Elisabeth. Schon gut! man kennt die Meinung, Bruder Gloster: Ihr neidet mein und meiner Freunde Glueck. Gott gebe, dass wir nie Euch noetig haben! Gloster. Gott gibt indes, dass wir Euch noetig haben; Denn unser Bruder ist durch Euch verhaftet, Ich selbst in Ungnad', und der Adel preis Der Schmach gegeben, da man hohe Posten Taeglich verleiht, mit Ehren die zu kroenen, Die gestern keine Kron' im Beutel hatten. Elisabeth. Bei dem, der mich zu banger Hoeh' erhob, Von dem zufriednen Los, das ich genoss! Ich reizte niemals Seine Majestaet Wider den Herzog Clarence, war vielmehr Ein Anwalt, welcher eifrig fuer ihn sprach. Mylord, Ihr tut mir schmaehlich Unrecht an, Da Ihr mich falsch in solchen Argwohn bringt. Gloster. Ihr koennt auch leugnen, dass Ihr Schuld gehabt An Mylord Hastings neulichem Verhaft. Rivers. Sie kann's, Mylord; denn-- Gloster. Sie kann's, Lord Rivers? Ei, wer weiss das nicht? Sie kann noch mehr als dieses leugnen, Herr: Sie kann Euch helfen zu manch schoenem Posten, Dann leugnen ihre Hand im Spiel dabei Und alles nennen des Verdienstes Lohn. Was kann sie nicht? Sie kann--ja traun! sie kann --- Rivers. Was kann sie, traun? Gloster. Was kann sie traun? Mit einem Koenig traun, Und der ein Junggesell, ein huebscher Bursch! Hat Eure Grossmama so gut gefreit? Elisabeth. Mylord von Gloster, allzu lang ertrug ich Eu'r plumpes Schelten und Eu'r bittres Schmaehn. Ich melde Seiner Majestaet, beim Himmel, Den groben Hohn, den ich so oft erlitt. Ich waere lieber eine Bauermagd Als grosse Koenigin mit der Bedingung, Dass man mich so verachtet und bestuermt. Ich habe wenig Freud' auf Englands Thron. (Koenigin Margaretha erscheint im Hintergrunde.) Margaretha. Das Wen'ge sei verringert, Gott, so fleh ich! Denn mir gebuehrt dein Rang und Ehrensitz. Gloster. Was? droht Ihr mir, dem Koenig es zu sagen? Sagt's ihm und schont nicht; seht, was ich gesagt, Behaupt ich in des Koenigs Gegenwart. Ich wag es drauf, in Turm geschickt zu werden. 's ist Redens Zeit: man denkt nicht meiner Dienste. Margaretha. Fort, Teufel! Ihrer denk ich allzu wohl. Du brachtest meinen Gatten um im Turm, Und meinen armen Sohn zu Tewkesbury. Gloster. Eh' Ihr den Thron bestiegt und Eu'r Gemahl, War ich das Packpferd seines grossen Werks, Ausrotter seiner stolzen Widersacher, Freigebiger Belohner seiner Freunde; Sein Blut zu fuersten, hab ich meins vergossen. Margaretha. Ja, und viel bessres Blut als seins und deins. Gloster. In all der Zeit war't Ihr und Grey, Eu'r Mann, Parteiisch fuer das Haus von Lancaster; Ihr, Rivers, war't es auch.--Fiel Euer Mann Nicht zu Sankt Albans in Margrethas Schlacht? Erinnern muss ich Euch, wenn Ihr's vergesst, Was Ihr zuvor gewesen und nun seid; Zugleich, was ich gewesen und noch bin. Margaretha. Ein moerderischer Schurk', und bist es noch. Gloster. Verliess nicht Clarence seinen Vater Warwick, Ja, und brach seinen Eid--vergeb' ihm Jesus!--- Margaretha. Bestraf' ihn Gott! Gloster. Um neben Eduard fuer den Thron zu fechten? Zum Lohn sperrt man den armen Prinzen ein. Waer' doch mein Herz steinhart wie Eduard seins, Wo nicht, seins weich und mitleidsvoll wie meins! Ich bin zu kindisch toericht fuer die Welt. Margaretha. So fahr zur Hoelle und verlass die Welt, Du Kakodaemon! Dort ist ja dein Reich. Rivers. Mylord von Gloster, in der heissen Zeit, Woran Ihr mahnt, der Feindschaft uns zu zeihn, Da hielten wir an unserm Herrn und Koenig, Wie wir an Euch es taeten, wenn Ihr's wuerdet. Gloster. Wenn ich es wuerde? Lieber ein Hausierer! Fern meinem Herzen sei's, es nur zu denken. Elisabeth. So wenig Freude, Mylord, als Ihr denkt, Dass Ihr genoesst als dieses Landes Koenig: So wenig Freude moegt Ihr denken auch, Dass ich geniess als dessen Koenigin. Margaretha. Ja, wenig Freud' hat dessen Koenigin: Ich bin es, und bin gaenzlich freudenlos. Ich kann nicht laenger mich geduldig halten.-- (Sie tritt vor.) Hoert mich, Piraten, die ihr hadernd zankt, Indem ihr teilt, was ihr geraubt von mir! Wer von euch zittert nicht, der auf mich schaut? Beugt euch der Koenigin als Untertanen, Sonst bebt vor der Entsetzten als Rebellen.-- Ha, lieber Schurke! wende dich nicht weg! Gloster. Was schaffst du, schnoede Hexe, mir vor Augen? Margaretha. Nur Wiederholung des, was du zerstoert; Das will ich schaffen, eh' ich gehn dich lasse. Gloster. Bist du bei Todesstrafe nicht verbannt? Margaretha. Ich bin's, doch groesste Pein find ich in meinem Bann, Als mir der Tod kann bringen, weil ich blieb. Den Gatten und den Sohn bist du mir schuldig-- Und du das Koenigreich--ihr alle, Dienstpflicht; Dies Leiden, das ich habe, kommt euch zu, Und alle Lust, die ihr euch anmasst, mir. Gloster. Der Fluch, den dir mein edler Vater gab, Als mit Papier die Heldenstirn du kroentest Und hoehnend Baech' aus seinen Augen zogst, Und reichtest, sie zu trocknen, ihm ein Tuch, Getaucht ins reine Blut des holden Rutland: Die Fluech', aus seiner Seele Bitterkeit Dir da verkuendigt, sind auf dich gefallen, Und Gott, nicht wir, straft deine blut'ge Tat. Elisabeth. Ja, so gerecht ist Gott zum Schutz der Unschuld. Hastings. Oh, es war die schnoedste Tat, das Kind zu morden, Die unbarmherzigste, die je gehoert ward! Rivers. Tyrannen weinten, als man sie erzaehlte. Dorset. Kein Mensch war, der nicht Rache prophezeite. Buckingham. Northumberland, der 's ansah, weinte drum. Margaretha. Wie? fletschtet ihr die Zaehne, wie ich kam, Bereit schon, bei der Gurgel euch zu packen, Und kehrt ihr nun all euren Hass auf mich? Galt Yorks ergrimmter Fluch so viel im Himmel, Dass Heinrichs Tod, des suessen Eduards Tod, Des Reichs Verlust, mein wehevoller Bann, Genugtut bloss fuer das verzogne Buebchen? Dringt denn ein Fluch die Wolken durch zum Himmel? Wohl! trennt die schweren Wolken, rasche Flueche!-- Wo nicht durch Krieg, durch Prassen sterb' eu'r Koenig, Wie Mord des unsern ihn gemacht zum Koenig! Eduard, dein Sohn, der jetzo Prinz von Wales, Statt Eduard, meines Sohns, sonst Prinz von Wales, Sterb' in der Jugend, vor der Zeit, gewaltsam! Du, Koenigin statt meiner, die ich's war, Gleich mir Elenden ueberleb dein Los! Lang lebe, deine Kinder zu bejammern! Sieh eine andre, wie ich jetzo dich, Gekleidet in dein Recht, wie du in meins! Lang sterbe deines Glueckes Tag vor dir, Und nach viel langen Stunden deines Grams Stirb, weder Mutter, Weib, noch Koenigin! Rivers und Dorset, ihr saht zu dabei-- Auch du, Lord Hastings--, als man meinen Sohn Erstach mit blut'gen Dolchen: Gott, den fleh ich, Dass euer keiner sein natuerlich Alter Erreich' und ploetzlich werde weggerafft! Gloster. Schliess deinen Spruch, verschrumpfte boese Hexe! Margaretha. Und liess' dich aus? Bleib, Hund, du musst mich hoeren. Bewahrt der Himmel eine schwere Plage, Die uebertrifft, was ich dir weiss zu wuenschen, O spar' er sie, bis deine Suenden reif, Dann schleudr' er seinen Grimm herab auf dich, Den Friedensstoerer dieser armen Welt! Dich nage rastlos des Gewissens Wurm! Argwoehne stets die Freunde wie Verraeter, Und Erzverraeter acht als Busenfreunde! Dein toedlich Auge schliesse nie der Schlaf, Es sei denn, weil ein peinigender Traum Dich schreckt mit einer Hoelle grauser Teufel! Du Missgeburt voll Maeler! wuehlend Schwein! Du, der gestempelt ward bei der Geburt Der Sklave der Natur, der Hoelle Sohn! Du Schandfleck fuer der Mutter schweren Schoss! Du ekler Sproessling aus des Vaters Lenden! Du Lump der Ehre! du mein Abscheu-- Gloster. Margaretha. Margaretha. Richard. Gloster. He? Margaretha. Ich rief dich nicht. Gloster. So bitt ich um Verzeihung; denn ich dachte, Du riefst mir all die bittern Namen zu. Margaretha. Das tat ich auch, doch Antwort wollt' ich nicht. O lass zum Schluss mich bringen meinen Fluch! Gloster. Ich tat's fuer dich: er endigt in Margretha. Elisabeth. So hat Eu'r Fluch sich auf Euch selbst gewandt. Margaretha. Gemalte Koen'gin! Scheinbild meines Gluecks! Was streust du Zucker auf die bauch'ge Spinne, Die dich mit toedlichem Geweb' umstrickt? Toerin! du schaerfst ein Messer, das dich wuergt; Es kommt der Tag, wo du herbei mich wuenschest Zum Fluchen auf den giftgeschwollnen Molch. Hastings. Schliess, Wahnprophetin, deinen tollen Fluch, Erschoepf nicht, dir zum Schaden, die Geduld. Margaretha. Schand' ueber euch! Ihr all erschoepftet meine. Rivers. Beratet Euch und lernet Eure Pflicht. Margaretha. Mich zu beraten, muesst ihr Pflicht mir leisten. Lehrt Koenigin mich sein, euch Untertanen; Beratet mich, und lernet diese Pflicht. Dorset. O streitet nicht mit ihr, sie ist verrueckt. Margaretha. Still, Meister Marquis! Ihr seid naseweis, Eu'r neugepraegter Rang ist kaum in Umlauf. Oh, dass Eu'r junger Adel fuehlen koennte, Was ihn verlieren heisst und elend sein. Wer hoch steht, den kann mancher Windstoss treffen, Und wenn er faellt, so wird er ganz zerschmettert. Gloster. Traun, guter Rat! Marquis, nehmt ihn zu Herzen. Dorset. Er geht Euch an, Mylord, so sehr als mich. Gloster. Ja, und weit mehr: Doch ich bin hochgeboren; In Zedernwipfeln nistet unsre Brut Und taendelt mit dem Wind und trotzt der Sonne. Margaretha. Und huellt die Sonn' in Schatten--weh! ach weh! Das zeugt mein Sohn, im Todesschatten jetzt; Des strahlend lichten Schein dein wolk'ger Grimm Mit ew'ger Finsternis umzogen hat. In unsrer Jungen Nest baut eure Brut. O Gott, der du es siehest, duld es nicht! Was Blut gewann, sei auch so eingebuesst! Buckingham. Still, still! aus Scham, wo nicht aus Christenliebe. Margaretha. Rueckt Christenliebe nicht, noch Scham mir vor. Unchristlich seid ihr mit mir umgegangen, Und schamlos wuergtet ihr mir jede Hoffnung. Wut ist mein Lieben, Leben meine Schmach; Stets leb' in meiner Schmach des Leidens Wut. Buckingham. Hoert auf! hoert auf! Margaretha. O Buckingham, ich kuesse deine Hand Zum Pfand der Freundschaft und des Bunds mit dir. Dir geh' es wohl und deinem edlen Haus! Dein Kleid ist nicht befleckt mit unserm Blut, Und du nicht im Bezirke meines Fluchs. Buckingham. Auch keiner sonst; nie ueberschreiten Flueche Die Lippen des, der in die Luft sie haucht. Margaretha. Ich glaube doch, sie steigen himmelan Und wecken Gottes sanft entschlafnen Frieden. O Buckingham, weich aus dem Hunde dort! Sieh, wann er schmeichelt, beisst er; wann er beisst, So macht sein gift'ger Zahn zum Tode wund. Hab nichts mit ihm zu schaffen, weich ihm aus! Tod, Suend' und Hoelle haben ihn gezeichnet, Und ihre Diener all umgeben ihn. Gloster. Was sagt sie da, Mylord von Buckingham? Buckingham. Nichts, das ich achte, mein gewogner Herr. Margaretha. Wie? hoehnst du mich fuer meinen treuen Rat Und hegst den Teufel da, vor dem ich warne? O denke des auf einen andern Tag, Wenn er dein Herz mit Gram zerreisst, und sage: Die arme Margaretha war Prophetin. Leb' euer jeder, seinem Hass zum Ziel, Und er dem euren, und ihr alle Gottes! (Ab.) Hastings. Mir straeubt das Haar sich, fluchen sie zu hoeren. Rivers. Mir auch; es wundert mich, dass man so frei sie laesst. Gloster. Ich schelte nicht sie, bei der Mutter Gottes! Sie hat zu viel gelitten, und mich reut Mein Teil daran, was ich ihr angetan. Elisabeth. Ich tat ihr nie zu nah, soviel ich weiss. Gloster. Doch habt Ihr allen Vorteil ihres Leids. Ich war zu hitzig, jemand wohlzutun, Der nun zu kalt ist, mir es zu gedenken. Mein Treu, dem Clarence wird es gut vergolten: Man maestet ihn fuer seine Mueh' im Kofen. Verzeih Gott denen, welche schuld dran sind! Rivers. Ein tugendhafter christlicher Beschluss, Fuer die zu beten, die uns Boeses tun! Gloster. Das tu ich immer, weislich so belehrt:-- (Beiseit.) Denn flucht' ich jetzt, haett' ich mich selbst verflucht. (Catesby tritt auf.) Catesby. Fuerstin, Euch fordert Seine Majestaet;-- Eu'r Gnaden auch--und Euch, Ihr edlen Lords. Elisabeth. Ich komme, Catesby.--Geht Ihr mit mir, Lords? Rivers. Wir sind zu Euer Gnaden Dienst. (Alle ab, ausser Gloster.) Gloster. Ich tu das Boes' und schreie selbst zuerst. Das Unheil, das ich heimlich angestiftet, Leg ich den andern dann zur schweren Last. Clarence, den ich in Finsternis gelegt, Bewein ich gegen manchen bloeden Tropf, Ich meine Stanley, Hastings, Buckingham, Und sage, dass die Koen'gin und ihr Anhang Den Koenig wider meinen Bruder reizen. Nun glauben sie's und stacheln mich zugleich Zur Rache gegen Rivers, Vaughan, Grey; Dann seufz ich, und nach einem Spruch der Bibel Sag ich, Gott heisse Gutes tun fuer Boeses; Und so bekleid ich meine nackte Bosheit Mit alten Fetzen, aus der Schrift gestohlen, Und schein ein Heil'ger, wo ich Teufel bin. (Zwei Moerder kommen.) Doch still! da kommen meine Henkersknechte.-- Nun, meine wackern, tuechtigen Gesellen, Geht ihr anjetzt, den Handel abzutun? ErsterMoerder. Ja, gnaed'ger Herr, und kommen um die Vollmacht, Damit man uns einlasse, wo er ist. Gloster. Ganz wohl bedacht! Ich habe hier sie bei mir; (Gibt ihnen die Vollmacht.) Wann ihr's vollbracht habt, kommt nach Crosby-Hof. Doch seid mir schleunig bei der Ausfuehrung, Zugleich verhaertet euch, hoert ihn nicht an; Denn Clarence ist beredt und kann vielleicht Das Herz euch ruehren, wenn ihr auf ihn achtet. ErsterMoerder. Pah, gnaed'ger Herr! Wir schwatzen nicht erst lang; Wer Worte macht, tut wenig: seid versichert, Die Haende brauchen wir und nicht die Zungen. Gloster. Ihr weint Muehlsteine, wie die Narren Traenen; Ich hab euch gerne, Burschen: frisch ans Werk! Geht! geht! macht zu! ErsterMoerder. Wir wollen's, edler Herr. (Alle ab.) VIERTE SZENE Ein Zimmer im Turm. (Clarence und Brakenbury treten auf.) Brakenbury. Wie sieht Eu'r Gnaden heut so traurig aus? Clarence. Oh, ich hatt' eine jaemmerliche Nacht, Voll banger Traeume, scheusslicher Gesichte! So wahr als ich ein frommer glaeub'ger Christ, Ich braechte nicht noch eine Nacht so zu, Gaelt' es auch eine Welt beglueckter Tage: So voll von grausem Schrecken war die Zeit. Brakenbury. Was war Eu'r Traum, Mylord? Ich bitt Euch, sagt mir. Clarence. Mir deucht', ich war entsprungen aus dem Turm Und eingeschifft, hinueber nach Burgund, Und mich begleitete mein Bruder Gloster. Der lockt' aus der Kajuete mich, zu gehn Auf dem Verdeck; von da sahn wir nach England Und fuehrten tausend schlimme Zeiten an Vom Kriege zwischen York und Lancaster, Die uns betroffen. Wie wir schritten so Auf des Verdeckes schwindlichtem Getaefel, Schien mir's, dass Gloster strauchelt' und im Fallen Mich, der ihn halten wollte, ueber Bord In das Gewuehl der Meereswogen riss. O Gott! wie qualvoll schien mir's, zu ertrinken! Welch grauser Laerm des Wassers mir im Ohr! Welch scheusslich Todesschauspiel vor den Augen! Mir deucht', ich saeh' den Graus von tausend Wracken, Saeh' tausend Menschen, angenagt von Fischen; Goldklumpen, grosse Anker, Perlenhaufen, Stein' ohne Preis, unschaetzbare Juwelen, Zerstreuet alles auf dem Grund der See. In Schaedeln lagen ein'ge; in den Hoehlen, Wo Augen sonst gewohnt, war eingenistet, Als wie zum Spotte, blinkendes Gestein, Das buhlte mit der Tiefe schlamm'gem Grund Und hoehnte die Gerippe ringsumher. Brakenbury. Ihr hattet Muss' im Augenblick des Todes, Der Tiefe Heimlichkeiten auszuspaehn? Clarence. Mir deuchte so, und oft strebt' ich den Geist Schon aufzugeben: doch die neid'sche Flut Hielt meine Seel' und liess sie nicht heraus, Die weite, leere, freie Luft zu suchen; Sie wuergte mir sie im beklommnen Leib, Der fast zerbarst, sie in die See zu spein. Brakenbury. Erwachtet Ihr nicht von der Todesangst? Clarence. O nein, mein Traum fuhr nach dem Leben fort: Oh, da begann erst meiner Seele Sturm! Mich setzte ueber die betruebte Flut Der grimme Faehrmann, den die Dichter singen, In jenes Koenigreich der ew'gen Nacht. Zum ersten gruesste da die fremde Seele Mein Schwiegervater, der beruehmte Warwick. Laut schrie er: "Welche Geissel fuer Verrat Verhaengt dies duestre Reich dem falschen Clarence?" Und so verschwand er. Dann vorueber schritt Ein Schatte wie ein Engel, helles Haar Mit Blut besudelt, und er schrie laut auf: "Clarence ist da, der eidvergessne Clarence, Der mich im Feld bei Tewkesbury erstach! Ergreift ihn, Furien! nehmt ihn auf die Folter!" Somit umfing mich eine Legion Der argen Feind' und heulte mir ins Ohr So graessliches Geschrei, dass von dem Laerm Ich bebend aufwacht' und noch laengst nachher Nicht anders glaubt', als ich sei in der Hoelle: So schrecklich eingepraegt war mir der Traum. Brakenbury. Kein Wunder, Herr, dass Ihr Euch drob entsetzt; Mir bangt schon, da ich's Euch erzaehlen hoere. Clarence. O Brakenbury, ich tat alles dies, Was jetzo wider meine Seele zeugt, Um Eduards halb:--und sieh, wie lohnt er's mir! O Gott, kann dich mein innig Flehn nicht ruehren, Und willst du raechen meine Missetaten, So uebe deinen Grimm an mir allein! schon mein schuldlos Weib, die armen Kinder!-- Ich bitt dich, lieber Waerter, bleib bei mir: Mein Sinn ist trueb, und gerne moecht ich schlafen. Brakenbury. Ich will's, Mylord; Gott geb' Euch gute Ruh'! (Clarence setzt sieh zum Schlafen in einen Lehnstuhl.) Leid bricht die Zeiten und der Ruhe Stunden, Schafft Nacht zum Morgen und aus Mittag Nacht. Nur Titel sind der Prinzen Herrlichkeiten, Ein aeussrer Glanz fuer eine innre Last; Fuer ungefuehlte Einbildungen fuehlen Sie eine Welt rastloser Sorgen oft. So dass von ihren Titeln niedern Rang Nichts unterscheidet als des Ruhmes Klang. (Die beiden Moerder kommen.) ErsterMoerder. He! wer ist da? Brakenbury. Was willst du, Kerl? wie bist du hergekommen? ErsterMoerder. Ich will Clarence sprechen, und ich bin auf meinen Beinen hergekommen. Brakenbury. Wie? so kurz ab? ZweiterMoerder. O Herr, besser kurz ab als langweilig.-- Zeige ihm unsern Auftrag, lass dich nicht weiter ein. (Sie ueberreichen dem Brakenbury ein Papier, welches er liest.) Brakenbury. Ich werde hier befehligt, euren Haenden Den edlen Herzog Clarence auszuliefern. Ich will nicht gruebeln, was hiemit gemeint ist, Denn ich will schuldlos an der Meinung sein. Hier sind die Schluessel, dorten schlaeft der Herzog. Ich will zum Koenig, um ihm kundzutun, Dass ich mein Amt so an euch abgetreten. ErsterMoerder. Das moegt Ihr, Herr; es wird weislich getan sein. Gehabt Euch wohl. (Brakenbury ab.) ZweiterMoerder. Wie? sollen wir ihn so im Schlaf erstechen? ErsterMoerder. Nein, er wird sagen, das war feige von uns, wenn er aufwacht. ZweiterMoerder. Wenn er aufwacht! Ei, Narr, er wacht gar nicht wieder auf bis zum grossen Gerichtstag. ErsterMoerder. Ja, dann wird er sagen, wir haben ihn im Schlaf erstochen. ZweiterMoerder. Die Erwaehnung des Wortes Gerichtstag hat eine Art Gewissensbiss in mir erregt. ErsterMoerder. Was? du fuerchtest dich? ZweiterMoerder. Nicht, ihn umzubringen, dazu hab ich ja die Vollmacht; Aber verdammt dafuer zu werden, wovor mich keine Vollmacht schuetzen kann. ErsterMoerder. Ich dachte, du waerst entschlossen. ZweiterMoerder. Das bin ich auch, ihn leben zu lassen. ErsterMoerder. Ich gehe wieder zum Herzog von Gloster und sage es ihm. ZweiterMoerder. Nicht doch, ich bitte dich, wart ein Weilchen. Ich hoffe, diese fromme Laune soll uebergehn: Sie pflegt bei mir nicht laenger anzuhalten, als derweil man etwa zwanzig zaehlt. ErsterMoerder. Wie ist dir jetzt zumute? ZweiterMoerder. Mein Treu, es steckt immer noch ein gewisser Bodensatz von Gewissen in mir. ErsterMoerder. Denk an unsern Lohn, wenn's getan ist. ZweiterMoerder. Recht! Er ist des Todes. Den Lohn hatt' ich vergessen. ErsterMoerder. Wo ist dein Gewissen nun? ZweiterMoerder. Im Beutel des Herzogs von Gloster. ErsterMoerder. Wenn er also seinen Beutel aufmacht, uns den Lohn zu zahlen, so fliegt dein Gewissen heraus. ZweiterMoerder. Es tut nichts, lass es laufen; es mag's ja doch beinahe kein Mensch hegen. ErsterMoerder. Wie aber, wenn sich's wieder bei dir einstellt? ZweiterMoerder. Ich will nichts damit zu schaffen haben, es ist ein gefaehrlich Ding, es macht einen zur Memme. Man kann nicht stehlen, ohne dass es einen anklagt; man kann nicht schwoeren, ohne dass es einen zum Stocken bringt; man kann nicht bei seines Nachbars Frau liegen, ohne dass es einen verraet. 's ist ein verschaemter bloeder Geist, der einem im Busen Aufruhr stiftet; es macht einen voller Schwierigkeiten; es hat mich einmal dahin gebracht, einen Beutel voll Gold wieder herzugeben, den ich von ungefaehr gefunden hatte; es macht jeden zum Bettler, der es hegt; es wird aus Staedten und Flecken vertrieben als ein gefaehrlich Ding, und jedermann, der gut zu leben denkt, verlaesst sich auf sich selbst und lebt ohne Gewissen. ErsterMoerder. Sapperment, es sitzt mir eben jetzt im Nacken und will mich ueberreden, den Herzog nicht umzubringen. ZweiterMoerder. Halt den Teufel fest im Gemuet und glaub ihm nicht: es will sich nur bei dir eindraengen, um dir Seufzer abzuzwingen. ErsterMoerder. Ich habe eine starke Natur, es kann mir nichts anhaben. ZweiterMoerder. Das heisst gesprochen wie ein tuechtiger Kerl, der seinen guten Namen werthaelt. Komm, wollen wir ans Werk gehn? ErsterMoerder. Gib ihm eins mit dem Degengriff uebern Hirnkasten, und dann schmeiss ihn in das Malvasierfass im naechsten Zimmer. ZweiterMoerder. Oh, herrlich ausgedacht! und mache ihn so zur Tunke. ErsterMoerder. Still! er wacht auf. ZweiterMoerder. Schlag zu! ErsterMoerder. Nein, lass uns erst mit ihm reden. Clarence. Wo bist du, Waerter? Einen Becher Weins! ErsterMoerder. Ihr sollt Wein genug haben, Herr, im Augenblick. Clarence. Im Namen Gottes, wer bist du? ErsterMoerder. Ein Mensch, wie Ihr seid. Clarence. Doch nicht, wie ich bin, koeniglich. ErsterMoerder. Noch Ihr, wie wir sind, buergerlich. Clarence. Dein Ruf ist Donner, doch dein Blick voll Demut. ErsterMoerder. Des Koenigs ist mein Ruf, mein Blick mein eigen. Clarence. Wie dunkel und wie toedlich sprichst du doch! Eu'r Auge droht mir: warum seht ihr bleich? Wer hat euch hergesandt? weswegen kommt ihr? Beide. Um, um, um Clarence. Mich zu ermorden? Beide. Ja, ja. Clarence. Ihr habt, mir das zu sagen, kaum das Herz Und koennt drum, es zu tun, das Herz nicht haben. Was, meine Freunde, tat ich euch zu nah? ErsterMoerder. Dem Koenig tatet Ihr zu nah, nicht uns. Clarence. Ich soehne mich noch wieder aus mit ihm. ZweiterMoerder. Niemals, Mylord, drum schickt Euch an zum Tod. Clarence. Erlas man euch aus einer Welt von Menschen Zum Mord der Unschuld? Was ist mein Vergehn? Wo ist das Zeugnis, welches mich verklagt? Was fuer Geschworne reichten ihr Gutachten Dem finstern Richter ein? Den bittern Spruch, Wer faellt' ihn zu des armen Clarence Tod? Eh' mich der Lauf des Rechtes ueberfuehrt, Ist, mir den Tod zu drohn, hoechst widerrechtlich. Ich sag euch, wo ihr hofft auf die Erloesung Durch Christi teures Blut, fuer uns vergossen: Begebt euch weg, und legt nicht Hand an mich! Die Tat, die ihr im Sinn habt, ist verdammlich. ErsterMoerder. Was wir tun wollen, tun wir auf Befehl. ZweiterMoerder. Und er, der so befahl, ist unser Koenig. Clarence. Missleiteter Vasall! Der grosse Koenig Der Koen'ge spricht in des Gesetzes Tafel: "Du sollt nicht toeten." Willst du sein Gebot Denn hoehnen und ein menschliches vollbringen? Gib acht! Er haelt die Rach' in seiner Hand Und schleudert sie aufs Haupt der Uebertreter. ZweiterMoerder. Und selb'ge Rache schleudert er auf dich, Fuer falschen Meineid und fuer Mord zugleich. Du nahmst das Sakrament darauf, zu fechten Im Streite fuer das Haus von Lancaster. ErsterMoerder. Und als Verraeter an dem Namen Gottes Brachst du den Eid, und dein verraetrisch Eisen Riss auf den Leib dem Sohne deines Herrn. ZweiterMoerder. Dem du geschworen hattest Lieb' und Schutz. ErsterMoerder. Wie haeltst du Gottes furchtbar Wort uns vor, Das du gebrochen in so hohem Mass? Clarence. Ach! wem zulieb' tat ich die ueble Tat? Fuer Eduard, meinen Bruder, ihm zulieb'. Er schickt euch nicht, um dafuer mich zu morden; Denn diese Schuld drueckt ihn so schwer wie mich. Wenn Gott gerochen sein will fuer die Tat, o dennoch, wisst, er tut es oeffentlich: Nehmt nicht die Sach' aus seinem maecht'gen Arm; Er braucht nicht krumme, unrechtmaess'ge Wege, Um die, so ihn beleidigt, wegzuraeumen. ErsterMoerder. Was machte dich zum blut'gen Diener denn, Als, hold erwachsend, jener Fuerstenspross, Plantagenet, von dir erschlagen ward? Clarence. Die Bruderliebe, Satan, und mein Grimm. ErsterMoerder. Dein Bruder, unsre Pflicht und dein Vergehn Berufen jetzt uns her, dich zu erwuergen. Clarence. Ist euch mein Bruder lieb, so hasst mich nicht: Ich bin sein Bruder, und ich lieb ihn treu. Seid ihr um Lohn gedungen, so kehrt um Und wendet euch an meinen Bruder Gloster; Der wird euch besser lohnen fuer mein Leben Als Eduard fuer die Zeitung meines Todes. ZweiterMoerder. Ihr irrt Euch sehr, Eu'r Bruder Gloster hasst Euch. Clarence. O nein! Er liebt mich und er haelt mich wert. Geht nur von mir zu ihm. Beide. Das woll'n wir auch. Clarence. Sagt ihm, als unser edler Vater York Uns drei gesegnet mit siegreichem Arm Und herzlich uns beschworen, uns zu lieben, Gedacht' er wenig der getrennten Freundschaft. Mahnt Glostern daran nur, und er wird weinen. ErsterMoerder. Muehlsteine, ja, wie er uns weinen lehrte. Clarence. O nein! verleumd ihn nicht, denn er ist mild. ErsterMoerder. Recht! Wie Schnee der Frucht. Geht, Ihr betruegt Euch selbst: Er ist's, der uns gesandt, Euch zu vertilgen. Clarence. Es kann nicht sein: er weinte um mein Unglueck, Schloss in die Arme mich und schwor mit Schluchzen, Mir eifrig meine Freiheit auszuwirken. ErsterMoerder. Das tut er ja, da aus der Erde Knechtschaft Er zu des Himmels Freuden Euch erloest. ZweiterMoerder. Herr, soehnt Euch aus mit Gott, denn Ihr muesst sterben. Clarence. Hast du die heil'ge Regung in der Seele, Dass du mit Gott mich auszusoehnen mahnst, Und bist der eignen Seele doch so blind, Dass du, mich mordend, Gott bekriegen willst? Ach Leute! denkt, dass, der euch angestiftet, Die Tat zu tun, euch um die Tat wird hassen. ZweiterMoerder. Was soll'n wir tun? Clarence. Bereut, und schafft eu'r Heil. Wer von euch, waer' er eines Fuersten Sohn, Vermauert von der Freiheit, wie ich jetzt, Wofern zwei solche Moerder zu ihm kaemen, Baet' um sein Leben nicht? So wie ihr baetet, Waert ihr in meiner Not-- ErsterMoerder. Bereun? Das waere memmenhaft und weibisch. Clarence. Nicht zu bereun ist viehisch, wild und teuflisch. Mein Freund, ich spaehe Mitleid dir im Blick: Wofern dein Auge nicht ein Schmeichler ist, So tritt auf meine Seit' und bitt fuer mich. Ruehrt jeden Bettler nicht ein Prinz, der bittet? ZweiterMoerder. Seht hinter Euch, Mylord. ErsterMoerder. (ersticht ihn). Nehmt das und das; reicht alles noch nicht hin, So tauch ich Euch ins Malvasierfass draussen. (Mit der Leiche ab.) ZweiterMoerder. O blut'ge Tat, verzweiflungsvoll veruebt! Gern, wie Pilatus, wuesch' ich meine Haende Von diesem hoechst verruchten suend'gen Mord. (Der erste Moerder kommt zurueck.) ErsterMoerder. Wie nun? was denkst du, dass du mir nicht hilfst? Bei Gott, der Herzog soll dein Zoegern wissen. ZweiterMoerder. Wuesst' er, dass ich gerettet seinen Bruder! Nimm du den Lohn und meld ihm, was ich sage; Denn mich gereut am Herzog dieser Mord. (Ab.) ErsterMoerder. Nicht ich; geh, feige Memme, die du bist!-- Ich will in einem Loch die Leiche bergen, Bis dass der Herzog sie begraben laesst; Und hab ich meinen Sold, so will ich fort: Dies kommt heraus, drum meid ich diesen Ort. (Ab.) ZWEITER AUFZUG ERSTE SZENE London. Ein Zimmer im Palast. (Koenig Eduard wird krank herein gefuehrt; Koenigin Elisabeth, Dorset, Rivers, Hastings, Buckingham, Grey und andre treten auf.) Eduard. So recht! ich schafft' ein gutes Tagewerk.-- Ihr Pairs, verharrt in diesem ein'gen Bund! Ich warte jeden Tag auf eine Botschaft, Dass mein Erloeser mich erloest von hier; Die Seele scheidet friedlich nun zum Himmel, Da ich den Freunden Frieden gab auf Erden. Rivers und Hastings, reichet euch die Haende, Hegt nicht verstellten Hass, schwoert Lieb' euch zu. Rivers. Beim Himmel, meine Seel' ist rein von Groll, Die Hand besiegelt meine Herzensliebe. Hastings. So geh's mir wohl, wie ich dies wahrhaft schwoere. Eduard. Gebt acht! treibt keinen Scherz vor eurem Koenig! Auf dass der hoechste Koenig aller Koen'ge Die Falschheit nicht zuschanden mach' und jeden Von euch erseh', des andern Tod zu sein. Hastings. Moeg' ich gedeihn, wie echte Lieb' ich schwoere! Rivers. Und ich, wie ich von Herzen Hastings liebe! Eduard. Gemahl, Ihr seid hier selbst nicht ausgenommen;-- Noch Eu'r Sohn Dorset;--Buckingham, noch ihr;-- Ihr waret widerwaertig miteinander. Frau, liebe Hastings, lass die Hand ihn kuessen, Und was du tust, das tue unverstellt. Elisabeth. Hier, Hastings! Nie des vor'gen Hasses denk ich: So moeg' ich samt den Meinigen gedeihn! Eduard. Dorset, umarm ihn.--Liebt den Marquis, Hastings. Dorset. Ja, dieser Tausch der Lieb', erklaer ich, soll Von meiner Seite unverletzlich sein. Hastings. Das schwoer auch ich. (Er umarmt Dorset.) Eduard. Nun siegle, edler Buckingham, dies Buendnis: Umarm auch du die Naechsten meiner Frau, Und mach in eurer Eintracht mich beglueckt. Buckingham. (zur Koenigin) Wenn Buckingham je wendet seinen Hass Auf Eure Hoheit, nicht mit schuld'ger Liebe Euch und die Euren hegt, so straf' mich Gott Mit Hass, wo ich am meisten Lieb' erwarte! Wann ich am meisten einen Freund bedarf, Und sichrer bin als je, er sei mein Freund: Dann grundlos, hohl, verraetrisch, voll Betrug Moeg' er mir sein! Vom Himmel bitt ich dies, Erkaltet meine Lieb' Euch und den Euren. (Er umarmt Rivers und die uebrigen.) Eduard. Ein staerkend Labsal, edler Buckingham, Ist meinem kranken Herzen dies dein Wort. Nun fehlt nur unser Bruder Gloster hier Zu dieses Friedens segensreichem Schluss. Buckingham. Zur guten Stunde kommt der edle Herzog. Gloster. (tritt auf). Guten Morgen meinem hohen Fuerstenpaar! Und, edle Pairs, euch einen frohen Tag! Eduard. Froh, in der Tat, verbrachten wir den Tag. Bruder, wir schafften hier ein christlich Werk, Aus Feindschaft Frieden, milde Lieb' aus Hass, Bei diesen hitzig aufgereizten Pairs. Gloster. Gesegnetes Bemuehn, mein hoher Herr! Wenn jemand unter dieser edeln Schar Auf falschen Argwohn oder Eingebung Mich haelt fuer seinen Feind; Wenn ich unwissend oder in der Wut Etwas begangen, das mir irgendwer, Hier gegenwaertig, nachtraegt: so begehr ich, In Fried' und Freundschaft mich ihm auszusoehnen. In Feindschaft stehen, ist mein Tod; ich hass es, Und wuensche aller guten Menschen Liebe.-- Erst, gnaed'ge Frau, erbitt ich wahren Frieden Von Euch, den schuld'ger Dienst erkaufen soll;-- Von Euch, mein edler Vetter Buckingham, Ward jemals zwischen uns ein Groll beherbergt;-- Von Euch, Lord Rivers--und, Lord Grey, von Euch: Die all ohn' Ursach' scheel auf mich gesehn;-- Von Euch, Lord Woodville--und, Lord Seales, von Euch;- Herzoege, Grafen, Edle--ja, von allen. Nicht einen weiss ich, der in England lebt, Mit dem mein Sinn den mindsten Hader haette, Mehr als ein heute nacht gebornes Kind. Ich danke meinem Gott fuer meine Demut. Elisabeth. Ein Festtag wird dies kuenftig fuer uns sein: Gott gebe, jeder Zwist sei beigelegt! Mein hoher Herr, ich bitt Eu'r Hoheit, nehmt Zu Gnaden unsern Bruder Clarence an. Gloster. Wie? bot ich darum Liebe, gnaed'ge Frau, Dass man mein spott' in diesem hohen Kreis? Wer weiss nicht, dass der edle Herzog tot ist? (Alle fahren zurueck.) Zur Ungebuehr verhoehnt Ihr seine Leiche. Eduard. Wer weiss nicht, dass er tot ist? Ja, wer weiss es? Elisabeth. Allseh'nder Himmel, welche Welt ist dies! Buckingham. Seh ich so bleich, Lord Dorset, wie die andern? Dorset. Ja, bester Lord; und niemand hier im Kreis, Dem nicht die Roete von den Wangen wich. Eduard. Starb Clarence? Der Befehl war widerrufen. Gloster. Der Arme starb auf Euer erst Geheiss, Und das trug ein gefluegelter Merkur. Ein lahmer Bote trug den Widerruf, Der allzuspaet, ihn zu begraben, kam. Geb' Gott, dass andre, minder treu und edel, Naeher durch blut'gen Sinn, nicht durch das Blut, Nicht mehr verschulden als der arme Clarence Und dennoch frei umhergehn von Verdacht! (Stanley tritt auf.) Stanley. Herr, eine Gnade fuer getanen Dienst! Eduard. O lass mich, meine Seel' ist voller Kummer. Stanley. Ich will nicht aufstehn, bis mein Fuerst mich hoert. Eduard. So sag mit eins, was dein Begehren ist. Stanley. Herr, das verwirkte Leben meines Dieners, Der einen wilden Junker heut erschlug, Vormals in Diensten bei dem Herzog Norfolk. Eduard. Sprach meine Zunge meines Bruders Tod Und spraech nun eines Knechts Begnadigung? Kein Mord, Gedanken waren sein Vergehn, Und doch war seine Strafe bittrer Tod. Wer bat fuer ihn? wer kniet' in meinem Grimm Zu Fuessen mir und hiess mich ueberlegen? Wer sprach von Bruderpflicht? wer sprach von Liebe? Wer sagte mir, wie diese arme Seele Vom maecht'gen Warwick liess und fuer mich focht? Wer sagte mir, wie er zu Tewkesbury Mich rettet', als mich Oxford niederwarf, Und sprach: "Leb, und sei Koenig, lieber Bruder"? Wer sagte mir, als wir im Felde lagen, Fast totgefroren, wie er mich gehuellt In seinen Mantel und sich selber preis, Ganz nackt und bloss, der starren Nachtluft gab? Dies alles rueckte viehisch wilde Wut Mir suendhaft aus dem Sinn, und euer keiner War so gewissenhaft, mich dran zu mahnen. Wenn aber eure Kaerrner, eu'r Gesinde Totschlag im Trunk veruebt und ausgeloescht Das edle Bildnis unsers teuern Heilands, Dann seid ihr auf den Knien um Gnade, Gnade, Und ich muss ungerecht es zugestehn. Fuer meinen Bruder wollte niemand sprechen, Noch sprach ich selbst mir fuer die arme Seele, Verstockter! zu. Der Stolzeste von euch Hatt' ihm Verpflichtungen in seinem Leben, Doch wollte keiner rechten fuer sein Leben. o Gott! ich fuerchte, dein Gericht vergilt's An mir und euch, den Meinen und den Euren.-- Komm, Hastings, hilf mir in mein Schlafgemach. O armer Clarence! (Der Koenig, die Koenigin, Hastings, Rivers, Dorset und Grey ab.) Gloster. Das ist die Frucht des Jaehzorns!--Gabt ihr acht, Wie bleich der Koen'gin schuldige Verwandte Aussahn, da sie von Clarence' Tode hoerten? Oh, immer setzten sie dem Koenig zu! Gott wird es raechen. Wollt ihr kommen, Lords, Dass wir mit unserm Zuspruch Eduard troesten? Buckingham. Zu Euer Gnaden Dienst. (Alle ab.) ZWEITE SZENE Ebendaselbst. (Die Herzogin von York tritt auf mit des Clarence Sohn und Tochter.) Sohn. Grossmutter, sagt uns, ist der Vater tot? Herzogin. Nein, Kind. Tochter. Was weint Ihr denn so oft und schlagt die Brust? Und ruft: "O Clarence! Ungluecksel'ger Sohn!" Sohn. Was seht Ihr so und schuettelt Euren Kopf Und nennt uns arme, ausgestossne Waisen, Wenn unser edler Vater noch am Leben? Herzogin. Ihr art'gen Kinder missversteht mich ganz. Des Koenigs Krankheit jammr' ich, sein Verlust Macht Sorge mir; nicht eures Vaters Tod: Verloren waer' der Gram um den Verlornen. Sohn. So wisst Ihr ja, Grossmutter, er sei tot. Mein Ohm, der Koenig, ist darum zu schelten; Gott wird es raechen: ich will in ihn dringen Mit eifrigem Gebet um einzig dies. Tochter. Das will ich auch. Herzogin. Still, Kinder, still! Der Koenig hat euch lieb; Unschuldige, harmlose Kleinen ihr, In eurer Einfalt koennt ihr nicht erraten, Wer eures Vaters Tod verschuldet hat. Sohn. Grossmutter, doch! Vom guten Oheim Gloster Weiss ich, der Koenig, von der Koenigin Gereizt, sann Klagen aus, ihn zu verhaften. Und als mein Oheim mir das sagte, weint' er, Bedau'rte mich und kuesste meine Wange, Hiess mich auf ihn vertraun als einen Vater, Er wolle lieb mich haben als sein Kind. Herzogin. Ach, dass der Trug so holde Bildung stiehlt Und Bosheit mit der Tugend Larve deckt! Er ist mein Sohn, und hierin meine Schmach, Doch sog er nicht an meiner Brust den Trug. Sohn. Denkt Ihr, mein Oheim verstellte sich, Grossmutter? Herzogin. Ja, Kind. Sohn. Ich kann's nicht denken. Horch, was fuer ein Laerm? (Koenigin Elisabeth tritt auf, ausser sich; Rivers und Dorset folgen ihr.) Elisabeth. Wer will zu weinen mir und jammern wehren, Mein Los zu schelten und mich selbst zu plagen? Bestuermen mit Verzweiflung meine Seele Und selber meine Feindin will ich sein. Herzogin. Wozu der Auftritt wilder Ungeduld? Elisabeth. Zu einem Aufzug trag'schen Ungestuems: Der Koenig, mein Gemahl, dein Sohn, ist tot. Was bluehn die Zweige, wenn der Stamm verging? Was welkt das Laub nicht, dem sein Saft gebricht? Wollt ihr noch leben? Jammert! Sterben? Eilt! Dass unsre Seelen seiner nach sich schwingen, Ihm folgend wie ergebne Untertanen Zu einem neuen Reich der ew'gen Ruh'. Herzogin. Ach, so viel Teil hab ich an deinem Leiden Als Anspruch sonst an deinem edlen Gatten. Ich weint' um eines wuerd'gen Gatten Tod, Und lebt' im Anblick seiner Ebenbilder; Nun sind zwei Spiegel seiner hohen Zuege Zertruemmert durch den boesgesinnten Tod, Mir bleibt zum Troste nur ein falsches Glas, Worin ich meine Schmach mit Kummer sehe. Zwar bist du Witwe, doch du bist auch Mutter, Und deiner Kinder Trost ward dir gelassen: Mir riss der Tod den Gatten aus den Armen Und dann zwei Kruecken aus den schwachen Haenden, Clarence und Eduard. Oh, wie hab ich Grund, Da deins die Haelfte meines Leids nur ist, Dein Wehgeschrei durch meins zu uebertaeuben! Sohn. Ach, Muhm', Ihr weintet nicht um unsern Vater: Wie huelfen wir Euch mit verwandten Traenen? Tochter. Blieb unsre Waisennot doch unbeklagt; Sei unbeweint auch Euer Witwengram. Elisabeth. O steht mir nicht mit Jammerklagen bei, Ich bin nicht unfruchtbar, sie zu gebaeren. In meine Augen stroemen alle Quellen, Dass ich, hinfort vom feuchten Mond regiert, Die Welt in Traenenfuelle moeg' ertraenken. Ach, weh um meinen Gatten, meinen Eduard! DieKinder. Um unsern Vater, unsern teuern Clarence! Herzogin. Um beide, beide mein, Eduard und Clarence! Elisabeth. Wer war mein Halt als Eduard? Er ist hin. DieKinder. Wer unser Halt als Clarence? Er ist hin. Herzogin. Wer war mein Halt als sie? Und sie sind hin. Elisabeth. Nie keine Witwe buesste so viel ein. DieKinder. Nie keine Waise buesste so viel ein. Herzogin. Nie keine Mutter buesste so viel ein. Weh mir! ich bin die Mutter dieser Leiden: Vereinzelt ist ihr Weh, meins allgemein. Sie weint um einen Eduard, und ich auch; Ich wein um einen Clarence, und sie nicht; Die Kinder weinen Clarence, und ich auch; Ich wein um einen Eduard, und sie nicht. Ach, giesst ihr drei auf mich dreifach geschlagne All eure Traenen: Waerterin des Grams, Will ich mit Jammern reichlich ihn ernaehren. Dorset. Mut, liebe Mutter! Gott ist ungehalten, Dass Ihr sein Tun mit Undank so empfangt. In Weltgeschaeften nennt man's undankbar, Mit traegem Widerwillen Schulden zahlen, Die eine milde Hand uns freundlich lieh; Viel mehr, dem Himmel so sich widersetzen, Weil er von Euch die koenigliche Schuld Zuruecke fordert, die er Euch geliehn. Rivers. Bedenkt als treue Mutter, gnaed'ge Frau, Den Prinzen, Euren Sohn; schickt gleich nach ihm Und lasst ihn kroenen. In ihm lebt Euer Trost: Das Leid senkt in des toten Eduard Grab, Die Last baut auf des bluehnden Eduard Thron. (Gloster, Buckingham, Stanley, Hastings, Ratcliff und andre treten auf.) Gloster. Fasst, Schwester, Euch; wir alle haben Grund, Um die Verdunklung unsers Sterns zu jammern: Doch niemand heilt durch Jammern seinen Harm. Ich bitt Euch um Verzeihung, gnaed'ge Mutter, Ich sah Eu'r Gnaden nicht. Demuetig auf den Knien Bitt ich um Euren Segen. Herzogin. Gott segne dich! und floesse Milde dir, Gehorsam, Lieb' und echte Treu' ins Herz! Gloster. Amen! Und lass' als guten alten Mann mich sterben!-- (Beiseit.) Das ist das Hauptziel eines Muttersegens: Mich wundert, dass Ihr' Gnaden das vergass. Buckingham. Umwoelkte Prinzen, herzbeklemmte Pairs, Die diese schwere Last des Jammers drueckt! Hegt all in eurer Lieb' einander nun. Ist unsre Ernt' an diesem Koenig hin, So werden wir des Sohnes Ernte sammeln. Der Zwiespalt eurer hochgeschwollnen Herzen, Erst neulich eingerichtet und gefugt, Muss sanft bewahrt, gepflegt, gehuetet werden. Mir deucht es gut, dass gleich ein klein Gefolg Von Ludlow her den jungen Prinzen hole, Als Koenig hier in London ihn zu kroenen. Rivers. Warum ein klein Gefolg, Mylord von Buckingham? Buckingham. Ei, Mylord, dass ein grosser Haufe nicht Des Grolles neugeheilte Wunde reize; Was um sO mehr gefaehrlich wuerde sein, Je mehr der Staat noch wild und ohne Fuehrer, Wo jedes Ross den Zuegel ganz beherrscht Und seinen Lauf nach Wohlgefallen lenkt. Sowohl des Unheils Furcht als wirklich Unheil Muss, meiner Meinung nach, verhuetet werden. Gloster. Der Koenig schloss ja Frieden mit uns allen, Und der Vertrag ist fest und treu in mir. Rivers. So auch in mir, und so, denk ich, in allen; Doch weil er noch so frisch ist, sollte man Auf keinen Anschein eines Bruchs ihn wagen, Den viel Gesellschaft leicht befoerdern koennte. Drum sag ich mit dem edlen Buckingham, Dass wen'ge nur den Prinzen holen muessen. Hastings. Das sag ich auch. Gloster. So sei es denn; und gehn wir, zu entscheiden, Wer schnell sich auf nach Ludlow machen soll.-- Fuerstin, und Ihr, Frau Mutter, wollt Ihr gehn, Um mitzustimmen in der wicht'gen Sache? (Alle ab, ausser Buckingham und Gloster.) Buckingham. Mylord, wer auch zum Prinzen reisen mag, Um Gottes willen, bleiben wir nicht aus: Denn unterwegs schaff ich Gelegenheit, Als Eingang zu dem juengst besprochnen Handel, Der Koenigin hochmuet'ge Vetterschaft Von der Person des Prinzen zu entfernen. Gloster. Mein andres Selbst! Du meine Ratsversammlung, Orakel und Prophet. Mein lieber Vetter, Ich folge deiner Leitung wie ein Kind. Nach Ludlow denn! Wir bleiben nicht zurueck. (Beide ab.) DRITTE SZENE Eine Strasse. (Zwei Buerger begegnen sich.) ErsterBuerger. Guten Morgen, Nachbar! wohin so in Eil'? ZweiterBuerger. Ich weiss es selber kaum, beteur' ich Euch. Ihr wisst die Neuigkeit? ErsterBuerger. Ja, dass der Koenig tot ist. ZweiterBuerger. Schlimme Neuigkeit, Bei Unsrer Frauen! Selten kommt was Bessres; Ich fuercht, ich fuercht, es geht die Welt rundum. (Ein andrer Buerger kommt.) DritterBuerger. Gott gruess' euch, Nachbarn! ErsterBuerger. Geb' Euch guten Tag! DritterBuerger. Bestaetigt sich des guten Koenigs Tod? ZweiterBuerger. Ja, 's ist nur allzuwahr: Gott steh' uns bei! DritterBuerger. Dann, Leut', erwartet eine stuerm'sche Welt. ErsterBuerger. Nein, nein! Sein Sohn herrscht nun durch Gottes Gnaden. DritterBuerger. Weh' einem Lande, das ein Kind regiert! ZweiterBuerger. Bei ihm ist Hoffnung auf das Regiment, Dass in der Minderjaehrigkeit sein Rat, Und, wann er reif an Jahren ist, er selbst, Dann und bis dahin gut regieren werden. ErsterBuerger. So stund der Staat auch, als der sechste Heinrich, Neun Monat alt, gekroent ward in Paris. DritterBuerger. Stund der Staat so? Nein, nein! Gott weiss, ihr Freunde! Denn dieses Land war damals hoch begabt Mit wuerd'ger Staatskunst; und der Koenig hatte Oheime voll Verdienst zur Vormundschaft. ErsterBuerger. Die hat er auch vom Vater wie der Mutter. DritterBuerger. Viel besser war s, sie waren bloss vom Vater, Oder es waer' vom Vater ihrer keiner. Denn Eifersucht, der Naechste nun zu sein, Tritt uns gesamt zu nah, wenn's Gott nicht wendet. Oh! sehr gefaehrlich ist der Herzog Gloster, Der Koen'gin Soehn' und Brueder frech und stolz; Und wuerden sie beherrscht und herrschten nicht, Dies kranke Land gediehe noch wie sonst. ErsterBuerger. Geht, geht! wir zagen: alles wird noch gut. DritterBuerger. Wann Wolken ziehn, nimmt man den Mantel um, Wann Blaetter fallen, ist der Winter nah; Wer harrt der Nacht nicht, wann die Sonne sinkt? Unzeit'ge Stuerme kuenden Teurung an. Noch kann es gut gehn: doch, wenn's Gott so lenkt, Ist's mehr als ich erwart und wir verdienen. ZweiterBuerger. Wahrlich, der Menschen Herzen sind voll Furcht, Ihr koennt nicht reden fast mit einem Mann, Der nicht bedenklich aussieht und voll Schrecken. DritterBuerger. So ist es immer vor des Wechsels Tagen. Auf hoehern Antrieb misstraun die Gemueter Der kommenden Gefahr; so sehn wir ja Die Wasser schwellen vor dem wuesten Sturm. Doch lassen wir das Gotte. Wohin geht's? ZweiterBuerger. Die Richter haben beid' uns rufen lassen. DritterBuerger. Mich auch; so will ich euch Gesellschaft leisten. (Alle ab.) VIERTE SZENE Ein Zimmer im Palast. (Der Erzbischof von York, der junge Herzog von York, Koenigin Elisabeth und die Herzogin von York treten auf.) Erzbischof. Sie lagen, hoer ich, nachts zu Northampton; Zu Stony Stratford soll'n sie heute sein Und morgen oder uebermorgen hier. Herzogin. Von Herzen sehr verlangt mich nach dem Prinzen. Seit ich ihn sah, ist er gewachsen, hoff ich. Elisabeth. Ich hoere, nein: sie sagen, mein Sohn York Hat fast in seinem Wuchs ihn eingeholt. York. Ja, Mutter; doch ich wollt', es waer' nicht so. Herzogin. Warum, mein Enkel? Wachsen ist ja gut. York. Grossmutter, einmal speisten wir zu Nacht, Da sprach mein Oheim Rivers, wie ich wuechse Mehr als mein Bruder; "Ja", sagt' Oheim Gloster, "Klein Kraut ist fein, gross Unkraut hat Gedeihn." Seitdem nun macht ich nicht mit Wachsen eilen, Weil Unkraut schiesst und suesse Blumen weilen. Herzogin. Fuerwahr! fuerwahr! das Sprichwort traf nicht zu Bei ihm, der selbiges dir vorgerueckt. Er war als Kind das jaemmerlichste Ding, Er wuchs so langsam und so spaet heran, Dass, waer' die Regel wahr, er muesste fromm sein. Erzbischof. Auch zweifl' ich nicht, das ist er, gnaed'ge Frau. Herzogin. Ich hoff, er ist's; doch lasst die Mutter zweifeln. York. Nun, meiner Treu, haett' ich es recht bedacht, So konnt' ich auch dem gnaed'gen Oheim sticheln Auf seinen Wachstum, mehr als er auf meinen. Herzogin. Wie, junger York? Ich bitte, lass mich's hoeren. York. Ei, wie sie sagen, wuchs mein Ohm so schnell, Dass er, zwei Stunden alt, schon Rinden nagte; Zwei volle Jahre hatt' ich keinen Zahn. Grossmutter, beissend waer' der Spass gewesen. Herzogin. Mein art'ger York, wer hat dir das gesagt? York. Grossmutter, seine Amme. Herzogin. Ei, die war tot, eh' du geboren warst. York. Wenn sie's nicht war, so weiss ich es nicht mehr. Elisabeth. Ein kecker Bursch! Geh, du bist zu durchtrieben. Erzbischof. Zuernt nicht mit einem Kinde, gnaed'ge Frau Elisabeth. Die Kruege haben Ohren. (Ein Bote tritt auf.) Erzbischof. Da kommt ein Bote, seht.--Was gibt es Neues? Bote. Mylord, was anzumelden mich betruebt. Elisabeth. Was macht der Prinz? Bote. Er ist gesund und wohl. Herzogin. Was bringst du sonst? Bote. Lord Rivers und Lord Grey sind fort nach Pomfret, Benebst Sir Thomas Vaughan, als Gefangne. Herzogin. Und wer hat sie verhaftet? Bote. Die maecht'gen Herzoge, Gloster und Buckingham. Elisabeth. Fuer welch Vergehn? Bote. Was ich nur weiss und kann, eroeffnet' ich. Warum, wofuer die Herrn verhaftet sind, Ist gaenzlich unbekannt mir, gnaed'ge Fuerstin. Elisabeth. Weh mir! ich sehe meines Hauses Sturz. Der Tiger hat das zarte Reh gepackt; Verwegne Tyrannei beginnt zu stuermen Auf den harmlosen, ungescheuten Thron. Willkommen, Blut, Zerstoerung, Metzelei! Ich seh, wie im Abriss, schon das Ende. Herzogin. Verfluchte Tage unruhvollen Zanks! Wie manchen euer sah mein Auge schon! Mein Gatte liess sein Leben um die Krone, Und meine Suehne schwankten auf und ab, Gewinn, Verlust gab Freude mir und Weh. Nun, da sie eingesetzt, und Buergerzwist Ganz weggeraeumt, bekriegen selber sie, Die Sieger selber sich; Bruder mit Bruder, Blut mit Blut, Selbst gegen Selbst.--O du verkehrte Wahnsinn'ge Wut, lass den verruchten Grimm, Sonst lass mich sterben, nicht den Tod mehr schaun! Elisabeth. Komm, komm, mein Kind, wir suchen heil'ge Zuflucht. Gehabt euch wohl. Herzogin. Bleibt noch, ich gehe mit. Elisabeth. Ihr habt nicht Ursach'. Erzbischof. (zur Koenigin). Gnaed'ge Fuerstin, geht, Und nehmet Euren Schatz und Gueter mit. Fuer mein Teil geb ich mein vertrautes Siegel Eu'r Hoheit ab; und moeg' es wohl mir gehn, Wie ich Euch wohl will und den Euren allen! Kommt, ich geleit Euch zu der heil' gen Zuflucht. (Alle ab.) DRITTER AUFZUG ERSTE SZENE London. Eine Strasse. (Trompeten. Der Prinz von Wales, Gloster, Buckingham, Kardinal Bourchier, Catesby und andre.) Buckingham. Willkommen, bester Prinz, in London, Eurer Kammer! Gloster. Willkommen, Vetter, meines Sinnes Fuerst!-- Der Reis' Ermuedung macht' Euch melancholisch. Prinz. Nein, Oheim; der Verdruss nur unterwegs Hat sie mir schwer gemacht, langweilig, widrig. Ich misse hier noch Onkel zum Empfang. Gloster. Mein Prinz, die reine Tugend Eurer Jahre Ergruendete noch nicht der Welt Betrug. Ihr unterscheidet nichts an einem Mann Als seinen aeussern Schein; und der, weiss Gott, Stimmt selten oder niemals mit dem Herzen. Gefaehrlich sind die Onkel, die Ihr misst; Eu'r Hoheit lauschte ihren Honigworten Und merkte nicht auf ihrer Herzen Gift. Bewahr' Euch Gott vor solchen falschen Freunden! Prinz. Vor falschen Freunden: ja! Sie waren keine. Gloster. Mein Fuerst, der Schulz von London kommt zum Willkomm. (Der Lord Mayor und sein Zug treten auf.) Mayor. Gott segn' Eu'r Hoheit mit beglueckten Tagen! Prinz. Ich dank Euch, bester Lord--und dank Euch allen. (Der Lord Mayor mir seinem Zuge ab.) Viel frueher, dacht' ich, wuerde meine Mutter Und Bruder York uns unterweges treffen.-- Pfui, welche Schneck' ist Hastings! dass er uns Nicht meldet, oh sie kommen oder nicht. (Hastings tritt auf.) Buckingham. So eher recht kommt der erhitzte Lord. Prinz. Willkommen, Mylord! Nun, kommt unsre Mutter? Hastings. Auf welchen Anlass, das weiss Gott, nicht ich, Nahm Eure Mutter und Eu'r Bruder York Zuflucht im Heiligtum. Der zarte Prinz Haett' Eure Hoheit gern mit mir begruesst, Doch seine Mutter hielt ihn mit Gewalt. Buckingham. Pfui! welch verkehrtes eigensinn'ges Tun Ist dies von ihr?--Wollt Ihr, Lord Kardinal, Die Koenigin bereden, seinem Bruder, Dem Prinzen, gleich den Herzog York zu senden? Verweigert sie's--Lord Hastings, geht Ihr mit, Entreisst ihn ihrem eifersuecht'gen Arm. Kardinal. Mylord, wenn meine schwache Redekunst Der Mutter kann den Herzog abgewinnen, Erwartet gleich ihn hier. Allein ist sie verhaertet Fuer milde Bitten, so verhuete Gott, Dass wir das teure Vorrecht kraenken sollten Der heil'gen Zuflucht! Nicht um all dies Land Wollt' ich so schwerer Suende schuldig sein. Buckingham. Ihr seid zu sinnlos eigenwillig, Mylord, Zu altherkoemmlich und zu feierlich. Erwaegt es nach der Groeblichkeit der Welt, Ihn greifen bricht die heil'ge Zuflucht nicht. Derselben Gunst wird dem stets zugestanden, Der durch sein Tun verdienet solchen Platz Und Witz hat, zu begehren solchen Platz. Der Prinz hat ihn begehrt nicht, noch verdient Und kann also, wie mich duenket, ihn nicht haben. Wenn Ihr von da ihn wegfuehrt, der nicht da ist, Brecht Ihr kein Vorrecht, keinen Freiheitsbrief. Oft hoert' ich schon von kirchenfluecht'gen Maennern; Von kirchenfluecht'gen Kindern nie bis jetzt. Kardinal. Mylord, Ihr sollt mich diesmal ueberstimmen.-- Wohlan, Lord Hastings, wollt Ihr mit mir gehn? Hastings. Ich gehe, Mylord. Prinz. Betreibt dies, liebe Herrn, in aller Eil'. (Der Kardinal und Hastings ab.) Sagt, Oheim Gloster, wenn mein Bruder kommt, Wo sollen wir verbleiben bis zur Kroenung? Gloster. Wo's gut duenkt Eurer fuerstlichen Person. Wenn ich Euch raten darf, belieb' Eu'r Hoheit Sich ein paar Tage auszuruhn im Turm; Dann wo Ihr wollt und es am besten scheint Fuer Euer Wohlsein und Gemuetsergoetzung. Prinz. Der Turm missfaellt mir wie kein Ort auf Erden.-- Hat Julius Caesar ihn gebaut, Mylord? Gloster. Er hat, mein gnaed'ger Fuerst, den Ort gestiftet, Den dann die Folgezeiten neu erbaut. Prinz. Hat man es schriftlich, oder ueberliefert Von Zeit auf Zeiten nur, dass er ihn baute? Buckingham. Schriftlich, mein gnaed'ger Fuerst. Prinz. Doch setzt, Mylord, es waer' nicht aufgezeichnet: Mich duenkt, die Wahrheit sollte immer leben, Als waer' sie aller Nachwelt ausgeteilt Bis auf den letzten Tag der Welt. Gloster (beiseit). Klug allzubald, sagt man, wird nimmer alt. Prinz. Was sagt Ihr, Oheim? Gloster. Ich sage, Mut wird ohne Schriften alt.-- (Beiseit.) So, wie im Fastnachtspiel die Suendlichkeit, Deut ich zwei Meinungen aus einem Wort. Prinz. Der Julius Caesar war ein grosser Mann: Womit sein Mut begabte seinen Witz, Das schrieb sein Witz, dem Mute Leben schaffend, Der Tod besiegte diesen Sieger nicht, Er lebt im Ruhm noch, obwohl nicht im Leben.-- Wollt Ihr was wissen, Vetter Buckingham? Buckingham. Was, mein gnaed'ger Fuerst? Prinz. Werd ich ein Mann je, so gewinn ich wieder In Frankreich unser altes Recht; wo nicht, Sterb ich als Krieger, wie ich lebt' als Koenig. Gloster (beiseit). Auf zeit'gen Fruehling waehrt der Sommer wenig. (York, Hastings und der Kardinal treten auf.) Buckingham. Da kommt zu rechter Zeit der Herzog York. Prinz. Richard von York!--Wie lebt mein lieber Bruder? York. Gut, strenger Herr; so muss ich nun Euch nennen. Prinz. Ja, Bruder, mir zum Grame, sowie Euch: Er starb ja kaum, der diesen Titel fuehrte, Des Tod ihm viel an Majestaet benahm. Gloster. Wie geht es unserm edlen Vetter York? York. Ich dank Euch, lieber Oheim. Ha, Mylord, Ihr sagtet, unnuetz Kraut, das wachse schnell: Der Prinz, mein Bruder, wuchs mir uebern Kopf. Gloster. Ja wohl, Mylord. York. Und ist er darum unnuetz? Gloster. O bester Vetter, das moecht ich nicht sagen. York. Dann ist er Euch ja mehr als ich verpflichtet. Gloster. Er hat mir zu befehlen, als mein Fuerst, Doch Ihr habt Recht an mir als ein Verwandter. York. Ich bitt Euch, Oheim, gebt mir diesen Dolch. Gloster. Den Dolch, mein kleiner Vetter? Herzlich gern. Prinz. Ein Bettler, Bruder? York. Beim guten Oheim, der gewiss mir gibt, Und um eine Kleinigkeit, die man ohn' Arges gibt. Gloster. Wohl Groessres will ich meinem Vetter geben. York. Wohl Groessres? Oh, das ist das Schwert dazu. Gloster. Ja, lieber Vetter, waer's nur leicht genug. York. Dann seh ich wohl, Ihr schenkt nur leichte Gaben, Bei Dingen von Gewicht sagt Ihr dem Bettler: nein! Gloster. Es hat zu viel Gewicht, fuer Euch zu tragen. York. Fuer mich hat's kein Gewicht, und waer's noch schwerer. Gloster. Wie? wollt Ihr meine Waffen, kleiner Lord? York. Ja, und mein Dank soll sein, wie Ihr mich nennt. Gloster. Wie? York. Klein. Prinz. Mylord von York ist stets in Reden keck: Oheim, Eu'r Gnaden weiss ihn zu ertragen. York. Ihr meint, zu tragen, nicht mich zu ertragen.-- Oheim, mein Bruder spottet mein und Euer; Er denkt, weil ich nur klein bin, wie ein Aff', Ihr solltet mich auf Euren Schultern tragen. Buckingham. Mit welchem scharf versehnen Witz er redet! Den Spott zu mildern wider seinen Oheim, Verhoehnt er selbst sich artig und geschickt. So schlau und noch so jung, ist wunderbar. Gloster. Mein gnaed'ger Fuerst, beliebt es Euch zu gehn? Ich und mein guter Vetter Buckingham, Wir woll'n zu Eurer Mutter und sie bitten, Dass sie im Turm Euch trifft und Euch bewillkommt. York. Wie? denkt Ihr in den Turm zu gehn, Mylord? Prinz. Mylord Protektor will es so durchaus. York. Ich schlafe sicher nicht mit Ruh' im Turm. Gloster. Warum? was koennt Ihr fuerchten? York. Ei, meines Oheims Clarence zorn'gen Geist; Grossmutter sagt, er wurde da ermordet. Prinz. Ich fuerchte keinen toten Oheim. Gloster. Auch keine, hoff ich, die am Leben sind. Prinz. Sind sie's, so hab ich nichts zu fuerchten, hoff ich. Doch kommt, Mylord, und mit beklommnem Herzen, Ihrer gedenkend, geh ich in den Turm. (Der Prinz, York, Hastings, Kardinal und Gefolge ab.) Buckingham. Glaubt ihr, Mylord, den kleinen Schwaetzer York Nicht aufgereizt von seiner schlauen Mutter, So schimpflich Euch zu necken und verspotten? Gloster. Gewiss, gewiss: oh,,s ist ein schlimmer Bursch! Keck, rasch, verstaendig, altklug und geschickt; Die Mutter ganz vom Wirbel bis zur Zeh'. Buckingham. Gut, lasst das sein.--Komm hieher, Catesby Du schwurst So gruendlich auszurichten unsre Zwecke, Als heimlich zu bewahren unsre Winke; Du hoertest unsre Gruende unterwegs: Was meinst du? sollt' es nicht ein leichtes sein, William Lord Hastings unsers Sinns zu machen Fuer die Erhebung dieses edlen Herzogs Auf dieser weltberuehmten Insel Thron? Catesby. Er liebt den Prinzen so des Vaters halb, Er laesst zu nichts sich wider ihn gewinnen. Buckingham. Was denkst du denn vom Stanley? laesst nicht der? Catesby. Der wird in allem ganz wie Hastings tun. Buckingham. Nun wohl, nichts mehr als dies: geh, lieber Catesby, Und wie von fern erforsche du Lord Hastings, Wie er gesinnt ist gegen unsre Absicht; Und lad ihn ein auf morgen in den Turm, Der Kroenung wegen mit zu Rat zu sitzen. Wenn du fuer uns geschmeidig ihn verspuerst, So muntr' ihn auf und sag ihm unsre Gruende. Doch ist er bleiern, frostig, kalt, unwillig, So sei du's auch: brich das Gespraech so ab, Und gib uns Nachricht ueber seine Neigung. Denn morgen halten wir besondern Rat, Worin wir hoechlich dich gebrauchen wollen. Gloster. Empfiehl mich dem Lord William: sag ihm, Catesby, Dass seiner Todfeind' alte Rotte morgen In Pomfret-Schloss zur Ader wird gelassen; Heiss' meinen Freund, fuer diese Neuigkeit Frau Shore ein Kuesschen mehr aus Freuden geben. Buckingham. Geh, guter Catesby, richt es tuechtig aus. Catesby. Ja, werte Lords, mit aller Achtsamkeit. Gloster. Wird man von Euch vor Schlafengehn noch hoeren? Catesby. Gewiss, Mylord. Gloster. In Crosby-Hof, da findet Ihr uns beide. (Catesby ab.) Buckingham. Nun, Mylord, was soll'n wir tun, wenn wir verspueren, Dass Hastings unsern Planen sich nicht fuegt? Gloster. Den Kopf ihm abhaun, Freund:--was muss geschehn. Und wenn ich Koenig bin, dann fordre du Die Grafschaft Hereford und alles fahrende Gut, Was sonst der Koenig, unser Bruder, hatte. Buckingham. Ich will mich auf Eu'r Hoheit Wort berufen. Gloster. Es soll dir freundlichst zugestanden werden. Komm, speisen wir zu Abend, um hernach In unsern Anschlag Gestalt zu bringen. (Beide ab.) ZWEITE SZENE Vor Lord Hastings' Hause. (Ein Bote tritt auf.) Bote (klopft). Mylord! Mylord! Hastings (von innen). Wer klopft? Bote. Jemand von Lord Stanley. Hastings (von innen). Was ist die Uhr? Bote. Vier auf den Schlag. (Hastings tritt auf.) Hastings. Kann nicht dein Herr die langen Naechte schlafen? Bote. So scheint's, nach dem, was ich zu sagen habe. Zuerst empfiehlt er sich Eu'r Herrlichkeit. Hastings. Und dann? Bote. Und dann laesst er Euch melden, dass ihm traeumte, Der Eber stosse seinen Helmbusch ab. Auch, sagt er, werde doppelt Rat gehalten, Und dass man leicht beschliessen koenn' im einen, Was ihn und Euch bekuemmern koennt' im andern. Drum schickt er, Eu'r Belieben zu erfahren, Ob Ihr sogleich mit ihm aufsitzen wollt Und ohne Saeumen nach dem Norden jagen, Um die Gefahr zu meiden, die ihm schwant. Hastings. Geh, geh, Gesell, zurueck zu deinem Herrn, Heiss' ihn nicht fuerchten den getrennten Rat: Sein' Edeln und ich selbst sind bei dem einen, Catesby, mein guter Freund, ist bei dem andern, Woselbst nichts vorgehn kann, was uns betrifft, Wovon mir nicht die Kundschaft wuerd' erteilt. Sag ihm, die Furcht sei albern, sonder Anlass; Und wegen seines Traums, da wundr' es mich, Wie er doch nur so toericht koenne sein, Zu traun der Neckerei unruh'gen Schlummers. Den Eber fliehn, bevor der Eber nachsetzt, Das hiess' den Eber reizen, uns zu folgen Und Jagd zu machen, wo er's nicht gemeint. Heiss' deinen Herrn aufstehn und zu mir kommen, Dann wollen wir zusammen hin zum Turm, Wo, du sollst sehn, der Eber freundlich sein wird. Bote. Ich geh, Mylord, und will ihm das bestellen. (Ab.) (Catesby tritt auf.) Catesby. Vielmals guten Morgen meinem edlen Lord! Hastings. Guten Morgen, Catesby! Ihr seid frueh bei Wege. Was gibt's, was gibt's in unserm Wankestaat? Catesby. Die Welt ist schwindlicht, in der Tat, Mylord, Und, glaub ich, wird auch niemals aufrecht stehn, Bevor nicht Richard traegt des Reiches Kranz. Hastings. Wieso? des Reiches Kranz? meinst du die Krone? Catesby. Ja, bester Lord. Hastings. Man soll das Haupt mir schlagen von den Schultern, Eh' ich die Krone seh so schnoed entwandt. Doch kannst du raten, dass er darnach zielt? Catesby. So wahr ich lebe, und er hofft Euch wirksam Fuer ihn zu finden, selb'ge zu gewinnen; Und hierauf schickt er Euch die gute Botschaft, Dass Eure Feinde diesen selben Tag, Der Koenigin Verwandt', in Pomfret sterben. Hastings. Um diese Nachricht traur' ich eben nicht, Denn immer waren sie mir Widersacher. Doch dass ich stimmen sollt' auf Richards Seite, Den echten Erben meines Herrn zum Nachteil, Gott weiss, das tu ich nicht bis in den Tod. Catesby. Gott schuetz' Eu'r Gnaden bei dem frommen Sinn! Hastings. Doch das belach ich wohl noch uebers Jahr, Dass ich erlebe deren Trauerspiel, Die mich bei meinem Herrn verhasst gemacht. Hoer, Catesby, eh' ein vierzehn Tag' ins Land gehn, Schaff ich noch ein'ge fort, die's jetzt nicht denken. Catesby. Ein haesslich Ding, zu sterben, gnaed'ger Herr, Unvorbereitet und sich nichts versehend. Hastings. O greulich! greulich! Und so geht es nun Mit Rivers, Vaughan, Grey; und wird so gehn Mit andern noch, die sich so sicher duenken Wie du und ich, die dem durchlauchten Richard Und Buckingham doch wert sind, wie du weisst. Catesby. Die Prinzen beide achten Euch gar hoch.-- (Beiseit.) Sie achten seinen Kopf schon auf der Bruecke. Hastings. Ich weiss es wohl und hab's um sie verdient. (Stanley tritt auf.) Wohlan, wohlan! Wo ist Eu'r Jagdspiess, Freund? Ihr scheut den Eber und geht ungeruestet? Stanley. Mylord, guten Morgen! guten Morgen, Catesby! Ihr moegt nur spassen, doch, beim heil'gen Kreuz, Ich halte nichts von dem getrennten Rat, Hastings. Mylord, Mein Leben halt ich wert wie Ihr das Eure, Und nie in meinem Leben, schwoer ich Euch, War es mir kostbarer als eben jetzt. Denkt Ihr, wuesst' ich nicht unsre Lage sicher, Ich waer' so triumphierend, wie ich bin? Stanley. Die Lords zu Pomfret ritten wohlgemut Aus London, glaubten ihre Lage sicher Und hatten wirklich keinen Grund zum Misstraun: Doch seht Ihr, wie der Tag sich bald bewoelkt. Ich fuerchte diesen raschen Streich des Grolls; Gott gebe, dass ich notlos zaghaft sei! Nun, wollen wir zum Turm? Der Tag vergeht. Hastings. Kommt, kommt, seid ruhig! Wisst Ihr was, Mylord? Heut werden die erwaehnten Lords enthauptet. Stanley. Fuer Treu' stuend' ihnen besser wohl ihr Haupt, Als manchen, die sie angeklagt, ihr Hut. Kommt, Mylord, lasst uns gehn. (Ein Heroldsdiener tritt auf.) Hastings. Geht nur voran, Ich will mit diesem wackern Manne reden. (Stanley und Catesby ab.) He, Bursch, wie steht's mit dir? Heroldsdiener. Um desto besser, Weil Eure Herrlichkeit geruht zu fragen. Hastings. Ich sag dir, Freund, mit mir steht's besser jetzt, Als da du neulich eben hier mich trafst. Da ging ich als Gefangner in den Turm Auf Antrieb von der Koenigin Partei; Nun aber sag ich dir (bewahr's fuer dich), Heut werden meine Feinde hingerichtet, Und meine Lag' ist besser als zuvor. Heroldsdiener. Erhalt' sie Gott nach Euer Gnaden Wunsch! Hastings. Grossen Dank, Bursche! Trink das auf mein Wohl. (Wirft ihm seinen Beutel zu.) Heroldsdiener. Ich dank Eu'r Gnaden. (Ab.) (Ein Priester tritt auf.) Priester. Mylord, mich freut's, Eu'r Gnaden wohl zu sehn. Hastings. Ich danke dir von Herzen, mein Sir John. Ich bin Eu'r Schuldner fuer die letzte Uebung; Kommt naechsten Sabbat, und ich will's vergueten. (Buckingham tritt auf.) Buckingham. Ihr sprecht mit Priestern, wie, Herr Kaemmerer? Den Priester brauchen Eure Freund' in Pomfret, Eu'r Gnaden hat mit Beichten nichts zu tun. Hastings. Fuerwahr, da ich den wuerd'gen Mann hier sah, Da fielen die, wovon Ihr sprecht, mir ein. Sagt, geht Ihr in den Turm? Buckingham. Ja, Mylord, doch ich kann nicht lang da bleiben, Ich geh vor Euer Edeln wieder fort. Hastings. Vielleicht, weil ich zum Mittagessen bleibe. Buckingham (beiseit). Zum Abendessen auch, weisst du's schon nicht.-- Kommt, wollt Ihr gehn? Hastings. Eu'r Gnaden aufzuwarten. (Ab.) DRITTE SZENE Zu Pomfret, vor der Burg. (Ratcliff tritt auf mir einer Wache, welche Rivers, Vaughan und Grey zur Hinrichtung fuehrt.) Ratcliff. Kommt, fuehrt die Gefangnen vor. Rivers. Sir Richard Ratcliff, lass dir sagen dies: Heut wirst du einen Untertan sehn sterben, Den Treu' und Pflicht und Biederkeit verderben. Grey. Gott schuetz' den Prinzen nur vor eurer Rotte! Verdammter Hauf' ihr alle von Blutsaugern! Vaughan. Ihr, die ihr lebt, wehklagt hierum noch kuenftig. Ratcliff. Macht fort, denn eures Lebens Ziel ist da. Rivers. O Pomfret! Pomfret! O du blut'ger Kerker, Verhaengnisvoll und toedlich edlen Pairs! Im suend'gen Umfang deiner Mauern ward Richard der Zweite hier zu Tod gehaun; Und deinem grausen Sitz zu fernerm Schimpf Gibt man dir unser schuldlos Blut zu trinken. Grey. Nun faellt Margrethas Fluch auf unser Haupt, Ihr Racheschrei, weil Hastings, Ihr und ich Zusahn, als Richard ihren Sohn erstach. Rivers. Da fluchte sie Hastings, da fluchte sie Buckingham, Da fluchte sie Richard: Gott, gedenke des! Hoer ihr Gebet fuer sie, wie jetzt fuer uns! Fuer meine Schwester und fuer ihre Prinzen Genueg' unser treues Blut dir, teurer Gott, Das ungerecht, du weisst's, vergossen wird! Ratcliff. Eilt euch, die Todesstund' ist abgetan. Rivers. Komm, Grey! komm, Vaughan! umarmen wir uns hier: Lebt wohl, bis wir uns wiedersehn im Himmel. (Alle ab.) VIERTE SZENE London. Ein Zimmer im Turm. (Buckingham, Stanley, Hastings, der Bischof von Ely, Lovel und andre, an einer Tafel sitzend; Ratsbediente hinter ihnen stehend.) Hastings. Nun, edle Pairs, was uns versammelt, ist, Die Kroenung festzusetzen: in Gottes Namen, Sprecht denn, wann ist der koenigliche Tag? Buckingham. Ist alles fertig fuer dies Koenigsfest? Stanley. Ja, und es fehlt die Anberaumung nur. Ely. So acht' ich morgen einen guten Tag. Buckingham. Wer kennt des Lord Protektors Sinn hierin? Wer ist Vertrautester des edlen Herzogs? Ely. Eu'r Gnaden kennt wohl seinen Sinn am ersten. Buckingham. Wir kennen von Gesicht uns: doch die Herzen, Da kennt er meins nicht mehr, als Eures ich; Noch seines ich, Mylord, als meines Ihr.-- Lord Hastings, Ihr und er seid nah vereint. Hastings. Ich weiss, er will mir wohl, Dank Seiner Gnaden. Doch ueber seine Absicht mit der Kroenung Hab ich ihn nicht erforscht, noch er darin Sein gnaed'ges Wohlgefallen mir eroeffnet. Ihr moegt, mein edler Lord, die Zeit wohl nennen, Und ich will stimmen an des Herzogs Statt, Was, wie ich hoff, er nicht veruebeln wird. (Gloster tritt auf.) Ely. Zu rechter Zeit kommt da der Herzog selbst. Gloster. Ihr edlen Lords und Vetter, guten Morgen! Ich war ein Langeschlaefer; doch ich hoffe, Mein Absein hat kein gross Geschaeft versaeumt, Das meine Gegenwart beschlossen haette. Buckingham. Kamt Ihr auf Euer Stichwort nicht, Mylord, So sprach William Lord Hastings Eure Rolle: Gab Eure Stimme, mein ich, fuer die Kroenung. Gloster. Niemand darf dreister sein als Mylord Hastings; Sein' Edeln kennt mich wohl und will mir wohl.-- Mylord von Ely, juengst war ich in Holborn Und sah in Eurem Garten schoene Erdbeern: Lasst etliche mir holen, bitt ich Euch. Ely. Das will ich, Mylord, und von Herzen gern. (Ab.) Gloster. Vetter von Buckingham, ein Wort mit Euch. (Er nimmt ihn beiseit.) Catesby hat Hastings ueber unsern Handel Erforscht und findt den starren Herrn so hitzig, Dass er den Kopf daran wagt, eh' er leidet, Dass seines Herrn Sohn, wie er's ehrsam nennt, An Englands Thron das Erbrecht soll verlieren. Buckingham. Entfernt ein Weilchen Euch, ich gehe mit. (Gloster und Buckingham ab.) Stanley. Noch Setzten wir dies Jubelfest nicht an; Auf morgen, wie mich duenkt, das waer' zu ploetzlich, Denn ich bin selber nicht so wohl versehn, Als ich es waer', wenn man den Tag verschoebe. (Der Bischof von Ely kommt zurueck.) Ely. Wo ist der Lord Protektor? Ich sandt' aus Nach diesen Erdbeern. Hastings. Heut sieht Sein' Hoheit mild und heiter aus: Ihm liegt etwas im Sinn, das ihm behagt, Wenn er sO munter guten Morgen bietet. Ich denke, niemand in der Christenheit Kann minder bergen Lieb' und Hass wie er; Denn sein Gesicht verraet Euch gleich sein Herz. Stanley. Was nahmt Ihr im Gesicht vom Herzen wahr, Durch irgendeinen Anschein, den er wies? Hastings. Ei, dass er wider niemand hier was hat, Denn, waere das, er zeigt' es in den Mienen. (Gloster und Buckingham treten auf.) Gloster. Ich bitt euch alle, sagt, was die verdienen, Die meinen Tod mit Teufelsraenken suchen Verdammter Hexerei und meinen Leib Mit ihrem hoellischen Zauber uebermannt? Hastings. Die Liebe, die ich zu Eu'r Hoheit trage, Draengt mich in diesem edlen Kreis vor allen Die Schuld'gen zu verdammen; wer sie sei'n, Ich sage, Mylord, sie sind wert des Tods. Gloster. Sei denn eu'r Auge ihres Unheils Zeuge: Seht nur, wie ich behext bin! Schaut, mein Arm Ist ausgetrocknet wie ein welker Spross. Und das ist Eduards Weib, die arge Hexe, Verbuendet mit der schandbarn Metze Shore, Die so mit Hexenkuensten mich gezeichnet. Hastings. Wenn sie die Tat getan, mein edler Herr-- Gloster. Wenn! Du Beschuetzer der verdammten Metze! Kommst du mit Wenn mir? Du bist ein Verraeter.-- Den Kopf ihm ab! Ich schwoere bei Sankt Paul, Ich will nicht speisen, bis ich den gesehn.-- Lovel und Catesby, sorgt, dass es geschieht;-- Und wer mich liebt, steh' auf und folge mir! (Der Staatsrat mit Gloster und Buckingham ab.) Hastings. Weh, weh um England! Keineswegs um mich. Ich Tor, ich haette dies verhueten koennen: Denn Stanley traeumte, dass der Eber ihm Den Helmbusch abstiess, aber nur gering Hab ich's geachtet und versaeumt zu fliehn. Dreimal gestrauchelt hat mein Leibpferd heute Und hat gescheut, wie es den Turm erblickt, Als trueg' es ungern in das Schlachthaus mich. Oh! jetzt brauch ich den Priester, den ich sprach; Jetzt reut es mich, dass ich dem Heroldsdiener Zu triumphierend sagte, meine Feinde In Pomfret wuerden blutig heut geschlachtet, Derweil ich sicher waer' in Gnad' und Gunst. O jetzt, Margretha, trifft dein schwerer Fluch Des armen Hastings ungluecksel'gen Kopf. Catesby. Macht fort, Mylord! Der Herzog will zur Tafel; Beichtet nur kurz: ihm ist's um Euren Kopf. Hastings. O fluecht'ge Gnade sterblicher Geschoepfe, Wonach wir trachten vor der Gnade Gottes! Wer Hoffnung baut in Lueften eurer Blicke, Lebt wie ein trunkner Schiffer auf dem Mast, Bereit, bei jedem Ruck hinabzutaumeln In der verderbenschwangern Tiefe Schoss. Lovel. Wohlan, macht fort!,s ist fruchtlos weh zu rufen. Hastings. O blut'ger Richard! Ungluecksel'ges England! Ich prophezeie grause Zeiten dir, Wie die bedraengte Welt sie nie gesehn.-- Kommt, fuehrt mich hin zum Block! bringt ihm mein Haupt! Bald wird, wer meiner spottet, hingeraubt. (Alle ab.) FUeNFTE SZENE Innerhalb der Mauern des Turms. (Gloster und Buckingham in rostigem Harnisch und einem sehr entstellenden Aufzuge.) Gloster. Komm, Vetter, kannst du zittern, Farbe wechseln? Mitten im Worte deinen Atem wuergen, Dann wiederum beginnen, wieder stocken, Wie ausser dir und irr im Geist vor Schrecken? Buckingham. Pah! ich tu's dem Tragoedienspieler nach, Red und seh hinter mich und spaeh umher, Beb und fahr auf, wenn sich ein Strohhalm ruehrt, Als tiefen Argwohn hegend; grause Blicke Stehn zu Gebot mir, wie erzwungnes Laecheln, Und beide sind bereit in ihrem Dienst Zu jeder Zeit zugunsten meiner Raenke. Doch sag, ist Catesby fort? Gloster. Ja, und sieh da, er bringt den Schulzen mit. (Der Lord Mayor und Catesby treten auf.) Buckingham. Lasst mich allein ihn unterhalten.--Lord Mayor Gloster. Gebt auf die Zugbrueck' acht. Buckingham. Horch! eine Trommel. Gloster. Catesby, schau von der Mauer. Buckingham. Lord Mayor, der Grund, warum wir nach Euch sandten--- Gloster. Sieh um dich, wehr dich, es sind Feinde hier. Buckingham. Bewahr' und schirm' uns Gott und unsre Unschuld! (Ratcliff und Lovel treten auf mit Hastings Kopfe.) Gloster. Sei ruhig! Freunde sind's, Ratcliff und Lovel. Lovel. Hier ist der Kopf des schaendlichen Verraeters, Des tueckischen und unverdaecht'gen Hastings. Gloster. Ich war so gut ihm, dass ich weinen muss. Ich hielt ihn fuer das redlichste Geschoepf, Das lebt' auf Erden unter Christenseelen; Macht' ihn zum Buch, in welches meine Seele Die heimlichsten Gedanken niederschrieb. So glatt betuencht' er mit dem Schein der Tugend Sein Laster, dass, bis auf sein offenbares Vergehn, den Umgang mein ich mit Shores Weib, Er rein sich hielt von jeglichem Verdacht. Buckingham. Ja, ja, er war der schleichendste Verraeter, Der je gelebt.--Seht Ihr, Mylord Mayor, Solltet Ihr's denken oder glauben selbst, Falls wir nicht wunderbar errettet lebten, Es zu bezeugen, dass der Erzverraeter Heut angezettelt hatt', im Saal des Rats Mich und den guten Herzog zu ermorden? Mayor. Wie? hatt' er das? Gloster. Was? denkt Ihr, wir sei'n Tuerken oder Heiden Und wuerden, wider alle Form des Rechts So rasch verfahren mit des Schurken Tod, Wo nicht die dringende Gefahr des Falls, Der Frieden Englands, unsre Sicherheit Uns diese Hinrichtung haett' abgenoetigt? Mayor. Ergeh's Euch wohl! Erbat den Tod verdient, Und beid' Eu'r Gnaden haben wohl getan, Verraeter vor dergleichen Tun zu warnen. Ich habe nie mir Guts von ihm versehn, Seit er sich einmal einliess mit Frau Shore. Buckingham. Doch war nicht unsre Absicht, dass er stuerbe, Bis Euer Edeln kaem', es anzusehn; Was dieser unsrer Freund' ergebne Eil' In etwas gegen unsern Sinn, verhindert. Wir wollten, Mylord, dass Ihr den Verraeter Selbst hoertet reden und verzagt bekennen Die Weis' und Absicht der Verraeterei, Auf dass Ihr selb'ge wohl erklaeren moechtet Der Buergerschaft, die uns vielleicht hierin Missdeutet und bejammert seinen Tod. Mayor. Doch, bester Herr, mir gilt Eu'r Gnaden Wort, Als haett' ich ihn gesehn und reden hoeren; Und zweifelt nicht, erlauchte Prinzen beide, Ich will der treuen Buergerschaft berichten All Eu'r gerecht Verfahren bei dem Fall. Gloster. Wir wuenschten zu dem End' Eu'r Edeln her, Dem Tadel zu entgehn der schlimmen Welt. Buckingham. Doch weil zu spaet Ihr kamt fuer unsern Zweck Bezeugt nur, was Ihr hoert, dass wir bezielt; Und somit, wertester Lord Mayor, lebt wohl. (Der Lord Mayor ab.) Gloster. Geh, folg ihm, folg ihm, Vetter Buckingham. Der Schulz geht eiligst nun aufs Gildehaus: Daselbst, wie's dann die Zeit am besten gibt, Dring auf die Unechtheit von Eduards Kindern. Stell ihnen vor, wie Eduard einen Buerger Am Leben strafte, bloss weil er gesagt, Er wolle seinen Sohn zum Erben machen Der Krone, meinend naemlich seines Hauses, Das so nach dessen Schilde ward benannt. Auch schildre seine schnoede Ueppigkeit Und viehisches Geluest nach stetem Wechsel, Das ihre Maegde, Toechter, Weiber traf, Wo nur sein luestern Aug' und wildes Herz Ohn' Einhalt waehlen mochte seinen Raub. Ja, wenn es not tut, rueck mir selbst noch naeher Und sag, als meine Mutter schwanger war Mit diesem nie zu saettigenden Eduard, Da habe mein erlauchter Vater York In Frankreich Krieg gefuehrt und bei Berechnung Der Zeit gefunden, dass das Kind nicht sein; Was auch in seinen Zuegen kund sich gab, Als keineswegs dem edlen Herzog aehnlich. Doch das beruehrt nur schonend, wie von fern, Weil meine Mutter, wie Ihr wisst, noch lebt. Buckingham. Sorgt nicht, Mylord: ich will den Redner spielen, Als ob der goldne Lohn, um den ich rechte, Mir selbst bestimmt waer'; und somit lebt wohl. Gloster. Wenn's Euch gelingt, bringt sie nach Baynards-Schloss, Wo Ihr mich finden sollt, umringt vom Kreis Gelahrter Bischoef' und ehrwuerd'ger Vaeter. Buckingham. Ich geh, und gegen drei bis vier erwartet Das Neue, was vom Gildehause kommt. (Buckingham ab.) Gloster. Geh, Lovel, ungesaeumt zum Doktor Shaw;-- (Zu Catesby.) Geh du zum Pater Penker;--heisst sie beide In einer Stund' in Baynards-Schloss mich treffen. (Lovel und Catesby ab.) Nun will ich hin, um heimlich zu verfuegen, Wie man des Clarence Baelge schafft beiseit; Und anzudeuten, dass keine Art Personen Je zu den Prinzen Zutritt haben soll. (Ab.) SECHSTE SZENE Eine Strasse. (Ein Kanzellist tritt auf.) Kanzellist. Hier ist die Klagschrift wider den Lord Hastings, Den wackern Mann, in sauberer Kopei, Um in Sankt Paul sie heute zu verlesen. Nun merke man, wie fein das haengt zusammen: Elf Stunden bracht' ich zu, sie abzuschreiben, Denn Catesby schickte sie mir gestern abend; Die Urschrift war nicht minder lang in Arbeit, Und vor fuenf Stunden lebte Hastings doch Noch unbescholten, unverhoert, in Freiheit. Das ist eine schoene Welt!--Wer ist so bloede Und sieht nicht diesen greiflichen Betrug? Und wer so kuehn und sagt, dass er ihn sieht? Schlimm ist die Welt, sie muss zugrunde gehn, Wenn man muss schweigend solche Raenke sehn. (Ab.) SIEBENTE SZENE Der Hof in Baynards-Schloss. (Gloster und Buckingham begegnen einander.) Gloster. Wie steht's? wie steht's? Was sagt die Buergerschaft? Buckingham. Nun, bei der heil'gen Mutter unsers Herrn! Die Buergerschaft ist stockstill, sagt kein Wort. Gloster. Spracht ihr von Unechtheit der Kinder Eduards? Buckingham. Ja, nebst dem Ehvertrag mit Lady Lucy Und dem in Frankreich, den er schloss durch Vollmacht; Der Unersaettlichkeit in seinen Luesten Und Vergewaltigung der Buergerfrau'n; Von seiner Tyrannei um Kleinigkeiten, Von seiner eignen Unechtheit, als der Erzeugt ward, da Eu'r Vater ausser Lands, Und der an Bildung nicht dem Herzog glich. Dann hielt ich ihnen Eure Zuege vor, Als Eures Vaters rechtes Ebenbild, Wie an Gestalt, so auch an edlem Sinn; Legt ihnen dar all Eure Sieg' in Schottland, Die strenge Zucht im Krieg, Weisheit im Frieden, Auch Eure Guete, Tugend, fromme Demut; Liess in der Tat nichts, dienlich fuer den Zweck, Im Sprechen unberuehrt, noch leicht behandelt. Und als die Redekunst zu Ende ging, Sagt' ich: Wer seinem Lande wohl will, rufe: "Gott schuetze Richard, Englands grossen Koenig!" Gloster. Und taten sie's? Buckingham. Nein, helf mir Gott, sie sagten nicht ein Wort. Wie stumme Bilder, unbelebte Steine, So sahn sie starr sich an und totenbleich. Dies sehend schalt ich sie und frug den Mayor, Was dies verstockte Schweigen nur bedeute. Seine Antwort war, das Volk sei nicht gewohnt, Dass sonst wer als der Sprecher zu ihm rede. Gedrungen musst' er nun mich wiederholen: "So sagt der Herzog, gibt der Herzog an"; Doch sagt' er nichts, es zu bestaet'gen, selbst. Als er geschlossen, schwenkten ein'ge Leute Von meinem Tross, am andern End' des Saals, Die Muetzen um den Kopf, ein Dutzend Stimmen Erhoben sich: "Gott schuetze Koenig Richard!" Ich nahm den Vorteil dieser wen'gen wahr; "Dank, lieben Freund' und Buerger!" fiel ich ein, "Der allgemeine frohe Beifallsruf Gibt Weisheit kund und Lieb' in euch zu Richard"; Und damit brach ich ab und ging davon. Gloster. Die stummen Bloecke! wollten sie nicht sprechen? Kommt denn der Mayor mit seinen Bruedern nicht? Buckingham. Der Mayor ist hier nah' bei. Stellt Euch besorgt, Lasst Euch nicht sprechen, als auf dringend Bitten, Und nehmt mir ein Gebetbuch in die Hand, Und habt, Mylord, zween Geistliche zur Seite, Denn daraus zieh ich heil'ge Nutzanwendung. Lasst das Gesuch so leicht nicht Eingang finden, Tut maedchenhaft, sagt immer nein, und nehmt. Gloster. Ich geh, und wenn du weisst fuer sie zu sprechen, Wie ich dir nein fuer mich zu sagen weiss, So bringen wir's gewiss nach Wunsch zu Ende. Buckingham. Geht, geht, auf den Altan! Der Lord Mayor klopft. (Gloster ab. Der Lord Mayor, Aldermaenner und Buerger treten auf.) Buckingham. Willkommen, Mylord! Ich wart umsonst hier auf: Der Herzog, scheint's, will sich nicht sprechen lassen. (Catesby kommt aus dem Schloss.) Nun, Catesby? was sagt Eu'r Herr auf mein Gesuch? Catesby. Er bittet Euer Gnaden, edler Lord, Kommt morgen wieder oder uebermorgen. Er ist mit zwei ehrwuerd'gen Vaetern drinnen, Vertieft in geistliche Beschaulichkeit, Kein weltliches Gesuch moecht' ihn bewegen, Ihn von der heil'gen Uebung abzuziehn. Buckingham. Geh, guter Catesby, noch zum gnaed'gen Herzog; Sag ihm, dass ich, der Mayor und Aldermaenner In trift'ger Absicht, Sachen von Gewicht, Betreffend minder nicht als aller Wohl, Hier sind um ein Gespraech mit Seiner Gnaden. Catesby. Ich geh sogleich, ihm solches anzumelden. (Ab.) Buckingham. Ha, Mylord, dieser Prinz, das ist kein Eduard! Den findt man nicht auf uepp'gem Ruhbett lehnend, Nein, auf den Knieen liegend in Betrachtung; Nicht scherzend mit einem Paar von Buhlerinnen, Nein, mit zwei ernsten Geistlichen betrachtend; Nicht schlafend, seinen traegen Leib zu maesten, Nein, betend, seinen wachen Sinn zu naehren. Beglueckt waer' England, wenn der fromme Prinz Desselben Oberherrschaft auf sich naehme; Allein ich fuercht, er ist nicht zu bewegen. Mayor. Ei, Gott verhuete, dass uns Seine Gnaden Nein sollte sagen! Buckingham. Ich fuercht, er wird es. Da kommt Catesby wieder. (Catesby kommt zurueck.) Nun, Catesby, was sagt Seine Gnaden? Catesby. Ihn wundert, zu was End' Ihr solche Haufen Von Buergern habt versammelt, herzukommen, Da Seine Gnaden dessen nicht gewaertig. Er sorgt, Mylord, Ihr habt nichts Guts im Sinn. Buckingham. Mich kraenkt der Argwohn meines edlen Vetters, Als haett' ich wider ihn nichts Guts im Sinn. Beim Himmel! ganz wohlmeinend kommen wir; Geh wieder hin und sag das Seiner Gnaden. (Catesby ab.) Wenn fromm~andaecht'ge Maenner einmal sind Beim Rosenkranz, so zieht man schwer sie ab: So suess ist bruenstige Beschaulichkeit. (Gloster erscheint auf einem Altan zwischen zwei Bischoefen; Catesby kommt zurueck.) Mayor. Seht, Seine Gnaden zwischen zwei Bischoefen! Buckingham. Zwei Tugendpfeilern fuer ein christlich Haupt, Ihn vor dem Fall der Eitelkeit zu stuetzen. Und, seht nur, ein Gebetbuch in der Hand, Die wahre Zier, woran man Fromme kennt.-- Grosser Plantagenet, erlauchter Prinz, Leih unserem Gesuch ein guenstig Ohr, Und woll' die Unterbrechung uns verzeihn Der Andacht und des christlich frommen Eifers. Gloster. Mylord, es braucht nicht der Entschuldigung, Vielmehr ersuch ich Euch, mir zu verzeihn, Der ich, im Dienste meines Gottes eifrig, Versaeume meiner Freunde Heimsuchung. Doch, das beiseite, was beliebt Eu'r Gnaden? Buckingham. Was, hoff ich, Gott im Himmel auch beliebt Und den rechtschaffnen Maennern insgesamt, So dieses unregierte Eiland hegt. Gloster. Ich sorg, ich hab in etwas mich vergangen, Das widrig in der Buerger Aug' erscheint; Und dass Ihr kommt, um mein Versehn zu schelten. Buckingham. Das habt Ihr, Mylord: wollt' Eu'r Gnaden doch Auf unsre Bitten Euren Fehl verbessern! Gloster. Weswegen lebt' ich sonst in Christenlanden? Buckingham. Wisst denn, Eu'r Fehl ist, dass Ihr ueberlasst Den hoechsten Sitz, den majestaet'schen Thron, Dies Eurer Ahnen szepterfuehrend Amt, Des Rangs Gebuehr, den Anspruch der Geburt, Den Erbruhm Eures koeniglichen Hauses, An die Verderbnis eines falschen Sproesslings; Weil bei so schlaefriger Gedanken Milde, Die wir hier wecken zu des Landes Wohl, Dies edle Eiland seiner Glieder mangelt, Entstellt sein Antlitz von der Schande Narben, Sein Fuerstenstamm geimpft mit schlechten Zweigen Und fast verschlemmt im niederziehnden Sumpf Der tiefsten naechtlichsten Vergessenheit. Dies abzustellen, gehn wir dringend an Eu'r gnaedig Selbst, das hoechste Regiment Von diesem Eurem Land auf Euch zu laden, Nicht als Protektor, Anwalt, Stellvertreter, Noch dienender Verwalter fremden Guts, Nein, als der Folge nach, von Glied zu Glied, Eu'r Erbrecht, Euer Reich, Eu'r Eigentum. Deshalb, gemeinsam mit der Buergerschaft, Die ehrerbietigst Euch ergeben ist, Und auf ihr ungestuemes Dringen komm ich, Fuer dies Gesuch Eu'r Gnaden zu bewegen. Gloster. Ich weiss nicht, ob stillschweigend wegzugehn, Ob bitterlich mit Reden Euch zu schelten, Mehr meiner Stell' und Eurer Fassung ziemt. Antwort' ich nicht, so daechtet Ihr vielleicht, Verschwiegner Ehrgeiz will'ge stumm darein, Der Oberherrschaft goldnes Joch zu tragen, Das Ihr mir toericht auferlegen wollt. Doch schelt ich Euch fuer dieses Eu'r Gesuch, Durch Eure treue Liebe so gewuerzt, Dann, andrerseits, versehr ich meine Freunde. Um jenes drum zu meiden und zu reden, Und nicht in dies beim Reden zu verfallen, Antwort ich Euch entschiednermassen so. Dankwert ist Eure Liebe; doch mein Wert, Verdienstlos, scheut Eu'r allzu hoch Begehren. Erst, waere jede Hindrung weggeraeumt, Und waer' geebnet meine Bahn zum Thron, Als heimgefallnem Rechte der Geburt: Dennoch, so gross ist meine Geistesarmut, So maechtig und so vielfach meine Maengel, Dass ich mich eh' verbaerge vor der Hoheit, Als Kahn, der keine maecht'ge See vertraegt, Eh' ich von meiner Hoheit mich verbergen, Von meines Ruhmes Dampf ersticken liesse. Doch, Gott sei Dank! es tut nicht not um mich; Und waer sagt; taet' vieles not mir, Euch zu helfen. Der koenigliche Baum liess Frucht uns nach, Die 'durch der Zeiten leisen Gang gereift' Wohl zieren wird den Sitz der Majestaet, Und des Regierung uns gewiss beglueckt. Auf ihn leg ich, was Ihr mir auferlegt, Das Recht und Erbteil seiner guten Sterne, Was Gott verhuete, dass ich's ihm entrisse. Buckingham. Mylord, dies zeigt Gewissen in Eu'r Gnaden, Doch seine Gruende sind gering und nichtig, Wenn man jedweden Umstand wohl erwaegt. Ihr saget, Eduard ist Eu'r Bruderssohn; Wir sagen's auch, doch nicht von Eduards Gattin. Denn erst war er verlobt mit Lady Lucy, Noch lebt des Eides Zeugin, Eure Mutter; Und dann war ihm durch Vollmacht Bona, Schwester Des Koeniges von Frankreich, angetraut. Doch beide wurden sie hintangesetzt Zugunsten einer armen Supplikantin, Der abgehaermten Mutter vieler Soehne, Der reizverfallnen und bedraengten Witwe, Die, schon in ihrer Bluehzeit Nachmittag, Sein ueppig Aug' erwarb als einen Raub Und seines Sinnes hoechsten Schwung verfuehrte Zu niederm Fall und schnoeder Doppeleh'. Aus diesem unrechtmaess'gen Bett erzeugt Ward Eduard, Prinz aus Hoeflichkeit genannt. Ich koennt' es bittrer fuehren zu Gemuet, Nur dass, aus Achtung ein'ger, die noch leben, Ich schonend meiner Zunge Schranken setze. Drum, bester Herr, nehm' Euer fuerstlich Selbst Der Wuerde dargebornes Vorrecht an: Wo nicht zu unserm und des Landes Segen, Doch um Eu'r edles Haus hervorzuziehn Aus der Verderbnis der verkehrten Zeit, Zu erblicher und echter Folgereihe. Mayor. Tut, bester Herr, was Eure Buerger bitten. Buckingham. Weist, hoher Herr, nicht ab den Liebesantrag. Catesby. O macht sie froh, gewaehrt ihr bill'ges Flehn! Gloster. Ach, warum diese Sorgen auf mich laden? Ich tauge nicht fuer Rang und Majestaet. Ich bitt Euch, legt es mir nicht uebel aus: Ich kann und will Euch nicht willfaehrig sein. Buckingham. Wenn Ihr es weigert, Lieb' und Eifers halb, Das Kind, den Bruderssohn, nicht zu entsetzen Wie uns bekannt ist Eures Herzens Milde Und Euer sanftes, weichliches Erbarmen, Das wir in Euch fuer Anverwandte sehn, Ja, gleichermassen auch fuer alle Staende: So wisst, ob Ihr uns willfahrt oder nicht, Doch soll Eu'r Bruderssohn uns nie beherrschen; Wir pflanzen jemand anders auf den Thron Zum Schimpf und Umsturz Eures ganzen Hauses. Und, so entschlossen, lassen wir Euch hier.-- Kommt, Buerger, laenger wollen wir nicht bitten. (Buckingham mit den Buergern ab.) Catesby. Ruft, lieber Prinz, sie wieder und gewaehrt es! Wenn Ihr sie abweist, wird das Land es buessen. Gloster. Zwingt ihr mir eine Welt von Sorgen auf? Wohl, ruf sie wieder! (Catesby ab.) Ich bin ja nicht von Stein, Durchdringlich Eurem freundlichen Ersuchen, Zwar wider mein Gewissen und Gemuet. (Buckingham und die uebrigen kommen zurueck.) Vetter von Buckingham und weise Maenner, Weil Ihr das Glueck mir auf den Ruecken schnallt, Die Last zu tragen, willig oder nicht, So muss ich in Geduld sie auf mich nehmen. Wenn aber schwarzer Leumund, frecher Tadel Erscheinet im Gefolge Eures Auftrags, So spricht mich Euer foermlich Noet'gen los Von jeder Makel, jedem Fleck derselben. Denn das weiss Gott, das seht Ihr auch zum Teil, Wie weit entfernt ich bin, dies zu begehren. Mayor. Gott segn' Eu'r Gnaden! Wir sehn's und wollen's sagen. Gloster. Wenn Ihr es sagt, so sagt Ihr nur die Wahrheit. Buckingham. Dann gruess ich Euch mit diesem Fuerstentitel: Lang lebe Richard, Englands wuerd'ger Koenig! Alle. Amen! Buckingham. Beliebt's Euch, dass die Kroenung morgen sei? Gloster. Wann's Euch beliebt, weil Ihr's so haben wollt. Buckingham. So warten wir Eu'r Gnaden morgen auf, Und nehmen hiemit voller Freuden Abschied. Gloster (zu den Bischoefen). Kommt, gehn wir wieder an das heil'ge Werk;-- Lebt wohl, mein Vetter! lebt wohl, werte Freunde! (Alle ab.) VIERTER AUFZUG ERSTE SZENE Vor dem Turm. (Von der einen Seite treten auf Koenigin Elisabeth, die Herzogin von York, und der Marquis von Dorset; von der andern Anna, Herzogin von Gloster, mit Lady Margaretha Plantagenet, Clarence' kleiner Tochter, an der Hand.) Herzogin. Wen treff ich hier? Enklin Plantagenet, An ihrer guten Muhme Gloster Hand? So wahr ich lebe, sie will auch zum Turm Aus Herzensliebe zu dem zarten Prinzen.-- Tochter, ich freue mich, Euch hier zu treffen. Anna. Gott geb' Eu'r Gnaden beiden frohe Zeit! Elisabeth. Euch gleichfalls, gute Schwester! Wohin geht's? Anna. Nicht weiter als zum Turm, und, wie ich rate, In gleicher frommer Absicht wie Ihr selbst, Daselbst die holden Prinzen zu begruessen. Elisabeth. Dank, liebe Schwester! Gehn wir all hinein; Und da kommt eben recht der Kommandant.-- (Brakenbury tritt auf.) Herr Kommandant, ich bitt Euch, mit Verlaub, Was macht der Prinz und York, mein juengrer Sohn? Brakenbury. Wohl sind sie, gnaed'ge Frau; doch wollt verzeihn, Ich darf nicht leiden, dass Ihr sie besucht: Der Koenig hat es scharf mir untersagt. Elisabeth. Der Koenig? wer? Brakenbury. Der Herr Protektor, mein ich. Elisabeth. Der Herr beschuetz' ihn vor dem Koenigstitel! So hat er Schranken zwischen mich gestellt Und ihre Liebe? Ich bin ihre Mutter: Wer will den Zutritt mir zu ihnen wehren? Herzogin. Ich ihres Vaters Mutter, die sie sehn will. Anna. Ich bin nur ihre Muhme nach den Rechten, Doch Mutter nach der Liebe; fuehre denn Mich vor sie: tragen will ich deine Schuld Und dir dein Amt abnehmen auf mein Wort. Brakenbury. Nein, gnaed'ge Frau, so darf ich es nicht lassen: Ein Eid verpflichtet mich, deshalb verzeiht. (Brakenbury ab. Stanley tritt auf.) Stanley. Traef' ich Euch, edle Frau'n, ein Stuendchen spaeter, So koennt' ich Euer Gnaden schon von York Als wuerd'ge Mutter und Begleiterin Von zweien holden Koeniginnen gruessen. (Zur Herzogin von Gloster.) Kommt, Fuerstin, Ihr muesst gleich nach Westminster: Dort kroent man Euch als Richards Eh'gemahl. Elisabeth. Ach! lueftet mir die Schnuere, Dass mein beklemmtes Herz Raum hat zu schlagen, Sonst sink ich um bei dieser Todesbotschaft. Anna. Verhasste Nachricht! Unwillkommne Botschaft! Dorset. Seid gutes Muts! Mutter, wie geht's Eu'r Gnaden? Elisabeth. O Dorset, sprich nicht mit mir! mach dich fort! Tod und Verderben folgt dir auf der Ferse; Verhaengnisvoll ist deiner Mutter Name. Willst du dem Tod entgehn, fahr uebers Meer, Bei Richmond Ich, entrueckt der Hoelle Klau'n. Geh, eil aus dieser Moerdergrube fort, Dass du die Zahl der Toten nicht vermehrst Und unter Margarethas Fluch ich sterbe, Noch Mutter, Weib, noch Koenigin geachtet. Stanley. Voll weiser Sorg' ist dieser Euer Rat.-- Nehmt jeder Stunde schnellen Vorteil wahr; Ich geb Euch Briefe mit an meinen Sohn Empfehl es ihm, entgegen Euch zu eilen: Lasst Euch nicht fangen durch unweises Weilen. Herzogin. O schlimm zerstreu'nder Wind des Ungemache!-- O mein verfluchter Schoss, des Todes Bett! Du hecktest einen Basilisk der Welt, Des unvermiednes Auge moerdrisch ist. Stanley. Kommt, Fuerstin, kommt! Ich ward in Eil' gesandt. Anna. Mit hoechster Abgeneigtheit will ich gehn.-- O wollte Gott, es waer' der Zirkelreif Von Gold, der meine Stirn umschliessen soll, Rotgluehnder Stahl und sengte mein Gehirn! Mag toedlich Gift mich salben, dass ich sterbe, Eh' wer kann rufen: Heil der Koenigin! Elisabeth. Geh, arme Seel', ich neide nicht dein Glueck; Mir zu willfahren, wuensche dir kein Leid. Anna. Wie sollt' ich nicht? Als er, mein Gatte jetzt, Hinzutrat, wie ich Heinrichs Leiche folgte, Als er die Haende kaum vom Blut gewaschen, Das dir entfloss, mein erster Engel-Gatte, Und jenem toten Heil'gen, den ich weinte; Oh, als ich da in Richards Antlitz schaute, War dies mein Wunsch: Sei du, sprach ich, verflucht, Der mich, so jung, so alt als Witwe macht! Und wenn du freist, umlagre Gram dein Bett, Und sei dein Weib (ist eine so verrueckt) Elender durch dein Leben, als du mich Durch meines teuren Gatten Tod gemacht! Und sieh, eh' ich den Fluch kann wiederholen, In solcher Schnelle ward mein Weiberherz Groeblich bestrickt von seinen Honigworten Und unterwuerfig meinem eignen Fluch, Der stets seitdem mein Auge wach erhielt: Denn niemals eine Stund' in seinem Bett Genoss ich noch den goldnen Tau des Schlafe, Dass seine bangen Traeume nicht mich schreckten. Auch hasst er mich um meinen Vater Warwick Und wird mich sicherlich in kurzem los. Elisabeth. Leb wohl, du armes Herz! Mich dau'rt dein Klagen. Anna. Nicht mehr, als Eur's mich in der Seele schmerzt. Dorset. Leb wohl, die du mit Weh die Hoheit gruessest! Anna. Leb, arme Seele, wohl, die von ihr scheidet! Herzogin (zu Dorset). Geh du zu Richmond: gutes Glueck geleite dich!-- (Zu Anna.) Geh du zu Richard: gute Engel schirmen dich!-- (Zu Elisabeth.) Geh du zur Freistatt: guter Trost erfuelle dich!-- Ich in mein Grab, wo Friede mit mir ruhe! Mir wurden achtzig Leidensjahr' gehaeuft Und Stunden Lust in Wochen Grams ersaeuft. Elisabeth. Verweilt noch, schaut mit mir zurueck zum Turm.-- Erbarmt euch, alte Steine, meiner Knaben, Die Neid in euren Mauern eingekerkert! Du rauhe Wiege fuer so holde Kinder! Felsstarre Amme! finstrer Spielgesell Fuer zarte Prinzen! Pflege meine Kleinen! So sagt mein toericht Leid Lebwohl den Steinen. (Alle ab.) ZWEITE SZENE Ein Staatszimmer im Palast. (Trompetenstoss. Richard als Koenig auf seinem Thron, Buckingham, Catesby, ein Edelknabe und andre.) Richard. Steht alle seitwaerts.--Vetter Buckingham-- Buckingham. Mein gnaed'ger Fuerst? Richard. Gib mir die Hand. So hoch, durch deinen Rat Und deinen Beistand, sitzt nun Koenig Richard. Doch soll der Glanz uns einen Tag bekleiden, Wie, oder dauern und wir sein uns freun? Buckingham. Stets leb' er, moege dauern immerdar! Richard. Ah, Buckingham! den Pruefstein spiel ich jetzt, Ob du dich wohl als echtes Gold bewaehrst. Der junge Eduard lebt: rat, was ich meine. Buckingham. Sprecht weiter, bester Herr. Richard. Ei, Buckingham, ich moechte Koenig sein. Buckingham. Das seid Ihr ja, mein hochberuehmter Fuerst. Richard. Ha! bin ich Koenig? Wohl, doch Eduard lebt. Buckingham. Wahr, edler Prinz. Richard. O bittre Folgerung! Dass Eduard stets noch lebt: "Wahr, edler Prinz."-- Vetter, du warst ja sonst so bloede nicht. Sag ich's heraus? Die Buben wuensch ich tot Und wollt', es wuerde schleunig ausgefuehrt. Was sagst du nun? Sprich schleunig, fass dich kurz. Buckingham. Eu'r Hoheit kann verfahren nach Belieben. Richard. Pah, pah! Du bist wie Eis; dein Eifer friert. Sag, bist du es zufrieden, dass sie sterben? Buckingham. Lasst mich ein Weilchen Atem schoepfen, Herr, Eh' ich bestimmt in dieser Sache rede. Ich geb Eu'r Hoheit alsobald Bescheid. (Buckingham ab.) Catesby (beiseit). Der Koenig ist erzuernt, er beisst die Lippe. Richard (steigt vom Thron). Ich will mit eisenkoepf'gen Narrn verhandeln, Mit unbedachten Burschen; keiner taugt mir, Der mich mit ueberlegtem Blick erspaeht. Der hochgestiegne Buckingham wird schwierig.-- He, Bursch! Edelknabe. Mein Fuerst? Richard. Weisst du mir keinen, den bestechend Gold Wohl zu verschwiegnem Todeswerk versuchte? Edelknabe. Ich kenne einen missvergnuegten Mann, Des niedrer Gluecksstand seinem Stolz versagt. Gold waer' so gut bei ihm wie zwanzig Redner Und wird gewiss zu allem ihn versuchen. Richard. Wie ist sein Name? Edelknabe. Herr, sein Nam' ist Tyrrel. Richard. Ich kenne schon den Mann; geh, Bursche, hol ihn her.-- (Edelknabe ab.) Der tiefbedaecht'ge schlaue Buckingham Soll nicht mehr Nachbar meines Rates sein. Hielt er so lang mir unermuedet aus Und muss nun Atem schoepfen? Wohl, es sei.-- (Stanley tritt auf.) Lord Stanley, nun? was gibt es Neues? Stanley. Wisst, gewogner Herr, Der Marquis Dorset, hoer ich, ist entflohn Zum Richmond, in die Lande, wo er lebt. Richard. Catesby, komm her. Bring ein Geruecht herum, Gefaehrlich krank sei Anna, mein Gemahl; Ich sorge schon, zu Hause sie zu halten. Find einen Mann von schlechter Herkunft aus, Dem ich zur Frau des Clarence Tochter gebe;-- Der Jung' ist toerlich, und ich fuercht ihn nicht. Sieh, wie du traeumst! Ich sag's nochmal: streu aus, Anna, mein Weib, sei krank und wohl zum Sterben. Ans Werk! Mir liegt zu viel dran, jede Hoffnung Zu hemmen, deren Wachstum schaden kann.-- (Catesby ab.) Heiraten muss ich meines Bruders Tochter, Sonst steht mein Koenigreich auf duennem Glas. Erst ihre Brueder morden, dann sie frein! Unsichrer Weg ~ Doch wie ich einmal bin, So tief im Blut, reisst Suend' in Suende hin. Betraentes Mitleid wohnt nicht mir im Auge.-- (Der Edelknabe kommt mit Tyrrel zurueck.) Dein Nam' ist Tyrrel? Tyrrel. James Tyrrel, Eu'r ergebner Untertan. Richard. Bist du das wirklich? Tyrrel. Prueft mich, gnaed'ger Herr. Richard. Schluegst du wohl einen meiner Freunde tot? Tyrrel. Wie's Euch beliebt; doch lieber noch zwei Feinde. Richard. Da triffst du's eben, zwei Erzfeinde sind's, Verstoerer meiner Ruh' und suessen Schlafs, An denen ich dir gern zu schaffen gaebe. Tyrrel, ich mein im Turm die Bastardbuben. Tyrrel. Gebt mir zu ihnen offnen Zutritt nur, So seid Ihr bald der Furcht vor ihnen los. Richard. Du singst mir suessen Ton. Hieher komm, Tyrrel: Geh, auf dies Unterpfand--Steh auf und leih dein Ohr. (Fluestert ihm zu.) Nichts weiter braucht es. Sag, es sei geschehn, Und lieben und befoerdern will ich dich. Tyrrel. Ich will es gleich vollziehn. (Ab.) (Buckingham kommt zurueck.) Buckingham. Mein Fuerst, ich hab erwogen im Gemuet Den Wunsch, um den Ihr eben mich befragtet. Richard. Lass gut sein. Dorset ist geflohn zum Richmond. Buckingham. Ich hoere so, mein Fuerst. Richard. Stanley, er ist Eu'r Stiefsohn.--Wohl, gebt acht. Buckingham. Mein Fuerst, ich bitt um mein versprochnes Teil, Wofuer Ihr Treu' und Ehre mir verpfaendet; Die Grafschaft Hereford und ihr fahrend Gut, Die ich, wie Ihr verspracht, besitzen soll. Richard. Stanley, gebt acht auf Eure Frau: befoerdert Sie Brief' an Richmond, steht Ihr dafuer ein. Buckingham. Was sagt Eu'r Hoheit auf die bill'ge Fordrung? Richard. Es ist mir noch im Sinn, Heinrich der Sechste Weissagte, Richmond wuerde Koenig werden, Da er ein klein verzognes Buebchen war. Koenig!--vielleicht-- Buckingham. Mein Fuerst-- Richard. Wie kam's, dass der Prophet nicht damals mir, Der ich dabeistand, sagt', ich wuerd' ihn toeten? Buckingham. Mein Fuerst, die mir versprochne Grafschaft-- Richard. Richmond!--Ich war letzthin in Exeter, Da wies der Schulz verbindlich mir das Schloss Und nannt' es Rougemont; bei dem Namen stutzt' ich, Weil mir ein Bard' aus Irland einst gesagt, Nicht lange lebt' ich, wenn ich Richmond saehe. Buckingham. Mein Fuerst-- Richard. Was ist die Uhr? Buckingham. Ich bin so dreist, Eu'r Hoheit zu erinnern An was Ihr mir verspracht. Richard. Gut, doch was ist die Uhr? Buckingham. Zehn auf den Schlag. Richard. Nun gut, so lass es schlagen. Buckingham. Warum es schlagen lassen? Richard. Richard. Weil zwischen deiner Bitt' und meinem Denken Du wie ein Glockenhans den Hammer haeltst. Ich bin nicht in der Gebelaune heut. Buckingham. Nun, so erklaert Euch, ob Ihr wollt, ob nicht. Richard. Du stoerst mich nur; ich bin nicht in der Laune. (Richard mit seinem Gefolge ab.) Buckingham. So steht's? Bezahlt er meine wicht'gen Dienste Mit Hohn? Macht' ich zum Koenig dazu ihn? O lass mich Hastings warnen und, derweilen Dies bange Haupt noch steht, nach Brecknock eilen! (Ab.) DRITTE SZENE Ebendaselbst. (Tyrrel tritt auf.) Tyrrel. Geschehn ist die tyrannisch blut'ge Tat, Der aergste Greuel jaemmerlichen Mords, Den jemals noch dies Land verschuldet hat. Dighton und Forrest, die ich angestellt Zu diesem Streich ruchloser Schlachterei, Zwar eingefleischte Schurken, blut'ge Hunde, Vor Zaertlichkeit und mildem Mitleid schmelzend, Weinten wie Kinder bei der Trau'rgeschichte. "O so", sprach Dighton, "lag das zarte Paar"; "So, so", sprach Forrest, "sich einander guertend Mit den unschuld'gen Alabasterarmen: Vier Rosen eines Stengels ihre Lippen, Die sich in ihrer Sommerschoenheit kuessten. Und ein Gebetbuch lag auf ihrem Kissen, Das wandte fast", sprach Forrest, "meinen Sinn; Doch oh! der Teufel"--dabei stockt' der Bube, Und Dighton fuhr sofort: "Wir wuergten hin Das voelligst suesse Werk, so die Natur Seit Anbeginn der Schoepfung je gebildet."-- Drauf gingen beide voll Gewissensbisse, Die sie nicht sagen konnten, und ich liess sie, Dem blut'gen Koenig den Bericht zu bringen. (Richard tritt auf.) Hier kommt er eben.--Heil, mein hoher Herr! Richard. Freund Tyrrel, macht mich deine Zeitung gluecklich? Tyrrel. Wenn das vollbracht zu wissen, was Ihr mir Befohlen, Euch beglueckt, so seid denn gluecklich: Es ist geschehn. Richard. Doch sahst du selbst sie tot? Tyrrel. Ja, Herr. Richard. Und auch begraben, lieber Tyrrel? Tyrrel. Der Kapellan im Turm hat sie begraben; Wo, weiss ich nicht, die Wahrheit zu gestehn. Richard. Komm zu mir, Tyrrel, nach dem Abendessen, Da sagst du mir den Hergang ihres Tods. Denk drauf, was ich zulieb dir koennte tun, Und dein Begehren faellt sogleich dir zu. Leb wohl indes. Tyrrel. Zu Gnaden Euch empfohlen. (Ab.) Richard. Den Sohn des Clarence hab ich eingesperrt, Die Tochter in geringem Stand verehlicht; Im Schoss des Abraham ruhn Eduards Soehne, Und Anna sagte gute Nacht der Welt. Nun weiss ich, der Bretagner Richmond trachtet Nach meiner jungen Nicht' Elisabeth Und blickt, stolz auf dies Band, zur Kron' empor: Drum will ich zu ihr, als ein muntrer Freier. (Catesby tritt auf.) Catesby. Herr-- Richard. Gilt es gute oder schlimme Zeitung, Dass du so grad' hereinstuermst? Catesby. Herr, schlimme Zeitung: Morton floh zum Richmond, Und Buckingham, verstaerkt mit tapfern Wael'schen, Rueckt in das Feld, und seine Macht nimmt zu. Richard. Ely samt Richmond draengen naeher mich Als Buckinghams schnell aufgeraffte Macht. Komm, denn ich lernte, baengliches Erwaegen Sei schlaefrigen Verzuges blei'rner Diener; Verzug fuehrt Bettelei im lahmen Schneckenschritt. Sei denn mein Fluegel, feur'ge Schnelligkeit, Zum Koenigsherold und Merkur bereit! Geh, mustre Volk: mein Schild ist jetzt mein Rat; Verraetertrotz im Felde ruft zur Tat. (Beide ab.) VIERTE SZENE Vor dem Palast. (Koenigin Margaretha tritt auf.) Margaretha. So, jetzo wird der Wohlstand ueberreif Und faellt in den verfaulten Schlund des Todes. Hier in der Naehe hab ich schlau gelauscht, Um meiner Feinde Schwinden abzuwarten. Von einem grausen Vorspiel war ich Zeugin Und will nach Frankreich, hoffend, der Erfolg Werd' auch so bitter, schwarz und tragisch sein. Unglueckliche Margretha, fort! Wer kommt? (Koenigin Elisabeth und die Herzogin von York treten auf.) Elisabeth. Ach, arme Prinzen! meine zarten Knaben! Unaufgebluehte Knospen! suesse Keime! Fliegt eure holde Seel' in Lueften noch, Und haelt sie nicht ein Spruch auf ewig fest, So schwebet um mich mit den luft'gen Fluegeln Und hoert die Wehklag' eurer Mutter an! Margaretha. Schwebt um sie, sagt, dass Recht um Recht gehandelt Der Kindheit Frueh' in alte Nacht euch wandelt. Herzogin. So manches Elend brach die Stimme mir, Die jammermuede Zung' ist still und stumm. Eduard Plantagenet, so bist du tot? Margaretha. Plantagenet vergilt Plantagenet; Eduard um Eduard zahlt sein Totenbett. Elisabeth. Entziehst du dich, o Gott, so holden Laemmern Und schleuderst in den Rachen sie dem Wolf? Wann schliefst du sonst bei solchen Taten schon. Margaretha. Als Heinrich starb, der Heil'ge, und mein Sohn. Herzogin. Erstorbnes Leben! blindes Augenlicht! Du armes irdisch-lebendes Gespenst! Des Wehes Schauplatz, Schande dieser Welt! Des Grabs Gebuehr, vom Leben vorenthalten! Auszug und Denkschrift laestig langer Tage! Lass deine Unruh' ruhn auf Engellands Rechtmaess'ger Erde, die so unrechtmaessig Berauschst worden von unschuld'gem Blut. (Setzt sich nieder.) Elisabeth. Ach, wolltest du ein Grab so bald gewaehren, Als einen schwermutsvollen Sitz du beutst: Dann buerg ich mein Gebein hier, ruht' es nicht. Ach, wer hat Grund zu trauern, ausser uns? (Setzt sich zu ihr.) Margaretha. Wenn alter Gram um so ehrwuerd'ger ist, Gesteht der Jahre Vorrang meinem zu, Und woelke sich mein Kummer obenan. (Setzt sich neben sie.) Und wenn der Gram Gesellschaft dulden mag, Zaehlt eure Leiden nach, auf meine schauend. Mein war ein Eduard, doch ein Richard schlug ihn; Mein war ein Gatte4s, doch ein Richard schlug ihn; Dein war ein Eduard, doch ein Richard schlug ihn; Dein war ein Richard, doch ein Richard schlug ihn. Herzogin. Mein war ein Richard auch, und du erschlugst ihn; Mein war ein Rutland auch, du halfst ihn schlagen. Margaretha. Dein war ein Clarence auch, und Richard schlug ihn. Aus deines Schosses Hoehle kroch hervor Ein Hoellenhund, der all uns hetzt zu Tod. Den Hund, der eh' als Augen Zaehne hatte, Gebissner Laemmer frommes Blut zu lecken; Der Gotteswerke schaendlichen Verderber; Den trefflich grossen Wueterich der Erde, In wunden Augen armer Seelen herrschend, Liess los dein Schoss, um uns ins Grab zu jagen. O redlich ordnender, gerechter Gott! Wie dank ich dir, dass dieser Metzgerhund In seiner Mutter Leibesfruechten schwelgt Und macht sie zur Gesellin fremder Klagen. Herzogin. O juble, Heinrichs Weib, nicht um mein Weh! Gott zeuge mir, dass ich um deins geweint. Margaretha. Ertrage mich: ich bin nach Rache hungrig Und saett'ge nun an ihrem Anblick mich. Tot ist dein Eduard, Moerder meines Eduards; Dein andrer Eduard tot fuer meinen Eduard; Der junge York war Zutat: beid' erreichten Nicht meines Eingebuessten hohen Preis. Tot ist dein Clarence, Meuchler meines Eduards, Und die Zuschauer dieses Trauerspiels, Der falsche Hastings, Rivers, Vaughan, Grey, Sind vor der Zeit versenkt ins dumpfe Grab. Richard nur lebt, der Hoelle schwarzer Spuerer, Als Maekler aufbewahrt, der Seelen kauft Und hin sie sendet: aber bald, ja bald Erfolgt sein klaeglich, unbeklagtes Ende. Die Erde gaehnt, die Hoelle brennt, Die Teufel bruellen, Heil'ge beten, Auf dass er schleunig werde weggerafft. Vernichte, lieber Gott, ich fleh dich an, Den Pfandschein seines Lebens, dass ich noch Dies Wort erleben mag: der Hund ist tot! Elisabeth. Oh, du hast prophezeit, es kaem' die Zeit, Wo ich herbei dich wuenscht', um mitzufluchen Der bauch'gen Spinne, dem geschwollnen Molch. Margaretha. Da nannt' ich dich ein Scheinbild meines Gluecks, Da nannt' ich dich gemalte Koenigin; Die Vorstellung nur dessen, was ich war; Ein schmeichelnd Inhaltsblatt zu grausem Schauspiel; So hoch erhoben, tief gestuerzt zu werden; Zwei holder Knaben bloss geaeffte Mutter; Ein Traum des, was du warst; ein bunt Panier, Zum Ziel gestellt fuer jeden droh'nden Schuss; Ein Schild der Wuerde, eine Blas', ein Hauch, Koen'gin zum Spass, die Buehne nur zu fuellen. Wo ist dein Gatte nun? wo deine Brueder? Wo deine beiden Soehne? Was noch freut dich? Wer kniet und sagt nun: Heil der Koenigin? Wo sind die Pairs, die schmeichelnd sich dir bueckten? Wo die gedraengten Haufen, die dir folgten? Geh all dies durch, und sieh, was bist du jetzt. Statt gluecklich Eh'weib, hoechst bedraengte Witwe; Statt frohe Mutter, jammernd bei dem Namen; Statt angefleht, demuetig Flehende; Statt Koenigin, mit Not gekroente Sklavin; Statt dass du mich verhoehnt, verhoehnt von mir; Statt allgefuerchtet, einen fuerchtend nun; Statt allgebietend, nun gehorcht von keinem. So bat des Rechtes Lauf sich umgewaelzt Und dich der Zeit zum rechten Raub gelassen; Nur der Gedanke blieb dir, was du warst, Auf dass dich's mehr noch foltre, was du bist. Du masstest meinen Platz dir an: und faellt Nicht meiner Leiden richtig Mass dir zu? Halb traegt dein stolzer Nacken nun mein Joch, Und hier entzieh ich ihm das muede Haupt Und lasse dessen Buerde ganz auf dir. Leb wohl, Yorks Weib, des Ungluecks Koenigin! In Frankreich labt mir Englisch Weh den Sinn. Elisabeth. O du in Fluechen wohl Erfahrne, weile Und lehre mich, zu fluchen meinen Feinden! Margaretha. Versag dir nachts den Schlaf, und faste tags; Vergleiche totes Glueck lebend'gem Weh; Denk deine Knaben holder, als sie waren, Und schnoeder, als er ist, den, der sie schlug: Mit dem Verlust muss sich der Abscheu mehren; Dies ueberdenken, wird dich fluchen lehren. Elisabeth. O schaerfe meine stumpfen Wort' an deinen! Margaretha. Dein Weh wird scharf sie machen, gleich den meinen. (Ab.) Herzogin. Warum doch ist Bedraengnis reich an Worten? Elisabeth. Wind'ge Sachwalter ihrer Leidparteien! Luft'ge Beerber unbewillter Freuden! Des Elends arme hingehauchte Redner! Goennt ihnen Raum: obschon, was sie gewusst, Auch sonst nicht hilft, doch lindert es die Brust. Herzogin. Ist das, so binde deine Zunge nicht: Geh mit mir, und im Hauche bittrer Worte Sei mein verdammter Sohn von uns erstickt, Der deine beiden suessen Soehn' erstickte. (Trommeln hinter der Szene.) Ich hoere Trommeln; spar nicht dein Geschrei. (Richard mit seinem Zuge, auf dem Marsch.) Richard. Wer haelt in meinem Zuge hier mich auf? Herzogin. O sie, die dich moecht aufgehalten haben, In ihrem fluchbeladnen Schoss dich wuergend, Eh' du, Elender, all den Mord veruebt. Elisabeth. Birgst du die Stirn mit einer goldnen Krone, Wo, gaeb's ein Recht, gebrandmarkt sollte stehn Der Mord des Prinzen, des die Krone war, Und meiner Soehn' und Brueder grauser Tod? Du bueb'scher Knecht, sag, wo sind meine Kinder? Herzogin. Du Molch, du Molch, wo ist dein Bruder Clarence Und Ned Plantagenet, sein kleiner Sohn? Elisabeth. Wo ist der wackre Rivers, Vaughan, Grey? Herzogin. Wo ist der gute Hastings? Richard. Ein Tusch, Trompeten! Trommeln, schlaget Laerm! Der Himmel hoere nicht die Schnischnackweiber Des Herrn Gesalbten laestern: schlagt, sag ich! (Tusch. Laermtrommeln.) Geduldig seid und gebt mir gute Worte, Sonst in des Krieges laermendem Getoese Ersaeuf ich eure Ausrufungen so. Herzogin. Bist du mein Sohn? Richard. Ja, Gott gedankt sei's, Euch und meinem Vater. Herzogin. So hoer geduldig meine Ungeduld. Richard. Ich habe eine Spur von Eurer Art, Frau Mutter, Die nicht den Ton des Vorwurfs dulden kann. Herzogin. O lass mich reden! Richard. Tut's, doch hoer ich nicht. Herzogin. Ich will in meinen Worten milde sein. Richard. Und, gute Mutter, kurz! Denn ich hab Eil'. Herzogin. Bist du so eilig? Ich hab dein gewartet, Gott weiss, in Marter und in Todesangst. Richard. Doch kam ich endlich nicht zu Eurem Trost? Herzogin. Nein, bei dem heil'gen Kreuz! Zur Welt gebracht, Hast du die Welt zur Hoelle mir gemacht. Eine schwere Buerde war mir die Geburt; Launisch und eigensinnig deine Kindheit; Die Schulzeit schreckhaft, heillos, wild und wuetig; Dein Jugendlenz verwegen, dreist und tollkuehn; Dein reifres Alter stolz, fein, schlau und blutig, Zwar milder, aber schlimmer, sanft im Hass. Welch eine frohe Stunde kannst du nennen, Die je in deinem Beisein mich begnadigt? Richard. Find ich so wenig Gnad' in Euren Augen, So lasst mich weiterziehn und Euch nicht aergern.-- Trommel geruehrt! Herzogin. Ich bitt dich, hoer mich reden. Richard. Ihr redet allzu bitter. Herzogin. Hoer ein Wort, Denn niemals wieder werd ich mit dir reden. Richard. Wohl! Herzogin. Du stirbst entweder durch des Himmels Fuegung, Eh' du aus diesem Krieg als Sieger kommst; Oder ich vergeh vor Gram und hohem Alter, Und niemals werd ich mehr dein Antlitz sehn. Drum nimm mit dir den allerschwersten Fluch, Der mehr am Tag der Schlacht dich moeg' ermueden Als all die volle Ruestung, die du traegst! Fuer deine Gegner streitet mein Gebet, Und dann der Kinder Eduards kleine Seelen, Sie fluestern deiner Feinde Geistern zu Und angeloben ihnen Heil und Sieg. Blutig, das bist du; blutig wirst du enden: Wie du dein Leben, wird dein Tod dich schaenden. (Ab.) Elisabeth. Zwar weit mehr Grund zum Fluchen wohnt mir bei, Doch minder Mut: drum sag ich Amen nur. (Will gehen.) Richard. Bleibt, gnaed'ge Frau: ich muss ein Wort Euch sagen. Elisabeth. Nicht mehr der Soehn' aus koeniglichem Blut Fuer dich zum Morden, Richard, hab ich ja. Und meine Toechter, nun, die sollen beten Als Nonnen, nicht als Koeniginnen weinen: Und also steh nach ihrem Leben nicht. Richard. Ein' Eurer Toechter heisst Elisabeth, Ist tugendsam und schoen, fuerstlich und fromm. Elisabeth. Und bringt ihr das den Tod? O lass sie leben, Und ihre Sitten will ich selbst verderben, Beflecken ihre Schoenheit, mich verleumden, Als waer' ich treulos Eduards Bett gewesen, Der Schande Schleier werfen ueber sie: So sie den blut'gen Streichen nur entrinnt, Bekenn ich gern, sie sei nicht Eduards Kind. Richard. Ehrt ihre Abkunft, sie ist koeniglich. Elisabeth. Ich leugn' es ab, das Leben ihr zu sichern. Richard. Ihr Leben sichert die Geburt zumeist. Elisabeth. Dadurch gesichert starben ihre Brueder. Richard. Weil gute Sterne der Geburt gemangelt. Elisabeth. Nein, weil ihr Leben ueble Freunde hatte. Richard. Nicht umzukehren ist des Schicksals Spruch. Elisabeth. Ja, wenn verkehrter Sinn das Schicksal macht. Den Kindern war ein schoenrer Tod beschieden, Haettst du ein schoenres Leben dir erkoren. Richard. Ihr sprecht, als haett' ich meine Vetter umgebracht. Elisabeth. Wohl umgebracht! Du brachtest sie um alles: Um Freude, Reich, Verwandte, Freiheit, Leben. Wes Hand die zarten Herzen auch durchbohrt, Dein Kopf, mit krummen Wegen, gab die Richtung; Stumpf war gewiss das moerderische Messer, Bis es, gewetzt an deinem harten Herzen, In meiner Laemmer Eingeweiden wuehlte. Den wilden Gram macht die Gewohnheit zahm, Sonst nennte meine Zunge deinen Ohren Nicht meine Knaben eh', als meine Naegel In deinen Augen schon geankert haetten, Und ich, in so heilloser Todesbucht, Gleichwie ein Boot, beraubt der Tau' und Segel, Zerscheitert waer' an deiner Felsenbrust. Richard. So glueck' es mir bei meinem Unternehmen Und blut'gen Kriegs gefaehrlichem Erfolg, Als ich mehr Guts gedenk Euch und den Euren, Als ich je Leids Euch und den Euren tat. Elisabeth. Welch Gut, bedeckt vom Angesicht des Himmels, Ist zu entdecken, das mir Gutes schaffte? Richard. Erhebung Eurer Kinder, werte Frau. Elisabeth. Zum Blutgeruest, ihr Haupt da zu verlieren. Richard. Nein, zu der Hoeh' und Wuerdigkeit des Gluecks, Dem hehren Vorbild ird'scher Herrlichkeit. Elisabeth. Schmeichle mein Leid mit dem Bericht davon. Sag, welchen Glueckstand, welche Wuerd' und Ehre Kannst du auf eins von meinen Kindern bringen? Richard. Was ich nur habe; ja, mich selbst und alles Will ich an deiner Kinder eins verschenken, So du im Lethe deines zorn'gen Muts Die trueb' Erinnrung dessen willst ertraenken, Was, wie du meinst, ich dir zu nah getan. Elisabeth. Sei kurz, der Antrag deiner Freundschaft moechte Sonst laenger dauern als die Freundschaft selbst. Richard. So wiss', von Herzen lieb ich deine Tochter. Elisabeth. Im Herzen denkt es meiner Mutter Tochter. Richard. Was denket Ihr? Elisabeth. Dass du vom Herzen meine Tochter liebst. So liebtest du vom Herzen ihre Brueder, Und ich, vom Herzen, danke dir dafuer. Richard. Verwirret meine Meinung nicht so rasch. Ich meine, herzlich lieb ich deine Tochter Und mache sie zur Koenigin von England. Elisabeth. Wohl, doch wer meinst du, soll ihr Koenig sein? Richard. Nun, der zur Koenigin sie macht. Wer sonst? Elisabeth. Wie? du? Richard. Ich, eben ich: was duenkt Euch, gnaed'ge Frau? Elisabeth. Wie kannst du um sie frein? Richard. Das moecht ich lernen Von Euch, die ihren Sinn am besten kennt. Elisabeth. Und willst du's von mir lernen? Richard. Herzlich gern. Elisabeth. Schick durch den Mann, der ihre Brueder schlug, Ihr ein paar blut'ge Herzen; grabe drein: Eduard und York; dann wird sie etwa weinen, Drum biet ihr (wie Margretha deinem Vater Weiland getan, getaucht in Rutlands Blut) Ein Schnupftuch, das den Purpursaft, so sag ihr, Aus ihrer suessen Brueder Leibe sog, Und heiss' damit ihr weinend Aug' sie trocknen. Ruehrt diese Lockung nicht zur Liebe sie, Send einen Brief von deinen edlen Taten: Sag ihr, du raeumtest ihren Oheim Clarence Und Rivers weg; ja, halfest ihrethalb Der guten Tante Anna schleunig fort. Richard. Ihr spottet, gnaed'ge Frau: sie zu gewinnen Ist das der Weg nicht. Elisabeth. Keinen andern gibt's, Kannst du dich nicht in andre Bildung kleiden Und nicht der Richard sein, der all dies tat. Richard. Setzt, dass ich's nur aus Liebe zu ihr tat. Elisabeth. Ja, dann fuerwahr muss sie durchaus dich hassen, Der Lieb' erkauft um solchen blut'gen Raub. Richard. Seht, was geschehn, steht jetzo nicht zu aendern. Der Mensch geht manchmal unbedacht zu Werk, Was ihm die Folge Zeit laesst zu bereun. Nahm Euren Soehnen ich das Koenigreich, So geb ich's zum Ersatz nun Eurer Tochter. Bracht' ich die Fruechte Eures Schosses um, Um Eu'r Geschlecht zu mehren, will ich mir Aus Eurem Blute Leibeserben zeugen. Grossmutter heissen ist kaum minder lieb Als einer Mutter innig suesser Name. Sie sind wie Kinder, nur eine Stufe tiefer, Von Eurer Kraft, von Eurem echten Blut, Ganz gleicher Mueh' bis auf eine Nacht des Stoehnens, Von der geduldet, fuer die Ihr sie littet. Plag' Eurer Jugend waren Eure Kinder, Trost Eures Alters sollen meine sein. Was Ihr verlort, war nur ein Sohn als Koenig, Dafuer wird Eure Tochter Koenigin. Ich kann nicht, wie ich wollt', Ersatz Euch schaffen, Drum nehmt, was ich in Guete bieten kann. Dorset, Eu'r Sohn, der missvergnuegte Schritte Mit banger Seel' auf fremdem Boden lenkt, Wird durch dies holde Buendnis schleunig heim Zu grosser Wuerd' und hoher Gunst gerufen. Der Koenig, der die schoene Tochter Gattin nennt, Wird traulich deinen Dorset Bruder nennen. Ihr werdet wieder Mutter eines Koenigs, Und alle Schaeden drangsalvoller Zeiten Zwiefach ersetzt mit Schaetzen neuer Lust. Ei, wir erleben noch viel wackre Tage! Die hellen Traenentropfen kommen wieder, Die ihr vergosst, in Perlen umgewandelt, Das Darlehn Euch verguetend, mit den Zinsen Von zehnfach doppeltem Gewinn des Gluecks. Geh, meine Mutter, geh zu deiner Tochter: Erfahrung mach' ihr schuechtern Alter dreist; Bereit ihr Ohr auf eines Freiers Lied; Leg in ihr zartes Herz die kuehne Flamme Der goldnen Hoheit; lehre die Prinzessin Der Ehefreuden suess verschwiegne Stunden: Und wenn der Arm hier jenen Zwergrebellen, Den ungehirnten Buckingham gezuechtigt, Dann komm ich prangend im Triumpheskranz Und fuehr ins Bett des Siegers deine Tochter; Ihr liefr' ich die Erobrung wieder ab, Und sie sei einzig Sieg'rin, Caesars Caesar. Elisabeth. Wie soll ich sagen? Ihres Vaters Bruder Will ihr Gemahl sein? Oder sag ich, Oheim? Oder, der Oheim' ihr erschlug und Brueder? Auf welchen Namen wuerb' ich wohl fuer dich, Den Gott, Gesetz, meine Ehr' und ihre Liebe Den zarten Jahren liess' gefaellig sein? Richard. Zeig Englands Frieden ihr in diesem Buendnis. Elisabeth. Den sie erkaufen wird mit stetem Krieg. Richard. Sag ihr, der Koenig, sonst gebietend, bitte. Elisabeth. Das von ihr, was der Koen'ge Herr verbeut. Richard. Sag, sie werd' eine maecht'ge Koenigin. Elisabeth. Den Titel zu bejammern, sowie ich. Richard. Sag, immerwaehrend lieben woll' ich sie. Elisabeth. Wie lang wird wohl dies Woertchen immer waehren? Richard. Bis an das Ende ihres holden Lebens. Elisabeth. Wie lang wird wohl dies suesse Leben waehren? Richard. So lang Natur und Himmel es verlaengt. Elisabeth. So lang's die Hoell' und Richard leiden mag. Richard. Sag, ich, ihr Herrscher, sei ihr Untertan. Elisabeth. Zwar Untertanin, hasst sie solche Herrschaft. Richard. Zu meinem Besten sei beredt bei ihr. Elisabeth. Ein redlich Wort macht Eindruck, schlicht gesagt. Richard. So sag ihr meine Lieb' in schlichten Worten. Elisabeth. Schlicht und nicht redlich lautet allzu rauh. Richard. Zu seicht und lebhaft sind mir Eure Gruende. Elisabeth. Nein, meine Gruende sind zu tief und tot; Zu tief und tot im Grab die armen Kinder. Richard. Ruehrt nicht die Saite mehr: das ist vorbei. Elisabeth. Ich will sie ruehren, bis das Herz mir springt. Richard. Bei meinem George, dem Knieband und der Krone--- Elisabeth. Entweiht, entehrt, die dritte angemasst! Richard. Schwoer ich-- Elisabeth. Bei nichts; denn dieses ist kein Schwur. Der George, entehrt, verlor die heil'ge Ehre; Befleckt, das Knieband seine Rittertugend; Geraubt, die Krone ihren Fuerstenglanz. Willst du was schwoeren, das man glauben mag, So schwoer bei etwas, das du nicht gekraenkt. Richard. Nun, bei der Welt-- Elisabeth. Voll deines schnoeden Unrechts. Richard. Bei meines Vaters Tod-- Elisabeth. Dein Leben schmaeht ihn. Richard. Dann bei mir selbst-- Elisabeth. Dein Selbst ist selbstgeschaendet. Richard. Beim Himmel-- Elisabeth. Gottes Kraenkung ist die aergste. Haettst du gescheut, den Schwur bei ihm zu brechen, Die Einigkeit, die mein Gemahl gestiftet, Waer' nicht zerstoert, mein Bruder nicht erschlagen. Haettst du gescheut, den Schwur bei ihm zu brechen, Dies hehre Gold, umzirkelnd nun dein Haupt, Es zierte meines Kindes zarte Schlaefen Und beide Prinzen waeren atmend hier, Die nun, im Staub zwei zarte Bettgenossen, Dein treulos Tun zum Raub der Wuermer machte. Wobei nun kannst du schwoeren? Richard. Bei der kuenft'gen Zeit. Elisabeth. Die kraenktest du in der Vergangenheit. Mit Traenen muss ich selbst die Zukunft waschen, Fuer die Vergangenheit, gekraenkt durch dich. Die Kinder, deren Eltern du ermordet, In unberatner Jugend leben sie Und muessen es bejammern noch im Alter. Die Eltern, deren Kinder du geschlachtet, Als unfruchtbare Pflanzen leben sie Und muessen es bejammern schon im Alter. Schwoer bei der Zukunft nicht, so missverwandelt Durch die vergangne Zeit, die du misshandelt. Richard. So wahr ich sinn auf Wohlfahrt und auf Reu'! So geh's mir wohl im misslichen Versuch Feindsel'ger Waffen! Schlag ich selbst mich selbst! Himmel und Glueck entzieh' mir frohe Stunden! Tag, weigre mir dein Licht! Nacht, deine Ruh'! Sei'n alle Gluecksplaneten meinem Tun Zuwider! wo ich nicht mit Herzensliebe, Mit makelloser Andacht, heil'gem Sinn Um deine schoen' und edle Tochter werbe! Auf ihr beruht mein Glueck und deines auch: Denn ohne sie erfolgt fuer mich und dich, Sie selbst, das Land und viele Christenseelen Tod und Verwuestung, Fall und Untergang. Es steht nicht zu vermeiden, als durch dies; Es wird auch nicht vermieden, als durch dies. Drum, liebe Mutter (so muss ich Euch nennen), Seid meiner Liebe Anwalt: stellt ihr vor Das, was ich sein will, nicht, was ich gewesen; Nicht mein Verdienst, nein, was ich will verdienen; Dringt auf die Notdurft und den Stand der Zeiten, Und seid nicht launenhaft in grossen Sachen. Elisabeth. Soll ich vom Teufel so mich locken lassen? Richard. Ja, wenn der Teufel dich zum Guten lockt. Elisabeth. Soll ich denn selbst vergessen meiner selbst? Richard. Wenn Eurer selbst gedenken selbst Euch schadet. Elisabeth. Du brachtest meine Kinder um. Richard. In Eurer Tochter Schoss begrab ich sie; Da, in dem Nest der Wuerz', erzeugen sie Sich selber neu, zu Eurer Wiedertroestung. Elisabeth. Soll ich die Tochter zu gewinnen gehn? Richard. Und seid beglueckte Mutter durch die Tat. Elisabeth. Ich gehe; schreibt mir allernaechstens, Und Ihr vernehmt von mir, wie sie gesinnt. Richard. Bringt meinen Liebeskuss ihr, und lebt wohl. (Kuesst sie. Elisabeth ab.) Nachgieb'ge Toerin! wankelmuetig Weib! Nun? was gibt's Neues? (Ratcliff tritt auf, und Catesby folgt ihm.) Ratcliff. Gewalt'ger Fuerst, im Westen laengs der Kueste Wogt eine maecht'ge Flotte; hin zum Strand Draengt sich ein Haufe hohlgeherzter Freunde, Wehrlos und ohn' Entschluss, sie wegzutreiben. Man meinet, Richmond sei ihr Admiral. Sie liegen da, die Hilfe Buckinghams Erwartend nur, am Strand sie zu empfangen. Richard. Ein flinker Freund soll hin zum Herzog Norfolk: Du, Ratcliff; oder Catesby: wo ist er? Catesby. Hier, bester Herr. Richard. Catesby, flieg hin zum Herzog. Catesby. Das will ich, Herr, mit aller noet'gen Eil'. Richard. Ratcliff, komm her. Reit hin nach Salisbury: Wenn du dahin kommst-- (Zu Catesby.) Unachtsamer Schurke, Was saeumst du hier, und gehst nicht hin zum Herzog? Catesby. Erst, hoher Herr, erklaert die gnaed'ge Meinung, Was ich von Euer Hoheit ihm soll melden. Richard. Wahr, guter Catesby! Gleich aufbringen soll er Die groesste Macht und Mannschaft, die er kann, Und treffe mich alsbald zu Salisbury. Catesby. Ich gehe. (Ab.) Ratcliff. Was soll ich, wenn's beliebt, zu Salisbury? Richard. Ei, was hast du zu tun da, eh' ich komme? Ratcliff. Eu'r Hoheit sagte mir, vorauszureiten. (Stanley tritt auf.) Richard. Ich bin itzt andern Sinns.--Stanley, was bringst du Neues? Stanley. Nichts Gutes, Herr, dass Ihr es gerne hoertet, Noch auch so schlimm, dass man's nicht melden duerfte. Richard. Heida, ein Raetsel! weder gut noch schlimm! Was brauchst du so viel Meilen umzugehn, Statt grades Weges deinen Spruch zu sprechen? Nochmal, was gibt's? Stanley. Richmond ist auf der See. Richard. Versaenk' er da, und waer' die See auf ihm! Landlaeufer ohne Herz, was tut er da? Stanley. Ich weiss nicht, maecht'ger Fuerst, und kann nur raten. Richard. Nun, und Ihr ratet? Stanley. Gereizt von Dorset, Buckingham und Morton, Kommt er nach England und begehrt die Krone. Richard. Ist der Stuhl ledig? ungefuehrt das Schwert? Ist tot der Koenig? herrenlos das Reich? Sind Erben Yorks am Leben, ausser mir? Und wer ist Englands Koenig, als Yorks Erbe? Drum sage mir, was tut er auf der See? Stanley. Es sei denn dazu, Herr, kann ich's nicht raten. Richard. Es sei denn, dass er komm', Eu'r Fuerst zu sein, Koennt Ihr nicht raten, was der Wael'sche will! Ich fuercht, Ihr fallt mir ab und flieht zu ihm. Stanley. Nein, maecht'ger Fuerst; misstraut mir also nicht. Richard. Wo ist dein Volk denn, ihn zurueckzuschlagen? Wo hast du deine Leut' und Lehnsvasallen? Sind sie nicht an der Kuest' im Westen jetzt, Geleit zum Landen den Rebellen gehend? Stanley. Nein, meine Freunde sind im Norden, bester Herr. Richard. Mir kalte Freunde: was tun die im Norden, Da sie ihr Fuerst zum Dienst im Westen braucht? Stanley. Sie waren nicht befehligt, grosser Koenig. Geruht Eu'r Majestaet mich zu entlassen, So mustr' ich meine Freund' und treff Eu'r Gnaden, Wo es und wann Eu'r Majestaet beliebt. Richard. Ja, ja, du moechtest gern zu Richmond stossen: Ich will Euch, Herr, nicht traun. Stanley. Gewalt'ger Fuerst, Ihr habt an meiner Freundschaft nicht zu zweifeln; Ich war und werde nimmer treulos sein. Richard. Geht denn, mustert Volk. Doch, hoert Ihr, lasst zurueck George Stanley, Euren Sohn; und wankt Eu'r Herz, Gebt acht, so steht sein Kopf nicht allzu fest. Stanley. Verfahrt mit ihm, wie ich mich treu bewaehre. (Stanley ab. Ein Bote tritt auf.) Bote. Mein gnaed'ger Fuerst, es sind in Devonshire, Wie ich von Freunden wohl berichtet bin, Sir Eduard Courtney und der stolze Kirchherr, Bischof von Exeter, sein aeltrer Bruder, Samt vielen Mitverbuendeten in Waffen. (Ein andrer Bote tritt auf.) Zweiter Bote. Mein Fuerst, in Kent die Guilfords sind in Waffen, Und jede Stunde stroemen den Rebellen Mitwerber zu, und ihre Macht wird stark. (Noch ein andrer Bote tritt auf.) Dritter Bote. Mein Fuerst, das Heer des grossen Buckingham-- Richard. Fort mit euch Uhus! Nichts als Todeslieder? (Er schlaegt den Boten.) Da, nimm das, bis du bessre Zeitung bringst. Dritter Bote. Was ich Eu'r Majestaet zu melden habe, Ist, dass durch jaehe Flut und Wolkenbrueche Buckinghams Heer zerstreut ist und versprengt Und dass er selbst allein sich fortgemacht; Wohin, weiss niemand. Richard. Oh, ich bitt, entschuldigt! Da ist mein Beutel, um den Schlag zu heilen. Liess nicht ein wohlberatner Freund Belohnung Ausrufen dem, der den Verraeter greift? Dritter Bote. Ein solcher Ausruf ist geschehn, mein Fuerst. (Ein vierter Bote tritt auf.) Vierter Bote. Sie Thomas Lovel und der Marquis Dorset Sind, Herr, wie's heisst, in Yorkshire in den Waffen. Doch diesen guten Trost bring ich Eu'r Hoheit: Vom Sturm zerstreut ist die Bretagner Flotte; Richmond sandt' an die Kuest' in Dorsetshire Ein Boot aus, die am Ufer zu befragen, Ob sie mit ihm es hielten oder nicht. Sie kaemen, sagten sie, vom Buckingham Zu seinem Beistand; doch er traute nicht, Zog Segel auf, und steur'te nach Bretagne. Richard. Ins Feld! ins Feld! weil wir in Waffen sind: Wo nicht zu fechten mit auswaert'gen Feinden, Zu Daempfung der Rebellen hier zu Haus. (Catesby tritt auf.) Catesby. Der Herzog Buckingham, Herr, ist gefangen: Das ist die beste Zeitung; dass Graf Richmond Mit grosser Macht gelandet ist zu Milford, Klingt minder gut, doch will's gemeldet sein. Richard. Wohlauf nach Salisbury! Indes wir schwatzen, Koennt' eine Hauptschlacht schon entschieden sein. Trag einer Sorge, Buckingham zu schaffen Nach Salisbury; ihr andern zieht mit mir. (Alle ab.) FUeNFTE SZENE Ein Zimmer in Stanleys Hause. (Stanley und Sir Christopher Urswick, ein Priester, treten auf.) Stanley. Sir Christopher, sagt Richmond dies von mir: Im Kofen des blutduerst'gen Ebers sei Mein Sohn, George Stanley, eingestallt in Haft; Und fall ich ab, so fliegt des Knaben Kopf. Die Furcht haelt meinen Beistand noch zurueck. Doch sagt, wo ist der edle Richmond jetzt? Urswick. Zu Pembroke, oder Ha'rford-West, in Wales. Stanley. Wer haelt sich zu ihm von namhaften Maennern? Urswick. Sir Walter Herbert, ein beruehmter Krieger; Sir Gilbert Talbot, Sir William Stanley; Oxford, der maecht'ge Pembroke, Sir James Blunt, Und Rice ap Thomas, mit beherzter Schar, Und viele mehr von grossem Ruf und Wert; Und hin nach London richten sie den Zug, Wenn sie kein Angriff hindert unterwegs. Stanley. Wohl, eil zu deinem Herrn: empfiehl mich ihm, Sag ihm, die Koenigin woll' ihre Tochter Elisabeth ihm herzlich gern vermaehlen. Die Briefe hier eroeffnen ihm das Weitre. Leb wohl. (Er gibt ihm Papiere. Beide ab.) FUeNFTER AUFZUG ERSTE SZENE Salisbury. Ein offner Platz. (Der Sheriff und die Wache, mit Buckingham, der zur Hinrichtung gefuehrt wird.) Buckingham. Will Koenig Richard sich nicht sprechen lassen? Sheriff. Nein, bester Herr; drum fasst Euch in Geduld. Buckingham. Hastings und Eduards Kinder, Rivers, Grey, Du heil'ger Heinrich und dein holder Sohn, Vaughan, und alle, die Ihr seid gestuerzt Durch heimliche, verderbte, schnoede Raenke: Wenn Eure finstern, missvergnuegten Seelen Die Wolken durch, die jetz'ge Stunde schaun, So raecht Euch nur und spottet meines Falls!-- Ist heut nicht Allerseelentag, ihr Leute? Sheriff. Ja, Mylord. Buckingham. Nun, Allerseelentag ist meines Leibs Gerichtstag. Dies ist der Tag, den wuenscht' ich ueber mich In Koenig Eduards Zeit, wofern ich falsch An seinem Weib und Kindern wuerd' erfunden; Auf diesen Tag wuenscht' ich mir meinen Fall, Durch dessen Falschheit, dem zumeist ich traute; ja dieser, dieser Allerseelentag Ist meiner armen Seele Suendenfrist. Der hoh' Allsehende, mit dem ich Spiel trieb, Wandt' auf mein Haupt mein heuchelndes Gebet Und gab im Ernst mir, was ich bat im Scherz. So wendet er den Schwertern boeser Menschen Die eigne Spitz' auf ihrer Herren Brust. Schwer faellt Margrethas Fluch auf meinen Nacken: "Wenn er", sprach sie, "dein Herz mit Gram zerreisst, Gedenke, Margaretha war Prophetin."-- Kommt, dass ihr mich zum Block der Schande fuehrt; Unrecht will Unrecht, Schuld, was ihr gebuehrt. (Sie fuehren ihn ab.) ZWEITE SZENE Ebne bei Tamworth. (Mit fliegenden Fahnen und klingendem Spiel treten auf Richmond, Oxford, Sir James Blunt, Sir Walter Herbert und andre, mit Truppen auf dem Marsch.) Richmond. Ihr Waffenbrueder und geliebte Freunde, Zermalmet unterm Joch der Tyrannei! So weit ins Innerste des Landes sind Wir fortgezogen ohne Hindernis; Und hier von unserm Vater Stanley kommen Uns Zeilen troestlicher Ermutigung. Der greulich blut'ge, raeuberische Eber, Der Eure Weinberg' umwuehlt, Eure Saaten, Eu'r warm Blut saeuft wie Spuelicht, Eure Leiber Ausweidet sich zum Trog: dies wueste Schwein Liegt jetzt in dieses Eilands Mittelpunkt, Nah bei der Stadt Leicester, wie wir hoeren; Von Tamworth bis dahin ist nur ein Tag. Frisch auf, in Gottes Namen, mut'ge Freunde, Die Frucht bestaend'gen Friedens einzuernten Durch eine blut'ge Probe scharfen Kriegs. O xford. Jeglich Gewissen ist wie tausend Schwerter, Zu fechten mit dem blut'gen Boesewicht. Herbert. Ganz sicher fallen seine Freund' uns zu. Blunt. Erbat nur Freunde, die aus Furcht es sind; Die werden ihn in tiefster Not verlassen. Richmond Dies alles mir zugunsten. Auf, mit Gott! Hoffnung ist schnell und fliegt mit Schwalbenschwingen; Aus Koen'gen macht sie Goetter, Koen'ge aus Geringen. (Alle ab.) DRITTE SZENE Das Feld bei Bosworth. (Koenig Richard mit Mannschaft; Herzog von Norfolk, Graf von Surrey und andre.) Richard. Hier schlagt die Zelt' auf, hier im Feld bei Bosworth.-- Mylord von Surrey, warum seht Ihr truebe? Surrey. Mein Herz ist zehnmal heitrer als mein Blick. Richard. Mylord von Norfolk-- Norfolk. Hier, mein gnaed'ger Fuerst. Richard. Norfolk, hier gilt es Schlaege? Ha, nicht wahr? Norfolk. Man gibt und nimmt sie, mein gewogner Herr. Richard. Schlagt auf mein Zelt: hier will ich ruhn zu Nacht. (Soldaten fangen an, des Koenigs Zelt aufzuschlagen.) Doch morgen wo? Gut, es ist alles eins.-- Wer spaehte der Verraeter Anzahl aus? Norfolk. Sechs, sieben Tausend ist die ganze Macht. Richard. Ei, unser Heer verdreifacht den Belauf. Auch ist des Koenigs Nam' ein fester Turm, Woran der feindlichen Partei es fehlt.-- Schlagt mir das Zelt auf.--Kommt, Ihr edlen Herrn, Lasst uns der Lage Vorteil ueberschaun.-- Ruft ein'ge Maenner von bewaehrtem Rat. Lasst Zucht uns halten und nicht laessig ruhn, Denn, Lords, auf morgen gibt's vollauf zu tun. (Richard mit den uebrigen ab.) (An der andern Seite des Feldes treten auf Richmond, Sir William Brandon, Oxford und andre Herren. Einige Soldaten schlagen Richmonds Zelt auf.) Richmond Die muede Sonne ging so golden unter, Und nach des Feuerwagens lichter Spur Verheisst sie einen schoenen Tag auf morgen.-- Sir William Brandon, Ihr tragt mir mein Banner.-- Gebt mir Papier und Tinte in mein Zelt.-- Ich will der Schlachtordnung Gestalt entwerfen, Jedwedem Fuehrer seinen Stand begrenzen Und recht verteilen unsre kleine Macht. Mylord von Oxford--Ihr, Sir William Brandon-- Und Ihr, Sir Walter Herbert, bleibt bei mir;-- Der Graf von Pembroke fuehrt sein Regiment; Bringt, Hauptmann Blunt, ihm gute Nacht von mir, Und um die zweite Stunde frueh ersucht Den Grafen, mich in meinem Zelt zu sprechen. Doch eins noch, guter Hauptmann, tut fuer mich: Wo hat Lord Stanley sein Quartier? Ihr wisst es? Blunt. Wenn ich mich nicht in seinen Fahnen irrte (Was ich versichert bin, dass nicht geschehn), So liegt sein Regiment eine halbe Meile Gen Sueden von des Koenigs grossem Heer. Richmond Ist's ohn' Gefaehrde moeglich, lieber Blunt, So findet Mittel aus, mit ihm zu sprechen, Und gebt von mir ihm dies hoechst noet'ge Blatt. Blunt. Bei meinem Leben, Herr, ich unternehm's; Und somit geb' Euch Gott geruh'ge Nacht. Richmond Gut' Nacht, mein guter Hauptmann Blunt. Kommt, Herrn, Lasst uns das morgende Geschaeft beraten. Ins Zelt hinein, die Luft ist rauh und kalt. (Sie begeben sich in das Zelt.) (Koenig Richard geht zu seinem Zelte mit Norfolk, Ratcliff und Catesby.) Richard. Was ist die Uhr? Catesby. Nachtessenszeit, mein Fuerst: Es ist neun Uhr. Richard. Ich will zu Nacht nicht essen.-- Gebt mir Papier und Tinte. Nun, ist mein Sturmhut leichter, als er war? Und alle Ruestung mir ins Zelt gelegt? Catesby. Ja, gnaed'ger Herr; 's ist alles in Bereitschaft. Richard. Mach, guter Norfolk, dich auf deinen Posten, Halt strenge Wache, waehle sichre Waechter. Norfolk. Ich gehe, Herr. Richard. Sei mit der Lerche munter, lieber Norfolk. Norfolk. Verlasst Euch drauf, mein Fuerst. (Ab.) Richard. Ratcliff-- Ratcliff. Mein Fuerst? Richard. Send einen Waffenherold Zu Stanleys Regiment; heiss ihn sein Volk Vor Sonnenaufgang bringen, oder sein Sohn George Faellt in die blinde Hoehle ew'ger Nacht.-- Fuellt einen Becher Weins; gebt mir ein Nachtlicht.-- Sattelt den Schimmel Surrey frueh zur Schlacht. Dass meine Schaefte fest und nicht zu schwer sind.-- Ratcliff-- Ratcliff. Mein Fuerst? Richard. Sahst du den melanchol'schen Lord Northumberland? Ratcliff. Er selbst und Thomas Graf von Surrey gingen, Im ersten Zwielicht eben, durch das Heer, Von Schar zu Schar ermunternd unsre Leute. Richard. Das genuegt mir. Gebt mir einen Becher Weins.-- Ich habe nicht die Ruestigkeit des Geistes, Den frischen Mut, den ich zu haben pflegte.-- So, setzt ihn hin.--Papier und Tint' ist da? Ratcliff. Ja, gnaed'ger Herr. Richard. Heisst meine Schildwacht munter sein; verlasst mich. Wenn halb die Nacht vorbei ist, kommt ins Zelt Und helft mich waffnen.--Verlasst mich, sag ich. (Richard zieht sich in sein Zelt zurueck. Ratcliff und Catesby ab.) (Richmonds Zelt oeffnet sieh, man sieht ihn und seine Offiziere usw. Stanley tritt auf.) Stanley. Glueck und Triumph bekroene deinen Helm! Richmond Was nur fuer Trost die dunkle Nacht gestattet, Das sei dein Teil, mein edler Pflegevater! Sag mir, wie geht es unsrer teuren Mutter? Stanley. Ich segne dich aus Vollmacht deiner Mutter, Die im Gebet verharrt fuer Richmonds Wohl. So viel hievon.--Die leisen Stunden fliehn, Und streifig Dunkel bricht im Osten sich. Kurz, denn uns so zu fassen heischt die Zeit, Bereite deine Schlachtordnung fruehmorgens Und stelle der Entscheidung blut'ger Streiche Und toedlich draeu'nden Kriegs dein Glueck anheim. Ich, wie ich kann (ich kann nicht, wie ich wollte), Gewinne schlau der Zeit den Vorteil ab Und steh dir bei im zweifelhaften Sturm. Allein ich darf fuer dich nicht allzuweit gehn, Denn sieht man's, wird dein zarter Bruder George Vor seines Vaters Augen hingerichtet. Leb wohl! Die Musse und die bange Zeit Bricht ab der Liebe feierliche Schwoere Und langen Wechsel herzlichen Gespraechs, Der laengst getrennte Freunde sollt' erfreun. Gott geb' uns Musse zu der Liebe Braeuchen! Nochmals leb wohl! Sei tapfer und beglueckt! Richmond Geleitet ihn zu seinem Regiment, Ihr lieben Lords; ich, mit verstoertem Sinn, Will unterdessen einzunicken trachten, Dass blei'rner Schlaf nicht morgen auf mir laste, Wann ich auf Siegesfluegeln steigen soll. Gut' Nacht, noch einmal, liebe Lords und Herrn. (Alle uebrigen mit Stanley ab.) O du, fuer dessen Feldherrn ich mich achte, Sieh deine Scharen an mit gnaed'gem Blick! Reich ihrer Hand des Grimms zermalmend Eisen, Dass sie mit schwerem Falle niederschmettern Die trotz'gen Helme unsrer Widersacher! Mach uns zu Dienern deiner Zuechtigung, Auf dass wir preisen dich in deinem Sieg! Dir anbefehl ich meine wache Seele, Eh' ich der Augen Fenster schliesse zu. Schlafend und wachend, schirme du mich stets. (Schlaeft ein.) (Der Geist des Prinzen Eduard, Sohnes Heinrichs des Sechsten, steigt zwischen den beiden Zelten auf.) Geist (zu Koenig Richard). Schwer moeg' ich morgen deine Seele lasten! Denk, wie du mich erstachst in meiner Bluete, Zu Tewkesbury: verzweifle drum und stirb!-- (Zu Richmond.) Sei freudig, Richmond, denn gekraenkte Seelen Erwuergter Prinzen streiten dir zum Schutz: Dich troestet, Richmond, Koenig Heinrichs Sohn. (Der Geist Koenig Heinrichs des Sechsten steigt auf.) Geist (zu Koenig Richard). Du bohrtest mir, da ich noch sterblich war, Voll Todeswunden den gesalbten Leib; Denk an den Turm und mich; verzweifl' und stirb! Heinrich der Sechste ruft: verzweifl' und stirb! (Zu Richmond.) Heilig und tugendhaft, sei Sieger du! Heinrich, der prophezeit, du werdest Koenig, Kommt, dich im Schlaf zu troesten: leb und bluehe! (Der Geist des Clarence steigt auf.) Geist (zu Koenig Richard). Schwer moeg' ich morgen deine Seele lasten! Ich, totgebadet einst in ekelm Wein, Der arme Clarence, den dein Trug verriet! Denk in der Schlacht an mich, und fallen lass Dein abgestumpftes Schwert! Verzweifl' und stirb! (Zu Richmond.) Du Sproessling aus dem Hause Lancaster, Es beten fuer dich Yorks gekraenkte Erben. Dich schirm' ein guter Engel! Leb und bluehe! (Die Geister des Rivers, Grey und Vaughan steigen auf.) Rivers (zu Koenig Richard). Schwer moeg' ich morgen deine Seele lasten, Rivers, der starb zu Pomfret! Verzweifl' und stirb! Grey (zu Koenig Richard). Gedenk an Grey, und lass die Seel' verzweifeln! Vaughan (zu Koenig Richard). Gedenk an Vaughan, und lass die Lanze fallen Vor schuldbewusster Furcht! Verzweifl' und stirb! Alledrei (zu Richmond). Erwach, und denk, fuer dich kaempf' unser Leiden In Richards Brust! Ewach und sieg im Feld! (Der Geist des Hastings steigt auf.) Geist (zu Koenig Richard). Blutig und schuldvoll, wache schuldvoll auf, Und ende deine Tag' in blut'ger Schlacht! Denk an Lord Hastings, und verzweifl' und stirb! (Zu Richmond.) In Frieden ruh'nde Seel', erwach, erwache, Und kaempf und sieg in unsers Englands Sache! (Die Geister der beiden jungen Prinzen steigen auf.) Geister. Von deinen Vettern traeum, erwuergt im Turm; Und sei'n wir Blei in deinem Busen, Richard, Ziehn nieder dich in Unfall, Schmach und Tod! Die Seelen deiner Neffen rufen dir: Verzweifl' und stirb! (Zu Richmond.) Schlaf friedlich, Richmond, und erwach voll Mut! Dich schirm' ein Engel vor des Ebers Wut! Leb, und erzeug ein reiches Koenigshaus! Dich heissen Eduards arme Soehne bluehen. (Der Geist der Prinzessin Anna steigt auf.) Geist. Richard, dein Weib, Anna, dein elend Weib, Die keine ruh'ge Stunde schlief bei dir, Fuellt deinen Schlaf jetzt mit Verstoerungen. Denk in der Schlacht an mich und fallen lass Dein abgestumpftes Schwert! Verzweifl' und stirb! (Zu Richmond.) Schlaf, ruh'ge Seele, schlaf geruh'gen Schlaf! Dir zeige Glueck und Sieg im Traume sich: Es betet deines Gegners Weib fuer dich. (Buckinghams Geist steigt auf.) Geist (zu Koenig Richard). Der erste war ich, der zum Thron dir half; Der letzte fuehlt' ich deine Tyrannei: oh, in der Schlacht gedenk an Buckingham, Und stirb im Schrecken ueber deine Schuld! Traeum weiter, traeum von Tod und von Verderben: Du sollst verzweifeln und verzweifelnd sterben. (Zu Richmond.) Ich starb um Hoffnung, eh' ich Hilfe bot: Doch staerk dein Herz und habe keine Not. Gott samt den Engeln ficht zu Richmonds Schutz, Und Richard faellt in seinem hoechsten Trotz. (Die Geister verschwinden. Koenig Richard faehrt aus seinen Traeumen auf.) Richard. Ein andres Pferd! verbindet meine Wunden! Erbarmen, Jesus!--Still, ich traeumte nur. O feig Gewissen, wie du mich bedraengst!-- Das Licht brennt blau. Ist's nicht um Mitternacht? Mein schauerndes Gebein deckt kalter Schweiss. Was fuercht ich denn? mich selbst? Sonst ist hier niemand. Richard liebt Richard: das heisst, Ich bin Ich. Ist hier ein Moerder? Nein.--Ja, ich bin hier. So flieh.--Wie? vor dir selbst? Mit gutem Grund: Ich moechte raechen. Wie? mich an mir selbst? Ich liebe ja mich selbst. Wofuer? fuer Gutes, Das je ich selbst haett' an mir selbst getan? O leider, nein! Vielmehr hass ich mich selbst, Verhasster Taten halb, durch mich veruebt. Ich bin ein Schurke--doch ich lueg, ich bin's nicht. Tor, rede gut von dir! Tor, schmeichle nicht! Hat mein Gewissen doch viel tausend Zungen, Und jede Zunge bringt verschiednes Zeugnis, Und jedes Zeugnis straft mich einen Schurken. Meineid, Meineid, im allerhoechsten Grad, Mord, grauser Mord, im fuerchterlichsten Grad, Jedwede Suend', in jedem Grad geuebt, Stuermt an die Schranken, rufend: Schuldig! schuldig! Ich muss verzweifeln.--Kein Geschoepfe liebt mich, Und sterb ich, wird sich keine Seel' erbarmen. Ja, warum sollten's andre? Find ich selbst In mir doch kein Erbarmen mit mir selbst. Mir schien's, die Seelen all, die ich ermordet, Kaemen ins Zelt, und ihrer jede drohte Mit Rache morgen auf das Haupt des Richard. (Ratcliff tritt auf.) Ratcliff. Mein Fuerst-- Richard. Wer ist da? Ratcliff. Ratcliff, mein Fuerst; ich bin's. Der fruehe Hahn des Dorfs Tat zweimal Gruss dem Morgen; Eure Freunde Sind auf und schnallen ihre Ruestung an. Richard. O Ratcliff, ich hatt' einen furchtbarn Traum!-- Was denkst du? halten alle Freunde stand? Ratcliff. Gewiss, mein Fuerst. Richard. O Ratcliff! ich fuercht, ich fuerchte-- Ratcliff. Nein, bester Herr, entsetzt Euch nicht vor Schatten. Richard. Bei dem Apostel Paul! es warfen Schatten Zu Nacht mehr Schrecken in die Seele Richards, Als wesentlich zehntausend Krieger koennten, In Stahl und angefuehrt vom flachen Richmond. Noch wird's nicht Tag. Komm, geh mit mir, Ich will den Horcher bei den Zelten spielen, ob irgendwer von mir zu weichen denkt. (Koenig Richard und Ratcliff ab.) (Richmond erwacht. Oxford und andre treten auf.) Lords. Guten Morgen, Richmond. Richmond Bitt um Verzeihung, Lords und wache Herrn, Dass Ihr einen traegen Saeumer hier ertappt. Lords. Wie schliefet Ihr, Mylord? Richmond Den suess'sten Schlaf und Traeume schoenster Ahndung, Die je gekommen in ein muedes Haupt, Hab ich gehabt, seit wir geschieden, Lords. Mir schien's, die Seelen, deren Leiber Richard Gemordet, kaemen in mein Zelt und riefen: Wohlauf! zum Sieg! Glaubt mir, mein Herz ist freudig In der Erinnrung solchen holden Traums. Wie weit schon ist's am Morgen, Lords? Lords. Auf den Schlag vier. Richmond So ist es Zeit, dass man sich ruest' und ordne. (Er tritt vor zu den Truppen.) Mehr als ich sagte, teure Landsgenossen, Verbietet darzulegen mir die Musse Und Dringlichkeit der Zeit. Jedoch bedenkt: Gott und die gute Sache ficht fuer uns; Gebete Heil'ger und gekraenkter Seelen, Wie hohe Schanzen, stehn vor unserm Antlitz; Die, gegen die wir fechten, bis auf Richard, Saehn lieber siegen uns, als dem sie folgen. Was ist er, dem sie folgen? Wahrlich, Herrn, Ein blutiger Tyrann und Menschenmoerder; Erhoeht durch Blut und auch durch Blut befestigt; Der, was er hat, auf krummem Weg erlangt' Und die erwuergt, die ihm dazu verholfen; Ein schlechter Stein, erhoben durch die Folie Von Englands Stuhl, betrueglich drein gesetzt; Ein Mensch, der stets gewesen Gottes Feind. Nun, fechtet ihr denn wider Gottes Feind, So schirmt euch billig Gott als seine Krieger; Vergiesst ihr Schweiss, den Draenger zu erlegen, So schlaft ihr friedlich, wenn der Draenger fiel; Fuehrt ihr den Streit mit eures Landes Feinden, So wird des Landes Fett die Mueh' euch zahlen; Fuehrt ihr den Streit zur Obhut eurer Weiber, So gruessen eure Weiber euch als Sieger; Befreit ihr eure Kinder von dem Schwert, So lohnen's Kindeskinder euch im Alter. In Gottes Namen denn und dieser Rechte, Schwingt eure Banner, zieht eu'r willig Schwert. Mein Loesegeld fuer diese kuehne Tat Sei diese kalte Leich' auf kalter Erde; Doch wenn's gelingt, soll am Gewinn der Tat Sein Teil auch dem Geringsten eurer werden. Schallt, Trommeln und Trompeten, froh zum Krieg! Gott und Sankt George! Richmond und Heil und Sieg! (Alle ab.) (Koenig Richard und Ratcliff kommen zurueck mit Gefolge und Truppen.) Richard. Was hat Northumberland gesagt vom Richmond? Ratcliff. Er sei nicht auferzogen bei den Waffen. Richard. Er sagte wahr. Was sagte Surrey drauf? Ratcliff. Er laechelte und sprach: Um desto besser. Richard. Er hatte recht, so ist es in der Tat. (Die Glocke schlaegt.) Zaehlt da die Glocke.--Gebt mir den Kalender. Wer sah die Sonne heut? Ratcliff. Ich nicht, mein Fuerst. Richard. So weigert sie den Schein, denn nach dem Buch Muesst' sie im Ost schon eine Stunde prangen. Dies wird ein schwarzer Tag fuer jemand werden.-- Ratcliff-- Ratcliff. Mein Fuerst? Richard. Die Sonne laesst sich heut nicht sehn; Der Himmel woelkt sich finster unserm Heer. Die tau'gen Traenen moecht ich weg vom Boden.-- Nicht scheinen heut! Ei nun, was gilt das mir Mehr als dem Richmond? Denn derselbe Himmel, Der mir sich woelkt, sieht trueb herab auf ihn. (Norfolk tritt auf.) Norfolk. Auf, auf, mein Fuerst! Der Feind stolziert im Feld. Richard. Kommt, tummelt, tummelt euch! Mein Pferd gezaeumt!-- Ruft Stanley auf, heisst seine Schar ihn bringen.-- Ich fuehre meine Truppen in die Ebne, Und so soll meine Schlacht geordnet sein: Die Vorhut soll sich in die Laenge dehnen, Aus Reitern und aus Knechten gleich gemischt; Die Schuetzen sollen in der Mitte stehn; John, Herzog Norfolk, Thomas, Graf von Surrey Soll'n dieser Knecht' und Reiter Fuehrer sein. Die so geordnet, woll'n wir folgen Mit unserm Hauptheer, das auf beiden Fluegeln Verstaerken soll der Kern der Reiterei. Dies, und Sankt George dazu!--Was meinst du, Norfolk? Norfolk. Eine gute Ordnung, kriegrischer Monarch. Dies fand ich heut in meinem Zelt. (Gibt ihm einen Zettel.) Richard (liest). "Hans von Norfolk, lass klueglich dir raten! Richerz dein Herr ist verkauft und verraten." Das ist ein Stueck, vom Feinde ausgedacht.-- Nun geht, ihr Herrn, auf seinen Posten jeder. Lasst plauderhafte Traeum' uns nicht erschrecken; Gewissen ist ein Wort fuer Feige nur, Zum Einhalt fuer den Starken erst erdacht: Uns ist die Wehr Gewissen, Schwert Gesetz. Rueckt vor! dringt ein! recht in des Wirrwarrs Voelle! Wo nicht zum Himmel, Hand in Hand zur Hoelle! Was hab ich mehr euch vorzuhalten noch? Bedenkt, mit wem ihr euch zu messen habt: Ein Schwarm Landlaeufer, Schelme, Vagabunden, Bretagner Abschaum, niedre Bauernknechte, Die ausgespien ihr uebersaettigt Land Zu tollen Abenteuern, sicherm Untergang. Ihr schlieft in Ruh': sie bringen Unruh' euch; Ihr seid mit Land, mit schoenen Frau'n gesegnet: Sie wollen jenes einziehn, diese schaenden. Wer fuehrt sie als ein kahler Bursch, seit lange Von unsrer Mutter in Bretagn' ernaehrt? Ein Milchbart, einer, der sich lebenslang Nicht ueber seine Schuh' in Schnee gewagt? Peitscht dies Gesinde! uebers Meer zurueck! Staeupt fort dies freche Lumpenpack aus Frankreich, Die Bettler, hungrig, ihres Lebens muede, Die schon gehaengt sich haetten, arme Ratzen, Waer' nicht der Traum von dieser laepp'schen Fahrt! Soll'n wir besiegt sein, nun, so sei's durch Maenner, Und nicht durch die Bastarde von Bretagnern, Die unsre Vaeter oft in ihrem Lande Geschlagen, durchgedroschen und gewalkt Und sie der Schand' urkundlich preisgegeben. Solln diese unsre Laenderei'n besitzen? Bei unsern Weibern liegen? unsre Toechter Bewaelt'gen?--Horcht! ich hoere ihre Trommeln. (Trommeln in der Ferne.) Kaempft, Englands Edle! kaempft, beherzte Sassen! Zieht, Schuetzen, zieht die Pfeile bis zum Kopf! Spornt eure stolzen Ross' und reit't im Blut! Erschreckt das Firmament mit Lanzensplittern!-- (Ein Bote tritt auf.) Was sagt Lord Stanley? bringt er seine Schar? Bote. Mein Fuerst, er weigert sich zu kommen. Richard. Herunter mit dem Kopfe seines Sohns. Norfolk. Mein Fuerst, der Feind ist schon den Moor herueber; Erst nach dem Treffen lasst George Stanley sterben. Richard. Wohl tausend Herzen schwellen mir im Busen: Voran die Banner! setzet an den Feind! Und unser altes Wort des Muts, Sankt George, Beste!' uns mit dem Grimme feur'ger Drachen! Ein auf sie! Unsre Helme kroent der Sieg. (Alle ab.) VIERTE SZENE Ein andrer Teil des Feldes. (Getuemmel. Angriffe. Norfolk kommt mit Truppen; zu ihm Catesby) Catesby. Rettet, Mylord von Norfolk, rettet, rettet! Der Koenig tut mehr Wunder als ein Mensch Und trotzt auf Tod und Leben, wer ihm steht; Ihm fiel sein Pferd, und doch ficht er zu Fuss Und spaeht nach Richmond in des Todes Schlund. O rettet, Herr, sonst ist das Feld verloren! (Getuemmel. Koenig Richard tritt auf.) Richard. Ein Pferd! ein Pferd! mein Koenigreich fuer ein Pferd! Catesby. Herr, weicht zurueck! Ich helf Euch an ein Pferd. Richard. Ich setzt' auf einen Wurf mein Leben, Knecht, Und will der Wuerfel Ungefaehr bestehn. Ich denk, es sind sechs Richmonds hier im Feld: Fuenf schlug ich schon an seiner Stelle tot. Ein Pferd! ein Pferd! mein Koenigreich fuer ein Pferd! (Alle ab.) (Getuemmel. Koenig Richard und Richmond treten auf. Sie fechten, Richard faellt. Rueckzug und Tusch. Hierauf kommen Richmond, Stanley mit der Krone, verschiedne andre Lords und Truppen.) Richmond Preis Gott und euren Waffen, Freunde, Sieger! Das Feld ist unser und der Bluthund tot. Stanley. Wohl hast du dich geloest, beherzter Richmond. Sieh hier, dies lang geraubte Koenigskleinod Hab ich von des Elenden toten Schlaefen Gerissen, deine Stirn damit zu zieren. Trag es, geniess es, bring es hoch damit. Richmond Zu allem spreche Gott im Himmel Amen. Doch sag mir, lebt der junge Stanley noch? Stanley. Er lebt und ist in Sicherheit in Leicester, Wohin wir uns, mein Fuerst, begeben koennten, Wenn's Euch beliebt. Richmond Was fuer namhafte Maenner Sind in der Schlacht gefallen beiderseits? Stanley. John, Herzog Norfolk, Walter Lord Ferrers, Sir Robert Brakenbury und Sir William Brandon. Richmond Beerdigt sie, wie's ihrem Rang gebuehrt. Ruft Gnade aus fuer die gefloh'ne Mannschaft, Die unterwuerfig zu uns wiederkehrt; Und dann, worauf das Sakrament wir nahmen Vereinen wir die weiss' und rote Rose. Der Himmel laechle diesem schoenen Bund, Der lang auf ihre Feindschaft hat gezuernt! Wer waer' Verraeter g'nug und spraech' nicht Amen? England war lang im Wahnsinn, schlug sich selbst: Der Bruder, blind, vergoss des Bruders Blut; Der Vater wuergte rasch den eignen Sohn; Der Sohn, gedrungen, ward des Vaters Schlaechter; All dies entzweiten York und Lancaster, Entzweiet selbst in greulicher Entzweiung.-- Nun moegen Richmond und Elisabeth, Die echten Erben jedes Koenigshauses, Durch Gottes schoene Fuegung sich vereinen! Moeg' ihr Geschlecht (wenn es dein Will' ist, Gott!) Die Folgezeit mit mildem Frieden segnen, Mit lachendem Gedeihn und heitern Tagen! Zerbrich der Boesen Waffe, gnaed'ger Gott, Die diese Tage moechten wiederbringen, Dass England weinen muesst' in Stroemen Bluts! Der lebe nicht und schmeck' des Landes Frucht, Der heim des schoenen Landes Frieden sucht! Getilgt ist Zwist, gestreut des Friedens Samen: Dass er hier lange bluehe, Gott, sprich Amen! (Alle ab.) Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes RICHARD III, von William Shakespeare (Uebersetzt von August Wilhelm von Schlegel). *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, RICHARD III *** This file should be named 7gs0410.txt or 7gs0410.zip Corrected EDITIONS of our eBooks get a new NUMBER, 7gs0411.txt VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 7gs0410a.txt Project Gutenberg eBooks are often created from several printed editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US unless a copyright notice is included. Thus, we usually do not keep eBooks in compliance with any particular paper edition. 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